Hochzeit in Thal
Erwachseneninhalt
Frühling 3018
Gelächter erklang in den Gemächern der Königsfamilie. An einem reich beladenen Tisch saßen sich die Königin unter dem Berge und ihre Schwägerin gegenüber und genossen ein ausgiebiges Frühstück.
Es war ein wunderbarer Frühlingsmorgen. Vor einigen Wochen hatte der Winter endlich nachgelassen und nun wurde die Sonne mit jedem Tag ein klein wenig wärmer. Langsam zog sich der Schnee aus dem Tal zurück und bedeckte nun noch die Hänge des Erebor.
Lyrann ließ ihre Augen über die große Auswahl gleiten, die Dís für sie hatte auftischen lassen. Neben verschiedenen Broten, hell, dunkel, salzig und süß, gab es eingekochtes Obst der unterschiedlichsten Art, Schinken nach zwergischer Art geräuchert, gekochte Eier, verschiedensten Käse, importiert aus dem Waldlandreich und eingelegte Fischfilets aus Esgaroth. Dazu gesüßte Ziegenmilch und Kräutertee von den Berghängen. Sie brach sich ein Stück Brot ab und nahm sich ein paar Stück Käse dazu. Dieser duftete herrlich würzig.
Heute war ein besonderer Tag. Brand, der Enkel Bards des Drachentöters, heiratete heute seine Verlobte Kelra. Die Zeremonie war für den Mittag geplant und im Anschluss würde es ein rauschendes Fest in Thal geben. Thorin, Lyrann und ihre gesamte Familie waren zu dem Fest eingeladen.
Um sich gemeinsam die Wartezeit zu vertreiben, hatte Dís ihre Schwägerin für ein gemeinsames Frühstück zu sich eingeladen. Sie befanden sich im goldenen Zimmer, das Dís bewohnte. Hier hatten die Erbauer des königlichen Flügels Wände, Decken und Mobiliar mit dem hellen Edelmetall verziert. Und so saßen die beiden Frauen nun beisammen, genossen ihr Essen und unterhielten sich prächtig über die verschiedensten Dinge.
Mit einem warmen Lächeln beobachtete Lyrann die Schwester ihres Mannes. Dís war eine wahre Adelige der Zwerge. Das blonde Haar schon jetzt zu einer eindrucksvollen Flechtfrisur aufgetürmt, während sie selbst ihre Haare noch offen über den Rücken fallen ließ, die Haltung stolz und aufrecht, erzählte sie mit belustigtem Leuchten in den hellen Augen Lyrann von der Audienz einer elbischen Gesandtschaft, bei der Lyrann selbst nicht hatte dabei sein können.
„Dein geliebter Freund aus dem Rat, Mim, und auch Forl waren beide der Meinung in Gegenwart des Königs den Elben gegenüber patzig werden zu müssen. Thorin hat sie daraufhin ordentlich zurecht gestutzt. Ihre Mienen waren so köstlich, dass ich sehr große Probleme bekam, nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Sie hätten sich nie gedacht, dass im Erebor Zeiten anbrechen, in denen man auch einem Elben Respekt zollen sollte.", schilderte sie kichernd.
Lyrann lachte laut auf. Sie grinste Dís breit an. „Ich habe in ihrer Sicht wohl einen schlechten Einfluss auf den König.", scherzte sie. Ihre Schwägerin winkte unwirsch ab. „Das sind Emporkömmlinge, die nicht wissen, welches Maß an Respekt sie der Königsfamilie schulden. Unterschätze sie nicht aber gib ihnen auch nicht mehr Aufmerksamkeit als sie verdienen.", sagte sie.
Die Königin lächelte dankbar. Dís war ihr in den letzten Jahrzehnten eine unersetzliche Freundin, ja eine Schwester geworden. Die anfangs ihr gegenüber sehr kritische Zwergin hatte sie schließlich dann doch herzlich in ihrer Familie aufgenommen. Bei den Geburten ihrer vier Kinder war sie ihr nicht von der Seite gewichen, hatte sie in der Erziehung sowie in Fragen der Regierung unterstützt, manches mal hatte sie sogar zwischen Thorin und ihr vermittelt, wenn es zu Streit gekommen war oder so wie jetzt plauderten die Frauen einfach nur fröhlich miteinander.
Die Tür öffnete sich und schwere Schritte verkündeten Thorins Ankunft. Der König unter dem Berge hatte in den Morgenstunden noch einige Dinge erledigt. Nun stand er grinsend im Gemach seiner Schwester und sah die beiden Frauen an.
„Das dachte ich mir doch fast. Wir müssen recht bald aufbrechen und ihr schwatzt hier noch in euren Morgenröcken munter vor euch hin, als wenn es kein Morgen gäbe.", spöttelte er liebevoll und angelte sich ein Stück Schinken vom Teller seiner Schwester. „Thorin!", rief Dís vorwurfsvoll, „Nimm dir wenigstens einen eigenen Teller!" Energisch wedelte sie mit einem Goldteller unter seiner Nase herum.
„Wir wollten uns bald fertig machen.", erwiderte Lyrann, reckte Thorin den Kopf entgegen und holte sich einen sanften Kuss auf die Stirn ab. Der König ließ sich mit einem entspannten Seufzer auf einen weiteren der samtbespannten Sessel aus Gold fallen und belud sich den Teller.
Die Tür öffnete sich einige Zeit später erneut und Minna, gefolgt von Jefra, Dís' Zofe, betrat den Raum. Minna war beladen mit der Garderobe ihrer Herrin für den Tag, ihre Kollegin steuerte sofort die Kleidertruhe von Dís an.
Thorin beendete rasch sein Frühstück und erhob sich. „Ich lasse euch mal allein. Wir sehen uns am Portal.", verkündete er, gab seiner Frau einen Kuss und verließ das Gemach. Die zwei Frauen erhoben sich von ihren Plätzen und gingen zu ihren jeweiligen Zofen, die bereits einen Wandschirm aufgestellt hatten, um etwas Sichtschutz beim Umkleiden zu gewähren.
Lyrann legte den Morgenmantel ab, den sie die ganze Zeit getragen hatte, sodass sie nur noch in ihrer Nachtwäsche vor Minna stand. Diese holte bereits das Unterkleid aus weißem Leinen hervor. Schnell war Nachtwäsche gegen dieses getauscht. Dann wurde das Korsett, das unter dem Kleid getragen wurde, geschnürt. Und schließlich kam das eigentliche Kleid, von leuchtend safrangelber Farbe, mit weitem Rock und gebauschten Ärmeln an den Oberarmen.
Lyrann ließ sich auf einem Stuhl nieder, während die alte Dienerin mit gekonnten Fingern anfing ihre dunklen Haare zu richten. Den Blick auf ihre Hände gerichtet, betrachtete Lyrann die drei Ringe, die sie an ihren Fingern trug. Da war der schlichte eiserne Ehering am Ringfinger ihrer rechten Hand. Als einziger Schmuck war Thorins Name hineingraviert. Am Ringfinger der linken Hand trug sie einen Ring mit dem Familienwappen. Identische Ringe trugen Thorin, Dís, Fili und Kili sowie ihre vier Kinder. Ein kurzer Stich durchzuckte Lyrann, als sie an ihren Ältesten dachte. Wo war Thrain? Sie war in ständiger Sorge um ihn. Doch es blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu vertrauen. Mühevoll verdrängte sie den Gedanken an ihren Sohn und richtete ihren Blick auf den letzten ihrer Ringe. Es war der königliche Siegelring mit dem Wappen des Erebor an ihrem rechten Zeigefinger, den außer ihr nur Thorin trug. Mit diesem Ring versiegelte sie Briefe, Ankündigungen und weiteres. Würde ein anderer Zwerg es wagen, diesen Ring zu stehlen und zu tragen, wäre ihm eine Hinrichtung gewiss.
Ein bekanntes, kühles Gewicht senkte sich auch ihre Schläfen und riss sie aus ihren Gedanken, als Minna die Krone auf ihren Kopf setzte. Langsam stand Lyrann auf und drehte sich einem Spiegel zu. Das Kleid schien im Schein der Kronleuchter zu leuchten, ihre Haare hatte Minna zu einer Flechtfrisur aufgetürmt und mit Brillanten verzierten Haarnadeln geschmückt. Passend dazu reichte Minna ihr nun noch eine Kette mit weiteren Diamanten.
Lyrann wandte sich Dís zu, die eben hinter ihrem Wandschirm hervorkam. Ihre Schwägerin war in ein Vergissmeinnicht blaues Kleid gekleidet, welches mit silbrigweißer Spitzen verziert war. Die beiden Frauen legten sich helle Fellmäntel gegen die manchmal noch frische Frühlingsluft um und mit einem gegenseitigen Nicken verließen sie den Raum.
Man erwartete sie bereits am großen Portal. Thorin, seine Neffen sowie die Prinzen und Prinzessin warteten schon auf sie. Auch Dwalin war da, gemeinsam mit einer Ehrengarde Zwergensoldaten. Ein wenig irritiert hob Lyrann die Augenbrauen, als sie sah, dass Thorin für sie beide je eine Kriegsziege am Zügel hielt. Auch die anderen nutzten die großen Ziegen als Reittiere. Sie kam bei ihrem Mann an und nahm ihm die Zügel eines der Tiere ab.
„Du siehst wunderschön aus, mesem'menu*.", sagte Thorin sanft und strahlte sie mit leuchtenden Augen an. Lyrann lächelte erfreut und schwang sich auf ihr Reittier. Der mächtige Ziegenbock warf sein prachtvolles Gehörn in den Nacken und scharrte mit den Hufen. Es waren deutlich temperamentvollere Reittiere als die Ponys, die sie meist nutzten.
„Eine Idee von Dwalin?", fragte Lyrann, die bereits ahnte, wessen Einfall dies gewesen war. Thorin nickte und bestieg ebenfalls seine Ziege. „Ja, er gab zu bedenken, dass in diesen unsicheren Zeiten eine Demonstration unserer Stärke angebracht sein könnte.", erwiderte er. Lyrann lachte leise. „Wir reiten zu einer Hochzeit...", sagte sie kopfschüttelnd über die Idee ihres bestens Freundes. Ihr Mann zuckte die Schultern und gab das Zeichen zum Aufbruch. Mit der wehenden Fahne Erebors über den Köpfen brachen sie auf.
Auf dem Marktplatz von Thal waren eine Menge Stühle und Bänke aufgestellt worden, um all den Zuschauern Platz zu bieten. Doch selbst das reichte nicht aus und auf den umliegenden Mauern, Terrassen und Balkonen, selbst auf manchen Hausdächern drängten sich die Schaulustigen. Auf der Mitte des Platzes stand Brand, die Krone von Thal auf seinem Haupt sitzend, ein Windhauch strich durch sein dunkles Haar und ließ den prachtvollen, bestickten Mantel flattern.
Lyrann, Thorin und ihre Familie saßen in der vordersten Reihe der Stühle, die um die Platzmitte herum im Rund aufgestellt worden waren. Ihnen gegenüber saß Thranduil, umgeben von seiner Leibwache. Der Elbenkönig senkte respektvoll den Kopf, als er sie beide erblickte. Gerade als sie den Gruß erwiderten, erklang ein Raunen vom hinteren Bereich des Platzes her.
Lyrann drehte sich um, wo Kelra am Arm ihres Vaters auf die Platzmitte zuschritt. Ihr weißes Kleid war mit grünen Bändern und Schleifen verziert, die im Wind hinter ihr her wehten. Auch in ihr blondes Haar hatte man Bänder der gleichen Farbe hineingeflochten. In ihren Händen trug sie eine brennende Kerze, die die Liebe und Wärme der Familie symbolisieren sollte. Ihr Gesicht leuchtete vor Glück.
Ein schwerer Arm legte sich um Lyranns Schultern und sie hörte Thorin an ihrem Ohr flüstern: „Du sahst damals noch viel schöner aus." Sie warf ihm einen amüsierten Blick zu und sah in das verliebt lächelnde Gesicht ihres Mannes. Beide wandten sich wieder Kelra zu, die mittlerweile ihren Bräutigam erreicht hatte.
Die Schwüre wurden gesprochen und wenig später wurden Brand und Kelra unter Jubel zu Mann und Frau erklärt. Noch bevor dem Paar gratuliert werden konnte, brachte die Familie der Braut einen kleinen Obstbaum herbei, den Brand und Kelra nach alter Sitte ihrer Vorfahren vor ihrem Haus pflanzen sollten.
Gemeinsam trugen die Jungvermählten das Bäumchen zu dem Palast des Königs, gefolgt von den Gästen. Dort hob Brand eine kleine Grube aus, in die Kelra den Baum hineinsetzte. Die Umstehenden klatschten und jubelten begeistert, während die zwei dem Baum ein erstes Mal rituell gossen. Lyrann stimmte freudig in den Jubel ein. Es war so eine schöne Geste, das Leben zu würdigen.
Gemeinsam mit Thorin gehörte sie nach den Familien der beiden zu den ersten Gratulanten. Kelra und Brand strahlten, während sie die Glückwünsche entgegen nahmen. Thorin nahm ein kleines Säckchen aus rotem Samt von seinem Gürtel und übergab es Kelra. Sie öffnete es und nahm zwei genau identische filigran gefertigte Silberbroschen heraus, auf denen winzige Amethyststeine das Wappen von Thal abbildeten. „Sie sind wunderschön.", flüsterte sie. „Es ist Brauch bei Zwergen, dass Eheleute identische Schmuckstücke tragen, meist sind dies die Eheringe oder Haarschließen. Doch auch andere Stücke können das Band zwischen Eheleuten symbolisieren.", erklärte Thorin. „Habt Dank!", erwiderte Brand und half seiner Braut, eine der Broschen anzulegen.
Die Sonne hatte den Horizont noch lange nicht erreicht und das Freudenfeuer auf der Mitte des Platzes, angezündet von der Hochzeitskerze, flackerte bereits lichterloh. Seit Brand und Kelra vor dem Feuer gemeinsam getanzt hatten, kamen die Musiker nicht mehr zur Ruhe. Die Gäste tanzten unermüdlich, labten sich von dem vielen, vorzüglichen Essen und schlenderten in Grüppchen umher.
Lyrann saß mit ihrer Tochter und Tilda zusammen an einem Tisch und nahm einen Schluck von ihrem Wein. Die Frauen hatten bis eben gegessen und lehnten sich nun genüsslich zurück. Tilda war bereits, in eine warme Decke gewickelt, eingedöst. Mit großen Schlucken trank Fenja aus ihrem Bierhumpen. Eine Brosche mit dem Wappen des Erebor blitzte an ihrem Kleid auf. Schmuck zu tragen war eine Seltenheit für die Prinzessin, die sich in den komplizierten Kleidern, die sie bei offiziellen Anlässen oft tragen musste, überhaupt nicht wohl fühlte. Auch heute trug Fenja ein eher schlichtes rotes Kleid, das braune Haar ergoss sich in einer wilden Lockenflut über ihren Rücken. Lyrann lächelte. Ihre Tochter war wunderschön und wild und ließ sich von niemandem Ketten anlegen. „Eine schöne Brosche ist das.", sprach Lyrann ihre Tochter darauf an. Fenja nickte und fuhr mit den Fingern über das Schmuckstück. „Frerin hat sie für mich gemacht.", erklärte sie mit einem stolzen Lächeln. Gut gemacht, Frerin, ging es Lyrann anerkennend durch den Kopf. Ihr Zwillingsbruder stand Fenja so nahe wie niemand anderes.
Dwalin setzte sich, gleich zwei Teller voll Essen in den Händen, zu ihnen. Rasch hatten er und Fenja ein Gespräch über Wurfmesser angefangen und so suchte Lyrann den Platz nach ihrem Mann und ihren Söhnen ab. Schließlich fand sie Thorin und Rhon, die sich gerade von Thranduil, mit dem sie offenbar geredet hatten, verabschiedeten und zu ihnen rüberkamen.
„Komm Rhon!", sagte Lyrann und kam ihnen entgegen, „Gewähre deiner Mutter mal einen Tanz!" Grinsend führte sie ihren Sohn zu den anderen tanzenden Gästen. Eine neue Melodie erklang, fröhlich und schwungvoll spielten Flöte und Dudelsack zum Tanz auf, begleitet vom rhythmischen Schlagen einer Trommel. Sie reichten einander die Hände und reihten sich bei den Tänzern ein. Als Lyranns Blick zurück schweifte, sah sie lachend, wie Thorin die widerstrebende Fenja ebenfalls zu einem Tanz nötigte. Mit großen Augen folgte Rhon ihrem Blick. „Was hat Vater Fenja angedroht, wenn sie nicht mit ihm tanzt?", scherzte er erheitert. Vater und Tochter fanden sich bald neben ihnen wieder. Thorins Augen funkelten vor Schelm, während seine Tochter zwischen Verärgerung und Lachen über ihren Vater hin und her gerissen schien. Die Paare tauschten untereinander durch und so fand sich Lyrann Thorin gegenüber. „Du hast sie tatsächlich zum Tanzen aufgefordert?", fragte Lyrann verschmitzt. „Ja, sie kann sich nicht immer drücken.", erwiderte Thorin lachend, legte seiner Frau die Hände in die Hüften und wirbelte sie einmal im Kreis herum.
Als Lyrann wieder landete und dem Tanz folgend wieder zu Rhon schritt, erblickte sie Dís und Frerin, die ebenfalls in der Nähe tanzten. Auch sie gesellten sich bald zu ihnen. Die Paare wechselten erneut und Lyrann fand sich Frerin gegenüber, während Thorin und Dís jetzt gemeinsam tanzten. Die Musik wurde schneller, die Schritte kürzer und flotter, die Tänzer tauschten schneller die Partner. Lachende Verwirrung erklang, wenn einer mal vor dem falschen Partner stand. Die Kleider wirbelten umher, wenn die Damen in die Luft gehoben wurden. Angetrieben von der Trommel spielten Flöte und Dudelsack immer schneller. Mit hochroten Wangen löste Lyrann sich von Rhon, schritt seitwärts zu Thorin, verfehlte ihn und sah irritiert zu einem Menschen hoch. Doch dieser griff bereits ihre Hand und weiter ging es, als die Musik doch tatsächlich zu einem Schlussakkord fand.
Ihr zufällig gefundener Gegenüber verneigte sich. „Habt Dank für den unverhofften Tanz, meine Dame.", sagte er förmlich. Offenbar war er sich noch gar nicht bewusst, mit wem er da getanzt hatte. Ein Räuspern hinter ihm ließ ihn herumdrehen und erschrocken erkannte er Thorin. „Darf ich meine Frau zurückfordern?", erklang Thorins tiefe Stimme. Sofort sprang der Mensch beiseite und Lyrann hakte sich bei Thorin ein. „Es war mir eine Ehre.", sagte sie noch, da führte Thorin sie schon fort.
„Du hättest den armen Mann nicht so erschrecken müssen!", tadelte Lyrann sanft ihren Mann, der sie von den Feiernden weg führte und zu einer der Mauern ging, die Thal umgaben. Doch Thorin lachte nur. „Er wird es verkraften. Und außerdem gehe ich mit niemandem zimperlich um, der zwischen mir und meiner geliebten Frau steht.", erwiderte er. Kichernd schüttelte Lyrann den Kopf. „Sein Glück, dass du Orcrist nicht bei dir hattest."
Gemeinsam bestiegen sie die Mauerkrone und schlenderten ein Stück über die Brustwehr. An einem Punkt, von wo aus sie eine gute Aussicht auf die Feier hatten, blieben sie stehen. Lyrann trat an die Mauer und legte ihre Hände auf den kühlen Stein. Sie spürte, wie Thorin direkt hinter sie trat und sanft die Arme um sie legte. Das Gewicht seines Kopfes senkte sich auf ihre Schulter, als er dort sein Kinn abstützte.
Schweigend betrachteten sie die Feiernden und beobachteten aus der Ferne ihre Lieben. Rhon unterhielt sich mit einer Gruppe Elben aus Thranduils Gefolge. Fenja war in einen Armdrückwettkampf mit einem jungen Mann aus Thal verwickelt und umgeben von johlenden Zuschauern. Unter diesen waren auch Dwalin, einen Humpen Bier leerend, der scheinbar lauthals seinen Lieblingsschützling anfeuerte. Kili und Tauriel tanzten ausgelassen zu einem Lied nach dem nächsten, ganz in ihrer Nähe war Frerin zu sehen, mit einer jungen Dame aus Thal tanzend. Die Mädchen aus Thal standen Schlange, um mit dem charmanten Zwerg zu tanzen. Dís saß bei der mittlerweile wieder erwachten Tilda und unterhielt sich mit ihr. Und Fili leerte gerade mit dem Bräutigam gemeinsam einige Humpen Bier.
„Ich glaube, sie werden lange nicht mehr die Gelegenheit für so viel Freude und Ausgelassenheit haben.", sagte Lyrann leise, „Seit der Bote im Winter bei uns war, kann ich mich nicht gegen das Gefühl einer nahenden Katastrophe verschließen." Sie spürte, wie Thorin hinter ihr nickte. „Auch mir machen die sich häufenden Nachrichten von Angriffen der Ostlinge auf unsere Grenzen Sorgen. Noch können die dortigen Soldaten sie abwehren. Aber wer weiß, wann wieder eine Siedlung angegriffen wird? Auch Zwerge aus Daíns Volk leben nahe der Rotwasser...", erwiderte er.
„Es ist gut, wenn sie noch einen Abend der Sorglosigkeit haben.", fuhr er fort, „Es werden noch genug schwere Zeiten auf uns zu kommen, dessen bin ich gewiss. Thranduil berichtete mir, dass immer mehr Orks die Ebenen von Wilderland zwischen dem Nebelgebirge und dem Düsterwald durchstreifen. Die Siedlungen der Beorninger dort wurden im Winter wohl hin und wieder angegriffen. Dieses Getier ist sogar bis an die Grenzposten der Elben vorgestoßen. Thranduil hat einige seiner besten Krieger dorthin geschickt, um die Lage zu beobachten und den Orks Einhalt zu gebieten."
Lyrann seufzte. Sorgenvoll runzelte die Stirn. „Wenn sie aus dem Nebelgebirge kommen, denkst du, dass auch Balin in Khazad-dum davon betroffen ist?", fragte sie angespannt. Lange Zeit erwiderte Thorin nichts. Doch sie spürte, wie sein Griff um ihre Taille sich verstärkte. Schließlich holte er bebend Luft und antwortete: „Ich glaube, wenn die von Balin gegründete Siedlung in Khazad-dum noch existieren würde, hätten wir in der letzten Zeit Nachricht erhalten."
Beklemmung und Sorge schnürten Lyrann die Kehle zu und sie konnte nichts erwidern. Balin, Ori und Oin, was war aus ihnen und all den anderen Zwergen geworden, die die alte Mine wieder in Besitz hatten nehmen wollen? Nie hätten sie dieser Expedition zustimmen sollen! Schweigen lag wie eine dunkle Wolke über ihnen beiden. Das Fest zu ihren Füßen erschien plötzlich fahl und fern, wie ein letzter Rest einer fernen, vergangenen Zeit voller Glück, während der Krieg ihnen immer näher kam.
Da gab Thorin sich plötzlich einen Ruck. „Komm mit mir, Lyrann! Wir sollten es ihnen gleich tun und diesen Abend genießen, solange wir können!", sagte er, griff die Hand seiner Frau und zog sie mit sich. Unten in der Stadt angekommen führte er sie rasch an den Feierlichkeiten vorbei zu der Stelle, wo ihre Kriegsziegen angebunden waren. Das große Reittier des Königs warf laut schnaubend sein Gehörn in den Nacken. Doch rasch war sein Temperament wieder beruhigt, als Thorin es mit sicherer Hand tätschelte. Dann hob er seine Frau auf das Tier und schwang sich selbst hinter sie.
Lachend lehnte sich Lyrann, im Damensitz auf der Ziege sitzend, an Thorin und schlang die Arme um ihn, während er das Tier antrieb. Ein Kribbeln machte sich in ihrer Magengrube breit und sie schmiegte sich an ihren Mann, seinen Duft inhalierend. Unbeachtet verließen sie die Stadt. Wann hatten sie sich das letzte Mal so weggeschlichen? Es musste Jahrzehnte her sein. Sie blickte zu ihm hoch und ihre Augen trafen sich. Thorins blaue Augen leuchteten und er grinste verschmitzt. Die Kriegsziege ging in einen leichten Galopp über und folgte der Straße in Richtung des Sees.
Thorin steuerte das Tier zum Ufer des langen Sees. Hier wuchsen die Bäume bis an den Rand des Sees, dessen Wellen sanft gegen das sandige Ufer schwappten. Die ersten, zart hellgrünen Triebe der Pflanzen raschelten in der Brise. Es war ein friedlicher, stiller Ort, die Hügelketten, die vom einsamen Berg ausgehend den See einrahmten, ließen den Eindruck entstehen, geschützt und sicher zu sein. Lyrann glitt von ihrem Reittier und während Thorin die Ziege anband, ging sie auf das Wasser zu. Lächelnd sog sie die klare Luft ein, in der es nach See, Wald und aufkommendem Frühling duftete.
Sie hatte noch nicht lange da gestanden, als Thorin plötzlich an ihr vorbei lief, vollkommen nackt, ins Wasser sprintete und sich mit einem Prusten bäuchlings hinein warf. Kaltes Wasser spritzte auf und mit einem Laut, der halb Schrei halb Lachen war, sprang Lyrann zurück, um nicht nass zu werden. Kopfschüttelnd, um die langen Haare aus seinem Gesicht zu bekommen, stieß Thorin durch die Wasseroberfläche. Dann machte er ein paar kräftige Schwimmzüge am Ufer entlang. „Komm schon!", rief er mit breitem Grinsen.
Doch Lyrann schüttelte den Kopf. Sie lachte auf, lange hatte sie ihn nicht mehr so unbeschwert gesehen. „Das ist mir zu kalt!", erwiderte sie. Thorin baute sich mit verschränkten Armen vor ihr im Wasser auf. „Komm her oder ich hol dich!", drohte er. Spielerisch spritzte er etwas Wasser in ihre Richtung. „Traust du dich etwa nicht?"
Entrüstet holte Lyrann Luft. „Und ob ich mich traue!", rief sie. Es dauerte einen Moment, bis sie sich des Schmuckes und des komplizierten Kleides entledigt hatte. Sie legte die Sachen auf einem großen Felsblock ab, wo auch Thorin bereits seine Kleidung abgelegt hatte. Vorsichtig hielt sie einen Fuß ins Wasser. Es war wirklich furchtbar kalt. Einen Moment überlegte sie, ob sie nicht vielleicht doch lieber an Land bleiben würde. Doch so weit kam sie nicht. Denn da war Thorin auch schon vor ihr und bevor sie etwas machen konnte, hatte er sie über seine Schulter geworfen und trug sie ins Wasser.
Eiskalte Wellen schwappten an ihr hoch, während ihr Mann sie erbarmungslos in den See hinein trug. „Thorin!", kreischte sie laut, „Lass mich runter!" „Wie du willst!", kam es laut lachend zurück, da platschte sie auch schon ins kalte Nass. Prustend kämpfte sie sich an die Oberfläche. „Na warte!", rief sie aus und schon entbrannte eine wilde Wasserschlacht zwischen ihnen.
Wenig später standen sie einander keuchend und kichernd gegenüber. Die Sonne senkte sich mittlerweile zum Horizont hinab und färbte den Himmel in sanftem Orange, welches sich in den Wellen des Sees spiegelte. Mit erhitzten Wangen sah Lyrann zu Thorin, der sich ihr langsam näherte. „Komm her!", sagte er leise und streckte die Arme nach ihr aus. Mit ein paar Schritten war sie bei ihm und drückte sich an ihn. Mit einem leidenschaftlichen Kuss schloss Thorin sie in eine Umarmung. Das kühle Wasser schwappte um sie herum, doch ihre von der Wasserschlacht erhitzten Körper spürten die Kälte nicht.
Thorins Zunge glitt sacht über ihre Unterlippe und forderte Einlass. Seine Arme schlossen sich kräftiger um Lyrann, als ihre Zungen einander berührten und es hob sie fast von den Füßen. Auf den Zehenspitzen stehend hielt sie sich an Thorin fest. Seine Hände fuhren über ihren Rücken und streichelten ihren Hintern. Ein leises Stöhnen entfuhr dem Zwerg, dessen Erregung sie bereits deutlich spürte. Ihre Hände krallten sich in sein Haar und zogen ihn, wenn möglich, noch näher an sich heran.
Da bückte Thorin sich mit einem Mal herunter, fuhr mit einem Arm unter ihre Knie und hob sie aus dem Wasser. Noch immer im Kuss gefangen machte er ein paar Schritte Richtung Ufer, löste sich dann aber bedauernd von ihren Lippen. „Ich muss sehen, wo ich dich hintrage.", raunte er deutlich außer Atem.
Nun, über der Wasseroberfläche, an Thorins Brust gedrückt, nahm Lyrann den kühlen Abendwind doch deutlich wahr. Sie fröstelte und schmiegte sich enger an ihn. Bald hatten sie das Ufer erreicht, wo Thorin scheinbar schon voraus geplant hatte. Die Satteldecke der Kriegsziege lag am Boden ausgebreitet. Sanft bettete er Lyrann darauf, noch schnell sein Hemd als Kissen für sie zusammenfaltend und legte sich neben sie. Seinen pelzbesetzten Mantel breitete er als Decke über sie beide.
Leidenschaftlich küsste er sie, während seine Hände auf Wanderschaft über ihren Körper gingen. Diesmal erschauderte Lyrann nicht vor Kälte und ein leises Keuchen entschlüpfte ihr, als seine Hand sie zielstrebig zwischen den Beinen massierte. Mit beiden Händen umklammerten sie Thorins Schultern, der sich über sie beugte und begann, ihren Hals abwärts mit Küssen zu bedecken.
Sie legte eine flache Hand auf seine muskulöse Brust, richtete sich auf und drehte ihn herum. Mit einem leisen Auflachen ließ Thorin es geschehen, dass sie nun über ihm saß. Mit leuchtendem Blick voller Hingabe sah er zu ihr auf. Ihr Körper, dunkel gegen das helle Abendleuchten des Himmels, spiegelte sich in seinen Augen wieder.
Nun glitt ihr Mund langsam an seinem Körper hinab. Sie konnte spüren, wie seine Hände sich in ihr Haar krallten. Laut stöhnte ihr Mann auf, als sie seine Erregung in den Mund nahm. Schließlich richtete sie sich wieder auf und nahm ihn in sich auf. Eine Welle der Erregung durchlief ihren Körper, als sie Thorin in sich spürte. Ihre Blicke trafen einander und sie begann, sich auf ihm zu bewegen. Seine Hände lagen auf ihren Hüften, fühlten jede Bewegung mit, die rauen Fingerkuppen strichen über ihre weiche Haut, erbebten vor Erregung.
Erst langsam und sanft, dann schneller wurden ihre Bewegungen. Lyrann konnte ihre Augen nicht von Thorins Blick lösen. Seine Finger krallten sich in ihre Hüften. Er kam ihr entgegen, zog sie näher an sich. Ein wellenartiges Beben durchlief Lyrann, als ihr Höhepunkt sie erreichte. Sie streckte die Arme nach Thorin aus und zog ihn in eine sitzende Position. Fest umschlungen barg Thorin den Kopf an ihren Brüsten. Mit einem Stöhnen entlud er sich.
Einen Moment verharrten sie so. Keuchend und unfähig, zu sprechen, rührte sich keiner von ihnen. Schließlich ließ Thorin sich wieder auf den Rücken sinken und zog sie mit sich. Arm in Arm kuschelten sie sich unter dem Mantel aneinander.
*mein Juwel
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