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Flucht aus den Eisenbergen

„Fenja! Fenja!"
Die aufgeregte Stimme Skafids drang an das Ohr der jungen Zwergin. Polternd riss ihr Gefährte die Tür zu der Kammer auf, in der man Fenja untergebracht hatte. Heftig um Atem ringend stand er im Türrahmen. „Sie sind da!", brachte er keuchend hervor.
Fenja, wandte langsam den Blick von der schwarzrötlichen Steinwand ab, gegen die sie gestarrt hatte und sah Skafid an.
Vor einigen Tagen war die Einheit Ulthors, zu der auch Fenja, Skafid und Jari gehörten, in der Festung Daín Eisenfuß' eingetroffen. Sie waren nicht die einzigen gewesen, auch andere Krieger der Zwerge und Menschen, die nun aus Thal wieder zu ihnen gestoßen waren, hatten sich nach Zirin'kazor, der Eisenburg, zurückfallen lassen. Zu übermächtig waren die Truppen gewesen, die nun von Norden her, aus Gundabad kommend, in die Eisenberge strömten.
Also sammelte man sich nun hier und wartete... wartete darauf, dass die Feinde bis zu der Stadt Daíns vorrückten. Dieser schickte nun immer mehr Familien der Bevölkerung gen Süden zum Erebor, damit sie vor den Kämpfen verschont waren.
Für Fenja und ihre Freunde gab es kaum anderes zu tun, als bei der Evakuierung zu unterstützen und auf den Kampf um Zirin'kazor zu warten.
„Konntest du schlafen?", fragte Skafid leise.
Fenja zuckte mit den Schultern.
Einige Wochen waren vergangen, dass sie in den nördlichen Eisenbergen von ihrer Einheit getrennt und Zeuge des Massakers an einem ganzen Dorf geworden war. Die ersten Nächte hatte sie an Schlaf nicht denken können, so deutlich hatte ihr das Grauen noch vor Augen gestanden.
Als sie dann endlich in der Lage gewesen war, zu schlafen, flochten sich Schreie durch ihre unruhigen Träume. Erneut sah sie das brennende Dorf vor sich, gellten verzweifelte Rufe in ihren Ohren und watete sie durch Flüsse von Blut.
Ihr Schlaf war nicht mehr erholsam. Und so verzichtete sie noch immer oft darauf, so lange es möglich war. Auch jetzt hatte sie, trotz der späten Stunde, nur auf ihrem Bett gesessen und ins Leere geblickt.
Doch nun stand sie auf und griff zielsicher nach ihren Waffen. Während Fenja sich den Waffengurt anlegte, fiel ihr Blick auf den Spiegel.
Das Zwergenmädchen voller Tatendrang, das sie einst gewesen war, als sie das erste Mal zur Front geritten war, hatte sich sehr verändert. Die Erfahrungen dutzender Kämpfe, eine schwere Verletzung und das Miterleben einer grausamen Hinrichtung wehrloser Bauern hatten sie gezeichnet. Ihre Züge waren härter geworden, Dunkelheit lag nun in ihren braunen Augen. Aus der Zwergin, die noch fast ein Kind gewesen war, war eine entschlossene und ernste Kriegerin geworden.
Sie drehte sich Skafid zu. „Gehen wir.", sagte sie und schritt an ihm vorbei aus dem Raum.
Nebeneinander eilten sie durch den Flur in dem Teil der Festung, in dem man sie untergebracht hatte.
„Wo ist Jari?", fragte Fenja ihren Geliebten. „In der Torhalle sah ich ihn zuletzt.", erwiderte dieser, „Wir sollten ihn holen. Ulthor befahl uns auf die Nordmauer zu kommen. Dein Vetter ist auch dort."
Schweigend liefen sie weiter, bis sie endlich die große Rothöhle erreicht hatten, das Herz von Zirin'kazor.
Jedes Mal, wenn sie hierher kamen, kribbelte Fenjas Körper vor Ehrfurcht. Nirgendwo sonst hatte sie je eine derart beeindruckende Grotte gesehen. Die Rothöhle erstreckte sich unweit hinter dem Portal über die gesamte Höhe der Festung Zirin'kazor. Wege aus allen Bereichen des Berges führten hier zusammen. Mehrere gewaltige Wendeltreppen stiegen von den untersten Ebenen empor bis hinauf kurz unter die Spitzen der Berge, in die Zirin'kazor gebaut worden war. Durch Öffnungen hoch über ihnen fiel Sonnenlicht in die Höhle hinein und beschien den rötlich schimmernden Stein der Eisenberge. Vögel gelangten durch eben diese in die Festung und nisteten in den oberen Stockwerken, wo sie vor Unwetter und Kälte geschützt waren. Rauschend stürzte ein Wasserfall an einer Seite der Höhle in die Tiefe, wo er als mächtiger Gebirgsfluss neben dem Portal den Berg verließ. Der Geruch von Eisen und Metall hing hier stetig in der Luft. Selbst das Wasser in der Festung schmeckte nach Eisen, ein Umstand, an den Fenja sich noch immer nicht recht gewöhnt hatte.
Gemeinsam mit Skafid folgte sie einer der Wendeltreppen in die Tiefe. Dabei kamen die beiden jungen Krieger immer wieder an überlebensgroßen Statuen berühmter Handwerker ihres Volkes vorbei. Die Festung Zirin'kazor war für ihre Zünfte in der Eisen- und Steinbearbeitung besonders bekannt und die Größten ihres Volkes wurden hier verewigt.
Zwerge eilten auf den Treppen hin und her. Hektische Rufe schallten durch die Luft. Familien sammelten sich, Habseligkeiten wurden herum geschleppt, hitzige Diskussionen entbrannten. Die Nachricht des herannahenden Heeres aus Gundabad hatte die angespannte Stimmung in der Festung in Panik umschlagen lassen. Wer nicht bereit Zirin'kazor verlassen hatte, mühte sich nun, all seine Lieben und seinen Besitz in Sicherheit zu bringen.
Auf der Höhe des Portals angekommen verließen Fenja und Skafid die Treppe und folgten einem breiten, sehr belebten Gang zu der südlichen Torhalle, wo sie hofften, Jari zu finden.
Hier herrschte ein unglaubliches Gedränge. Zwerge schubsten und schoben hin und her. Beladen unter ihren Habseligkeiten wankten Männer und Frauen umher. Kinder weinten, Zwerge schrien nach ihren Freunden und Verwandten, blöckende Rinder und schnaubende Ponys wurden vor Wägen gespannt, auf die man Alte, Kranke, Kinder, Vorräte und Gepäck stapelte. Seit Tagen war hier der reinste Tumult, während immer mehr Zwergenfamilien gen Süden flohen.
Es schien unmöglich, Jari in dem Chaos ausfindig zu machen und hoffnungslos drehten Fenja und Skafid die Köpfe hin und her, während sie sich durch die Menge schoben.
„Bei Durins Saufnase, jetzt beweg dich schon endlich!"
„Das ist Jari!", rief Fenja, kaum, dass sie den derben Fluch gehört hatte. Rasch gingen sie in die Richtung und erblickten tatsächlich Jari, am Boden vor einem Wagengespann knieend und mit einem Rad kämpfend, dass er scheinbar versuchte, wieder an der Radachse anzubringen.
„Jari!", rief Skafid und eilte auf den Freund zu, der scharf gegen das Rad hieb, dass endlich in seine Halterung sprang. Die Frau, der er offensichtlich damit geholfen hatte, bedankte sich unter Stammeln bei ihm. Jari nickte nur kurz mit dem Kopf und hob dann ihre Kinder auf die Ladefläche.
Dann wandte er sich ab und blickte Skafid und Fenja entgegen, die auf ihn zukamen. „Ulthor ruft uns auf die Nordmauer.", verkündete Fenja ihm und wenig später eilten die drei jungen Krieger zurück zur Rothöhle.

Wildes Schneegestöber in einer sternlosen Winternach empfing sie, als sie auf die Nordmauer hinaus traten. Dutzende Zwergenkrieger standen hier im Licht der Fackeln und kleinen Feuer auf dem Wehrgang verteilt. Ein eisiger Wind pfiff über die Berge und ließ Fenja für einen Moment wünschen, sie säße unten in der Festung an einem prasselnden Kamin einen Becher heißen Grogs in der Hand.
Doch sie hatte keine andere Wahl, so zog sie nur ihre Kapuze fester um ihren Kopf und folgte Skafid und Jari nach draußen in die Kälte.
Zirin'kazor lag unter mehreren Berggipfeln verborgen. Und zwischen den Gipfeln und steilen Hängen ebendieser Berge schlang sich eine Mauer, von der aus man einen guten Überblick auf das umliegende Bergland hatte.
Skafid hatte schnell die anderen Zwerge ihrer Einheit ausfindig gemacht und führte seine beiden Freunde zu ihnen. Ulthor nickte ihnen knapp zu und wandte seinen Blick dann wieder gen Norden.
Fenja folgte seinem Blick und ihr Herz setzte einen Moment aus.
Es war nicht schwer, das feindliche Heer von Gundabad zu sehen, das sich ihnen näherte. Hunderte, nein tausende Fackeln, erhellten eines der nördlich von ihnen liegenden Täler, das beständige Beben der Trommeln schien selbst jetzt schon hörbar zu sein.
Mit angehaltenem Atem starrte Fenja auf die Bedrohung vor ihnen. Die Truppen der Eisenberge waren durch die letzten Monate stark dezimiert und nun näherte sich ihnen ein riesiges Heer, größer als jedes andere, das die junge Zwergin je gesehen hatte.
Sie schluckte schwer und tastete nach Skafids Hand an ihrer Seite. Fest verschlang sie ihre Finger mit den seinen. Der blonde Krieger drehte den Kopf ihr zu und drückte sanft ihre Hand. Doch auch er wirkte ernsthaft besorgt.
„Wurde Verstärkung angefordert?", fragte Fenja leise.
„Der Erebor weiß von unserer Situation. Doch die Lage an der Ostfront ist ähnlich bedrohlich. Sie können keine weiteren Krieger entbehren, Thal und der Düsterwald genauso....", erwiderte Ulthor düster, „Wir sind auf uns gestellt."
Es schien, als würde sich ein Klumpen der Angst in Fenjas Magen senken. Sie waren unterlegen, das wusste sie sicher. Zirin'kazor war keine machtvolle Festung wie der einsame Berg. Mehrere Pforten führten aus der Festung, die sich vor allem dem Handwerk verschrieben hatte, in das Umland. Mit mehr Soldaten wäre diese Stadt sicher zu halten, aber so?
Sie presste fest die Lippen aufeinander. Nein, sterben wollte Fenja nicht, doch wenn sie hier sterben sollte, so würde sie ihrem Schicksal mit Würde entgegen treten.
Ihr Blick ging die Mauer auf und ab. Besorgte Gesichter erblickte sie, wo auch immer sie hinsah.
Und da, auf einem der nahe liegenden Türme erblickte sie tatsächlich Daín, den Vetter ihres Vaters. Selten hatte sie ihn seit ihrer Ankunft hier gesehen, nur wenig Zeit hatten sie beide gehabt, ihre familiären Bande zu pflegen.
Neugierig beobachtete sie den Vetter, der heftig mit einer Gruppe Berater am diskutieren schien. Welche Pläne schmiedeten sie gerade?
Schließlich ging Daín auf die Treppe des Turmes zu und verschwand aus ihrem Blickfeld. Wenig später erschien er auf ihrem Abschnitt der Mauer und näherte sich ihnen, noch immer scheinbar mit den anderen Zwergen streitend.
Da hob er den Blick und sah Fenja, die ihn ihrerseits beobachtete. Daíns Miene verfinsterte sich noch mehr und er gebot seinen Begleitern mit einer scharfen Geste, zu schweigen. Dann ging er eilig auf die junge Zwergin zu.
„Fenja.", sagte er knapp.
„Vetter Daín.", grüßte sie ihn, während neben ihr Skafid und Jari sich scheu zurück hielten. Für sie war Daín ebenfalls ein Mitglied ihres Königshauses.
„Was machst du noch hier in der Festung?", brummte Daín vorwurfsvoll, „Ich dachte, du wärst längst auf dem Weg zum Erebor, wo du in Sicherheit bist!"
„Meine Gruppe wurde noch nicht gen Süden befohlen.", erwiderte Fenja ruhig. Die dichten Augenbrauen ihres Vetters zogen sich vorwurfsvoll zusammen, er sagte aber nichts.
Stattdessen trat er neben Fenja an die Mauer und blickte dem feindlichen Heer entgegen. Einen Moment sprach keiner von ihnen, dann durchbrach Fenja die Stille: „Was ist der Plan, Daín?"
Sie hoffte auf einen genialen, waghalsigen Plan, der Heldenmut und große Opfer erforderte, am Ende jedoch den Sieg bringen würde.
Doch der Blick Daíns war düster, als er zu ihr sah.
„Der Plan ist, Zirin'kazor so lange zu halten, bis auch die letzte Zwergenfamilie zum Erebor aufgebrochen ist.", sagte er mit dunkler Stimme.
„Und dann...?", fragte Fenja.
Daín seufzte tief. „Und dann wird Zirin'kazor in die Hand des Feindes fallen, so wie Gundabad vor ihr.", schloss er düster.
Stille kehrte ein und Fenja sah die besorgten und düsteren Blicke, die die umstehenden Zwerge sich zuwarfen.
„Daín...", begann sie leise, doch ihr Vetter unterbrach sie mit scharfer Stimme. „Denkst du, mir fällt das leicht? Stundenlang haben wir diskutiert, gestritten... Doch wir können diese Festung nicht halten, nicht gegen diese Übermacht, nicht mit so wenig Kriegern! Meine erste Pflicht gilt der Sicherheit meines Volkes! Am Erebor haben wir eine Chance, dieser Macht standzuhalten, nicht hier."
„Dann wird das Heer Gundabads über die Eisenberge kommen.", murmelte Fenja, den Blick zu dem Fackelmeer vor ihnen gerichtet, „Und sie werden bis vor den einsamen Berg ziehen."
Sanft legte Daín eine Hand auf ihre Schulter. „Das Schicksal dieser Lande wird nicht hier entschieden werden, Fenja.", sagte er. Dann drehte er sich um. „Ulthor!", rief er nach Fenjas Kommandanten, „Du und deine Soldaten werdet die Flüchtlinge zum Erebor begleiten. Ich werde noch andere Krieger mit euch schicken. Eure Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass jeder Zwerg den einsamen Berg erreicht."
Entsetzt sah Fenja ihren Vetter an. Er schickte sie fort! „Daín!", rief sie aus, doch dieser sah sie mit strengem Blick an. „Ich werde nicht zulassen, dass du hier dein Leben lässt, Fenja, Tochter meines Cousins. Die Krieger, die hier bleiben, erwartet mit hoher Sicherheit der Tod."
Sie wollte widersprechen, doch Daín fiel ihr ungnädig in Wort: „Ich diskutiere nicht darüber, Kind."

„Los, beeilt euch! Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit!"
Die laute Stimme Ulthors trug weit durch die südliche Torhalle. Seit Daìn vor wenigen Stunden den Befehl gegeben hatte, die Stadt endgültig zu räumen, war das Chaos in der Halle perfekt.
Schiebend und schubsend drängten die Zwerge sich am Tor, um so schnell wie möglich den Berg zu verlassen. Die Folge war ein Verkehrsknoten, den Jari zusammen mit ein paar anderen Soldaten brüllend und gestikulierend versuchte zu regulieren.
Fenja, Skafid und andere eilten in der Halle hin und her, beluden Karren, suchten verlorene Familienmitglieder, trugen Kranke und Vorräte.
Immer wieder hielt Fenja atemlos inne und lauschte nach erstem Kampflärm. War da irgendwo ein Geräusch, ein Hinweis, dass die Feinde vor den Toren im Norden der Stadt standen?
In unglaublich langsamem Tempo verließ eine Gruppe Zwerge nach der anderen die Festung, doch übersichtlicher wurde es dennoch nicht in der Halle.
Im Laufschritt eilten Fenja und Skafid zwischen den Männern und Frauen hindurch, einen Kranken tragend. Sie steuerten einen Karren an, vor den sie eben noch zwei Esel gespannt hatten. Doch dieser war bereits von fünf Zwergen umringt, die ihre Habseligkeiten darauf luden. Den Heiler, der dort auf die ersten Kranken gewartet hatte, hatten sie einfach beiseite gedrängt.
„Halt!", rief Skafid mit einer für ihn ungewohnt energischen Stimme, „Dieser Karren ist für die Kranken reserviert!"
„Wo sollen wir dann unsere Sachen unterbringen?", rief einer der Zwerge vorwurfsvoll, als sie sich näherten.
„Sucht euch einen anderen Karren.", erwiderte Fenja scharf.
Störrisch bauten die anderen sich vor ihr und Skafid auf, nicht bereit, den Karren aufzugeben. „Gibt es hier ein Problem?", erklang da Ulthors Stimme hinter ihnen. Die Hand auf seiner Streitaxt liegend, trat er neben Fenja und Skafid.
Die eben noch so streitlustigen Zwerge erblickten den Krieger und schienen sofort der Meinung, dass der Karren den Streit doch nicht wert war. „Nein, alles ist bestens.", sagte einer und wenig später waren sie in der Menge verschwunden.
Kopfschüttelnd hievten Fenja und Skafid den Kranken auf die Ladefläche.
Eben gingen sie um ein paar Vorräte an Medizin zu holen, als ein Weinen sie beide aufschreckte.
„Dort hinten!", sagte Skafid, „Das ist ein Kind!"
Er deutete nach links, wo ein kleines, rothaariges Mädchen eine Stoffpuppe an sich klammerte und mit rotztriefender Nase herzzerreißend weinte.
„Oh nein..", rief Fenja aus und eilte auf die Kleine zu, die vermutlich gerade erst ein knappes Jahrzehnt alt war.
Sie ging vor dem Mädchen auf die Knie, die sie mit großen Augen ansah und kurz vor Staunen aufhörte, zu schluchzen.
„Wo ist deine Familie?", fragte Fenja, „Wo ist deine Mutter?"
Keine Antwort... Für einen kurzen Moment fragte Fenja sich, ob das Kind überhaupt schon sprechen konnte. Hilflos sah sie sich um.
„Wie heißt du?", fragte Skafid nun.
„Al... Alba...", sprach ein piepsiges Stimmchen und wieder kullerten die Tränen. „Amad...!", rief die Kleine.
„Was machen wir jetzt?", fragte Fenja und blickte hin und her. Doch nirgendwo schien ein Zwerg die Kleine zu suchen.
Ihnen blieb nur eins. „Komm Alba...", sagte Fenja sanft und hob das Mädchen auf ihren Arm, „Du bleibst jetzt bei uns, bis wir deine Amad gefunden haben, ja?"

Die Sonne erhob sich bereits über dem Horizont, als Fenja, Skafid und Jari endlich das große Südportal durchschritten. Neben ihnen gluckerte und sprudelte der Fluss, der hier die Berge verließ.
Gemeinsam mit den Soldaten aus Ulthors Einheit bildeten sie das Schlusslicht des langen Flüchtlingszuges, der sich gen Erebor aufgemacht hatte.
Vor ihnen liefen Zwerge aller Gesellschaftsschichten, Männer und Frauen, alt und jung, arm und reich. Von den Standesunterschieden war jetzt schon kaum noch etwas zu spüren. Arme Tagelöhner kauerten neben reichen Händlern auf Fuhrwerken, Handwerker und Minenarbeiter trugen neben Geldwechslern und Schankdirnen ihre Habe die Straße entlang.
Der Weg führte sie durch eine hohe Schlucht, die nach Süden hin nach und nach breiter wurde. Die Symbole der Handwerkszünfte, die hier in Zirin'kazor ihren Sitz hatten, zierten die hoch aufragenden Steinwände nahe der Stadt.
Fenja trug nach wie vor die kleine Alba auf ihrer Hüfte. Es war ihr schwer gefallen, noch irgendwo mit anzupacken, so durch die Kleine behindert. Doch nachdem das Mädchen sich beruhigt hatte, weigerte sie sich, Fenjas Arme zu verlassen. Jeder Versuch der jungen Frau, die sich mit dem Kind reichlich unwohl und überfordert fühlte, Alba einer anderen Zwergin zu geben, scheiterte an dem lautstarken Protest des Mädchens.
Fenja war sich sicher, dass Frerin hervorragend mit der Kleinen umgegangen wäre. Sie jedoch spürte, dass sie sicher nicht als Kindermädchen taugte. Und so lächelte sie dem Kind unsicher zu, während sie Alba in der Torhalle hin und her schleppte.
Alba war auch still gewesen, solange sie bei Fenja bleiben konnte. Doch nun, da sie die vertraute Heimat hinter sich ließen, sie das Tor durchschritten hatten und eben dieses nun aus den Augen verschwand, begann sie wieder zu weinen.
„Amad!", rief sie mit panischer Stimme.
„Ssschh....", machte Fenja und unbeholfen begann sie, ein Wiegenlied zu summen, dass ihre Mutter ihnen oft gesungen hatte. Sie wechselte die Hüfte, auf der sie Alba trug, im Stillen der verstorbenen Minna Respekt zollend, wie diese klaglos sie und ihre Geschwister umher getragen hatte. Vorsichtig wiegte sie die Kleine hin und her, bis sie Skafids Blick auffing. Der Zwerg musterte sie mit einem äußerst seltsamen Gesichtsausdruck.
„Was ist?", fragte sie, leicht gereizt.
„Gar nichts.", erwiderte dieser, vielleicht eine Spur zu schnell. Doch er wandte den Blick ab.
Fenja dagegen beschleunigte ihren Schritt und begann, die ersten Flüchtlinge zu überholen.
„Kannst du dir die Zwerge anschauen und mir sagen, wer deine Amad ist?", fragte sie die noch immer wimmernde Alba. Diese nickte und fuhr sich zittrig über das verschmierte Gesichtchen.
Fenja war klar, wie gering die Chance war, Albas Familie unter all den Zwergen hier zu finden, doch sie wollte nichts unversucht lassen. Und so ging sie in etwas erhöhtem Tempo den Zug der Männer und Frauen entlang, bis dann plötzlich, schon nach kurzer Zeit, Alba aufschrie. „Amad!"
Eine Zwergin, das Gesicht aufgequollen vor Tränen, drehte den Kopf und rief voller Glück: „Alba!"
Sofort setzte Fenja das Mädchen ab, das mit ausgestreckten Ärmchen auf die Mutter zurannte. Diese schluchzte voller Freude auf und kam der Tochter entgegen, hob das Mädchen in die Luft und drückte sie unter glückseligem Rufen an sich. „Oh Alba, ich hab dich überall gesucht!"
Zwei weitere Zwerge kamen heran, sicher Familienmitglieder. Langsam zog Fenja sich zurück, sie wollte nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, wenn man sich bei ihr bedanken wollte.
Doch sie hatte kein Glück. Albas Finger deutete aus der Menge heraus auf sie und so kam die Mutter der Kleinen auf sie zu.
„Wie kann ich euch nur danken?", fragte sie, die Stimme noch ganz heiser vor Überwältigung. Fenja schüttelte beklommen den Kopf. „Eure Freude ist mir Dank genug.", erwiderte sie, neigte den Kopf und ging rasch davon.
Schnell hatte sie Skafid und Jari wiedergefunden. „Alba ist bei ihrer Familie.", berichtete sie erleichtert und schweigend gingen die drei jungen Krieger weiter.
Die Schlucht machte einen Knick nach Westen und verbreiterte sich zum Vorland der Eisenberge hin.
Ein mulmiges Gefühl in der Magengegend drehte Fenja sich um und blickte zurück zu den Bergen von Zirin'kazor, die bald ihrem Blick verborgen sein würden.
Wie erging es Daín? Würde sie ihren Vetter jemals wieder sehen?

Die Feinde hatten die nördlichen Tore eingenommen. Unaufhaltsam drangen sie in die Festung vor. Überall wurde gekämpft, in Gängen, Sälen und Höhlen stellten sich die Soldaten Zirin'kazors der Übermacht entgegen. Doch sie vermochten die Orks Gundabads nicht aufzuhalten.
Über den Bergen durchschritt die Sonne ihren Zenit und senkte sich erneut gen Horizont, während die Angreifer immer weiter vorrückten. Verzweifelt mussten die Zwerge sich immer weiter zurückfallen lassen. Die Rothöhle selbst fiel schließlich in die Hand der Feinde, die nun zum südlichen Portal drängten, darauf bestrebt, die Flüchtlinge einzuholen und grausam zu ermorden.
Daín hatte sich in der südlichen Torhalle aufgebaut, die Krieger seiner Festung scharten sich um ihn.
Das Tor von der Rothöhle hierher hatte man verbarrikadiert. Scheppernd erbebte es unter dem Aufprall der Rammböcke, die nun von innen dagegen geschleudert wurden. Nicht mehr lange und es würde nachgeben.
Daín packte seinen Hammer fester. Wut und Entschlossenheit erfüllten ihn. Zirin'kazor wird fallen. Das wusste er. Es gab keinen Ausweg. Doch so lange er noch Kraft hatte, würde er den Feind um jeden Fußbreit Stein bitter kämpfen lassen. Der Boden seiner geliebten Stadt sollte getränkt sein mit dem Blut ihrer Feinde als ein letztes Opfer an die Heimat seines Volkes.
Daíns Gedanken rasten und er dachte an die Flüchtlinge, die er in der letzten Nacht fortgeschickt hatte und an Fenja. Waren sie weit genug weg von der Festung? Würden sie es zum Erebor schaffen?
Mahal würde seine schützende Hand über sie halten, dessen war er sich sicher.
Sein Blick fiel auf eine Gruppe junger Soldaten, die Gesichter bleich und blutverschmiert, doch mit entschlossenem Blick sahen sie auf das Tor, die Angst fast vollkommen aus den Augen verbannt.
So viele junge Krieger, die nun ihr Leben lassen würden... Nein, das durfte nicht sein!
„Öffnet das Südtor!", brüllte er. Verwirrt sahen ihn die Männer an. „Öffnet das Tor! Öffnet und flieht! Nur eine Gruppe Krieger soll bei mir bleiben!"
„Aber Herr...", rief einer der Männer und ging auf ihn zu.
Währenddessen wurde seinem Befehl tatsächlich Folge geleistet und das Südtor einen Spalt breit geöffnet.
„Folgt den Flüchtlingen! Folgt ihnen und beschützt sie! Hier sollen nicht noch mehr gute Männer ihr Leben lassen!", rief Daín und machte den jungen Männern ein Zeichen, dass sie gehen sollten.
Um ihn her sammelte sich derweil eine Gruppe alter Krieger, entschlossen, ihrem Volk so lange Zeit zu gewähren, wie nur möglich.
„Kommt mit uns, Herr!", bat man ihn, doch Daín schüttelte den Kopf.
„Geht! Geht jetzt, solange ihr noch könnt!" Hinter ihnen barst das Tor entzwei und die Orks strömten in die Halle.
„Flieht!", rief Daín, „Schützt unser Volk!"
Dann warf er sich in den Kampf.
Wild schwang er den Kriegshammer um sich, zerschmetterte jeden Ork, den er erreichen konnte. Um ihn her türmten sich die Körper seiner gefallenen Gegner. Einer nach dem anderen der übrig gebliebenen Zwergenkrieger fiel und so ließ sich Daín schließlich bis vor das wieder verschlossene Südtor zurückfallen.
Breitbeinig stellte er sich davor auf, entschlossen so lange zu kämpfen, wie seine Beine ihn trugen. Niemanden würde er durchlassen.
Mit lauter Stimme begann er zu singen, hob wieder und wieder seine Waffe, schlug einen Gegner nach dem nächsten nieder. Die Sonne war lange untergegangen, als Daín Eisenfuß, Naíns Sohn, aus der Familie Durins, fiel.

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