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Ein Bote aus der Ferne

Entspannt legte Lyrann den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, während sie sich im warmen Wasser treiben ließ.

Obwohl es den Zwergen, dank der vulkanischen Wärme im Berg, auch im Winter gelang, den Erebor recht warm zu halten, tat das warme Bad gut. Draußen war die Welt bereits von einer dichten Schneedecke bedeckt und noch immer schneite es. Die ganze Landschaft um den Erebor war in reines Weiß gehüllt und die Luft klirrte vor Kälte.

Dennoch hatte Lyrann sich nicht davon abhalten lassen, ihre Tochter auf ihren morgendlichen Ritt zu begleiten. Die beiden Frauen waren über die Ebene nach Thal geritten, hatten einen Halt oberhalb des zugefrorenen Wasserfalls gemacht und zum langen See und Esgaroth geblickt und waren schließlich frierend zum Berg zurückgekehrt.

Viel gesprochen hatten sie nicht. Fenja war still geworden in den letzten Monaten. Das Verschwinden Thrains lastete schwer auf ihr. Lyrann seufzte. Auch wenn Thorin und sie sich mittlerweile ausgesöhnt hatten, war der Verlust Thrains noch immer eine Zerreißprobe für die königliche Familie.

Fenja stürzte sich voller Verbissenheit noch mehr in ihr Training und wurde im Kampf bald ihrem Vater gefährlich. Frerin kämpfte mit der plötzlichen Last des Thronfolgers. Die größte Wandlung jedoch hatte Rhon, ihr Jüngster, vollzogen. Hatte er sich anfangs weiter in der Bibliothek verschanzt, so war er plötzlich an der Seite seines Vaters in den Ratssitzungen erschienen und hatte diesen tatkräftig darin unterstützt, die nun an der Königsfamilie zweifelnden Zwerge zu bändigen.

Thrains plötzliches Verschwinden war ein Skandal und die Aussage, er wäre nach Bruchtal aufgebrochen, auf Geheiß seiner Eltern hin, glaubte fast niemand mehr. Dank der jahrtausendelangen Ergebenheit der Zwerge gegenüber der Linie Durins, war noch nicht ernsthaft an Thorins und Lyranns Herrschaft gerüttelt worden. Die Zwerge vergötterten Thorin und das galt meist auch für Lyrann.

Doch Zwerge wie Mim, der seit der Rückeroberung des Erebor festes Mitglied des Rates war und Lyrann immer nur notgedrungen akzeptiert hatte, äußerte mittlerweile ganz offen seine Überlegungen, dass ohne das elbische Blut seiner Mutter, Thrain den Berg wohl nie einfach so verlassen hätte.

Lyrann schlug mit einem Seufzen die Augen auf. Sie hatte sich eigentlich dieses Bad gegönnt, um zu entspannen und nicht um weiter über ihre Probleme nachzudenken. Mit einem kräftigen Schwimmzug schwamm sie an den Rand des Badebeckens und sah sich um.

Sie befand sich in der öffentlichen Badehöhle des einsamen Berges. Vor ihr lag eine weite Grotte, getragen von wenigen Säulen aus dem typischen grün-schwarzen Gestein des Erebor. Hoch über ihr an der Decke waren einige helle Quarzadern kunstvoll herausgearbeitet worden. Sie schimmerten schwach im Licht der Fackeln. In weitläufigen Terrassenstufen waren Schwimmbecken verschiedenster Größe angelegt worden. Über ein geschicktes System aus Bewässerungskanälen leiteten die Zwerge das Wasser der warmen Quellen über die Steinstufen und befüllten so die Becken.

Hierher kamen arm und reich, um zu baden. Alle Bevölkerungsschichten des Berges versammelten sich hier, allein oder in Gruppen aus Familien oder Freunden. Auch nun waren einige Zwerge anwesend, auch wenn es meist am Morgen noch ruhiger hier war als Abends.

Lyrann ließ den Blick über die Grotte schweifen. Die Becken auf der höchsten Terrasse waren der Königsfamilie vorbehalten. Ein Sichtschutz war aufgestellt worden, um Lyrann ein wenig Privatsphäre zu gönnen. Doch sie war in voller Absicht hierhergekommen, damit man sie sah. Sie hätte sich auch von Minna auf ihrem Gemach ein warmes Bad bereiten lassen können. Doch es war wichtig, dass sie sich zeigte, gerade dann, wenn über die Königsfamilie gemunkelt wurde. Sie legte ihre Arme auf den Beckenrand und sah zu den unter ihr liegenden Becken herab. Sie erblickte Karelia, das Oberhaupt der Juweliere, die ihren Blick auffing und kurz grüßend den Kopf neigte.

„Da bist du also.", erklang hinter ihr eine dunkle Stimme. Lyrann drehte sich um und lächelte. Thorin stand am Beckenrand und sah mit einem Grinsen auf sie hinab. In seiner Hand trug er einen einfachen Holzteller. Sein Blick fuhr kurz über ihren nackten Körper und das Grinsen wurde breiter. Mit einem leisen Lachen registrierte Lyrann den Blick. Sie stieß sich ab und schwamm zu ihm hinüber. Der aufgestellte Sichtschutz verdeckte das Paar nun wieder vor allzu neugierigen Blicken.

„Möchtest du zu mir kommen?", fragte sie verführerisch. Thorin schüttelte mit einem Lachen den Kopf. „Leider habe ich nicht viel Zeit, auch wenn ich wirklich gerne jetzt zu dir würde.", erwiderte er. Sachte stellte er den Holzteller auf dem Boden ab und setzte sich daneben. Er zog seine Stiefel aus und tauchte die Füße mit einem wohligen Seufzen ins warme Wasser.

Lyrann legte ihre Arme auf seine Beine und blickte zu ihm auf. „Und was machst du dann hier?", fragte sie und schielte zu dem Teller hinüber, auf dem etwas gepökeltes Fleisch, Brot und ein gekochtes Ei lagen. Ihr Mann nahm sich das Brot und biss etwas davon ab. Kauend erwiderte er: „Die morgendliche Inspektion bei den Wachen ging deutlich schneller als ich erwartet hatte. Und da ich noch ein wenig Zeit bis zur Ratssitzung habe, dachte ich, ich suche mal meine liebe Gemahlin und Königin auf."

„Ah...", machte Lyrann verstehend und angelte sich ein Stück Fleisch von Thorins Teller. Bevor ihr Mann protestieren konnte, hatte sie es sich grinsend in den Mund geschoben. Thorin lachte auf und hob drohend den Finger. „Das ist mein Frühstück, Gimlelul*!", sagte er.

Anstatt etwas zu erwidern, stemmte Lyrann sich nur aus dem Wasser heraus und drückte ihre Lippen auf die seinen. Gierig zog Thorin sie an sich heran, nicht darauf achtend, dass seine Kleider nass wurden.

Schritte erklangen und ein wenig widerwillig lösten beide sich voneinander. Minna erschien, sie hatte in der Nähe gewartet, dass ihre Herrin ihr Bad beendete. Die grauhaarige Zwergin knickste kurz, dann sagte sie: „Bofur lässt euch holen, mein König und meine Königin. Ein Bote ist am Tor eingetroffen. Er wünscht das Königspaar zu sprechen."

Thorin und Lyrann sahen einander verwundert an. „Woher kommt der Bote?", fragte Thorin und erhob sich, rasch den Rest seines Frühstücks herunterwürgend. Minna zuckte mit den Schultern. „Das weiß ich nicht. Aber es hieß, dass Bofur beunruhigt sei...", antwortete sie.

Die Zwergin eilte wieder davon, um Lyranns Kleidung zu holen, während diese sich von ihrem Mann aus dem Wasser helfen ließ. Rasch wickelte Thorin ein weiches Tuch um Lyrann und half ihr, sich abzutrocknen.

„Geh du ruhig schon einmal vor.", sagte Lyrann zu ihm, „Ich komme nach." Doch Thorin schüttelte den Kopf. „Wir schauen uns diesen Boten gemeinsam an.", erwiderte er fest. Lyrann sah ihn an. Was war wohl passiert, dass Bofur so besorgt zu sein schien? Ihr Mann schien ebenso darüber nachzudenken wie sie. Seine Stirn war in sorgenvolle Falten gelegt und der Blick seiner hellen Augen war angespannt und konzentriert.

Als Minna wieder kam, war Lyrann fertig abgetrocknet. Thorin trat etwas zur Seite, während Minna ihrer Herrin mit routinierten Bewegungen in ihr Kleid half.

Um ihre Position als Herrscherin zu unterstreichen, hatte Lyrann wieder ein prachtvolles Kleid ausgewählt. Über Unterkleid und Korsett kam ein schweres Überkleid aus tiefrotem Samt, mit Verzierungen aus goldener Spitze an Ärmeln und Ausschnitt. Auch goldenen Schmuck mit eingearbeiteten Rubinen hatte Minna mitgebracht und so legte sie Lyrann ein schweres Collier um den Hals. Gegen die Kälte am Tor wurde ihr ein Mantel aus weißem Fell mit aufgestickten Rabenfedern um die Schultern gelegt und Minna türmte ihre noch feuchten Haare rasch zu einer eleganten Hochsteckfrisur in die Höhe.

„Wenn ich doch nur etwas mehr Zeit hätte...", grummelte sie vorwurfsvoll vor sich hin. „Es wird schon reichen, Minna.", sagte Lyrann sanft. Als die Zwergin fertig war, reichte Thorin seiner Frau den Arm und Lyrann hakte sich bei ihm ein.

Gemeinsam gingen sie zum Tor, wo ihnen ein reichlich nervöser Bofur entgegen kam. „Gut, dass ihr da seid.", empfing er sie und begleitete sie zu den Treppen, die auf den Wehrgang führten. „Was ist los, Bofur?", wollte Thorin wissen. Doch der zuckte nur fahrig mit den Schultern. „Guckt es euch am besten selbst an.", erwiderte er. Nebeneinander betrat das Königspaar den Wehrgang und blickte zu dem Reiter hinunter, der dort auf seinem Pferd vor dem Tor wartete.

Doch es war ein Reiter, wie Lyrann in den fast 200 Jahren ihres Lebens noch keinen gesehen hatte. Undefinierbare Kälte legte sich um ihr Herz. Ihre Hände, die sie auf der Mauer vor sich abgelegt hatte, begannen leicht zu zittern. Unwillkürlich zuckte sie zurück. Sachte legte Thorin eine seiner Hände an ihren Rücken, wie um sie zu beruhigen.

Dort unten, auf einem schwarzen Pferd, saß eine ganz in schwarze Roben gehüllte Gestalt. Eine Kapuze war so tief über den Kopf gezogen, dass in ihrem Schatten kein Gesicht auszumachen war. Eine Aura von Macht, Kälte und Gefahr umgab ihn. Es schien, als würde das Licht der Sonne in seiner Nähe schwinden. Hinter seinem Rücken ragte eine Lanze mit einer gefährlichen langen Schwertklinge hervor.

Als er das Königspaar erblickte, stieg er von seinem Pferd. Schwere Lederstiefel knallten auf den Boden. „Lang lebe der König und die Königin unter dem Berge!", begrüßte er sie mit zischender Stimme, „Möge ihre Herrschaft in die Legenden ihres Volkes eingehen!" Ein Schauder lief Lyrann über den Rücken. Die kalte, hohle Stimme hinterließ ein seltsames Klingeln in ihren Ohren.

„Wer seid ihr?", hallte Thorins Stimme vom Wehrgang herab, „Was wollt ihr hier?"

Der Bote verneigte sich. „Mein Name spielt keine Rolle.", erwiderte er. „Mein Herr hat mich gesandt, um den Zwergen des Erebor Grüße der Freundschaft zu übermitteln." Die Worte des Boten hallten auf unnatürliche Weise von den Felsen wider, als würden sie aus einem tiefen Grab und nicht von dem Reiter selbst kommen.

„Und wer ist euer Herr?", fragte Thorin.

„Wir nennen ihn Annatar.", kam es zurück, „Seit jeher bewunderte mein Gebieter die Kunstfertigkeit der Kinder Aules. Er wünscht die Freundschaft und Verbundenheit des Volkes der Zwerge zu erringen."

Annatar... Eine dunkle Ahnung schob sich beim Klang dieses Namens in Lyranns Gedanken. Sie hatte den Namen schon einmal gehört, doch wo? Die Erinnerung wollte sich nicht einstellen. Doch sie war sich sicher, nichts Gutes verband sich mit diesem Namen. Unauffällig berührte sie Thorins Hand und versuchte ihm wortlos ihre Befürchtung mitzuteilen.

Ihr Mann sah sie kurz von der Seite an, dann wandte er sich wieder dem Boten zu. „Ich erbitte mir etwas Bedenkzeit.", sagte er.

Der Reiter verneigte sich. „Ich werde morgen wiederkehren, um die Entscheidung des Königs unter dem Berge zu hören.", gab er zur Antwort. Er wandte sich seinem Pferd zu und schnürte einen Lederbeutel von seinem Sattel, den er vor sich zu Boden legte. „Ein kleines Geschenk meines Herren, in der Hoffnung, dass es euer Herz ihm zuwenden wird.", sagte er dabei.

Der Fremde hatte sich bereits in den Sattel geschwungen und sein Pferd gewendet, als er noch einmal sich Thorin und Lyrann zuwandte. „Als Zeichen eurer Freundschaft erbittet mein Herr nur eines von euch. Eine Kleinigkeit, nicht erwähnenswert für den König unter dem Berge, noch nicht einmal von Wert. Er bittet um Auskunft über einen Halbling, der vor vielen Jahren hier am Berg war. Denn dieser Halbling hat meinem Herrn etwas gestohlen, eine Kleinigkeit von geringem Wert für andere, doch wichtig für meinen Herren. Er bittet, dass ihr ihm sagt, was ihr darüber wisst."

Mit diesen Worten wandte er sich ab und ritt auf seinem Pferd davon.

„Bilbo...", sagte Lyrann leise. Sie wandte sich Thorin zu, der mit in Falten gelegter Stirn dem Reiter nachsah. „Was will dieser Reiter von Bilbo?", fragte sie ihren Mann. „Ich weiß es nicht.", erwiderte Thorin nachdenklich.

Sie sahen einander an. „Ich habe ganz und gar kein gutes Gefühl hierbei.", sagte Lyrann. Noch immer zitterten ihre Hände leicht. „Irgendetwas stimmte da nicht. Seine Worte klangen freundlich, aber...", ihre Stimme verließ sie, als sie erneut an die plötzliche Kälte dachte, die sie gespürt hatte und den seltsamen Klang dieser Stimme.

Thorin nickte. „Ich misstraue ihm auch. Und ich sehe keinerlei Anlass, ihm von Bilbo zu erzählen.", erwiderte er.

Währenddessen hatte vor dem Tor einer der Wachen den gefüllten Beutel geholt und ging nun auf sie zu. Thorin nahm den Beutel entgegen und öffnete ihn vorsichtig. Er stieß einen leisen Pfiff aus, als er den Inhalt sah. „Was ist?", fragte Lyrann und beugte sich vor. In dem Beutel glitzerte und leuchtete es so hell, dass sie kurz geblendet die Augen zusammen kniff.

„Sanzigil!**", raunte Thorin so leise, dass nur sie ihn hören konnte, „Mithril, frisch abgebaut, wie es nur in Khazad-dum zu finden ist."

Eine steinerne Ebene öffnete sich vor Lyrann. Hohe, kahle Bergwände umschlossen sie in einem undurchdringlichen Belagerungsring. Die Sonne schien fahl auf ein lebloses und totes Land hinab. Nichts lebte hier.

Wirklich nicht? Ihr Herz pochte beklemmend, während ihr Blick ruhelos umher eilte. Eine Ahnung von Gefahr und Bosheit lag in der Luft und erschwerte ihr das Atmen. Wolken schoben sich vor die Sonne und Dunkelheit legte sich über das Land.

Da erblickte sie einen Berg, hoch aufragend inmitten schwarzer Wolken. Todesangst überkam sie. Noch nie hatte Lyrann diesen Berg gesehen, doch sie wusste, es war ein Ort des Grauens. Schlimmes war hier geschehen. Eine böse Macht lauerte dort.

Wie von unsichtbarer Hand wurde sie an den Berg herangezogen. Ihr Blick war gefesselt. Sie konnte sich nicht rühren. Panisch versuchte sie sich der Macht zu entziehen, die sie in ihren Bann geschlagen hatte.

Eine Stimme lag in der Luft, die Worte unkenntlich gemacht vom brausenden Sturm. Tief und dröhnend war sie, wie aus den Urtiefen der Welt kommend. Lyrann verstand die Worte nicht, die in einer fremden Sprache gesprochen wurden, doch sie wusste, sie waren voll Bosheit.

Der Berg vor ihr barst in Flammen und schleuderte fauchend seine Glut den dunklen Wolken entgegen. Ein heller, kreischender Schrei zerriss die Luft...

Keuchend und schweißnass saß Lyrann aufrecht in ihrem Bett. Ihr Herz raste und sie zitterte am ganzen Körper. Die Bilder des toten Landes und des feuerspeienden Berges standen ihr noch allzu deutlich vor Augen. Schweratmend tastete sie über die dicken, weichen Felle, die ihr Bett bedeckten. Langsam erkannte sie die Konturen ihres Gemaches, versuchte, zurück in die Realität zu finden. Doch noch immer erdrückte sie die Angst.

Neben ihr bewegte sich etwas. „Liebste?" Thorins Stimme erklang in der Dunkelheit. Sie hörte, wie ihr Mann sich aufsetzte. Dann griffen zwei liebevolle Hände nach ihr. „Was ist passiert?", fragte er leise.

„Traum...", flüsterte Lyrann mit trockener Kehle. „Ich sah ein totes Land... Und einen Berg voller Feuer. Eine Stimme sprach Worte, die ich nicht verstand. Ich hatte Angst, doch ich konnte mich nicht rühren. Ich konnte nicht fort. Es hielt mich fest..."

Sie schluchzte auf. Rasch legte Thorin die Arme um sie und zog sie an sich. „Es war nur ein Traum.", murmelte er beruhigend und fuhr ihr über das Haar. Doch mit einem Kopfschütteln löste sich Lyrann von ihm. „Das war kein einfacher Traum.", erwiderte sie leise. „Ostlinge an der Rotwasser, keine Nachricht von Balin aus Khazad-dum und das nun seit Jahren, Dunkelheit um Dol Guldur und nun Mithril aus Balins Reich von einem Unbekannten überbracht? Erinnerst du dich an Elronds Warnungen? Etwas kommt in Bewegung, was wir nicht mehr aufhalten können."

Das Herrscherpaar unter dem Berge hielt seine regelmäßige Audienz für das Volk ab. Nach einander traten Bittsteller aus allen Schichten im gewaltigen Thronsaal vor Thorin und Lyrann und trugen ihre Anliegen vor. Kleine und große Wünsche wurden an sie heran getragen, Bitten oder Klagen, manche von ihnen konnten sofort beantwortet werden, andere würden bald Thema der nächsten Ratssitzung werden.

Lyrann sah dem Zwerg hinterher, der eben seine Bitte vorgetragen hatte. Ihr Blick glitt über die Schlange der Wartenden. Es würde noch eine lange Audienz werden. Thorin und ihr waren diese Gelegenheiten, mit dem einfachen Volk in Kontakt zu kommen, äußerst wichtig. Sonst gab es wenig Möglichkeit, auch für den Ärmsten und Einfachsten der Zwerge, das Königspaar direkt anzusprechen.

Und so würden sie abwarten, bis auch der letzte Bittsteller sein Anliegen vorgetragen hatte. Selbst wenn das hieß, dass sie hier bis mitten in der Nacht auf ihren steinernen Thronen sitzen würden. Möglichst unauffällig änderte Lyrann ihre Position. Ihr Kreuz schmerzte mittlerweile. Neben ihr hielt Thorin sich unverändert stolz und aufrecht. Sein ältester Neffe Fili stand an seiner Seite, schwer bewaffnet und grimmig umher blickend. Kili stand neben Lyrann, nur mit einem elbischen Bogen bewaffnet, ein Geschenk Tauriels, riesig für den Zwerg, doch gab es mittlerweile keinen besseren Schützen im Berg als Kili.

Heute schweiften Lyranns Gedanken immer wieder ab. Der Alptraum der letzten Nacht lag wie ein Schatten über ihr. Auch Thorin war besorgt, das merkte sie ihm an. Unheil ging von diesem Boten aus, trotz seiner freundlichen Worte. Und woher kannte sie den Namen Annatar?

Plötzlich gab es am großen Tor zum Thronsaal einen Tumult. Durch das geöffnete Tor trat der schwarzgekleidete Bote vom Vortag, herein geführt von einer Gruppe sehr nervös aussehender Wachen. Mit einem Mal war es totenstill in der Grotte. Mit angehaltenem Atem starrte alles auf den kleinen Trupp, der sich den Thronen näherte.

Lyrann warf einen kurzen Blick zu Thorin, dessen Miene versteinert war. Seine Augen blitzten gefährlich und sie ahnte, dass es ihm nicht behagte, diesen unheimlichen Fremden hier in seinem Berg zu wissen.

Der Fremde hielt vor den Thronen und erhob seine Stimme: „Ein Gruß dem Königspaar des Erebor!" Kalt und zischend klang sie durch die Grotte und wurde vielfach von den Wänden zurückgeworfen. Lyrann fröstelte. Die Temperatur im Raum schien mit einem Mal gesunken. Sie sah, wie einige der Zwerge den Saal verließen, eingeschüchtert von der unheimlichen Aura des Boten.

Sie sah den Fremden an. Doch noch immer konnte sie in dem gähnenden Schwarz unter der Kapuze kein Gesicht ausmachen. Das machte sie zunehmend nervös.

„Ich bin gekommen, um die Antwort des Königs unter dem Berge zu hören!", fuhr der Fremde fort. „Die Geschenke, die ich euch brachte, sind nur ein kleiner Teil dessen, was mein Meister, Annatar, der Herr der Geschenke, euch bereiten kann."

Kurz hielt er inne und wandte das verhüllte Gesicht dem leuchtenden Arkenstein über Thorin und Lyrann zu. „Einen wahren Schatz habt ihr bereits in eurem Berg, der Arkenstein, das sagenhafte Juwel, vor dessen Herr sich alle Zwergenvölker verneigen." Unruhig versteifte Lyrann sich. Sie kannte nur zu gut die Wirkung, die der Arkenstein entfalten konnte. Thorin war fast dem Wahnsinn verfallen und oft sah sie Begierde in den Augen mancher Untertanen aufblitzen, nur im Zaum gehalten von der jahrtausendealten, tiefen Ergebenheit der Zwerge gegenüber ihren Königen. Ein Silmaril... Gandalf hatte ihr diese Vermutung anvertraut und sie mit dem Schutz des Steines betraut. Selbst mit ihrem Mann hatte sie darüber nicht gesprochen. Welche Gier würde der Stein in diesem Fremden und seinem Herrn auslösen?

„Doch der Arkenstein gibt euch keine wahre Macht. Schwört meinem Herrn die Gefolgschaft in Freundschaft und die sieben Ringe der Zwerge, die einst euren Königen Macht verliehen, werden euer sein."

„Wer ist euer Herr?", erwiderte Thorin, „Wo ist er? Ich gelobe keinem Fremden die Freundschaft."

„Das Land meines Gebieters ist weit im Süden. Wichtige Geschäfte halten ihn von der Reise zu eurem Berg ab. Deswegen schickt er mich, einen seiner Vertrauten zu euch.", erwiderte die kalte Stimme.

Eine undeutliche Erinnerung schob sich in Lyranns Bewusstsein. Und mit einem Mal wusste sie die Wahrheit. Das Bild fügte sich in ihrem Kopf zusammen. Ein Land im Süden... Ringe... Aufzeichnungen eines alten Krieges, von denen sie in Bruchtal aus einem alten Buch gelesen hatte... Elronds Erzählungen von einem toten Land unter einem feuerspeienden Berg... Ihr Traum...

Grauen packte sie. Ruckartig stand sie auf. Eine uralte Angst, in Erzählungen und düsteren Geschichten in ihrem elbischen Volk weitergegeben, erfüllte sie und ließ sie am ganzen Körper beben.

„Sauron!", rief sie aus. Ihre Stimme hallte durch die Grotte und der Name wurde tausendfach zurück geworfen. „Dein Herr ist Sauron, Gorthaur, der Schreckliche! Aus Mordor, dem verfluchten Land, kommst du!" Schwer atmend stand sie da, den Finger anklagend erhoben.

Thorin stand auf. Seine Miene eine eiserne Maske, sah er auf den verhüllten Boten hinab. „Verschwindet!", knurrte er leise. Seine Stimme schnitt wie eine Axt durch die Luft. „Verschwindet und sagt eurem Herrn, niemals werden die Zwerge des Erebor sich dem Herrn des dunklen Landes fügen! Kein Geschenk kann unsere Treue erkaufen! Nie, niemals werden wir vor dem Tyrannen Mordors niederknien!"

Kaltes Hohngelächter erfüllte den Thronsaal. „Mutig sind eure Worte, Thorin, König unter dem Berge! Doch seid auch ihr nur der niedere Sohn des zerlumpten Zwerges, dem mein Gebieter den Verstand raubte! Ihr denkt, ihr könntet gegen den mächtigen Sauron widerstehen? Ihr hattet die Gelegenheit, unter dem Zeichen der Freundschaft in den Dienst Saurons zu treten! Nun wird sein Zorn über euch und diese Lande kommen! Dunkelheit wird aufziehen und euch vernichten! Euer Volk wird leiden und ihr werdet eure Heimat verlieren!", rief der Bote voller Hass.

„Verschwindet, bevor man euch verjagt!", antwortete Lyrann zornig, „Die Zwerge des Erebor werden der Dunkelheit und eurem Zorn widerstehen!"

„Unwürdig seid ihr, über diesen Berg zu herrschen!", schallte die Stimme des Boten durch den Thronsaal, „Der zerlumpte Prinz aus dem Exil und seine Bastardfrau! Euer Volk wird in Ketten enden! Sterben werdet ihr bei dem Versuch sie zu verteidigen!" Er hob die behandschuhte Hand und deutete auf Lyrann. „Dunkelheit ist das Los eurer Jahre..."

Ein Sirren erklang und ein Pfeil landete klappernd direkt vor dem Boten auf dem steinernen Fußboden. Mit einer raschen Bewegung legte Kili einen weiteren Pfeil auf die Sehne. Das Gesicht des Kriegers war von blankem Zorn erfüllt.

Ein schrilles Kreischen erfüllte die Luft. Der Bote wirbelte auf dem Absatz herum und stürmte aus dem Thronsaal. Totenstille lag über dem Saal. Alles hatte die Augen auf das Königspaar geheftet, das dem Boten Mordors hinterher sah.

Grimmig trat Kili vor. „Keiner bedroht meine Familie...", knurrte er leise. Dann wandte er sich Thorin und Lyrann zu. „Was meinte er mit, Dunkelheit wäre dein Los?", fragte er Lyrann. Diese presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht.", erwiderte sie. Doch Angst beschlich sie und legte sich wie ein dunkler Schatten über ihr Gemüt. Wovon hatte der verhüllte Bote gesprochen? Konnte er die Zukunft sehen? Hatte er etwas in ihrer Zukunft gesehen?

Sie sah zu Thorin, dessen Gesicht noch immer voller Zorn war. „Mordor...", flüsterte er leise, „Jetzt wird mir einiges klar." Er erwiderte ihren Blick und ergriff ihre Hände. „Sauron kennt die Zwerge des Erebor schlecht, wenn er denkt, wir würden mit Geschenken, Drohungen und düsteren Prophezeiungen in seinen Dienst zu bringen sein." Seine Stimme wurde lauter und trug weit durch den Thronsaal während er sich an die versammelten Zwerge wandte. „Nie werden wir Vasallen des dunklen Herren sein! Kaufen kann er unsere Treue nicht! Drohungen werden uns nicht einschüchtern! Und mag er auch seine ganze Macht gegen diesen Berg werfen, das Volk Durins, die Kinder Mahals, bleiben standhaft!"

Vereinzelter Jubel erklang. Und es schien, als würde die Kälte, die mit dem Erscheinen des Fremden die Halle erfüllt hatte, endlich weichen und wieder Hoffnung Platz machen.

„Wir müssen unsere Verbündeten warnen!", sagte Lyrann zu ihrem Mann, „Elrond hat uns gewarnt, ich muss ihm und meinem Bruder eine Nachricht zukommen lassen." Thorin nickte zustimmend. „Kili!", wandte er sich an seinen jüngsten Neffen. „Reite zu Thranduil und unterrichte ihn über das Geschehene!" Der Angesprochene nickte und entfernte sich rasch. „Ich werde zu Daín reiten.", fuhr Thorin fort. Lyrann nickte. „Ich könnte zwar einen Raben schicken, aber ich denke, es ist besser, wenn ich ihn persönlich treffe und ihn unterrichte. Fili nehme ich mit und unterwegs werde ich bei Brand halten und ihm von unserem Besuch erzählen." Sanft küsste er sie auf die Stirn. „Pass auf den Berg auf, während ich weg bin, Geliebte.", murmelte er. Strich kurz über ihre Wange, dann ging er rasch davon, gefolgt von Fili.

Lyrann strich noch ein wenig zittrig ihren Rock glatt und atmete tief durch. Thorins feurige Ansprache hatte etwas Zuversicht zurückkehren lassen, doch der Schock über die unheimliche Begegnung saß ihr noch in den Knochen. Der letzte Satz des Boten wollte ihr nicht aus dem Kopf. Dunkelheit ist das Los eurer Jahre... Was meinte er damit? Oder war es nur eine leere Drohung, ausgesprochen, um sie zu verängstigen?

Sie drängte den Gedanken beiseite. Es gab drängenderes. „Holt mir einen Schreiber! Und dann bringt Gloin herbei, sagt, ich habe einen Auftrag von größter Wichtigkeit für ihn. Er soll seinen Sohn Gimli mitbringen. Ihnen steht eine weite Reise bevor!"

*Mein hellster Stern

**Mithril

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