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Die Suche

Die Tür des königlichen Gemaches fiel ins Schloss, als der Besucher sich entfernte. Gähnend streckte sich Lyrann. Müde fuhr sie sich über die komplizierte Steckfrisur und räkelte sich sehr unköniglich in ihrem Sessel.

Den ganzen Tag hatte sie in ihrem Arbeitszimmer Besucher empfangen, die der Königin Bericht erstattet hatten oder sie um Rat ersucht hatten. Nicht nur die Feldterrassen und der Anbau von Nahrungsmitteln unterstand ihrer Verantwortung, sie kümmerte sich auch um das Hospital, das sie direkt nach der Schlacht der fünf Heere mit aufgebaut hatte und die Bibliothek, sowie die Großküchen. Ebenso waren die Anführer der Königsgarde und der Bogenschützen ihrem Kommando unterstellt, was für eine Königin des Erebor eher ungewöhnlich war und ihrer kämpferischen Ausbildung geschuldet war. Zudem war sie Zeremonienmeisterin des Berges.

„Willst du dich kurz erfrischen?" Minna war wieder in der Tür erschienen, nachdem sie den letzten Besucher nach draußen geleitet hatte. Die alte Zwergin stand seit Jahrzehnten im Dienst der Familie und war nicht mehr von der Seite der Königin weg zu denken. Lyrann nickte erschöpft und stand auf. Sie streckte sich, um ihre verspannten Muskeln zu lockern und ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Es war das kleinste Zimmer des königlichen Gemaches, was immer noch Platz ließ für einen riesigen Schreibtisch mit kunstvollen silbernen Einlegearbeiten, einen aus Silber gearbeiteten Kamin und Schränke voller Bücher, sowie einen bestickten Wandteppich, der Imladris zeigte.

Thorin und Lyrann bewohnten das silberne Gemach, welches eines der prunkvollsten Gemächer des königlichen Flügels war. Die Erbauer hatten jedes Zimmer mit silbernen Gegenständen ausgestattet, Decken und Wände waren mit silbernen Intarsien bedeckt. Und obwohl der Reichtum der Könige des Erebor deutlich zur Schau gestellt war, wirkte keines der Zimmer überladen.

Lyrann verließ ihr Arbeitszimmer und durchquerte den Salon, wo sie und Thorin private Gäste empfingen oder manchmal zu zweit ihre Essen einnahmen. Ihr Blick fiel auf eine Vase Blumen, die ihr Fenja vor kurzem mitgebracht hatte und ein bereit liegendes Kartenset. Erst vor ein paar Tagen hatte sie mit den Zwillingen und Dis Karten gespielt.

Sie betrat das Schlafzimmer, das sie und Thorin sich teilten. Es gab zwar ein weiteres Schlafzimmer in ihrem Gemach, aber seit ihre Kinder groß waren, wurde es nicht mehr genutzt. Minna stand bereits an ihrem Frisiertisch. Lyrann griff nach dem Kelch mit Wasser, den Minna schon gefüllt hatte und leerte ihn in einem Zug. Dann ging sie an ihre Kleidertruhe und suchte ein schlichteres Kleid aus, das deutlich bequemer zu tragen sein würde, als das schwere, mehrlagige Kleid, das sie gerade trug. Aus rotem Stoff mit einem steifen, weiten Rock und einer engen Corsage war es zwar ihrer Stellung angemessen, aber noch immer empfand sie derartige Kleider als unbequem und lästig.

Stattdessen zog sie ein leichteres, fließendes grünes Kleid mit weiten Ärmeln hervor und legte es auf ihr Bett. Wenig später hatte Minna ihr aus dem schweren Kleid heraus geholfen und erleichtert zog Lyrann das andere an. Zufrieden ließ sie sich auf den Stuhl vor ihrem Frisiertisch plumpsen. „Kannst du bitte die Frisur auflösen, Minna?", fragte sie. Minna zog die Stirn kraus. Am Morgen hatte sie lange Zeit damit verbracht, ihrer Herrin die Haare zu frisieren und mit Edelsteinen zu schmücken. Für sie gehörte es selbstverständlich zu einer Königin dazu und Lyranns Abneigung gegen derartige Frisuren verstand sie auch nach all den Jahren nicht.

Mit einem verständnislosen, aber liebevollen Kopfschütteln begann sie, die festgesteckten Rubine und Brillanten aus den Locken ihrer Herrin zu befreien und löste die geflechteten Strähnen auf. Lyrann legte vorsichtig die schwere Kette und den anderen Schmuck vor sich ab. Nur ihren Ehering und ihren königlichen Siegelring behielt sie.

Als Minna fertig war und das dunkle Haar der Königin offen über ihren Rücken fiel, erhob Lyrann sich. „Danke Minna.", sagte sie fröhlich und verließ das Gemach, um ihre Familienmitglieder zum Abendessen zu treffen.

Als sie den Saal erreichte, schienen bereits die meisten versammelt. Am Kopfende der Tafel sah sie ihren Mann sitzen, der sich angeregt mit seiner Schwester unterhielt. Dís strahlte, als sie Lyrann erblickte. „Liebe Schwester!", rief sie und begrüßte die Königin mit einem Kuss auf jede Wange. Lyrann lächelte. Dís war eine wahre adelige Zwergin. Auch jetzt, bei einem formlosen Essen mit der Familie, trug sie eine komplizierte Frisur und glitzernden Schmuck aus Opalen und ein hellblaues Kleid. Lyrann ließ sich ihr gegenüber auf Thorins anderer Seite nieder und wurde sofort von diesem bedient.

„Bombur hat Fische aus Esgaroth heute kommen lassen.", sagte Thorin und griff nach einer übervoll beladenen Fischplatte, „Was willst du haben? Es gibt Forelle, Barsch..." Lyrann ließ den Blick über den Tisch schweifen. Dwalin, der neben ihr saß, schenkte ihr ein warmes Lächeln, Kili fehlte, er war wie so oft im Düsterwald und am anderen Ende des Tisches, neben Fili, steckten Lyranns Kinder tuschelnd die Köpfe zusammen. Irritiert runzelte Lyrann die Stirn.

„Thorin?", unterbrach sie die liebevollen Ausführungen ihres Mannes, was sie alles essen könnte, „Wo ist Thrain?" Der König hielt in der Bewegung inne und blickte über den Tisch. Alle hoben den Blick und sahen auf den leeren Platz von Thrain.

„Ich habe heute Nachmittag noch mit ihm gesprochen.", meldete sich Fenja zu Wort. Lyrann und Thorin wechselten einen Blick. In der Miene des Königs zuckte es. Da spürte Lyrann eine schwere Hand auf ihrem Arm. Sie drehte den Kopf. Dwalin drückte kurz ihre Schulter. „Ich gehe ihn suchen.", sagte er und verließ mit dumpfen Schritten den Raum.

Schweigen legte sich über die Familie. Lyrann konnte den fragenden Blick ihrer Schwägerin sehen. Jeder von ihnen hatte mitbekommen, dass Thrain in der letzten Zeit unzuverlässig geworden war und sich seltsam benahm. Sie sah auf ihren Teller, auf dem Thorin einen gebratenen Fisch und etwas Weizengrütze serviert hatte. Doch sie nahm ihr Essen gar nicht wahr. Es wird alles gut sein, dachte sie sich. Er hatte noch zu tun und hat die Zeit vergessen.

Mit leicht zittrigen Händen nahm sie Messer und Gabel zur Hand und fing an zu essen. Niemand sprach. Das Klappern des Bestecks dröhnte unangenehm laut im Zimmer. Aus den Augenwinkeln konnte Lyrann sehen, wie angespannt ihr Mann war. Seine Kiefer mahlten, als müsse er Steine zerbeißen.

Endlich kam Dwalin zurück. Seine Miene war versteinert. „Die Wache am Tor sagte mir, dass Thrain bei Anbruch der Dunkelheit den Berg verlassen hat.", sagte er, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte.

Wie versteinert saßen alle da. Jeder starrte Dwalin an, versuchte zu begreifen, was er da gesagt hatte. Lyrann stockte der Atem. Mit einem Klirren fiel ihr das Messer aus der Hand. „Wohin wollte er?", fragte Thorin mit bedrohlich ruhiger Stimme.

„Er hat nichts gesagt.", erwiderte Dwalin. Besorgt musterte er seinen König und Freund. „Aber die Wache sagte, er wäre für eine weite Reise ausgerüstet gewesen."

Lyrann presste die Hand auf den Mund. Das konnte nicht sein! Thrain würde niemals einfach so... Bestimmt würde er bald wieder zurück kommen...

Thorin stand mit einem Ruck auf. Schwer atmend stützte er sich auf den Tisch. Seine Augen sprühten Funken. „Raus!", sagte er mit angespannter Stimme, „Raus alle!"

Rasch und leise erhoben sich die anderen und verließen den Raum. Niemand wagte es, den König anzusprechen. Lyrann jedoch blieb sitzen. Sie war geschockt. Ihr Sohn... Wo war ihr Sohn? Er war fort geritten, er hatte sie und seine gesamte Familie verlassen! Warum nur? Was war vorgefallen? Fragen über Fragen häuften sich in ihrem Kopf und bildeten mit all der Verwirrung und der plötzlichen Sorge um ihren Ältesten einen festen Brocken.

Die Tür fiel zu. Sie waren allein. Thorin schrie auf vor Zorn und Schmerz. Er packte seinen Stuhl und schleuderte ihn mit Leichtigkeit davon. Krachend kam der Stuhl auf dem Boden auf und zerbarst. Scheppernd knallte Thorins Faust auf den Tisch neben Lyrann. Teller, Besteck und Kelche wurden von ihm hinweg gewischt. Der König wandte sich ab und stürmte ein paar Schritte vom Tisch fort. Doch dann blieb er stehen und legte schwer atmend den Kopf in den Nacken.

Langsam erhob sich Lyrann und ging um den Tisch herum auf ihren Mann zu. Thorin drehte sich zu ihr um. Seine Miene war unergründlich. „Ich verstehe nicht, warum er das getan hat...", begann sie, „Vielleicht ist es nicht so wie es scheint. Vielleicht kommt er zu uns zurück. Thrain würde uns nie einfach so verlassen."

Thorin sah sie grimmig an. „Wir haben uns gestritten heute, Thrain und ich." Noch immer brodelte seine Stimme vor Wut. „Was ist passiert?", fragte Lyrann. Doch ihr Mann winkte ab. „Das ist nicht wichtig. Wir wurden beide wütend, doch ich hätte nie gedacht... ich hätte es nie für möglich gehalten, dass wir in der Erziehung unseres Sohnes so versagt haben, dass er uns wie ein Feigling verlässt!" Mit jedem Wort wurde der Zwerg wieder lauter. Wut und tiefe Enttäuschung hörte Lyrann aus seiner Stimmt heraus. „Immer habe ich versucht ihm beizubringen, dass man vor einem Konflikt nicht fortläuft!" Thorin raufte sich die Haare.

Er zog Lyrann in die Arme. Kurz hielten sie sich aneinander fest, versuchten das eben gehörte zu verdauen. Schließlich schob Thorin seine Frau ein Stück von sich und strich zärtlich über ihre Wange. „Ich hole ihn zurück. Unser Sohn kommt wieder nach Hause, das verspreche ich dir.", sagte er, küsste sie auf die Wange und verließ den Raum. Lyrann konnte ihn im Flur laut nach Dwalin und Fili rufen hören.

Entkräftet sackte sie auf dem nächsten Stuhl zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen. Thrain... Ihr Sohn... Wo war ihr Erstgeborener? Was war passiert, dass ihn von ihnen fort getrieben hatte?

Schlaflos wälzte Lyrann sich in ihrem Ehebett umher. Sie wusste, dass zahlreiche Soldaten unter Dwalins und Filis Führung nach dem vermissten Prinzen suchten. Und sie ahnte, dass sich Gerüchte wie Drachenfeuer durch den Erebor ausbreiteten. Der Prinz war fort! Und nicht irgendein Prinz, nein der Thronfolger und Erbe Thorins selbst hatte den Berg verlassen...

Sorge und Angst quälten Lyrann. Ihr Herz schmerzte bei jedem Gedanken an ihren Sohn. Die Vorwürfe an sich selbst verstummten nicht. Sie war sich sicher, dass sie ihren Sohn noch bei sich hätte, wenn sie nur früher reagiert hätte. Hatte sie nicht geahnt, nein gewusst, dass ihr Sohn litt? Warum hatte sie Thorin nicht eher darauf angesprochen? Warum hatte sie nicht mit ihrem Sohn darüber gesprochen? Verzweifelt fuhr sie sich mit den Händen über das Gesicht.

Im nebenan liegenden Salon hörte sie Thorin auf und ab gehen. Ihr Gemahl war spät am Abend in ihr Gemach gekommen und vergrub sich seitdem brütend im Salon. Sie ahnte, dass er gar nicht erst versuchen wollte, Schlaf zu finden.

Seufzend schlug Lyrann die Decke zurück und setzte sich auf. An Schlaf war nicht zu denken. Sie entledigte sich ihres verschwitzten Nachthemdes und zog sich ein einfaches Kleid und einen dunklen elbischen Mantel über. Auf leisen Sohlen verließ sie ihr Schlafzimmer, ging durch den Flur und öffnete schließlich die Tür auf den Hauptkorridor des königlichen Flügels.

Ohne zu wissen, was sie sich davon erhoffte, querte sie den Flur und betrat Thrains Gemach. Langsam schritt sie durch die Zimmer, bis sie an seinem Bett angekommen war. In einer Ecke sah sie die Doppelaxt stehen, die Thorin für ihren gemeinsamen Sohn angefertigt hatte. Der Anblick schnitt ihr ins Herz. Zu deutlich erinnerte sie sich daran, wie Thorin ihr voller Begeisterung im Flüsterton nachts von seinen Plänen erzählt hatte, wie er voller Stolz die Axt Thrain übergeben hatte und wie sehr Thrain diese Waffe geliebt hatte. Wie stolz waren Lyrann und Thorin gewesen, jedes Mal, wenn sie ihren erwachsenen Sohn beim Training mit seiner geliebten Axt, der Waffe des Thronfolgers, sahen. Dass Thrain sie hier zurück gelassen hatte, war für Lyrann das deutlichste Zeichen, dass es einen Bruch zwischen Thrain und seinem Vater gegeben hatte.

Stöhnend ließ sie sich aufs Bett fallen und schloss die Augen. Sie konnte die Tränen nicht zurück halten. Voller Kummer presste sie die Hände auf die Augen. Als die Tränen versiegt waren, richtete sie sich wieder auf. Wie eine Schlafwandlerin streifte sie durch die Zimmer ihres Sohnes. Sie war unglaublich müde. Draußen musste bereits wieder die Sonne aufgehen. Wie von selbst trugen ihre Füße sie in Thrains Arbeitszimmer. Pergamente, Federn und Bücher lagen auf dem Boden verstreut. Nur ein einziges Pergament lag dort offen auf dem Tisch, beschrieben mit Thrains feiner Handschrift.

Mit zitternden Händen nahm sie das Pergament in die Hand und begann zu lesen.

„Wenn ihr dies hier lest, habe ich den Erebor bereits verlassen. Monate- und Jahrelang habe ich versucht, ein guter Sohn und wahrer Thronfolger zu sein. Ohne zu klagen nahm ich jede Aufgabe auf mich, arbeitete mehr als jeder andere Zwerg im Berg, bis zur totalen Erschöpfung. Und dennoch scheine ich nicht der Sohn zu sein, den Vater sich wünscht, eine Enttäuschung bin ich für euch, ein Versager und Feigling. Ich bin ein Zwerg und dennoch erdrückt mich das Gewicht des Berges. Und so werde ich nun fortgehen. Lebt wohl."

Lyrann sackte auf dem Boden zusammen. Sprachlos starrte sie auf den Brief in ihrer Hand. Nur zu deutlich fühlte sie den Schmerz und die Trauer ihres Sohnes durch seine Worte hindurch. Was hatte Thorin nur zu ihm gesagt, dass er sich so missverstanden fühlte? Wie konnte Thrain nur an der Liebe seiner Eltern zu ihm zweifeln? Dass er der Thronfolger war, war doch völlig nebensächlich! Er gehörte hier her, zu seiner Familie! Es brach ihr das Herz, zu wissen, dass ihr Junge sich so verlassen und einsam gefühlt hatte.

Wenn Thorin jetzt ihren Sohn wie einen Verbrecher nach Hause schleifen ließ, würde das alles nur schlimmer machen. Thrain brauchte Zeit... Zeit, um sich zu beruhigen und sich klar zu werden, wo er hingehörte. Doch würde er überhaupt zu ihnen zurückkehren? Lyrann presste die Lippen aufeinander. Die Vorstellung, ihren geliebten Sohn nie wieder in die Arme schließen zu können, schmerzte unvorstellbar. Doch, wenn er nicht zurückkam, wenn er nicht wusste, dass seine Familie ihn liebte, hatte sie dann überhaupt verdient, dass er wieder nach Hause kam?

Seufzend stand Lyrann auf. Sie hatte noch etwas zu tun, eine Sache, die sie ihrem Sohn schuldete.

„DU HAST WAS GETAN?", Thorins Stimme überschlug sich vor Zorn. Die Regale in ihrem gemeinsamen Salon erzitterten.

Lyrann straffte sich. Mit seinem Wutausbruch hatte sie gerechnet und es beeindruckte sie nicht im mindesten. Adelige und Soldaten des Erebor mochten vor dem König erzittern, wenn er wütend wurde, sie jedoch blieb gelassen.

„Unser Sohn ist verletzt, enttäuscht von seiner Familie. Ihn zu zwingen, zurück zu kommen, bringt uns nicht weiter. Er muss freiwillig nach Hause kommen. Also habe ich Dwalin und Fili aufgesucht und sie zum Erebor zurück befohlen. Die Suche nach Thrain endet hier.", erwiderte sie mit fester Stimme.

Sie deutete auf Thrains Abschiedsbrief und spürte Zorn in sich hochkochen. Wäre Thorin nicht so perfektionistisch gewesen, hätte er ein bisschen mehr Nachsicht und Liebe walten lassen, wäre ihr Sohn noch hier. „Da! Lies, was dein Zorn und dein Anspruch bei unserem Kind angerichtet haben!", fuhr sie ihn an, zunehmend lauter werdend.

Thorin fegte den Brief beiseite. „Ich will von seinen Entschuldigungen nichts wissen!", rief er zornig, „Er ist nicht irgendwer! Er ist mein Erbe und Thronfolger! Empfindlichkeiten, wie Überarbeitung, können wir uns nicht leisten! Er gehört nicht nur sich selbst, er gehört auch dem Volk, denn er ist der Prinz, der eines Tages herrschen wird. Für persönliche Freiheit ist da kein Platz!"

Thorin warf die Hände in die Luft. „Thrain lässt mich, lässt uns, wissentlich im Stich! Kannst du dir auch nur ansatzweise vorstellen, was sein Verschwinden hier im Berg für Wellen schlagen wird?", fuhr er fort.

Lyrann sah ihn kalt an. „Noch ist er nicht König. Du hast, kaum dass er alt genug war, eine Waffe zu tragen, nur noch an seine Ausbildung gedacht und nicht, dass auch er ein Zwerg ist, der eigene Wünsche und Bedürfnisse hat!", rief sie wütend. Thorin war schuld. Er hatte ihren Sohn von ihr fortgetrieben. Thrain war nicht mehr hier, ihr kleiner, wunderbarer Sohn war seinetwegen fort!

„Weil er auch genau das zu lernen hat!", erwiderte Thorin wütend, „Auch ich musste lernen, mein Volk und meine Aufgabe an oberster Stelle zu sehen! Eigenen Wünschen konnte ich nicht nachgehen!"

„Doch... Das hast du... Du hast mich geheiratet.", hielt Lyrann dagegen, „Mich, den Bastard, die Halbelbin, der so viele deines Volkes misstrauisch begegnet sind, die du selbst einst voller Hass beschimpft hast."

Thorin verstummte. Mit der Erwiderung hatte er offensichtlich nicht gerechnet. Doch er war zu zornig, um diesen Einwand gelten zu lassen.

„Dennoch hast du nicht das Recht, die Suche nach ihm abbrechen zu lassen!", schrie er sie an, „Damit fällst du mir genauso in den Rücken, wie Thrain es getan hat!"

„Ich bin seine Mutter!", schrie Lyrann dagegen, „Du hast mich zur Königin gekrönt, doch zu allererst bin ich Mutter unserer Kinder! Und wenn du, Thorin, vergisst, für unsere Kinder zu sorgen, so muss ich das übernehmen! Ich habe das Recht dazu!"

Sie wirbelte auf der Stelle herum und stürmte aus dem Raum.

Ziellos lief sie durch den Berg. Auf die Zwerge, die ehrerbietig ihre Königin grüßten, achtete sie nicht weiter. Verwirrte Blicke folgten ihr. Sie konnte das Murmeln der Zwerge hören, auch Thrains Name fiel. Der ganze Berg wusste um den Skandal.

Doch Lyrann scherte sich nicht darum. Aufgewühlt von dem Streit mit Thorin und dem plötzlichen Verlust ihres Ältesten durcheilte sie Korridore und stürmten Treppen entlang.

Schließlich führte sie ihr Weg in die ansonst leere Trainingshalle, die die königliche Familie nutzte. Rasch war sie bei der Halterung der Übungsschwerter und -äxte angekommen. Ohne zu überlegen packte sie ein Schwert und hieb voller Zorn auf eine Strohpuppe, die sonst als Ziel zum Bogenschießen galt. Sie schrie. Auch als sie heiser war, und die Strohpuppe nur noch ein zerfetzter Haufen vor ihren Füßen, schrie sie immer noch vor Wut und Schmerz. Ihr Schwert wirbelte durch die Luft im erbitterten Kampf mit einem unsichtbaren Gegner.

Plötzlich wurde die Klinge von einer Axt gestoppt. Keuchend blickte Lyrann auf und sah in Dwalins Gesicht. Ihr bester Freund erwiderte stumm den Blick. Da holte Lyrann erneut aus. Mit wilden Hieben attackierte sie den Krieger, der ihre Angriffe abwehrte, seinerseits aber nicht angriff. Lyrann prügelte ihre ganze Wut aus sich heraus. Sie hatte schon lange keine Stimme mehr, um weiter zu schreien.

Plötzlich entglitt das Schwert ihren Fingern. Mit einem Schluchzer fiel sie Boden und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie hörte, wie Dwalin seine Waffen fallen ließ. Der bärbeißige Zwerg ließ sich neben ihr nieder und zog sie vorsichtig in eine Umarmung, während sie ihrem Kummer freien Lauf ließ.

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