Das Tal des Anduin
Thrain blickte der Elbin nach. Sie war spurlos im Unterholz verschwunden. Er starrte in die Dunkelheit unter den Bäumen. In der nachhallenden Stille erschien sie ihm mehr wie ein Geist als wie eine Kriegerin, die ihn durch den Wald geführt hatte.
Er wandte sich um und blickte dem Weg folgend nach Westen, wo er bereits den Saum des Waldes sehen konnte. Wie froh er sein würde, den Düsterwald und die unheimlichen Vorgänge in seinem Süden hinter sich zu lassen. Mit rasch ausgreifenden Schritten lief er los. Die Bäume begannen sich zu lichten und dann endete der Weg zwischen den letzten hoch aufragenden Bäumen des Waldes.
Die Landschaft des Anduintals breitete sich vor Thrain aus. Vom plötzlichen hellen Sonnenlicht geblendet, hob der Zwerg die Hand und trat ein paar Schritte vom Wald weg. Blinzelnd sah er sich um. Das Nebelgebirge war so viel nähergekommen. Zum Greifen nahe erhob es sich vor ihm. Davor erstreckte sich ein fruchtbarer Landstrich mit saftigem, grünen Gras, einigen sanften Hügeln und kleineren Bergen, sowie vereinzelten Wäldern.
Erfrischend klare, kühle Luft wehte Thrain ins Gesicht und gierig sog er die Luft ein. Ein Schauer jagte ihm über den Rücken, als er an die unnatürliche Stille des Waldes zurück dachte. Wohin wollte er sich nun wenden? Sein Blick glitt umher und blieb schließlich an einer Erhebung, nicht weit entfernt von ihm, hängen. Dort hätte er einen guten Überblick über die Umgebung und konnte entscheiden, wohin es gehen sollte.
Und so schnürte der Zwerg sein Gepäck enger, überprüfte den Sitz seiner Waffen und stapfte los. Es war nur wenig Zeit vergangen, da hatte er den kleinen Berg erreicht und machte sich an den Aufstieg. Keuchend erreichte er den Gipfel. Mit in die Seite gestemmten Händen, richtete er sich auf und blickte auf die Landschaft ihm zu Füßen.
Der Anduin floss als träges, silbernes Band durch eine fruchtbare, grüne Hügellandschaft. Einzelne Berge bildeten die ersten Vorläufer des Nebelgebirges, das sich machtvoll und bedrohlich im Westen erhob. Thrain sah zu den Bergen. Welche Geheimnisse und Schätze hielten sie wohl verborgen? Er dachte an Khazad-dum und seinen Vetter Balin, der dort lebte. Wie gerne er nur die sagenhafte Heimat seiner Vorfahren sehen würde!
Doch er konnte nicht dorthin. Wie sollte er Balin sein Erscheinen erklären? Ganz abgesehen davon, konnte er nicht zu dieser Jahreszeit in die Berge hinaufsteigen. Es war Herbst, der Winter näherte sich rasch. Er würde ein Winterquartier suchen müssen.
Suchend glitt sein Blick über die Landschaft. Der mittlerweile herbstlich gefärbte Düsterwald lag zu seiner Linken, rechts die hoch aufragenden Nebelberge. Hinter dem Wald ragte der Erebor am fernen Horizont in die Höhe. Doch Thrain verspürte kein Heimweh, als er den Berg ansah. Die Distanz zu Vater, Familie und all den Pflichten fühlte sich wie eine Befreiung an. Hinter ihm im Norden konnte Thrain einen prominenten Felsblock vor dem Nebelgebirge sehen, ohne Zweifel der Carrock, wo einst seine Eltern gestanden hatten.
Direkt vor ihm verzweigte sich der Anduin in ein wahres Labyrinth aus Wasserläufen und Wäldern. Dies waren die Schwertelfelder. Weiter im Süden erkannte Thrain den schwachen Schimmer eines Waldes. Dort musste das Elbenreich Lothlorien liegen.
Die Gegend hier war kaum bevölkert. Er wusste von wenigen vereinzelten Gehöften und Dörfern der Beorninger, einem zurück gezogen lebenden Menschenschlag. Vielleicht würde er dort eine Bleibe finden.
Doch vorher sollte er seine Vorräte auffüllen. Die üppige Flusslandschaft der Schwertelfelder würde ihm garantiert dafür eine gute Quelle bieten. Die Sonne sank bereits hinter die Nebelberge. Kurzerhand schlug Thrain in einer windgeschützten Mulde auf dem Berg sein Nachtlager auf.
Lächelnd blickte er ins Tal, das von der Sonne in ein strahlendes Rotgold getaucht wurde. Ihm lag die Welt zu Füßen. Welch Freiheit, zu gehen, wohin es ihm verlangte!
Am nächsten Morgen machte Thrain sich an den Abstieg. Er näherte sich dem Anduin und hatte am Mittag den nördlichen Rand der Schwertelfelder erreicht. Kurz erschien in seiner Erinnerung ein Bild Balins, der mit größter Geduld Thrain und seinen Geschwistern von den Kämpfen des Königs Isildur in den Schwertelfeldern erzählte. Er lächelte, bei dem Gedanken an unbeschwerte Kindertage.
Thrain machte nicht den Fehler, sich tief in das Labyrinth der Sumpflandschaft zu wagen. Er wollte sich nicht verirren. Zudem er von einer Ansiedlung der Elben in der Nähe wusste und er wollte nicht herausfinden, wie diese auf einen umherstreifenden Zwerg reagieren würden.
Er durchquerte einige seichte Seitenarme des Anduin und fand eine von hohem Schilf umstellte Insel mit einigen knorrigen Weidenbäumen. Zwischen diesen Bäumen errichtete er ein provisorisches Lager. Im Sichtschutz des Schilfes begann er, sich auf die Jagd vorzubereiten.
Aus etwas dünnem Seil knüpfte er Fallen, die er auf einigen der umliegenden Inseln auslegte. Dann setzte er sich auf seiner Insel an das Flussufer, Bogen und Pfeile im Anschlag, bereit, Fische zu fangen.
Später am Abend rösteten über einem Feuer neben Thrain vier fette Fische, das erste Ergebnis seiner Jagd. Zufrieden beobachtete der junge Krieger die schwappenden Wellen des Flusses. Diese Gegend hier war so voller Leben. Das Rascheln des Schilfrohrs und das Wispern der Blätter drang an sein Ohr. Er hörte Fische im Wasser springen, Vögel rufen und meinte sogar das letzte herbstliche Quaken von Fröschen zu hören.
Sein Blick fiel auf sein Spiegelbild, vom Feuer erleuchtet und so trotz der Dämmerung noch gut zu erkennen. Gepflegtes, langes Haar von rabenschwarzer Farbe, ein aufwendig geflochtener Bart, fein gearbeitete, edle Kleidung mit Stickereien und farbigen Borten verziert. Er runzelte die Stirn. Selbst ohne seinen Wappenring war zu erkennen, dass er kein Zwerg von niederer Geburt war. Wenn er nicht noch einmal beinahe erkannt werden wollte, musste er daran etwas ändern.
Er zog seine Weste aus und holte sein Messer hervor. Dann begann er in mühseliger Kleinarbeit die feinen Stickereien auf dem Stoff abzutrennen. Stunden später waren die Fische längst fertig und Thrain bearbeitete noch immer seine Kleidung. Die Weste hatte er von ihren Stickmustern befreit, die Schmuckborten hatte er von Hemd und Hose abgetrennt, nun trennte er die feinen Verzierungen vom Saum seines Mantels. Er konnte kaum verhindern, dass er die Stoffe dabei ein wenig zerfledderte. Doch dies würde den Eindruck eines einfachen Zwerges auf Wanderung nur verstärken.
Am nächsten Morgen kontrollierte er seine Fallen. Tatsächlich waren ihm zwei Enten in die Netze gegangen. Gut gelaunt nahm er sie mit und nahm sie an seinem Lagerplatz aus. Während er genüsslich etwas Fisch verspeiste, garten die Enten im Feuer.
Plötzlich drang Hufgetrappel an sein Ohr. Erschrocken hob Thrain den Kopf. Glücklicherweise war das Schilf um ihn herum so hoch und die Bäume, unter denen sein Lager war, hingen ihre Zweige so tief hinab, dass er gut vor fremden Blicken verborgen war. Er griff nach seiner Axt, die neben ihm lag und erhob sich ganz langsam.
Als er stand war er gerade groß genug, um zwischen dem Schilfrohr hindurch zu spähen. Da erblickte er die Reiter. Im ersten Moment entspannte er sich. Es waren keine Orks. Tatsächlich war es eine kleine Gruppe von Elben, die ein Stück nördlich von ihm die Arme des Anduin überquerten. Ihr Ziel schien ein Waldgebiet westlich von ihnen zu sein. Lag dort möglicherweise die elbische Siedlung?
Thrain zog den Kopf ein Stück weiter nach unten. Er wollte nicht entdeckt werden. Zwar war sein Volk nicht mehr mit den Elben verfeindet. Aber er konnte nicht abschätzen, wie fremde Elben auf einen Zwerg reagieren würden. Das Misstrauen saß noch immer tief.
Dennoch beobachtete er die Elben weiter. Sie waren in edle Rüstungen aus hellem Metall gekleidet und schwer bewaffnet. Zwei von ihnen trugen Standarten, die im Wind über den Köpfen der Reiter flatterten. Die beiden Fahnenträger flankierten einen Elben, der eindeutig die Macht eines Herrschers oder zumindest sehr hochgestellten Mannes ausstrahlte.
Schließlich verschwanden die Elben außer Sicht. Dankbar, dass sie ihn nicht gesehen hatten, ließ Thrain sich wieder zu Boden sinken.
Er blieb nur noch wenige weitere Tage. Seine Vorräte waren bald ordentlich aufgestockt und würden sicher einige Zeit halten. Ebenso hatte er weitere Pfeile angefertigt und brach nach insgesamt vier Tagen von seinem Lager weiter Richtung Süden auf. Elben waren keine weiteren mehr vorbeigekommen und Thrain war dankbar darum.
Er folgte dem Anduin in südlicher Richtung und hatte bald die Schwertelfelder verlassen. Mehrere Tage lang folgte er dem Fluss. Kalte Winde fuhren über die Täler und trieben buntes Herbstlaub vor sich her. Morgens lag dicker Nebel über dem Fluss und das Gras war mit kaltem Tau benetzt. Spätsommerfäden sponnen sich durch das hohe Gras am Flussufer und die Nächte wurden bereits bitterkalt.
Sorgenvoll blickte Thrain eines Nachts zum Sternenhimmel empor, wo bereits die ersten Sternbilder des Winters zu sehen waren. Bald würde es schneien. Er brauchte dringend ein Quartier für den Winter. Sollte er doch in Richtung des Gebirges abbiegen und dort nach einer Höhle suchen?
Dann fiel ihm mit einem Mal die Lösung ein. Die Beorninger! Sie siedelten in diesem Landstrich. Wäre es nicht möglich, dass er in einer ihrer Siedlungen sich als Schmied anbot, gegen Quartier für den Winter?
Die nächsten Tage hielt er stetig Ausschau nach Anzeichen für eine Siedlung. Und tatsächlich, nach drei Tagen erblickte er Rauchfahnen. Hinter einer Hügelkette zu seiner Linken stieg Rauch in die Höhe. Breit grinsend wandte Thrain sich dort hin und stapfte auf die Feuer zu.
Wenig später stand er auf den Hügeln und blickte hinab zu dem Dorf. Die Menschen hatten sich an einem kleinen See angesiedelt. Thrain zählte ungefähr zwei Dutzend Häuser und Hütten, die sich am Südufer des Sees aneinander drängten. Felder und Viehweiden säumten das Dorf. Einige Menschen gingen ihrer Arbeit auf den Feldern nach. Alles wirkte ruhig und friedlich.
Er machte sich an den Abstieg und ging auf das Dorf zu. Als er zwischen den Feldern hindurch ging, wo gerade die Ernte eingebracht wurde. fielen die Blicke der Bauern auf ihn. Tuschelnd steckten sie die Köpfe zusammen. Misstrauisches Gemurmel folgte ihm bis zu den ersten Häusern.
Der Weg zwischen den Häusern ins Dorf hinein bestand lediglich aus fest getretenem Lehm, der jetzt im Herbst stark aufgeweicht war. Patschend stiefelte Thrain ins Dorf hinein. Suchend sah er sich um nach jemandem, der so aussah, als hätte er hier das Sagen.
Die Menschen, die ihm entgegen kamen, blieben stehen und musterten ihn. Neugierige, aber auch feindselige Blicke trafen den Zwerg. Fremden gegenüber schienen sie nicht allzu offen zu sein.
Thrain betrachtete die Häuser. Es waren einfache Häuser aus Holz und Lehm, selten mit Steinwänden. Gras wuchs auf den Dächern, auf denen die Menschen zudem noch Bienennistkästen befestigt hatten. An den Eingängen standen prachtvoll geschnitzte Tierfiguren, wie als Schutzgeister, die über die Häuser und ihre Bewohner wachen sollten.
Ein verlockender Duft drang Thrain in die Nase. Er wandte den Kopf und sein Blick fiel auf ein längliches Haus, das gänzlich aus Stein gebaut war. Auf langen Tischen vor dem Haus kneteten einige Menschen Teig, formten Brote oder ließen frisches Gebäck auskühlen. Der Geruch von Honig und frischem Teig stieg in Thrains Nase. Sein Magen knurrte, auch wenn er gut gegessen hatte. Die Erzählungen von den guten Honigkuchen der Beorningern kamen ihm in den Sinn.
Er machte einen Schritt in die Richtung des Backhauses, als eine scharfe Stimme hinter ihm erklang. „Halt!" Thrain drehte sich um und sah zu einem riesenhaften Mann auf, der kalt auf ihn herabblickte.
Braune Augen mit einem verwirrenden Stich ins rötliche, ein dichter zotteliger Bart und langes schwarzes Haar, dass sich bis auf den Rücken zu ziehen schien, die Züge des Mannes wirkten seltsam tierisch und hart. Gekleidet war er in einfache Kleidung aus gewebten Pflanzenfasern in grün und braun.
„Was treibst du hier, Zwerg?", fuhr ihn der Mann an. Thrain holte tief Luft. Hier war Diplomatie gefragt, die wahrlich nicht seine Stärke war. „Mein Name ist Tarl.", begann er, „Ich suche den Sprecher dieses Dorfes oder den Dorfältesten."
„Den hast du gefunden.", blaffte der Mann zurück, „Was willst du?" Thrain presste die Lippen aufeinander. Das lief nicht wie geplant.
„Ich bin ein fahrender Schmied und Handwerker. Doch im Winter werde ich nicht reisen können. Daher würde ich mit Freuden meine Dienste eurem Dorf zur Verfügung stellen, gegen die Erlaubnis, hier den Winter verbringen zu dürfen.", erklärte er.
Doch sein Gegenüber besah ihn nur weiter skeptisch. Sie schwiegen einen Moment, dann sagte der Beorninger: „Zwar haben wir keinen Streit mit dem Volk der Zwerge und Beorn, der Vater unseres Herrn Grimbeorn, kämpfte an der Seite der Zwerge, aber wir Beorninger bleiben unter uns. Für Fremde ist kein Platz in unseren Dörfern. Zieh weiter Zwerg!" Damit wandte er sich ab.
Thrain seufzte. Es hatte keinen Sinn zu streiten. Sich zu widersetzen würde seinem Ziel nur schaden. Also verließ er langsam das Dorf und wanderte weiter nach Süden.
Sein Weg führte ihn nach einigen Stunden durch einen lichten Eichenwald. Das bunte Laub der Bäume bedeckte den Boden und trieb mit dem Wind umher. Sonnenlicht fiel durch das karger werdende Blätterdach und malte goldene Flecken auf den Boden. Es roch nach Pilzen und Bäumen. Einige große moosbedeckte Felsbrocken aus hellem Gestein lagen umher, wie das Murmelspiel eines Riesen.
Thrain achtete nicht auf den Weg, den seine Füße nahmen. Er dachte nach... Wohin sollte er sich nun wenden?
Da hörte er mit einem Mal Kampfgeräusche. Erstaunt hob er den Kopf. Seine Hand fuhr zu seiner Axt, mit der anderen lockerte er den Schild. Langsam pirschte er sich in die Richtung, aus der die Geräusche kamen.
Er schob sich an ein paar Felsen vorbei und blickte auf eine kleine Senke zwischen den Gesteinsbrocken herab. Dort standen zwei Trolle, die einen Mann in die Ecke gedrängt hatten. Der Mann mühte sich, die beiden mit einer Keule einigermaßen auf Abstand zu halten. Breitbeinig stand er über einem kleinen Bären, der verletzt da lag.
Zähnefletschend streckte einer der Trolle die Arme nach dem Mann aus. Dieser schwang die Keule herum und schaffte so, den Troll abzuwehren. Doch der andere Troll nutzte die Ablenkung aus und griff blitzschnell nach dem Bärenjungen. Schlaff hing der Bär in der Pranke des Trolls. Wütend brüllte der Mann auf.
Thrain überlegte nicht lange. Er kannte den Mann nicht, aber er würde nicht zu lassen, dass Scheusale wie diese Trolle hier ihr Unwesen trieben. Mit einem Aufschrei zog er seine Axt und sprang hinab in die Senke.
Ein wildes Ausholen mit der Axt und diese fraß sich in das weiche Bauchfleisch des Trolles, der das Bärenjunge gepackt hielt. Jaulend vor Schmerz ließ dieser es los und hielt sich die Wunde. Vor einem weiteren Hieb Thrains taumelte er zurück.
Aus den Augenwinkeln sah Thrain, wie der Mann auf den anderen Troll losging. Doch die Keule konnte dem Troll nichts anhaben und der Mann schien auch nicht allzu geschickt im Umgang mit seiner Waffe.
Thrain machte einen Schritt auf den Troll zu, den er eben noch verletzt hatte. Grunzend hob der Troll eine Pranke, um nach Thrain zu schlagen. Thrain tauchte unter dem Schlag hinweg und versetzte dem Troll einen gezielten Hieb in den Unterbauch, der diesen zu Boden schickte. Mit einem Streich durchtrennte er den Hals des Trolles. Blut spritzte auf und besudelte Thrains Kleidung und Gesicht.
Er wandte sich zu dem anderen Troll um, der noch immer den Mann bedrängte. Thrain brüllte laut auf und hob seine verschmierte Axt. Der Troll sah zu ihm hin. Seine kleinen Äuglein weiteten sich, als er seinen gefallenen Artgenossen sah. Mit einem letzten grauenerfüllten Blick auf Thrain wandte er sich um und rannte davon.
Zufrieden säuberte Thrain seine Axt mit etwas Laub. Der Mann, dem er zu Hilfe gekommen war, eilte zu dem Bären am Boden und hob ihn liebevoll hoch. Vorsichtig besah er sich das Tier, dann wandte er sich dem Zwerg zu.
„Habt Dank, Herr Zwerg.", sagte er. Thrain sah zu ihm auf. Der Mann hatte ein rundliches, gutmütiges Gesicht, leuchtend blaue Augen und helles, wildes Haar. Selbst für einen Menschen schien er riesig. Den kleinen Bären hielt er vorsichtig in Händen.
„Wie heißt ihr?", fragte er Thrain. „Tarl.", erwiderte dieser ohne Umschweife. Er wies irritiert auf den Bären. „Warum so viel Aufwand um einen Bären?", fragte er. Der Mann sah ihn entrüstet an. „Das ist meine Tochter!", rief er aus.
Jetzt verstand Thrain. Es waren Beorninger. „Aber, wenn ihr Beorninger seid, warum habt ihr sie dann nicht als Bär verteidigt?", fragte er. Der Mann seufzte. „Meine Tochter ist die Einzige in der Familie mit der Gabe. Und sie muss noch lernen, es zu kontrollieren.", antwortete er.
Ihre Blicke trafen einander. „Mein Name ist Gringorn und ich stehe tief in eurer Schuld, Tarl. Wärt ihr nicht gekommen, wären meine Tochter und ich eventuell nicht mehr am Leben.", fuhr der Mann leise fort und neigte den Kopf vor ihm. Unsicher schwieg Gringorn. „Gibt es irgendetwas, wie ich euch dienlich sein kann, um diese Schuld abzubauen?", fragte er schließlich.
Thrain sah ihn überrascht an. Dann sagte er: „Ich suche ein Quartier für den Winter, Gringorn. Ich bin ein passabler Schmied und bereit für meine Unterkunft zu arbeiten. Vielleicht wisst ihr, wohin ich mich wenden kann?"
Zu seinem Erstaunen lachte Gringorn. „Dann kommt mit mir, Tarl. Meine Familie hat ein Gehöft hier ganz in der Nähe. Und helfende Hände sind uns immer willkommen."
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