Das Leben eines Bauern
Die ersten Schneeflocken des Winters wirbelten vor Thrain umher, als dieser mit seiner Beute auf den Schultern durch den Wald stapfte. Hier im Flusstal hatte der Winter deutlich später Einzug gehalten als in seiner nördlich gelegenen Heimat.
Dennoch war es in den letzten Wochen sehr viel kälter geworden. Der Wind hatte über die Flussebene geheult und das letzte Herbstlaub, sowie herbstliche Regenfälle über das Land getrieben. Die Bauernfamilie, die Thrain bei sich aufgenommen hatte, hatte die letzten Wochen damit verbracht, die restliche Ernte einzubringen. Thrain hatte voller Tatenkraft mit angepackt. Früh morgens mit den ersten Sonnenstrahlen waren sie aufgestanden und nach einem einfachen Frühstück hinaus auf die Felder gegangen. Den ganzen Tag hatten sie dort verbracht und erst kurz vor Sonnenuntergang waren sie wieder zurück ins Wohnhaus des Hofes.
Es waren anstrengende Tage gewesen. Thrain hatte jede Nacht tief und fest geschlafen, seine Augen waren ihm zu gefallen, kaum, dass er sich auf sein Lager gelegt hatte. Zwar war er körperliche Anstrengung gewöhnt, aber den ganzen Tag bei recht schlichter Kost und kaltem Wind auf einem Feld zu schuften, war etwas ganz anderes als das gewohnte Kampftraining.
Gemeinsam hatten sie den Winterroggen eingebracht, Kartoffeln und Bohnen geerntet und für den Winter eingelagert. Nun war nur noch der kleine Gemüsegarten hinter dem Haus dran, wo Kohl und ein Apfelbaum wuchsen. Dort würden sie am nächsten Tag ernten.
Thrain hatte vorher angeboten, dass er im nahen Wald auf die Jagd ging, um Wild zum Räuchern für den Winter zu erlegen. Freudig hatte Gringorn dem Angebot zugestimmt und so hatte die Familie eine Erntepause beschlossen, um Thrain Zeit zur Jagd zu geben.
Der Zwerg war früh morgens aufgebrochen und hatte bald die Fährte einer Rotte Wildschweine aufgenommen. Einige Stunden lang hatte er die Tiere verfolgt, bis sich ihm eine günstige Gelegenheit geboten hatte. Nun trug er eine erlegte Sau quer über den Schultern und freute sich bereits auf das Willkommen auf dem Hof, wenn er mit dieser reichen Beute heimkehrte.
Thrain lächelte vor sich hin. Die Familie Gringorns, bestehend aus seiner Frau, seinem Sohn und der Tochter mit den gestaltwandlerischen Fähigkeiten, hatte ihn herzlich aufgenommen. Die Tatsache, dass er Gringorn und der kleinen Jolinda das Leben gerettet hatte, ließ sie schnell vergessen, dass sie mit ihm ein weiteres Maul über den Winter zu stopfen hatten.
Evolet, die Frau Gringorns, hatte ihn schnell wie ein Mitglied der Familie behandelt und für die Kinder Jolinda und Geron war er wie ein Onkel.
Die Bäume vor Thrain lichteten sich und er trat auf die hügelige Flussebene hinaus. Noch konnte der Schnee den Boden nicht bedecken. Weit vor ihm konnte er das Band des Anduin erkennen, dass sich hier entlang schlängelte. In wenigen Wochen würde der Fluss von knirschendem Eis bedeckt sein. Rechterhand von ihm lag der Hof Gringorns.
Thrain wandte sich dem Gehöft zu. Als er näher kam konnte er Einzelheiten erkennen. Der Hof bestand aus einem großen Wohngebäude, das gleichzeitig auch als Stall für das Vieh der Familie diente. Rechts davon stand ein kleineres Gebäude, das als Scheune und Lagerstätte für Werkzeug diente. Der Scheune gegenüber hatte Evolet ihren Gemüsegarten angelegt und mit einem Zaun aus geflochtenen Birkenzweigen eingefasst. Ein einfacher Brunnen auf dem Platz zwischen den Gebäuden gewährte die Wasserversorgung, ohne dass man zum Fluss laufen musste. Ein großer Baum breitete schützend über dem Brunnen seine mittlerweile kahlen Äste über dem Platz aus.
Ein Weg aus festgetretenem Lehm führte zwischen den umliegenden Feldern auf das Gehöft zu. Als Thrain den Platz erreichte, flog die Tür des Wohnhauses auf und die kleine Jolinda kam ihm entgegengerannt. „Onkel Tarl, Onkel Tarl!", jauchzte sie fröhlich. Thrain ließ die Sau auf seinen Schultern fallen und kniete nieder, um das Mädchen aufzufangen. Mit einem breiten Grinsen und einem hellen Strahlen in ihren blauen Augen sah Jolinda zu ihm auf. „Was hast du mitgebracht?", fragte sie neugierig. Thrain wies auf die Sau. „Das wird einen guten Schinken geben.", sagte er stolz.
Jolinda griff seine Hand und zog ihn in Richtung Wohnhaus. Thrain lud sich das Schwein wieder auf und ließ sich lächelnd mitführen. Er hatte der Familie seinen wahren Namen nicht verraten. Es wäre zu gefährlich für sie, wenn bekannt werden würde, dass er ein Prinz des Erebor war. Außerdem wurde ihm sein inkognito Auftreten zur Gewohnheit. Er war freier, wenn er seine Identität verbarg.
„Mutter! Tarl ist zurück!", rief Jolinda, als sie durch die Tür in die Stube traten. Evolet kam aus der Küche zu ihnen. Sie war eine hochgewachsene, drahtige Frau mit dunklem Haar, das sie meist zu einem Knoten im Nacken trug, aus dem sich immer wieder widerwillige Strähnen lösten. Ihre Wangen glühten erhitzt von der Wärme des Kochfeuers. Ein Paar dunkler Augen sah zu Thrain hin und betrachtete neugierig das erlegte Schwein.
„Tarl! Sehr gut, du bist wieder daheim!", begrüßte sie ihn ein wenig atemlos. Sie winkte ihn herbei und machte auf dem großen Tisch Platz für seine Beute. Mit Schwung legte Thrain das erlegte Tier ab und machte es sich auf der Bank bequem. Behaglich lehnte er sich gegen die Wand aus Lehmziegeln und geflochtenen Weidenzweigen und genoss die Wärme des Feuers.
„Nun, da werden wir morgen einiges zu tun haben.", sagte Evolet und begutachtete den Fang, „Sehr schön, ein großes Tier." Thrain grinste zufrieden und schenkte sich aus dem bereit stehenden Tonkrug Wasser ein, das er in großen Schlucken zu sich nahm.
Sein Blick wanderte umher. Das Haupthaus des Hofes war ein lang gestreckter Bau, erbaut aus Lehmziegeln und geflochtenen Weidenzweigen als zusätzliche Schicht. Die Tür führte in die Stube, die der große Tisch an dem er saß dominierte. Eine kleine Kommode stand neben der Tür, in der das einfache Geschirr und der wenige Besitz der Familie, der nicht Kleidung oder Werkzeug war, aufgehoben wurde. Gewebte Tücher aus Pflanzenfaser für den Tisch, eine gestrickte Wolldecke, Bürste und Kamm sowie ein alter Zinnspiegel und der größte Schatz, ein altes, zerlesenes Buch mit Gebeten an die Götter, aus dem Gringorn abendlich vorlas.
Linkerhand der Tür befand sich der Durchgang in die Küche. Einem kleinen, verrußten Raum, in dem Evolet das Feuer tagein, tagaus in Gang hielt. Zwischen Küche und Stube befand sich ein kleiner Durchbruch, damit das Feuer auch die Stube wärmen konnte. Auf der Seite der Stube hatte man aus Eisen eine Kaminfassung errichtet. Neben diesem schlichten Kamin befand sich ein behelfsmäßiges Lager, das man für Thrain hergerichtet hatte. Auf einigen Strohsäcken und Ziegenfellen hatte er seine Decken ausgebreitet und war gerade jetzt in der kalten Jahreszeit dankbar für den Kamin, der ihn nachts wärmte.
Gegenüber des Kamins und der Küche hing ein grobes Tuch aus Wolle als Raumteiler. Dahinter stand das einzige Bett des Hauses, in dem Gringorn und Evolet schliefen. Eine Leiter führte von dort auf den Dachboden, wo Jolinda und ihr Bruder Geron schliefen. Außerdem führte vom Schlafzimmer der Eltern aus eine Tür in den Stall direkt dahinter, wo die Familie eine Handvoll Ziegen, Schafe und Hühner, sowie eine kleine Bienenkolonie hielt.
Die Tür öffnete sich und Gringorn, gefolgt von seinem Sohn trat ein. Ein Schwall eisiger Luft folgte ihnen und brachte das Feuer im Kamin zum Flackern. „Ah, Tarl, so früh schon zurück?", begrüßte Gringorn ihn erfreut. Er hob seine Tochter auf den Arm, die ihm freudig entgegen gekommen war. Zufrieden musterte Gringorn Thrains Beute. Dann wandte er sich an seine Frau.
„Es wird bald schneien, vermute ich.", sagte er, „Wir sollten die Ernte im Gemüsegarten einbringen, bevor wir Frostschäden an den Pflanzen bekommen. Vielleicht kümmern wir uns morgen darum." Evolet nickte. „Das hier...", sie klopfte auf das Tier auf dem Tisch, „sollte ich aber auch morgen verarbeiten." Gringorn lächelte. „Wir können auch zu viert den Garten abernten.", erwiderte er.
Er wandte sich Thrain zu. „Tarl...", begann er, „Geron und ich haben eben in der Scheune einen Teil der Ernte bereits in unseren Holzfässern verstaut. Allerdings sind einige der Fässer mittlerweile sehr alt und beschädigt. Wenn du dich darum kümmern könntest, sobald die Ernte erledigt ist..." Thrain nickte. „Gerne doch.", erwiderte er. Zwar hatte er nie gelernt, wie man Fässer herstellte oder reparierte, aber er vertraute da auf seine Instinkte. Es konnte kaum schwieriger sein, als ein Schwert zu schmieden.
Am nächsten Morgen wurde Thrain von Evolet geweckt, als diese auf dem Weg in die Küche war. „Aufstehen, Tarl!", sagte sie und rüttelte ihn vorsichtig an der Schulter. „Mmmmh...", machte Thrain verschlafen und öffnete die Augen.
Die Bäuerin ging schon wieder und er konnte im Nebenraum das Geschirr klappern hören. Schritte kündigten Gringorn und die Kinder an. Seufzend schlug Thrain die Decke beiseite und tappte zur Kommode, wo eine Schüssel mit Wasser zum Waschen bereit stand. Prustend benetzte er sich Gesicht und Arme. Dann ging er zurück zu seinem Bett und zog einen kleinen Kamm aus seinem Gepäck hervor und begann, sich Haare und Bart zu kämmen.
Ein einfaches Frühstück aus Gerstenbrei später, stand Thrain im Garten unter dem Baum und blickte zu Geron hoch, der geschickt in den Ästen herum kletterte. Es war kalt und Thrain war über seine dicken Klamotten froh. Neben ihm standen mehrere Holzeimer. Geron über ihm kletterte zu dem ersten großen Ast, der voll beladen mit kleinen, süßlichen Äpfeln war. Geschickt schüttelte er den Ast, sodass ein Regen aus Früchten auf Thrain hinunter ging. Sofort bückte der Zwerg sich und begann, das Obst aufzusammeln und in die Eimer zu werfen.
Da traf ihn ein Apfel hart im Nacken. „Aua!", rief er aus. Mit schmerzhaft verzogenem Gesicht richtete er sich auf und rieb sich den Nacken. Über ihm lachte Geron schadenfroh. „Na warte...!", rief Thrain und griff sich einen Apfel. Gezielt warf er ihn nach dem Jungen, der mit einem lauten Aufruf versuchte, abzutauchen... vergeblich. Lachend beobachtete Thrain, wie der Apfel Geron am Arm traf.
„Geron! Tarl!", scholl Gringorns Stimme über den Garten, „Ihr sollt die Äpfel ernten, nicht eine Schlacht veranstalten!" Thrain blickte entschuldigend zu dem Bauern, der ein paar Schritt entfernt zusammen mit Jolinda die Kohlköpfe ausgrub. Schließlich bückte er sich wieder und hob die nächsten Äpfel auf.
Kurze Zeit später hatte es angefangen zu schneien. In dicken Flocken trudelte der Schnee vom grauen Himmel herab und legte eine weiße Decke über den Boden. Thrain, Gringorn und die Kinder beeilten sich, die letzten Äpfel und Kohlköpfe zu ernten. Bald hatten sie auch die Feldfrüchte in ihren Eimern verstaut und trugen sie gemeinsam zur Scheune. Erst wenn das von Thrain erlegte Schwein verarbeitet war, würde Evolet sich um die frische Ernte kümmern können.
Wenig später betraten sie das Wohnhaus. Der Geruch nach frischem Fleisch hing in der Luft. Neugierig folgte Thrain Gringorn in die Küche. In dem kleinen Raum hatte Evolet das Schwein zerlegt. Auf der steinernen Arbeitsplatte neben dem Feuer lagen die einzelnen Fleischstücke. Am Boden standen Eimer mit Knochen und Sehnen, bereit zur Weiterverarbeitung. In einer Schüssel hatte die Bäuerin das Blut des Tieres aufgefangen. Über dem Feuer blubberten die Innereien in einem nahrhaften Eintopf vor sich hin.
Evolet drückte ihrem Mann die abgezogene Decke des Tieres in die Hand. „Hier,", sagte sie, „das kann eine gute Decke für die Kinder werden." Gringorn nickte und schob sich an Thrain vorbei nach draußen, um das Fell zu bearbeiten. „Tarl, du kannst mit Geron draußen ein Feuer bauen. Wir müssen das Fleisch bald anfangen zu räuchern und hier im Haus ist kein Platz. Schick Jolinda rein, sie soll mir helfen, die Stücke fertig zu machen.", wies Evolet ihn an.
Thrain gehorchte umgehend. Und so stand er wenig später mit Geron draußen vorm Haus. Gemeinsam stapelten sie Feuerholz zu einem beachtlichen Stapel. Geron war ein stiller Junge. Er war ganz anders als seine Schwester, die mit ihrem hellen Haar und den blauen Augen mehr nach ihrem Vater kam und die man drinnen noch quasseln hörte. Der Junge kam mehr nach der strengen Evolet, ruhig und still, gleichzeitig aber sehr bedacht und umsichtig in allem was er tat, mit kurzem, braunen Haar, schmalem Gesicht und dunklen Augen.
Kaum hatten sie das Feuer in Gang gebracht, kamen auch schon Evolet und Jolinda nach draußen. In ihrem Armen trugen sie die vorbereiteten Fleischstücke, die sie an einem Gestell über dem Feuer aufhingen. Schon nach kurzer Zeit lag der Geruch von geräuchertem Fleisch in der Luft. Thrain knurrte der Magen. Evolet fing seinen Blick auf und grinste. „Holst du Schüsseln?", fragte sie ihn. Thrain eilte zurück ins Haus, gefolgt von der Frau, die in der Küche verschwand und mit dem dampfenden Eintopf zurückkam.
Thrain stand in der Scheune über ein Holzfass gebeugt. Es war eines der Fässer, die Gringorns Familie nutzte, um ihre Vorräte darin zu lagern. Einige waren beschädigt und Thrain reparierte sie so gut es ging. Was er nicht mehr flicken konnte, würde er bald durch neue Fässer ersetzen.
Nun jedoch trieb er mit wohl gezielten Hammerschlägen eine metallische Umfassung an, die das Fass stabil halten sollte. Das Metall war stark gerostet gewesen, der Zwerg hatte es abgenommen, geschliffen und neu in Form gebracht. Die dumpfen Schläge des Hammers hallten in dem kleinen Raum wider. Thrain genoss die Arbeit. Lange hatte er keinen Hammer mehr geschwungen. Zwar war er nie ein begabter Schmied gewesen, doch der Klang des Hammers beruhigte ihn. Der Umgang mit Metallen und Hammer lag ihm im Blut.
Außerdem entkam er so der Küche und der Arbeit, zu der Evolet ihre Kinder antrieb. Während Gringorn das Wildschweinfelll zu einer Decke verarbeitete, kümmerte Evolet sich um die Ernte aus dem Garten. Stundenlang hatte Thrain zusammen mit den Kindern die Äpfel geschält, welche Evolet dann zu Mus verkochte und in irdenen Gefäßen abfüllte. Der süßlich-saure Duft des Fruchtbreis hatte die ganze Wohnstube erfüllt.
Und kaum hatten sie alle Äpfel geschält, hatte Evolet sie nach dem Kohl geschickt, diesen zu putzen und vorzubereiten. Und während die Äpfel portionsweise eingekocht wurden, hatte Thrain mit den Kindern Kohl geputzt und einzelne Blätter herab geschält. Evolet indes hatte das Einlegen des Kohls vorbereitet, um ihn für den Winter haltbar zu machen. Innerhalb kurzer Zeit hatten Thrains Hände widerlich nach einer Mischung aus Äpfeln und Kohl gerochen, die ganze Luft im Haus war von dem Geruch geschwängert. Und so war er nur froh gewesen, als er sich für die Reparatur der Fässer aus dem Wohnhaus empfehlen konnte.
Knarzend öffnete sich die Tür und etwas Schnee wurde herein gewirbelt. Thrain hob den Kopf und sah Geron vor sich stehen, einen Holzbecher in den Händen haltend. „Mutter schickt mich hiermit zu dir.", sagte er und hielt Thrain den Becher hin. Dankbar nickend nahm Thrain ihm den Becher ab. Es war die tägliche Portion Ziegenmilch, gemischt mit ein klein wenig Honig. Durstig leerte er den Becher in einem Zug und stellte ihn neben sich ab.
Geron setzte sich auf eines der frisch reparierten Fässer und betrachtete Thrains Arbeit neugierig. „Was machst du da?", fragte er. Thrain hob den Hammer. „Ich befestige die metallische Umspannung.", erwiderte er. Mit ruhigen Schlägen setzte er seine Arbeit fort. Der Junge beobachtete ihn dabei schweigend. Nach einiger Zeit war Thrain mit dem Fass fertig und richtete sich auf. Kurz reckte er sich, dann nahm er ebenfalls auf dem Fass Platz und sah Geron an. „Solltest du nicht deiner Mutter helfen?", fragte er. Geron schüttelte den Kopf. „Die Kohlköpfe sind fertig. Sie legt den Kohl jetzt nur noch ein.", erwiderte er.
Kurz herrschte Stille, in der der Junge Thrain aus klugen, dunklen Augen ansah. „Sag, was hast du gemacht, bevor du zu uns gekommen bist?", fragte er. Thrain lächelte. „Das weißt du doch.", antwortete er, „Ich bin gereist." „Ja aber davor...", bohrte Geron nach, „Kommst du vom Erebor? Oder aus den Eisenbergen?"
Thrain unterdrückte ein Stöhnen. Gringorn und seine Familie stellten ihm eigentlich kaum Fragen. Sie waren zufrieden damit, dass er ihnen geholfen hatte. Geron war da eine Ausnahme. Es schien, als würde der Junge ihm nicht glauben.
„Ich bin im Erebor geboren.", entschloss er sich schließlich zu sagen. „Erzähl mir davon!", forderte Geron. Und so begann Thrain, ihm vom einsamen Berg zu erzählen. Vorsichtig achtete er darauf, nichts zu erzählen, was auf seine wahre Herkunft hindeuten könnte. Er beließ es dabei, dass er in seiner Jugend zum Krieger ausgebildet worden sei.
Glücklicherweise verstand der Junge viel zu wenig von Zwergen, um Thrain Fragen zu stellen, die seiner Geschichte wirklich gefährlich werden könnten. Dennoch fragte er Thrain Löcher in den Bauch. Es gab viel, was er wissen wollte. Thrain musste ihm die großen Hallen seines Volkes beschreiben und die Minen, in denen die sagenhaften Schätze der Zwerge abgebaut wurden.
„Hast du in der großen Schlacht der fünf Heere gekämpft?", fragte er begierig. Thrain schüttelte den Kopf. „Nein, das war mein Va... Ich war damals noch nicht auf der Welt.", verbesserte er sich rasch. Ein wenig enttäuscht ließ Geron den Kopf sinken. Den Versprecher schien er nicht zu beachten. „Hast du denn je in einer Schlacht gekämpft?" Thrain schüttelte den Kopf.
Einen Moment schwiegen sie. Dann schien Geron ein Gedanke zu kommen. „Kannst du mir kämpfen beibringen?", fragte er zaghaft.
Thrain sah ihn verblüfft an. Im Reflex wollte er ablehnen, doch dann fing er an, genauer über die Frage nachzudenken.
Bis Jolinda alt genug werden würde, um ihre gestaltwandlerischen Fähigkeiten zur Verteidigung ihrer Familie einzusetzen, würde es noch einige Zeit dauern. Und Gringorn, das hatte Thrain selbst gesehen, war kein überaus geschickter Kämpfer. Die Zeiten wurden unruhiger, es konnte nicht schaden, wenn Thrain dem jungen Geron den richtigen Umgang mit einer Waffe zeigte.
Er lächelte nachsichtig. „Na, dann komm mit.", sagte er zu dem Jungen und führte ihn nach draußen auf den Hof.
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