Belagerung
Das Donnern des Rammbocks am Portal hallte durch den ganzen Berg. Der Stein erbebte unter jedem einzelnen der gewaltigen Schläge, die Bewohner des Erebor jede Minute daran erinnernd, dass sie belagert wurden.
Erschöpft rieb Thrain sich über seine juckenden Augen. In den letzten Tagen hatte er kaum geschlafen oder sich einen Moment der Ruhe gönnen können. Der Tod Thorins war nun fünf Tage her und das Heer Khamuls war schon am Tag nach seiner Krönung zum Angriff übergegangen. Noch hielt das Portal stand und noch war es keiner Gruppe der feindlichen Armee gelungen, für länger als ein paar Minuten die Wehrmauer zu überwinden. Doch Thrain konnte kaum abschätzen, wie lange seine Männer noch durchhalten würden.
Der junge König unter dem Berge stand auf der höchsten Plattform eines der beiden Wachtürme und blickte voll Sorge und drohender Hoffnungslosigkeit auf die Ebene, die sich zwischen dem Erebor und Thal erstreckte. Regelmäßig kam er hierher, um sich selbst einen Überblick über die Lage zu verschaffen, denn so sehr er es sich auch wünschte, er konnte nicht die ganze Zeit hier draußen bei seinen Truppen sein. Andere Dinge im Berg erforderten ebenfalls die Aufmerksamkeit des Königs.
Der Wald, der vor dem Berg gewachsen war, war von Khamuls Truppen niedergebrannt worden. Nun lagerten dort Orks, Trolle, Ostlinge, Warge, Spinnen aus dem Düsterwald und weiteres Untier wie diese furchtbaren Säbelkatzen, die den Ostlingen als Reittiere dienten. Über all dem zog der Nazgul seine Kreise, sein Kreischen und das Brüllen seines geflügelten Ungeheuers bohrte sich unnachgiebig in die Herzen der Verteidiger und ließ sie verzagen.
Ein halbes Dutzend schwer gepanzerter Trolle hielten einen mächtigen Rammbock in Händen und schwangen ihn immer und immer wieder mit lautem Brüllen gegen das Portal. Dieses erzitterte jedes Mal und Thrain flehte bei jedem Schlag zu Mahal, dass es weiter standhalten möge. Ihr Schöpfer schien tatsächlich seine gnädige Hand über den Erebor zu halten, denn das Tor gab nicht nach.
Thrain warf einen letzten Blick nach Thal, wo sich das Heer der Feinde eingenistet hatte. Dutzende Zelte und behelfsmäßige Bauten sprossen wie Giftpilze dort aus dem Boden und verunstalteten das sonst so schöne, von bunten Wipfeln geprägte, Bild der Stadt.
Schließlich wandte er sich ab und eilte die Treppen nach unten zu seinen Soldaten. Schon im enggewundenen Treppenhaus hallten ihm ihre Rufe entgegen. Auf der ersten Zwischenebene traf er auf eine Gruppe der Krieger Kharyurs und der Soldaten des Erebor.
Kurz wandten sich ihre Köpfe ihrem König zu, als er zu ihnen eilte. Zwei Ballisten standen hier und wurden eben schussbereit gemacht. „Achtung!", brüllte der Einheitenführer, „Spannen und ausrichten!"
Rasch trat Thrain an eine der Ballisten heran und spähte den riesigen Pfeil entlang, der eben aufgelegt worden war. Wie immer zielten die Waffen auf die Trolle, doch nur selten schafften sie es, einen von ihnen lebensbedrohlich zu verletzen. Unzählige Bogenschützen aus den beiden Türmen sowie der Wehrmauer nahmen sie ebenfalls unter Beschuss. Doch schaffte man es tatsächlich, eines der Monstren zu Fall zu bringen, kam einfach ein Neuer aus dem Lager des Feindes und nahm seinen Platz ein.
„Feuer!", gellte es durch den engen Raum, mit einem scharfen Knall löste sich das Geschoss aus der Verankerung und raste auf den Troll zu. Einer der beiden Pfeile ging neben den Trollen zu Boden, der andere jedoch fand tatsächlich eine Lücke in der Panzerung. Brüllend vor Schmerz schlug der Troll nach dem Pfeil, der sich wie ein langer Dorn in sein Fleisch bohrte. Jubel erklang im Turm, ein nur selten gehörter Laut in diesen Tagen.
Doch das freudige Rufen der Männer wurde von einem lauten Aufschlag an der Turmwand unterbrochen. Der Stein erbebte unter dem plötzlichen Treffer.
Thrain drehte den Kopf und konnte eben noch durch die Schießscharte einen großen Stein sehen, der in die Tiefe trudelte. In sicherer Entfernung von den Bogenschützen im Turm hatte der Feind mehrere Onager, kleine Katapulte aufgebaut, die Steine gegen die beiden Wachtürme schleuderten.
Der befehlshabende Zwerg trat an Thrains Seite und verneigte sich kurz vor ihm, während seine Männer bereits die Ballisten neu beluden. „Sie haben ebenfalls Ballisten und erst uns damit beschossen. Doch nur selten haben sie es geschafft, einen ihrer Pfeile durch die Scharten ins Turminnere zu senden...", berichtete der Krieger, „Heute morgen sind sie dann auf die Katapulte gewechselt, wohl um uns mürbe zu machen unter den Aufschlägen."
Thrain nickte. „Wann werdet ihr abgelöst?", fragte er. Er hatte darauf bestanden, dass die Männer sich regelmäßig ausruhen konnten.
„Heute bei Sonnenuntergang.", war die Erwiderung. Dann ergänzte sein Gegenüber: „Der Feind baut Triboke auf. Wir haben die Maschinen heute morgen gesehen. Vermutlich sind sie morgen einsatzbereit."
Thrain schluckte. Triboke konnten riesige Felsbrocken schleudern und dies konnte verheerenden Schaden anrichten. Was sollte er nur dagegen tun? Sie saßen hier im Berg in der Falle und konnten nur beten, dass die Belagerungsmaschinerie des Feindes nicht durch das Portal brechen konnte.
„Seid ihr noch mit ausreichend Öl und Pech versorgt?", fragte er. Der Zwerg vor ihm nickte. „Bisher haben sie nicht versucht, den Türmen nahe zu kommen.", erwiderte er.
Thrain klopfte dem Mann auf die Schulter und rang sich ein Lächeln ab. „Haltet den Berg weiter für unser Volk.", sagte er, dann wandte er sich ab. Zur Wehrmauer sollte er nun, sich dort einen Überblick verschaffen. Dort musste Frerin gerade sein, er hatte am frühen Morgen Fenja abgelöst.
Mit raschen Schritten stieg Thrain einige Ebenen tiefer und betrat schließlich die Verbindungsbrücke, die Turm mit Berg verband. Seine Gedanken kreisten um die Triboke. Waren die Turmmauern dick genug? Wie sollten die Einheiten auf der Wehrmauer weiter kämpfen, wenn sie unter ständigem Beschuss waren? Würden die Triboke gar in der Lage sein, den Fels des einsamen Berges selbst aufzubrechen?
Es dauerte einige Momente, bis er merkte, dass das regelmäßige Zittern des Steins aufgrund des Rammbockes aufgehört hatte. Verwirrt blieb er stehen und blickte durch eine der Schießscharten zum Portal. Und was er sah, ließ sein Herz still stehen.
Die Trolle hatten sich zurückgezogen, stattdessen wurden eben Maschinen vor dem Portal platziert, die fackeltragenden Mannschaften unter breiten Überbauten vor Pfeilen geschützt. Riesige von Blasebälgen betriebene Pumpen waren es, die da nun auf die Wehrmauer zielten.
Und da schossen lange Strahlen von brennender Flüssigkeit plötzlich auf die Mauern des Erebor zu. Wie gelähmt vor Schreck starrte Thrain auf das Geschehen, als die Flammen die Soldaten auf dem Wehrgang trafen. Schrille, heulende Schmerzensschreie zerrissen die Luft.
Frerin!, schoss es ihm durch den Kopf und er rannte los.
Das Herz klopfte Thrain panisch bis zum Hals, während er den Gang entlang spurtete, die Tür ins Innere des Berges aufriss und mehrere Treppenfluchten hinab flog, bis er endlich die Vorhalle erreichte.
Das schmerzerfüllte Kreischen der Verwundeten wurde mehrfach vom Stein zurückgeworfen. Dutzende Krieger kamen die Treppen von der Wehrmauer herunter gestolpert. Einige Glückliche waren scheinbar von dem Flammensturm, der über sie herein gebrochen war, verschont geblieben, sie stützten und trugen andere, die dagegen mehr tot als lebendig aussahen. Schreckliche Verbrennungen entstellten ihre Körper, gerötete, Blasen schlagende und auch verkohlte Haut war zu sehen, versengte Kleidung und verrußte Rüstung. Der Geruch nach verbranntem Fleisch lag in der Luft.
„Frerin!", brüllte Thrain, der sich zwischen den Kriegern hindurch schob und ängstlich nach dem jüngeren Bruder Ausschau hielt.
„Ich bin hier!", antwortete ihm endlich die Stimme Frerins. Thrain wurde beinahe schwindelig vor Erleichterung, als er den braunhaarigen Goldschmied erkannte, der zwei Schwerverwundete eben einem weiteren Zwerg übergab. Es rannten bereits erste Boten in das Hospital, um dort Meldung zu machen.
Thrain eilte auf Frerin zu und packte ihn an den Schultern. „Geht es dir gut?", fragte er, „Bist du verletzt?"
Sein Bruder schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Thrain.", erwiderte er, „Sie kamen wie aus dem Nichts."
Thrain winkte ab. „Wir müssen wissen, was dort vor sich geht.", sagte er und lief auf die Treppen zu. Frerin winkte eine Gruppe neuer Soldaten zu sich, die eben in der Vorhalle sich darauf vorbereitet hatten, andere Krieger abzulösen, und folgte ihm.
Langsam schob sich Thrain immer weiter nach oben, wachsam, ob gleich wieder brennendes Öl in seine Richtung geschossen wurde. Doch er hatte Glück. Die Flammenwerfer der Feinde schienen ihre Ladung aufgebraucht zu haben.
Er trat auf die Wehrmauer über dem Portal. Die Flammenwerfer zogen sich zurück, doch dafür näherten sich mehrere Katzen, Schutzbauten auf Rollen, unter denen sich sicher je Dutzende Feinde verbargen. Ohne Probleme konnte er die Sturmleitern erkennen, die an den Seiten der Gefährten befestigt waren. Auch Belagerungstürme waren ihnen nun schon unangenehm nahe gekommen.
„Khazad!", brüllte Thrain, so laut er konnte, „Verteidigt den Berg!"
Er zog seine Doppelaxt, als eben Frerin und die anderen Krieger zu ihm stürmten. Von den Wachtürmen her kamen Geschosse auf die Feinde herab geflogen und tatsächlich schafften sie es, zwei der Katzen zu durchdringen und einen Belagerungsturm zu stoppen.
Da wurden schon die ersten Sturmleitern in die Höhe gezogen. Pfeile zischten von der Mauer hinab zu den Feinden, prallten aber an den Schutzwänden ab.
„Du bekar!", rief Thrain und stürzte sich auf die erste Leiter, an der eben ein Ork erschien. Mit einem lauten Brüllen köpfte er den Ork und stieß die Leiter in die Tiefe. Er wirbelte herum und sah nicht weit entfernt Frerin im Kampf mit zwei weiteren Orks. Doch bevor er ihm zu Hilfe eilen konnte, hatte der junge Mann beide bereits niedergestreckt.
Der erste Belagerungsturm erreichte die Mauer, eine Rampe klappte herunter und dutzende Ostlinge strömten unter lauten Kriegsschreien auf den Wehrgang, wo sie von zornigen Zwergen erwartet wurden.
Fässer mit Pech wurden herbei geschafft und in Brand gesetzt, bevor man sie hinab schleuderte. Lautes, schmerzerfülltes Kreischen zeugte davon, dass sie zumindest einige Feinde getroffen hatten.
Wild seine Axt um sich wirbelnd warf Thrain sich in den Kampf. Er metzelte Orks nieder und lieferte sich ein Gefecht nach dem nächsten mit den Ostlingen.
Die großen Ballisten auf der Wehrmauer wurden fertig gemacht und bald feuerten sie ihre zwerglangen Geschosse gegen die Belagerungstürme und Katzen, die sich ebenfalls dem Berg näherten, sodass der Ansturm der Feinde ins Stocken geriet.
Mit einem lauten Schrei jagte Thrain einem Ostling seine Doppelaxt in die Bauchhöhle. Blut spritzte hervor, als der Mann in die Knie ging. Der Zwerg sprang zur Seite, warf sich gegen eine weitere Leiter, die in die Tiefe stürzte. Neben ihm wurde ein Belagerungsturm in Brand gesetzt, die Schreie der armen Seelen, die darin verbrannten, klingelten in Thrains Ohren.
Und dann war plötzlich Ruhe. Sie hatten einen weiteren Angriff abgewehrt.
Dankbar sackte Thrain gegen die Mauer. Sein Blick suchte den Frerins. Die beiden Brüder lächelten einander schwach an. Thrain richtete sich wieder auf und suchte den Ranghöchsten der Soldaten, die mit ihnen gekämpft hatten. Er gab Befehl, Verstärkungen anzufordern und die Leichen der Gefallenen bergen zu lassen. Kurz weilte sein Blick auf den Körpern der Unglücklichen, die im Feuersturm vergangen waren und die nun zur Unkenntlichkeit entstellt waren.
Dem Krieger vor ihm klopfte er mutmachend auf den Rücken, doch er selbst wurde zunehmend von Hoffnungslosigkeit übermannt. Sie waren von einer Übermacht umgeben und an die Wand gedrängt. Ein Wunder musste geschehen... Wo bist du Frodo?, fragte er sich, als er gemeinsam mit Thrain in die Vorhalle hinab stieg, wo ihnen Fenja entgegen kam.
„Thrain! Frerin!", rief sie, „Ist alles in Ordnung bei euch?"
Mit raschen Schritten war die junge Zwergin bei ihnen und sah aufmerksam von einem zum anderen. „Es gab einen Angriff?", fragte sie.
„Alles unter Kontrolle.", erwiderte Thrain und fasste seiner Schwester kurz zusammen, was passiert war.
„Sind die anderen schon im Kaminzimmer?", fragte er. Fenja nickte, „Ich wollte gerade sehen, wo ihr zwei bleibt."
„Dann lasst uns gehen.", sagte Thrain und bedeutete den Zwillingen, ihm voraus zu gehen. Täglich um diese Zeit traf er sich mit seinen Vertrauten, um zu beraten. Meistens endeten diese Beratungen in hitzigen Diskussionen voller Verzweiflung, Wut und Resignation. Sie wussten sich einfach nicht mehr zu helfen.
Nacheinander betraten sie das Kaminzimmer, jenes gemütliche Zimmer hinter dem Thronsaal, in dem die Gemeinschaft von Thorin Eichenschild den Tod des Drachen Smaug und die Rückeroberung des Erebor gefeiert hatte und welches seit dem der Königsfamilie als Versammlungsort diente.
Thrain seufzte wehmütig. Er konnte gar nicht zählen, wie oft er hier zu kleinen Festmählern in geselliger Runde mit Freunden und weitläufigen Verwandten zusammen gekommen war. Doch statt dem gewohnten Gelächter und Stimmengewirr drückte nun verzweifelte Stille auf seine Ohren.
Fili und Kili waren schon hier, wobei vor allem Kili sehr übernächtigt wirkte. Neben ihnen saß Dís, das Haar, sonst gepflegt in einer Flechtfrisur nach oben getürmt, nach allen Seiten abstehend, Zeuge endloser Nächte ohne Schlaf.
Auch Utarth und Kharyur saßen bereits am Tisch, leise miteinander flüsternd und vermutlich sich über den neuesten Angriff auf die Wehrmauer austauschend. Dankbar sah Thrain zu den beiden Zwergenkönigen, ohne deren verstärkende Soldaten der Erebor sicher schon gefallen wäre. Und entgegen seiner Befürchtungen hatten sie den Treueeid, den sie einst Thorin geschworen hatten, ohne Diskussion auf dessen gesamte Familie ausgeweitet.
Dann war da Kelra. Bleich und mit verhärtetem Gesicht blickte sie Thrain entgegen. Hoch aufgerichtet saß sie auf ihrem Stuhl. Sie hatte sich kaum einen Moment der Trauer erlaubt. Stattdessen war sie unermüdlich für ihr Volk da und unterstützte den Kampf gegen die Belagerer mit einem Hass, den Thrain der blonden jungen Frau nicht zugetraut hatte.
Als er eben an den Tisch heran trat, öffnete sich die Tür ein weiteres Mal und Tauriel gefolgt von Dwalin, Dori und Bombur betrat den Raum.
Auf ein Nicken Thrains hin nahmen sie alle ihre Plätze ein und der junge König ließ einen ernsten Blick durch die Runde schweifen. Die einzige Person, die fehlte, war neben Rhon, seine Mutter. Bitter presste er die Lippen aufeinander. Lyrann vergrub sich seit Tagen in der königlichen Gruft, wo sie sich weigerte, zu essen, zu trinken oder zu schlafen. Schweigend saß sie wie eine Statue am Grab ihres Mannes, nicht ansprechbar für jeden, der sich ihr näherte.
Er schüttelte die sorgenvollen Gedanken an seine trauernde Mutter beiseite und wandte sich zu Dori und Bombur, an die er immer die erste Fragen ihrer Beratungen richtete: „Wie ist die Lage im Hospital? Wie sehen unsere Vorräte aus?"
Die Antworten der beiden waren ernüchternd. Das Hospital hatte keine Betten mehr, sodass die weniger schwer Verletzten nun auf dem Steinboden nächtigen mussten, die Glücklichen von ihnen hatten wenigstens eine Decke oder einen Strohsack bekommen. Bombur hatte zu beginn der Belagerung alle Vorräte in den großen Hallen des Berges einlagern lassen und diese schmolzen nun mit bedenklicher Geschwindigkeit dahin. Der Erebor beheimatete nun viel mehr Seelen als bisher. Flüchtlinge von der Rotwasser, Thal, Esgaroth und den Eisenbergen gesellten sich nun zu der Bevölkerung des einsamen Berges, genau wie die Soldaten, die Utarth und Kharyur mitgebracht hatten. Die meisten der großen Hallen des Berges waren nun Unterkünfte für Flüchtlinge oder Soldaten geworden.
„Wie lange halten wir noch durch?", fragte Thrain Bombur mit dunkler Stimme, dieser senkte den Blick und dachte nach.
„Wenn wir die Rationen so beibehalten, vielleicht eine Woche. Kürze ich diese auf die Hälfte, sind wir bei zwei...", erwiderte er. Dann sprach er leise weiter: „Da wir weiterhin Tote zu beklagen haben werden, vielleicht etwas länger."
Schweigen folgte auf diese Ankündigung. Thrain raufte sich die Haare. Es half alles nichts. „Kürze die Rationen Bombur.", sagte er bitter.
„Thrain, ist das klug?", fragte Fenja, „Die Männer müssen stark genug sein, um zu kämpfen!"
„Sie werden durchhalten müssen.", erwiderte Thrain.
„Haben wir bei dem Angriff an die Wehrmauer heute viele Verluste erlitten?", fragte Kharyur da. Und so gab Thrain einen Bericht dessen ab, was sich am Portal ereignet hatte.
„Wir konnten den Angriff also abwehren, ohne, dass größerer Schaden entstand.", schloss er seinen Bericht, „Doch wir müssen auf der Hut sein. Der Feind lässt Triboke errichten. Wer weiß, was diese Ungetüme anrichten können."
„Wir sollten ihm nicht die Gelegenheit geben, das zu erproben.", schaltete Fili sich ein, „Ein wohl geplanter Ausfall sollte durchgeführt werden, um die Maschinen zu zerstören."
Der einäugige General des Erebor erhob sich und sah zu seinem König. „Heute Nacht noch kann ich eine Gruppe Soldaten durch die verborgene Tür an der Bergflanke führen. Wir werden zuschlagen, noch bevor sie wissen, wie ihnen geschieht."
Fili blickte zu Kili, der unterstützend nickte. Dís klappte der Kiefer runter, doch bevor sie etwas sagen konnte, warf Kelra ein: „Das ist absoluter Wahnsinn."
„Dem stimme ich zu.", sagte Thrain.
Fili öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Thrain winkte mit Nachdruck ab. „Ich werde ein derartiges Manöver nicht gutheißen, Fili. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr alle umkommt, ist viel zu hoch und ich brauche euch hier im Berg.", sagte er.
„Thrain...", hob nun auch Dwalin an.
„Ich habe es verboten!", rief Thrain scharf, „Khamul hat bis jetzt noch nicht eingegriffen. Vielleicht haben wir Glück und mein Vater schwächte ihn stark durch die Wunde, die er ihm beigebracht hat. Doch darauf können wir nicht bauen. Was, wenn er euch attackiert?"
Schweigen kehrte ein. Betreten sahen sich alle um.
„Wir müssen etwas tun, Thrain.", begann Frerin nun langsam, „Ein Angriff auf die Triboke ist zu riskant. Aber die Moral im Berg sinkt. Das Volk verzweifelt. Sie sehen dem Tod ins Auge. Wir sitzen in der Falle und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Feind durch unser Portal bricht und unser gesamtes Volk ausgelöscht wird."
„Denkst du, das weiß ich nicht?", rief Thrain zornig. Mit einem Mal stand er auf den Füßen. Mit funkelnden Augen sah er sie alle an. Frerin hatte recht. Alles, was sie hier taten, war, das Unvermeidbare hinaus zu zögern. Doch was sollte er tun? Er wusste einfach nicht, was er anderes tun sollte, als zu versuchen, den Berg so lange wie möglich zu halten.
Schwer, unerträglich schwer, lastete die Krone in diesem Moment auf seinem Haupt. Warum bist du nicht hier, Vater?, fragte er sich zum dutzendsten Mal in den letzten Tagen. Nach außen hin versuchte er, stark und zuversichtlich zu wirken. Doch verzweifelte zunehmend und die Hoffnung, dass irgendwo im Süden Frodo den Ring zerstören konnte, schwand mit jeder Minute und ließ den jungen König in einem Strudel aus Angst zurück.
„Wo ist übrigens Lyrann?", fragte Kelra in dem Moment spitz.
Thrain blickte zu der jungen Frau hinüber. „Sie trauert.", antwortete er knapp, wohlwissend, dass Kelra ebenfalls durch den Krieg zur Witwe geworden war. Diese zog eine Augenbraue in die Höhe. „Ihr ist bewusst, dass ihr Volk ums Überleben kämpft?"
Bevor Thrain eine Antwort darauf parat hatte, was ihm ziemlich schwer fiel, war Dwalin auf den Füßen. „Die Königinmutter muss sich nicht für ihr Handeln rechtfertigen!", brauste er auf, „Erst recht nicht vor jungen Mädchen wie dir!"
„Dwalin!", warf Frerin lautstark ein.
Thrain erhob sich und beschloss, die Versammlung rasch aufzulösen, bevor es aufgrund der angespannten Nerven noch weitere brenzlige Situationen geben würde.
„Dwalin, es reicht!", gebot er dem alten Krieger Einhalt. Dieser gehorchte ohne Widerspruch, auch wenn man noch immer Zorn über sein Gesicht flackern sah.
„Kelra,", wandte Thrain sich nun an die Menschenfrau, „wenn euch der Beitrag der Zwerge zum Kampf des Erebor verbesserungswürdig erscheint, so seid ihr herzlich eingeladen, dies hier mit mir zu erörtern. Alle weiteren Bemerkungen, die nicht mit dem Krieg in direkter Verbindung stehen, haben im Moment keinen Platz im Erebor."
Die junge Frau erwiderte kurz seinen Blick, dann neigte sie den Kopf.
Erleichtert ausatmend sah Thrain nun in die Runde. „Ich danke euch allen für euer Kommen.", sagte er. Stühle wurden gerückt, leise Unterhaltungen kamen auf, dann verließen seine Berater nach und nach den Raum.
Totenstille herrschte in der königlichen Gruft, als Thrain diese betrat. Suchend sah er sich in dem riesigen Gewölbe an den Wurzeln des Berges um, das er seit seiner Krönung nun nicht mehr betreten hatte.
An einer einzelnen Person, die am Grab seines Vaters kauerte, blieb sein Blick hängen. „Amad...", flüsterte er leise und der Anblick brach ihm schier das Herz.
Langsam näherte er sich seiner Mutter, die ihn nicht bemerkte oder nicht beachtete und das, obwohl seine Stiefelschritte als dunkles Echo von den Höhlenwänden zurück geworfen wurden.
Lyrann saß auf einer Steinbank, direkt vor dem Grab. Noch zierte dieses nur der einfache Schriftzug mit dem Namen des verstorbenen Königs. Sollte ein Wunder geschehen und die Zwerge des Erebor den Krieg überleben, so würde bald eine kunstvolle, lebensnahe Statue seines Vaters auf dem Grab errichtet werden.
Thrain jedoch beachtete das Grab nicht. Er sah einzig auf seine Mutter. Irgendjemand, Thrain vermutete seine Tante dahinter, hatte Lyrann das Mithrilkleid abgenommen und ihr beim Umkleiden geholfen. Die Königinmutter trug nun ein hochgeschlossenes, schwarzes Kleid mit weitem Rock bar jeder Verzierung. Keinen Schmuck trug sie außer dem Ehering Thorins und dem Ring mit dem Familienwappen. Das Haar fiel offen und zerzaust über ihre Schultern, sicher war es seit Tagen nicht mehr gebürstet worden.
Direkt vor seiner Mutter blieb Thrain stehen und setzte sich langsam neben sie auf die Bank. Lyranns Augen waren geschlossen, ihr Gesicht weiß wie Schnee. Ihre Hände, mit einem Mal so schwach und filigran wirkend, waren in ihrem Schoß gefaltet.
„Mutter?", fragte Thrain leise.
Sie antwortete nicht.
Sorgenvoll sah er sie an. War sie...? Doch nein, Lyrann atmete noch immer. In flachen Atemzügen hob und senkte sich ihre Brust.
Vorsichtig tastete er nach ihren Händen, schlang sacht die Finger um die ihren.
„Mutter,", begann er wieder, rang nach Worten, während so viel in ihm tobte, so viel Verzweiflung ihn zu ersticken drohte, „der Feind hat den Berg umstellt. Täglich sterben dutzende Zwerge und Menschen bei der Verteidigung..."
Er sah sie an. Keine Regung in ihrem Gesicht ließ darauf schließen, dass sie ihn gehört hatte.
„Ich weiß nicht, was ich tun soll.", brach es nun aus ihm heraus, „Wir kämpfen um unser Überleben und wir haben keine Hoffnung mehr. Früher oder später wird der Feind entweder unsere Verteidigung niederreißen oder wir werden verhungern... Ich kann nichts tun! Ich versprach Vater, den Berg zu verteidigen! Und das werde ich tun, bis zu meinem Tod, aber..."
Schweigen war seine einzige Antwort.
Verzweifelt rang er nach Atem. „Das Volk fragt nach dir. Unsere Verbündeten fragen nach dir. Ich brauche Hilfe... Frerin, Fenja und ich, wir sind allein... Wir wissen nicht, wo Rhon ist, wie es ihm geht... Die drei sind doch alle noch Kinder!"
Seine Stimme verklang. Doch keine Reaktion kam von seiner Mutter. Niedergedrückt von der Last der Verantwortung, die auf seinen Schultern lastete, sank Thrain von der Bank hinab und kniete vor seiner Mutter nieder.
„Bitte komm zu uns zurück!", bat er, flehte er seine Mutter förmlich an. Mit einem verzweifelten Stöhnen bettete er die Stirn auf die Knie Lyranns, die wie eine Steinstatue da saß, so tief in ihrer Trauer gefangen, dass sie nicht auf ihren Sohn reagierte.
„Ich kann das nicht...", flüsterte er tonlos. Thrains Schultern begannen zu beben, während tiefe Verzweiflung ihn übermannte. Noch nie hatte er sich so allein gefühlt. Noch nie war er von so viel Sorgen und Angst erfüllt gewesen. Tränen der Hoffnungslosigkeit rannen über seine Wangen. Er hatte nicht nur seinen Vater verloren. Auch seine Mutter war unerreichbar für ihn geworden.
„Amad!", sagte er mit zitternder Stimme, „Ich brauche dich!"
Er hob den Blick und sah seine schweigende Mutter an. Noch immer waren ihre Augen geschlossen, eine einzelne Träne rann über die Wange der Königinmutter. Doch sie antwortete ihm nicht, sie ließ ihn allein mit seinem Flehen.
Thrain holte tief und langsam Atem, um sich zu beruhigen. Seine Mutter hüllte sich weiter in Trauer und Verzweiflung. Wie groß und unerträglich ihr Schmerz sein musste. Er konnte sich das nicht erlauben. Er würde die Kraft finden, alleine weiter zu machen.
Einen Moment verharrte er noch am Grab seines Vaters, die Hände um die kalten Finger seiner Mutter geschlungen. Dann erhob er sich, beugte sich über Lyrann und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er sich abwandte und die Gruft verließ.
Wie von selbst trugen seine Füße ihn zu den Unterkünften der Flüchtlinge. Es gab nur eine einzige Person, die er sehen wollte, mit der er sprechen wollte. Nur ihr würde er sich völlig anvertrauen können.
Dutzende Zwerge gingen an Thrain vorbei, verneigten sich vor ihrem König, murmelten Begrüßungsworte. Er ignorierte sie, lediglich ein knappes Nicken schenkte er dem einen oder anderen. Auch das allgegenwärtige Donnern des Rammbockes und der Belagerungsmaschinen, das ständig an die Gefahr erinnerte, in der sie schwebten, blendete er aus.
Bald hatte er die Hallen erreicht, in dem man die Flüchtlinge untergebracht hatte, die aus allen Himmelsrichtungen zu ihnen geströmt wurde. Zu hunderten hatte man Familien der Menschen und Zwerge zusammen pferchen müssen. Sie lagerten auf dem nackten Steinboden der Hallen, bei sich den wenigen Besitz den sie retten konnten.
Verzweiflung lag in der Luft. Man konnte es deutlich spüren. Hierher waren sie geflohen, in der Hoffnung in Sicherheit vor dem Krieg zu sein. Und nun stand der Feind vor dem Tor, versuchte in eben diesem Moment, die Mauern des Erebor zu überwinden und jedes Leben im Berg auszulöschen.
Sorgenvolle Blicke voller Angst flogen umher. Leise, geflüsterte Gespräche erfüllten die Hallen. Kinderweinen mischte sich in die Diskussionen der Erwachsenen. Mütter umklammerten ihre Kinder, bereit sie mit dem eigenen Leben zu schützen. Nur wenig Männer sah man hier, die meisten waren am Tor, ausgestattet mit den Waffen des Erebor, um für das Überleben ihrer Familien zu kämpfen. Klagen drangen an Thrains Ohr und Gebete. Leise Lieder wurden gesungen, flehende Gesänge an Eru, Manwe, Mahal und all die Valar, die nun ihre schützende Hand über sie halten sollten.
Und da sah er endlich die Frau, die er suchte. Ira stand in einer Schlange an, an der Essen für die Flüchtlinge ausgeteilt wurde. An ihrem Arm hing ein schwerer Kessel, neben ihr stand die kleine Jolinda. Zu den Füßen der beiden saß Musmasum, die Ira scheinbar immer noch nicht von der Seite wich.
Während Thrain sich ihnen näherte, erreichten beide das Ende der Schlange, wo ein Zwerg der Küchen Suppe ausschenkte. Er befüllte Iras Kessel. Mit großen Augen blickte die Zwergin auf die geringe Menge an Essen, die man ihnen zugeteilt hatte. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde aber mit einem wirschen Winken fortgeschickt. Mit einem zornigen Funkeln in den Augen packte Ira Jolinda an der Schulter und führte sie fort.
„Ira!", rief Thrain laut und eilte hinter den beiden her.
Mit erstauntem Gesichtsausdruck drehte die Zwergin sich um. „Onkel Tarl!", rief Jolinda und kam auf ihn zugerannt. Selbst jetzt war er für sie immer noch Onkel Tarl. Mit einem warmen Lachen fing er das Mädchen auf, bald würde sie so groß sein wie er, stellte er fest. Kurz musterte er sie. Das Leid, das sie erlebt hatte, hatte auch in ihrem Antlitz deutliche Spuren hinterlassen.
Schnurrend strich Musmasum um Thrains Beine, der sich bückte und sacht über das Fell der Katze strich. Dann hob er den Blick zu Ira, die kurz seinen Blick erwiderte, dann jedoch den Kopf senkte. „Mein König!", grüßte sie ihn und sank in einen etwas ungeholfenen Knicks.
Mit einem raschen Schritt trat er auf sie zu, packte sie am Arm und zog sie wieder hoch. „Bitte mach das nicht, Ira!", bat er sie mit leichtem Nachdruck in der Stimme. Die Zwergin sah zu ihm auf und ein scheues Lächeln huschte über ihre Züge. Ihre Augen funkelten liebevoll, gleichzeitig schien sie ihm gegenüber unglaublich nervös zu sein.
„Kommt, ich laufe ein Stück mit euch.", sagte er sanft, „Gib mir den Kessel."
Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm er Ira den Kessel mit Suppe ab. Traurig stellte er fest, dass dieser gerade einmal bis zur Hälfte gefüllt war. Sanft legte er eine Hand auf Jolindas Schulter und ließ sich von dem Mädchen zu ihrem Lagerplatz führen. Ira ging wortlos neben ihnen her.
„Wie geht es euch?", fragte Thrain die beiden.
„Ich sehe Geron so selten!", beklagte sich Jolinda, „Weißt du, wie es ihm geht?"
Thrain lächelte verständnisvoll. Jolindas Bruder Geron hatte sich wie viele andere geflohene Männer der Verteidigung des Erebor angeschlossen.
„Ich habe ihn vorgestern bei den Kriegern von Thal gesehen.", erwiderte er sanft, „Mach dir keine Sorgen, Jolinda. Dein Bruder ist ein guter Kämpfer und weiß auf sich aufzupassen."
Kurz warf er einen Blick zu Ira, die angespannt schwieg.
Nach kurzer Zeit erreichten sie die Gruppe der Menschen und Zwerge aus Nebelgrund. Jolinda lief voraus, wo sie von Frida liebevoll empfangen wurde. Thrain wurde verwundert aber freundlich begrüßt und er händigte den Suppenkessel aus.
Während Frida und einige andere Frauen sich daran machten, das Essen aufzuteilen, stand Ira unsicher an der Seite und wich Thrains forschenden Blicken aus.
Vorsichtig trat er auf sie zu. „Was hast du?", fragte er besorgt, „Soll ich wieder gehen?"
Ira schüttelte den Kopf, hielt aber beharrlich den Blick gesenkt. „Du bist der König...", flüsterte sie.
Thrain seufzte leise. Ganz sacht legte er einen Finger unter ihr Kinn und hob es an, zwang sie so, zu ihm zu schauen.
„Ich liebe dich, Ira.", antwortete er leise. Er beugte sich vor und leicht wie Schmetterlingsflügel strichen seine Lippen über die ihren. Zittrig erwiderte die Zwergin den Kuss.
„Weißt du, dass du gerade die einzige Zwergin in Mittelerde bist, die es schafft, den König unter dem Berge in die Knie zu zwingen?", raunte Thrain mit dunkler Stimme und Ira lachte leise auf. „Ich verehre dich, Geliebte,", fuhr er fort, „ob mit oder ohne Krone."
Nun schon reichlich weniger angespannt sah Ira zu ihm auf. Sie hob eine Hand und strich über Thrains Schläfen. Forschend blickte sie ihm in die Augen.
„Du siehst unglaublich erschöpft aus, Thrain.", stellte sie fest und Sorge lag in ihrer Stimme.
Mit einem matten Lächeln nickte Thrain. Entspannt schloss er die Augen unter ihren liebevollen Berührungen.
„Wann hast du das letzte Mal geschlafen?", fragte Ira, „Richtig geschlafen?"
„Ich glaube, als ich hierher zurück gekehrt bin.", erwiderte er leise.
„Du brauchst Schlaf, Thrain.", kam es eindringlich von der Zwergin.
Er schlug die Augen auf und sah voller Liebe auf sie hinab. „Ich schlaf nicht gut im Moment...", gestand er. All die Verantwortung, die auf seinen Schultern lag, drückte auf ihn hinab. Scheinbar spiegelte sich all das in seinem Gesicht wieder, denn Ira nahm kurz entschlossen seine Hand und sagte: „Komm mit mir!"
Sie führte ihn fort aus der Halle und nebeneinander gingen sie durch den Berg, in Richtung von Thrains Gemach, wie er bald feststellte.
Dort angekommen, nahm Ira Thrain die Krone ab und legte sie mit ehrfürchtiger Miene auf den Kaminsims. „Leg dich hin.", sagte Ira sanft, „Schlaf ein wenig."
Folgsam machte Thrain es sich auf seinem Bett bequem, dann streckte er eine Hand nach ihr aus. „Bleib bitte bei mir.", flüsterte er, „Bitte bleib, Ira."
Mit einem Lächeln kam die Zwergin zu ihm. Dicht kuschelten sie sich aneinander. Dankbar legte Thrain den Kopf an Iras Brust, während ihre Finger sanft seine Schläfen streichelten.
„Ich habe Angst, Ira.", gestand er, „Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Volk steht am Abgrund. Und ich kann nichts tun!"
Die Zwergin antwortete nicht. Doch das musste sie nicht. Ruhig hörte sie zu, während Thrain sich ihr anvertraute. Im Flüsterton unterhielten sie sich, während Nacht sich über den Erebor legte.
Tiefe Ruhe und dringend nötiger Frieden überkamen Thrain schließlich. Endlich fiel all die Last von ihm ab. Mit einem leisen Seufzen schloss er die Augen, schmiegte sich eng an seine Liebste und war eingeschlafen.
Ein lautes Krachen weckte sie beide.
Sofort saßen sie beide aufrecht im Bett. Erneut erschütterte ein lauter Knall den Berg. Ira schrie leise auf.
Hektisch wühlte Thrain sich aus den Decken, mit dem die Zwergin ihn wohl zugedeckt hatte. Eben war er aufgestanden, als die Tür aufgerissen wurde.
„Thrain!"
Frerin kam in den Raum gerannt, die Augen weit aufgerissen. „Die Triboke... Der Feind nimmt uns unter Beschuss!", rief er.
Das laute Krachen und Donnern hielt die nächsten Stunden über an. Nach einem kurzen Gang zum Portal, wo durch den Beschuss bereits die ersten Schäden entstanden, rief Thrain eine Versammlung seiner Berater ein.
Ira hatte er gebeten, bei ihm zu bleiben. Und so war auch sie in dem Kaminzimmer anwesend, als der Kriegsrat der letzten Tage zusammen kam.
Thrain blickte ernst in die Runde. Er hatte einen Entschluss gefasst. Nicht länger würde er sich hier wie ein verängstigtes Kaninchen verstecken.
„Wir greifen an.", verkündete er mit fester Stimme, „Der Feind wartet darauf, dass uns entweder die Vorräte ausgehen oder er vorher mit seinen Triboken und Rammböcken durch unsere Mauern bricht. Doch wir werden nicht auf den sicheren Tod warten, vor Hunger geschwächt und verzweifelt! Wir ziehen in die Schlacht! Ein allerletztes Mal!"
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