Atem holen
Erwachseneninhalt
„Aufwachen, meine Liebste!" Die dunkle Stimme Thorins holte Lyrann mit sanftem Brummen aus dem Schlaf. Der Bart ihres Mannes kratzte am Gesicht, als dieser ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Vorsichtig strich Thorins Hand über ihre Stirn.
„Es ist noch viel zu früh...", grummelte Lyrann und zog die Wolfsfelldecke über den Kopf. So herrlich warm und weich war es hier in den Fellen, in denen sie und Thorin schliefen, sie wollte gar nicht aufstehen.
Doch Thorin, der sich neben ihr aufgesetzt hatte, lachte leise: „Es dämmert bald, meine Schöne. Der neue Tag beginnt."
Lyrann erwiderte nichts. Sie war müde und sie wollte nicht aufstehen.
„Soll ich etwa alleine trainieren gehen?", fragte ihr Mann und beugte sich erneut über sie. Sacht zog er die Decke von ihrem Gesicht.
Mit zerzaustem Haar wandte Lyrann sich ihm zu und sah in das Antlitz Thorins, beleuchtet vom Schein der Kerze, die sie seit Lyranns Gefangenschaft nun jede Nacht brennen ließen. Mit einem Seufzen richtete sie sich auf und schüttelte den Kopf. „Es ist zu früh...", brummte sie, schlug aber die Decke zurück und tastete nach ihren Kleidern.
Schweigend zog sich das Ehepaar an. Lyrann machte keinerlei Anstalten, ihr ausgiebiges Gähnen zu unterdrücken. Seit Jahrzehnten pflegten sie beide so oft wie es ihnen möglich war, früh morgens aufzustehen und noch vor dem Frühstück gemeinsam zu trainieren. Es war eine der wenigen Momente, die sie komplett für sich hatten und obwohl Lyrann sich jedes Mal aus dem Bett quälte, so genoss sie die Zeit mit ihrem Mann doch zu sehr, um ihrer Müdigkeit nachzugeben.
Und so legte sie statt der sonstigen Kleider, die sie als Königin trug, eine einfache Hose, Stiefel, Hemd und Wams an. Auch Thorin zog noch die schlichte Kleidung, in der man ihn auch für einen Mann des einfachen Volkes halten konnte.
Mit einem nachsichtigen Lächeln betrachtete er seine Frau und streckte ihr die Hände entgegen. Sich den Schlaf aus den Augen reibend, trat Lyrann vor ihn. Sanft zog Thorin sie in eine Umarmung und einen Moment standen sie einfach nur beieinander, die Stirn aneinander gelegt. Tief einatmend sog Lyrann den Duft Thorins ein, der ihr so bekannt war und so sehr nach Heimat und Geborgenheit roch.
Hand in Hand verließen sie schließlich das Gemach und schritten durch die noch stillen Gänge des Berges. Um sie her erwachte der einsame Berg langsam aus dem Schlaf einer weiteren Herbstnacht, während sich draußen vor den Toren des Erebor der Horizont in nahender Dämmerung hellblau färbte.
Sie verließen die Flure des königlichen Flügels und erreichten wenig später die Halle, die von der Herrscherfamilie zum Training genutzt wurde.
Zu dieser frühen Stunde war noch niemand hier, noch nicht einmal die Fackeln waren entzündet. Laut hallten ihre Schritte von den Wänden wieder, während sie Licht machten. Dann holte Thorin aus einer angrenzenden Kammer zwei exakte Nachbildungen ihrer beiden Schwerter, Übungsschwerter, die im Gewicht aber Orcrist und Lyranns Schwert sehr ähnlich waren, wenn auch nicht mit scharfer Klinge.
Lyrann nahm ihr Schwert entgegen. Sie trat einige Schritte zurück und ließ die Waffe durch die Luft kreisen, um Muskeln und Gelenke zu erwärmen. Nicht weit von ihr entfernt tat Thorin es ihr nach, wobei er besonders Wert darauf legte, seine rechte Hüfte zu dehnen, wo ihn die alte Kampfwunde nach wie vor einschränkte.
Schließlich beendeten sie beide ihre Aufwärmübungen und gingen aufeinander zu, dabei zuckte eine Erinnerung durch Lyranns Gedanken. Die Wiese hinter Beorns Haus mit all den Tieren, warm von der herbstlichen Sonne beschienen, das gespannte Gemurmel der Zwerge, eine elbische Waffe in ihrer Hand und Thorin, der Orcrist in der Hand wiegend, mit kaltem Blick auf sie zuschritt. Es war ihr erster gemeinsamer Übungskampf gewesen, zu einer Zeit, in der sie beide einander noch mit Distanz begegnet waren, Thorin sie oft kalt und gehässig behandelt hatte und sie niemals sich hätte träumen lassen, dass sie nur Wochen später einander lieben würden. Sie lachte leise auf bei dem Gedanken.
„Was lachst du?", fragte Thorin.
„Ich musste nur eben an unseren ersten gemeinsamen Kampf denken, damals bei Beorns Haus.", erwiderte sie.
Thorin schmunzelte, als auch er an diesen Tagen vor über 60 Jahren zurück dachte.
„Du warst damals noch sehr... distanziert.", erinnerte sich Lyrann und ihre Augen funkelten schelmisch. Ihr Mann lachte und erwiderte: „Nun, ich hatte mich an dem Vorabend dir mehr geöffnet als mir lieb war und ich war darauf bedacht, die alte Kälte zwischen uns wieder herzustellen. Denn ich bemerkte, dass ich begann, Sympathie für dich zu empfinden und vielleicht ahnte ich da schon, dass, würde ich diese zulassen, womöglich noch weit mehr erwüchse."
Erstaunt sah Lyrann ihren Mann an. Noch nie hatte er ihr derartiges gesagt. Immer hatte sie gedacht, dass er seine Gefühle zu ihr erst in Seestadt wahrgenommen hatte. Zumindest war es ihr selbst damals so gegangen. Wobei... Wenn sie so darüber nachdachte, war sie sich dessen auch nicht so ganz klar.
„Das hast du mir nie erzählt.", sagte sie überrascht, „Ich dachte immer, bei Beorn hättest du mich noch gehasst."
Thorin grinste. „Ich muss dir ja nicht alles erzählen.", scherzte er, „Ich habe immer noch den Ruf des unnahbaren, grimmigen Zwergenanführers zu verlieren."
Lyranns helles Lachen erfüllte die Trainingshalle. „Den hast du längst verloren, Liebster. Spätestens als dein Neffe dich zu einem Tanz mit mir nötigte.", erwiderte sie und ging zum Angriff über.
Die Sonne hatte sich bereits über den Horizont erhoben, als das Königspaar am Frühstückstisch saß. Die verschwitzten Trainingskleider waren gegen einfache Morgenmäntel ausgetauscht worden. Munter prasselte ein Feuer im Kamin neben dem Tisch und der Duft nach frisch gebackenem Brot, gebratenen Eiern, Räucherspeck und Kräutertee lag in der Luft. Ein Krug süßlichen Frühstücksbieres stand bereit, ebenso eingelegter Fisch und Fruchtkompott und ein großes Stück Käse von den Ziegen des Erebor.
Die Beine gemütlich von sich gestreckt, stopfte Thorin seine Pfeife, während Lyrann sich eine dicke Scheibe Brot mit Speck und Brateiern belegte und das ganze mit einer großen Portion Käse krönte. Hungrig fiel sie über ihr Essen her, von ihrem Ehemann mit einem Schmunzeln beobachtet. Direkt nach dem gemeinsamen Training schmeckte das reichhaltige Frühstück einfach am besten.
Wenig später lehnte Lyrann sich zufrieden und satt in ihrem Sessel zurück, die Hände um eine Tasse mit Honig gesüßten Kräutertees geschlungen und nahm hin und wieder ein paar schlürfende Schlucke. Thorin genoss noch etwas von dem Fisch, der ihnen jeden Tag frisch aus Esgaroth gebracht wurde.
Während sie so da saß, gingen Lyranns Gedanken auf Wanderschaft. Nur wenige Wochen waren seit der Hinrichtung Zahinas und der Versöhnung mit ihrem Mann vergangen. Doch es schien, als habe der Krieg eine Pause gemacht. Zwar gab es noch immer einige Gefechte in den Eisenbergen oder an der Rotwasser und auch vom Düsterwald hörte man von regelmäßigen Kämpfen. Aber es waren weniger geworden und die Feinde schienen nicht ganz so entschlossen. Im Gegenteil, es gelang den Verbündeten von Erebor, Thal und Düsterwald, die Orks Stück für Stück zurück zu drängen. Man konnte nun die eigenen Linien wieder verstärken und verlorenes Gebiet wieder erobern. Lyrann ahnte außerdem, dass ihr Mann an einem Plan arbeitete, Dol Guldur selbst anzugreifen, in der Hoffnung, dem Feind eine entscheidende Niederlage beizubringen. Doch die Streitkräfte des Erebor waren so sehr auf die einzelnen Fronten verteilt, dass es dazu der Unterstützung von Brand und Thranduil bedürfen würde.
Niemand konnte sich erklären, warum der Krieg so ruhig geworden war, sie jedoch ahnte, was passiert war. Noch immer sah sie nachts den Nazgul vor sich, wie er sich über sie beugte und seine gierigen Finger nach dem Arkenstein um ihren Hals ausstreckte. Ein Schauer lief über ihren Rücken und sie nahm einen großen Schluck Tee, um die plötzliche Kälte in ihrem Inneren zu vertreiben. Der Nazgul hatte den Arkenstein nicht anfassen können, ohne schreckliche Schmerzen erleiden zu können. Hatte das Herz des Berges ihn verletzt? War er gar so schwer verwundet, dass er zu seinem Herrn nach Mordor hatte zurückkehren müssen? Oder verbarg er sich woanders? Vielleicht war er sogar wieder in Dol Guldur? Doch offensichtlich war er nicht in der Lage, den Krieg im Norden weiter voran zu treiben.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als Thorins Kammerdiener die Gemächer des Paares betrat. Nachdem er seine Herren mit einem Frühstück in Empfang genommen hatte, war er, wie jeden Morgen, zum Portal geeilt, um dort Nachricht einzuholen. Tatsächlich trug er zwei Schriftrollen bei sich, von denen er eine Lyrann und eine Thorin überreichte.
Neugierig sah Lyrann auf das ihr unbekannte, aber unverkennbar elbische Siegel, bevor sie es brach.
„Von Amaya!", rief sie überrascht aus und ein fröhliches Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie die Zeilen überflog, die die Elbin an sie gerichtet hatte.
„Sie hat scheinbar momentan Zeit, um uns besuchen zu kommen.", fasste Lyrann für ihren Mann zusammen, „Wenn wir sie empfangen wollen, wird sie in wenigen Tagen bei uns sein." Sie hob den Blick. Thorin wirkte sehr angetan von der Nachricht. „Das ist gut.", erwiderte er, „Sie kann dann eine Botschaft von mir an Thranduil überbringen."
Drei Tage später galoppierte eine Reiterin durch das Hauptportal des Erebor. Lyrann stand in der großen Vorhalle, in einen schweren Mantel aus nachtblauem Samt gehüllt, denn nun im Herbst wurde es bereits spürbar kälter. Der Winter würde sehr bald Einzug ins Land halten, möglicherweiße war es nur noch eine Frage von Tagen bis der erste Schnee hier im Norden Mittelerdes fallen würde.
Durch das geöffnete Tor konnte sie auf den Wald in der Ebene sehen, einige letzte bunte Blätter wurden noch von der Brise bewegt. Goldener Sonnenschein fiel zwischen den grauen Wolken hinab auf das Land, die Luft roch nach baldigem Herbstregen. Ein kalter Windstoß fuhr mit der Reiterin in die Halle und rasch mühten sich die Wachen, das riesige Portal wieder zu verschließen.
Mit einem frohen Lächeln schritt Lyrann auf den Gast zu. Die Elbin, in einen dunklen Reisemantel gehüllt, schwang sich von ihrem Pferd und schlug die Kapuze zurück.
Der kalte Wind hatte Amayas Gesicht gerötet und ihre krausen roten Locken waren durch den Ritt etwas durcheinander gekommen. Mit leicht angespanntem Blick sah sie sich unter all den sie umgebenden Zwergen um.
„Amaya!", rief Lyrann da und ging auf die Freundin zu. Sofort hellte sich die Miene der Elbin auf und sie kam ihr entgegen.
Einen kurzen Moment standen sie unentschlossen voreinander, dann breitete Lyrann kurzerhand die Arme aus und umarmte Amaya. Lachend erwiderte die Elbin die Umarmung. „Wie schön, dass du kommen konntest.", sagte Lyrann. „Nun, ich habe ja versprochen, einmal hierher zu kommen.", erwiderte ihr Gast, „Auch wenn ich sagen muss, dass mir bis eben ein bisschen unwohl bei dem Gedanken war, vollkommen allein unter Zwergen zu sein."
Verständnisvoll lächelte Lyrann. Trotz aller Fortschritte, die beide Völker im Umgang miteinander gemacht hatten, würde es wohl noch einige Zeit dauern, bis sämtliche Vorbehalte abgebaut waren, falls das überhaupt jemals möglich sein würde.
Sie winkte einen Soldaten heran, Amayas Pferd in den Stallungen unterzubringen und das Gepäck der Elbin in das Gästezimmer zu tragen, dann sagte sie zu der Elbin: „Was hältst du davon, dass du dich erstmal bei etwas Tee und Gebäck aufwärmst und ich dir danach den Erebor zeige?"
Dankbar nickend nahm Amaya den Vorschlag an und wenig später saßen beide Frauen am fröhlich knisternden Kaminfeuer im Gemach des Königspaares. Dampfende Teetassen und ein großes Stück von Bomburs bestem Apfel-Gewürz-Kuchen standen bereit.
„Wie geht es dir?", fragte Lyrann, während sie der Elbin ein Stück Kuchen servierte, die genüsslich den heißen Früchtetee schlürfte.
Amaya lächelte. „Ich kann nicht klagen.", erwiderte sie, „Die letzten Tage und Wochen waren eine Wohltat, endlich haben wir eine Pause von all den Kämpfen und all der Wachsamkeit. Doch ich hoffe, dass Thranduil die Ruhe nicht unterschätzt und wir nun einen Angriff auf den Gegner starten. Es wird Zeit, dass dieser Krieg ein Ende findet."
Kurz herrschte Stille, dann fragte Amaya: „Doch wie geht es dir? Als wir einander das letzte Mal sahen, warst du schwer verwundet."
Lyranns Gesicht verdunkelte sich, als die Erinnerung an ihre Gefangenschaft wieder wach wurde. Mit leicht zitternden Fingern griff sie nach ihrer Tasse und schlang die Hände um das wärmende Gefäß. „Ich war lange krank, doch Thorin pflegte mich aufopferungsvoll gesund.", antwortete sie und begann von den Tagen nach ihrer Heimkehr zu erzählen, von der langen Krankheit, von Thorins Geständnis, der Konfrontation mit Zahina, der Aussöhnung mit Thorin und schließlich der Hinrichtung.
Still lauschte Amaya ihren Worten. „Es ist kein Groll mehr zwischen uns.", sagte Lyrann, „Zahina hat uns beide hintergangen und ist schließlich an ihrer eigenen Machtgier gescheitert. Doch würde ich Thorins Fehler nicht verzeihen, so hätte sie doch zumindest teilweise gesiegt. Und dies werden wir beide nicht zulassen. Jahrzehnte der Ehe lassen sich nicht so einfach zerstören. Wir lieben einander und unsere Beziehung scheint stärker als je zuvor."
Froh lächelte die Elbin. „Das ist gut.", erwiderte sie.
„Erzähl mir von Rhon!", bat Lyrann schließlich die Freundin. Oft weilten ihre Gedanken bei ihrem jüngsten Sohn, der nun schon seit mehreren Monaten im Düsterwald lebte.
Amaya lachte auf. „Ach Rhon...", sie grinste, „Man könnte ihn für einen kleinwüchsigen Elben halten, wäre da nicht der gelegentliche zwergische Sturkopf und sein Kampfgeist. Oft sind wir gemeinsam auf Patrouillie. Er wird von allen Elben geschätzt und respektiert und wenn wir im Palast sind, findet man ihn häufiger in der Bibliothek als sonst wo. Sein Sindarin ist von dem eines Elben kaum noch zu unterscheiden und er verschlingt jedes Buch, das er kriegen kann. In den letzten Wochen ist er ein recht guter Kämpfer geworden, auch wenn ich ihm ansehe, dass er den Krieg verabscheut, lieber widmet er sich seinen Studien oder den stundenlangen Diskussionen mit Thranduil."
Amaya blieb mehrere Tage im Erebor. Lyrann verbrachte so viel Zeit wie möglich mit der Elbin. Sie trainierten gemeinsam oder wanderten durch den Erebor, denn Amaya, die noch nie eine Zwergenstadt besucht hatte, war von der Art, unterirdisch zu leben sehr fasziniert.
Auch bei den gemeinsamen Familienessen war Amaya nun anwesend, auch wenn sie anfangs etwas verunsichert wirkte.
Leider konnte Lyrann nicht alle ihre königlichen Pflichten verschieben und so war Amaya auch mehrere Stunden am Tag ohne Begleitung. Anfangs hatte Lyrann sich noch Sorgen gemacht, die Freundin könne sich langweilen, doch dann hatte sie zu ihrer großen Überraschung aus der Ferne Dís und Amaya beim Spaziergang über den Markt beobachtet, in ein angeregtes Gespräch vertieft. Tatsächlich schien Amaya ihre Idee vom Sonnenwendfest weiter zu verfolgen und ließ sich von Dís Ratschläge geben, wie man öffentliche Anlässe gut überstand.
Amayas Lieblingsort im Erebor war unübertroffen der steinerne Wald, den Thorin für Lyrann hatte errichten lassen. Schon an ihrem ersten Tag hatten sie beide diese Grotte besucht, wo Amayas Augen vor Staunen geleuchtet hatten.
Und auch nun, am Morgen des eletzten Tages der Elbin, kurz vor ihrer Abreise, schlenderten die zwei Frauen wieder über den steinernen Pfad, umgeben von den hohen Bäumen aus Fels, während das leise Plätschern des unterirdischen Baches die Luft erfüllte.
„Es ist einfach wunderschön hier.", sagte Amaya versonnen und wandte den Kopf hin und her. Bewundernd glitt ihr Blick über die vielen täuschend echt aussehenden Bäume, die filigranen Blüten aus Diamant und Edelstein und die kleinen Tierchen aus Stein, die sich im Dickicht des Waldes verbargen. Kurz sah sie empor zu dem ewigen Sternenhimmel über ihren Köpfen, dann glitten ihre Fingerspitzen über die Rinde eines nahe stehenden Baumes.
„Es ist nur so still hier...", sagte sie, „Man könnte meinen, die Zwerge des Berges hätten einen echten Wald hier eingefroren, denn es sieht so echt aus. Aber hören kann ich nichts außer dem Bach. Im Düsterwald kann ich Stunden damit verbringen, den Geräuschen des Waldes zu lauschen. Die unzähligen Stimmen der Tiere dringen dann an meine Ohren und die Bäume singen von Erde, Sonnenlicht, Regen, Grün und frischem Leben. Hier aber ist alles still."
Sie ließ die Finger sinken. Lyrann jedoch lächelte und legte selbst die Hand an den Stein.
„Nicht für mich...", sagte sie. Als halbe Zwergin hatte sie bei weitem nicht das Gespür ihrer zwergischen Familienmitglieder und Freunde, doch auch für sie war der Stein des einsamen Berges nicht taub.
Verwundert starrte Amaya sie an. „Wovon spricht der Stein?", fragte sie leise.
Mühsam konzentrierte sich Lyrann auf das Pulsieren des Felsens unter ihren Fingerspitzen, nur schwach für sie wahrnehmbar. Bäume zu hören war ihr immer leichter gefallen.
„Von heißem Feuer, das ihn formte... Von Dunkelheit und Geduld. Von langem Schlaf und von Träumen von Wasser und Wind und kaltem Schnee.", erwiderte sie.
Voll Faszination lächelnd sahen sie einander an. Schweigend liefen sie zu der Bank am Bachlauf, wo sie sich beide niederließen.
Amayas Blick wanderte nachdenklich umher, dann durchbrach sie die Stille: „Denkst du, die Ruhe im Krieg wird noch lange anhalten?"
Lyrann seufzte und sah auf den Bach vor ihnen herab. „Ich weiß es nicht.", sagte sie leise, „Und ich glaube noch nicht daran, dass sich das Blatt nun zu unseren Gunsten wenden wird."
Sie fühlte Amayas Hand auf ihrer Schulter. „Was auch immer passieren wird, die Elben von Düsterwald werden an der Seite der Zwerge des Erebor stehen.", versicherte sie Lyrann.
Amaya war vor Stunden abgereist. Bei sich hatte sie eine Botschaft Thorins an Thranduil getragen. Den Tag hatte Lyrann mit verschiedenen Dingen verbracht und nun zog sie sich erschöpft in ihr Gemach zurück. Draußen wurde es dunkel und tatsächlich rieselten die allerersten Schneeflocken des Winters vom Himmel herab.
Dumpf fiel die Tür zum königlichen Gemach ins Schloss und mit einem erschöpften Seufzen öffnete Lyrann den Verschluss ihres schweren Kleides, welches sie umstandslos zu Boden fallen ließ.
Wenig später saß sie im Salon auf einem Diwan am knisternden Feuer. Die umständliche Kleidung der Königin hatte sie gegen ein dünnes, weißes Schlafhemd aus weicher Seide ausgetauscht und sich in einen silbern bestickten Morgenmantel gehüllt. Auf ihrem Schoß lag ein Buch, in dem sie schmökerte. Neben ihr auf dem Tisch stand ein Kelch mit gewürztem Rotwein, aus dem sie genüsslich einen Schluck nahm. Eigentlich müsste Thorin bald nach Hause kommen.
Tatsächlich hatte sie den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als die Tür zu ihrem Gemach geöffnet wurde. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie hörte, wie die schweren Schritte ihres Mannes sich näherten.
Die Schritte verstummten, doch keine Stimme hallte durch die gemeinsamen Räume. Neugierig hob Lyrann den Kopf und sah ihren Mann, der im Türrahmen lehnte. Ein versonnener Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Die hellen Augen Thorins leuchteten vor Liebe.
Einen kurzen Moment sahen sie einander schweigend an. „Du bist wunderschön.", sagte Thorin voll Bewunderung. Lyrann lachte leise auf. Der intensive Blick ihres Mannes hielt ihre Augen gefangen. Ein leises Lächeln lag auf seinen Lippen.
Der König unter dem Berge stieß sich vom Türrahmen ab und trat ein Stück in den Raum hinein. „Komm her!", sagte er rau und streckte vor dem Kamin stehen bleibend eine Hand nach ihr aus.
Mit einem Auflachen legte Lyrann ihr Buch beiseite und erhob sich. Ihr Morgenmantel raschelte, als sie auf ihren Mann zuging, dessen Blick über sie glitt. Sanft, aber bestimmt fordernd, griff er nach ihrem Kinn und küsste sie zärtlich.
„Habe ich dir heute schon gesagt, wie sehr ich dich liebe?", fragte er mit dunkler Stimme. Lyrann grinste und schüttelte den Kopf. „Ich liebe dich, Lyrann.", murmelte Thorin. Er legte eine Hand in ihr Kreuz und zog sie an sich, dann küsste er sie erneut, diesmal drängender und leidenschaftlicher. Lyrann erwiderte den Kuss und schlang die Arme um ihren Mann.
Leicht nach Atem ringend lösten sie sich schließlich voneinander. Thorins Blick fuhr Lyrann unter die Haut. Ein Schauer lief über ihren Rücken.
Thorins freie Hand glitt zärtlich über ihre Stirn, ihre Wangen. Sacht wie Schmetterlingsflügel fuhren seine Finger ihren Hals entlang, das Schlüsselbein und folgten dem Ausschnitt ihres Nachthemdes. Die Berührung hinterließ ein Kribbeln auf Lyranns Haut, das Herz pochte kräftig gegen ihre Brust, so nahe an Thorins Fingern.
Mit einem breiten Lächeln beugte der Zwerg sich vor und begann, ihren Hals zu küssen. Fest umfassten seine Hände ihre Taille, zogen sie einen Schritt dichter an ihn heran. Forsch wanderten Thorins Lippen hinab zu ihren Schultern, wo er das Nachthemd beiseite schob, um die darunter liegende nackte Haut zu küssen.
Schließlich löste er sich von Lyrann und hob den Blick wieder zu ihr empor. Einen kurzen Moment standen sie voreinander und sahen sich wortlos an. Thorins Wangen waren gerötet, sein Blick ging hinab auf ihr Dekoletee, wo sich die Brustwarzen deutlich unter dem dünnen Nachthemd abzeichneten. Lyranns Haut prickelte wo er sie eben noch geküsst hatte, eine pulsierende Wärme breitete sich in ihrem Inneren aus.
Sie streckte die Hände aus, nahm Thorins Gesicht in beide Hände und küsste ihn wild und fordernd. Sofort teilten sich Thorins Lippen und sie fühlte, wie er einen Arm um sie schlang. Mit der anderen Hand zerrte er den Gürtel ihres Morgenmantels los und streifte den Stoff von ihren Schultern. Von plötzlichem Schwindel taumelte Lyrann gegen ihren Mann, der sie fest an sich drückte, wodurch sie deutlich seine Erregung spürte. Ihr Unterleib reagierte mit einem brennenden Ziehen.
Sie machte gar nicht erst Halt vor den Knöpfen von Thorins Hemd, sondern zog ihm das Kleidungsstück über den Kopf. Beinahe hektisch tasteten die Hände ihres Mannes nach der Verschnürung ihres Nachthemdes, sein heißer Atem streifte ihren Hals.
Kurz sah Lyrann auf den muskulösen Oberkörper Thorins hinab, fasziniert ließ sie ihre Fingerspitzen über die Wölbungen, Berge und Täler seines Körpers wandern, ertastete jeden einzelnen Muskel, jede feine Narbe. Stundenlang hätte sie ihn einfach nur anschauen können, von unheimlicher Anziehungskraft war sein Anblick für sie.
Thorin stöhnte ungeduldig und mit einer raschen Bewegung zerriss er einfach den dünnen Stoff ihres Nachthemdes, zu kompliziert war die Verschnürung ihm in seiner Leidenschaft. Heftig atmend ging er ein kleines Stück zurück und sah seine Frau an, wie sie nackt vor ihm stand, tiefe Liebe lag in seinem Blick.
Vorsichtig, als fürchte er, er würde seine Frau zerbrechen, nahm er sie bei der Hand und ließ sich auf die Knie herab. Lyrann folgte ihm und ließ sich auf dem weichen Bärenfell nieder, das vor ihrem Kamin lag, während Thorin sich seiner restlichen Kleidung entledigte, dann zog er eine Decke vom Diwan herbei und schlang sie um sie beide, bevor er sich über sie beugte.
Ganz sanft drang er in sie ein. Ein Schauer überlief Lyrann, als sie spürte, wie er sich in sie schob. Unverwandt hielt sie den Blick auf Thorins Gesicht gerichtet, der kurz die Augen schloss.
Sie hob die Arme und schlang sie um Thorins Schultern, zog ihn sachte weiter zu sich runter. „Ich liebe dich.", flüsterte sie ihrem Mann ins Ohr, der die Augen aufschlug und sie anstrahlte.
Langsam begann er sich in ihr zu bewegen, Lyrann passte sich seinem Rhythmus an. Wellen der Erregung liefen mit jeder Bewegung durch ihren Körper und bald presste sie sich eng an Thorin, konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Ihre Finger krallten sich in seinen Rücken, doch er schien es gar nicht zu bemerken. Die Hände an ihren Hüften, zog er sie mit jedem Stoß fester an sich. Thorins Atem ging keuchend, während er sich immer schneller und heftiger in ihr bewegte. Immer wieder kam ihm ein Stöhnen über die Lippen.
Lyrann schlang die Beine um seine Hüfte, zog ihn fest an sich, während ihr Keuchen immer mehr zu leisen, spitzen Schreien wurde.
Die Arme um ihren Mann geschlungen nahm sie außer ihm nichts mehr wahr, als ihre Erregung sich in ihrem Höhepunkt wie ein Erdbeben durch ihren Körper zog. Fast schmerzhaft gruben sich Thorins Finger in ihre Hüfte, als er sich ein letztes Mal in sie presste.
Vollkommen außer Atem sanken sie beide auf dem Bärenfell zusammen. Nur noch das Knistern des Feuers war zu hören.
Es dauerte lange, bis einer von ihnen sprach. Dicht aneinander gekuschelt und ineinander verschlungen lagen sie unter ihrer Decke da und beobachteten die Flammen im Kamin.
„Wieso schaffst du es nach über sechzig Jahren der Ehe immer noch, mich so um den Verstand zu bringen?", fragte Thorin mit leiser Stimme. Er hob den Kopf und sah sie an.
Lyrann lächelte und zuckte die Schultern. Sachte strich sie eine Strähne schwarzen Haares aus Thorins verschwitztem Gesicht.
Ihr Mann grinste. „Ich bin schon lange nicht mehr jung und trotzdem fühle ich mich bei dir noch oft, wie ein seinen Gefühlen ausgelieferter Jungzwerg.", sagte er.
„Das muss daran liegen, dass wir uns so sehr lieben.", scherzte Lyrann.
„Ich liebe dich in der Tat.", erwiderte Thorin, beugte sch zu ihr hinab und küsste sie. Dann legte er seine Stirn an die ihre und schloss die Augen.
Lyrann atmete tief ein, inhalierte den wunderbaren Duft Thorins. „Ich liebe dich auch, Thorin.", flüsterte sie.
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