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35. Der Jüngling von Avaya

Die vergangene Woche hatte Annabella wie in einer rosaroten Seifenblase erlebt. Vitus schien ein angeborenes Gespür dafür zu besitzen, wann sie Zeit für ihr Studium benötigte und wann er sie besuchen durfte.

Und das Rendezvous, das Annabella von ihm eingefordert hatte, war ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Ein Abendessen im Güldenen Hibiskus. Gerade begleitete Vitus sie durch die Innenstadt nach Hause, was an sich schon ein Erfolg war: Immerhin war er nicht plötzlich aufgesprungen und hatte irgendwelchen Drogenphantomen hinterhergejagt. 

Am gepflasterten Voltolan-Platz gingen die beiden auf dem Bürgersteig zwischen Gebäuden und Banyanbäumen entlang. Die Straße, die den größten Brunnen umrundete, war den Pferdekutschen vorbehalten. Mächtig erschienen die gemeißelten Tuffsteinskulpturen des Brunnens, die den Inselentdecker Voltolan, drei Delfine, fünf Schildkröten und ein aus den Wellen steigendes Boot abbildeten. 

Wie selbstverständlich hatten Annabella und Vitus ihre Finger wie ein altes Ehepaar ineinander verschränkt, das schon seit fünfzig Jahren auf diese Weise durch die Stadt spazierte. 

Annabella warf einen verstohlenen Seitenblick zu ihm, was ihr nicht ohne ein Herzstolpern gelang. Heute würde Vitus zwar nicht zum ersten Mal ihr Appartement betreten, seit sich die beiden als Paar angenommen hatten, aber heute würde sie ihn nicht mehr gehen lassen. 

"Morgen habe ich keinen Unterricht", kündigte Annabella an und hoffte, seine Gedanken in die richtige Richtung zu lenken. 

Vitus drückte ihre Hand. "Ist das so?" 

Verlegen nickte sie und blickte zu Boden. "Mhm."

"Sofern du Lust hast und solange du dein Studium nicht vernachlässigst, können wir die Zeit morgen zusammen verbringen."

Annabella prustete. "Natürlich vernachlässige ich mein Studium nicht. Das kann ich mir nicht leisten. Ich weiß gar nicht, wie viele Leute an dieser Universität mich gerne ohne Abschluss sehen würden."

"Es wäre auch zu schön, wenn allein das Können darüber, was aus einem im Leben wird, entscheiden würde", bestätigte Vitus unter einem theatralischen Seufzen.

"Ach ja?" Annabella zog verdutzt die Augenbrauen zusammen. Im Hintergrund plätscherte das Wasserspiel des Voltolan-Brunnens. "Sprichst du da aus Erfahrung oder sind das nur Floskeln zu meiner Bestärkung?"

Vitus schenkte ihr einen warmherzigen Blick und knetete ihre Finger. "Das erzähl ich dir irgendwann, vielleicht."

Mit der Aussage gab sich Annabella vorerst zufrieden, da sie ohnehin nicht wusste, worauf er hinauswollte. "Was wird eigentlich aus dem Thalbachunternehmen?", fragte sie und tauchte ein in die Dunkelheit, als der Bürgersteig unter den Arkaden des Theaters hindurchführte. 

"Werner hat nichts Böses getan und seine Frau wurde festgesetzt. Er darf seine Mietkutschen also weiterfahren lassen. Wie lange das noch geht, kann ich nicht sagen. Ich bin kein Schatzmeister, kann mir aber ausmalen, dass er bei der Strafe, die er wegen Steuerhinterziehung zahlen muss, nicht mehr lange sein Unternehmen betreiben kann."

Und womit sollte Annabella dann herumkutschiert werden? "Das ist bedauerlich", merkte sie an, obwohl sie mit den Thalbachs insgeheim auf Kriegsfuß stand. Allein bei dem Gedanken an Ricardo drehte sich ihr fast der Magen um. 

Dann fiel ihr ein Plakat an einer Arkadensäule ins Auge, das Annabella nur Dank der flackernden Straßenlaternen lesen konnte. "Oh, schau mal. Sie führen bald Der Jüngling von Avaya auf! Das möchte ich sehen." Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl: Annabella konnte nicht subtil. Ob Vitus ein Theatermensch war? 

Er blieb vor dem ausgefransten Plakat aus hellbraunem Papier stehen. Oben stand der Titel in blockigen Lettern, sodass sie noch aus der Ferne zu erkennen waren. Dazu aufgemalt war eine Szene von einem Jungen auf einer Palme. Darunter standen die Termine, wann das Stück aufgeführt würde.

"Solange es keine Liebesschnulze ist, bin ich für alles offen", erwiderte Vitus.

Schnell winkte Annabella ab. "Aber nein! Es handelt von einem Waisenjungen, der dazu vorherbestimmt ist, in der Gosse zu leben. Aber er widersetzt sich seinem Schicksal und macht sein Glück. Es spielt sogar hier auf der Insel."

"In Avaya war ich mal wegen einer Mordermittlung", sagte Vitus, hielt aber inne, ehe er zu viel von Blut, Mord und Totschlag berichten konnte, was die komplette Romantik des Abends zerstört hätte. Stattdessen räusperte er sich. "Das klingt nach einer ansprechenden Geschichte, aber leider nach einem Märchen."

Dass er keinen Sinn für etwas hatte, das einem Hoffnung geben konnte? Annabella verglich sich in Teilen mit dem Jüngling. Auch sie wollte von dem ihr vorherbestimmten Weg abweichen, der für sie vorsah, Ehefrau zu sein und Kinder zu gebären.

"Und ich finde, der Junge ist für jeden eine Inspiration, der nicht das Schicksal über sein Leben bestimmen lassen möchte", erwiderte sie spitz, reckte das Kinn und stolzierte voran. Kultiviert war Vitus ja nicht, aber möglicherweise könnte sie ihn noch ein wenig erziehen. 

Ohne ein Wort darüber zu verlieren folgte Vitus ihrem Zug.

Unter freiem Himmel umfing Annabella eine kalte Brise. Die Sichel des Mondes war gerade noch ein schimmernder Streifen. In wenigen Tagen wäre Neumond und der Gedanke daran ließ ihr Herz trommeln. Aber Vitus würde sie schon beschützen, da war sich Annabella mittlerweile sicher. Seit er die Drogenbaronin gefasst hatte, schien er von einem inneren Zwang befreit zu sein. 

Die Wassermassen des breiten Hokonahu-Stroms rauschten unter ihren Füßen, als die beiden die Steinbrücke überquerten. Der kleinere Wokolo-Strom folgte nach ein paar hundert Metern. An dessen Brückenkopf befand sich auch Annabellas Stammrestaurant, in das sie in stressigen Universitätsphasen häufig zum Essen ging. Hauptsächlich aß sie dort, weil sie nur ein paar Häuser daneben wohnte.

Die beiden Zypressenstöcke in der engen Gasse markierten ihre Haustür. Mittlerweile fand Annabella das richtige Gebäude auch blind, doch gerade am Anfang waren diese Bäumchen ein wertvoller Hinweis auf ihr Appartement gewesen.

Doch heute erblickte sie im hellen Schein der Straßenlaternen neben den Zypressen auch noch vier gleich gekleidete Gestalten. Alle trugen eine Schiebermütze auf dem Kopf. Gendarmen. Unwillkürlich verlangsamten sich Annabellas Schritte, dafür trabte ihr Herz davon. Hatten sie also Beweise gegen sie konstruiert, die den Mord an Gustav belegen würden? Hatte Vitus sie verraten? Nein, das würde er nicht. 

Obwohl sie nicht wusste, was die Gendarmen hier wollten, befahl ihr Gehirn die sofortige Flucht und ihre Muskeln spannten sich an. Ihr Blick rauschte von links nach rechts an den Häusern entlang, dann wandte sich Annabella um. Sich in einer Nische verstecken?

Ihre Gedanken stolperten. In Manava war sie bekannt. Sie könnte nicht ohne Weiteres untertauchen. Wo sollte sie hin? Annabella wollte nicht in den Kerker und presste sich bei dem Gedanken daran so fest an Vitus' Arm, dass dessen Blutzufuhr gestört sein musste.

"Was ist los?", fragte er.

Sie nickte zu ihrer Haustür. "Hast du nicht gesehen?" Mit ihren hochhackigen Schuhen und ihrem bauschigen Kleid aus beigefarbenem Satin könnte sie nicht davonlaufen. Sie saß in der Falle. "Die sind wegen mir hier."

Vitus blickte die Gendarmen an. "Und sie haben uns schon gesehen."

Lauernd wie Leoparden schlichen sich die vier Gendarmen an die beiden heran, je eine Hand am Degenknauf.

Annabella schnappte nach Luft. "Was soll ich machen?"

Vitus fasste sie am Ellenbogen, drehte sie herum und flüsterte. "Weg hier. Wir können immer noch von Tarragoss fliehen, wenn du willst."

"Wir?"

"Kannst du laufen?"

Ausgerechnet heute, da sie nur zum Voltolan-Platz hatte laufen müssen, hatte sie ihre flachen Schuhe daheim gelassen. Vermutlich würde sie sich innerhalb von fünf Metern den Fuß verknacksen, aber sie hatte keine Wahl. "Ich muss."

Annabella blickte noch über ihre Schulter, als sie zum Sprint ansetzte. Ihr Absatz verfing sich schon nach drei Schritten in den Fugen des Kopfsteinpflasters. Unter einer Wucht wurde der Schuh von ihrem Fuß gerissen. Trotzdem rannte sie weiter, seltsam humpelnd wie ein lahmender Gaul.

"Was bei Dagar?", rief einer der Gendarmen. 

Schritte trommelten über die Pflastersteine.

Vitus blieb neben ihr. "Wenn wir konfrontiert werden, lauf weiter zum Personenhafen in der Innenstadt", wies er sie unter einem Keuchen an. "Dort suchst du nach einem kleinen Kanu am dritten Pier. Es heißt Loah und gehört mir. Versteck dich darin und ich komme nach."

"Sofort stehen bleiben", brüllte ein Gendarm.

Die Mauerwerke der hohen, verzierten Häuser warfen das Getrampel und das Gebrüll als Echo zurück. Der Wokolo-Strom rauschte unter der Brücke.

"Es liegt ein Verhaftungsbefehl gegen dich vor!"

Annabella spitzte die Ohren. Seit wann dutzte man sie in der Gendarmerie?

Vitus neben ihr schien mehr zu verstehen - oder eine tief vergrabene Furcht blockierte seine Beine. Wie erstarrt blieb er stehen und wandte sich um. "Was?", fragte er.

Verdutzt stoppte auch Annabella einige Meter später und beobachtete die Szene.

Keiner der Gendarmen blickte sie an, als wäre sie Luft. Alle vier Mann hielten auf Vitus zu, den sie Sekunden später auch erreichten.

"Vitus Arlstein oder wie auch immer Ihr wirklich heißt", sagte ein junger Mann, dessen Schnauzbart ihn älter machte als er eigentlich war.

Annabella war so irritiert von der Rotzbremse, dass sie nicht mal richtig realisierte, was gerade geschah. Dass gar nicht sie das Ziel dieser Gendarmen war, sondern Vitus.

Der Gendarm griff sich an die Hüfte und holte unter einem schauerlichen Klimpern seine gusseisernen Fesseln hervor. "Du bist verhaftet."

"Was?", stieß Annabella aus. Sie setzte ihren nackten Zehenballen auf und humpelte zum Geschehen zurück, wobei sich das Pflaster nass und kalt an ihrer Sohle anfühlte. "Was geht hier vor sich? Wessen wird er bezichtigt?"

"Annabella", keuchte Vitus im vollen Schuldbewusstsein und streckte dem Gendarm seine Hände entgegen.

Warum ließ sich Vitus ohne Gegenwehr oder Erklärung verhaften? Wollte er vermeiden, dass sie von seinem Verbrechen erfuhr? Hatte sie sich in einen Banditen oder gar einen Mörder verliebt? Fassungslos schüttelte Annabella den Kopf. Sie konnte sich nicht so in der Aufrichtigkeit dieses Mannes geirrt haben. 

Allerdings hatte Vitus sie schon erpresst. War es aufgeflogen, dass er sein Amt gelegentlich missbrauchte? Doch war das nichts für eine sofortige Verhaftung, sondern allenfalls ein Disziplinarverfahren.

"Nun", setzte die Rotzbremse zu einer Erklärung an, als er die Schellen verschloss. "Wie es aussieht, ist …"

"Nicht", fiel ihm Vitus mit gesenktem Kopf ins Wort. "Lass es mich ihr selbst sagen."

Der junge Gendarm nickte, die anderen drei hatten nichts einzuwenden.

Wie ein ungehorsamer Hund, der zu seinem Herrchen zurückkehrte, blickte Vitus Annabella an. Er rang mit sich, ehe er hervorpresste: "Ich bin ein Makha."

***
Nein, ich bin nicht wirklich zufrieden mit dem Kapitel, aber irgendwie flutscht die Überarbeitung zurzeit nicht wirklich.
Einerseits hab ich zu viel Zeit auf der Baustelle verbracht. Andererseits hat mich eine irgendwie spontane NaNoWriMo-Eingebung gepackt, an der ich zzt. tippe (das wird nichts Großes und bis spätestens Heiligabend will ich das weg haben, dann kümmere ich mich wieder um regelmäßige Freitagsupdates).
Danke für euer Verständnis

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