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3. Kutschen und Diebesgut

Irgendwie war ihr klar gewesen, dass Annabella aus der Sache mit Herrn Arlstein nicht so leicht rauskommen würde. Als sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen hatte, hatte sie dem Kriminalbeamten die Zusage zum Rendezvous übermitteln lassen. Seine Antwort war ein Blumenstrauß voller Windengewächse gewesen. Die Botschaft war klar: "So schnell wirst du mich nicht los."

Zwischen den rosa-, violett-, und blaufarbenen Blüten war außerdem eine Karte gesteckt, in der Herr Arlstein geschrieben hatte: Schön, dass Ihr Euch auf den Handel eingelassen habt. Ich hole Euch am kommenden siebten Tag um neun Uhr morgens ab. Bis dahin alles Gute. Vitus.

Als Annabella fertig gelesen hatte, hatte sie mit aufgeblähten Nasenflügeln das Papier zerknüllt. Handel. Sein Briefchen war blanker Hohn. Das war nichts anderes als Erpressung, aber sie wollte das Schicksal ihrer Familie nicht in die Hände eines Kriminalbeamten legen, eines Mannes, der die komplette Gendarmerie hinter sich hatte - noch. Wäre ihr Vater erstmal vom Königreich Kondal als Gouverneur ernannt und nicht nur in seiner derzeitigen Position als Stellvertreter aktiv, würde es diesem Arlstein an den Kragen gehen. Immerhin konnte der Gouverneur über das Personal in der Verwaltung und Gendarmerie verfügen wie es ihm beliebte.

Doch bis Vater Wendelin rechtmäßiger Gouverneur sein würde, dauerte es noch an die zweieinhalb Monate: Noch zwei Wochen, bis das Schiff mit der Botschaft über Gustavs Tod in Kondal angelegt hätte, einen Monat, bis die Herrschaften im Königshaus die Ernennung beschlossen hätten und einen Monat, bis die Verfügung mit dem Schiff in Manava ankommen würde. Bis dahin blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf ein Rendezvous mit Vitus einzulassen.

Während Annabella im Schatten ihres Appartements in der Innenstadt von Manava wartete und dabei nervös hin und her tänzelte, glitten ihre Hände immer wieder zu ihrem Mund. Heute schützten pastellorange Handschuhe, die die samtig weiche Oberfläche eines Pfirsich hatten, ihre Fingernägel.

Annabella verlor keinen Gedanken daran, ob Opa Gustav wirklich getötet worden war. Für sie galt nur, die Ermittlungen zu verhüten. Vielleicht bekam ihr das Studium der Rechtswissenschaften nicht gut. Hier hatte sie gelernt, wie man die Paragraphen zum eigenen Vorteil verdrehen konnte. Regelungslücken, Auslegung, undefinierte Rechtsbegriffe.

Doch im vorliegenden Fall half auch das beste Studium nichts. Sie konnte ja schlecht zur Gendarmerie gehen und sagen, dass Herr Arlstein sie mit zurückgehaltenenen Mordermittlungegen gegen die Mangold-Familie erpressen würde.

Unvermittelt schlug sich Annabella mit der flachen Hand gegen die Stirn. Welch dumme Gedanken. Ein kühler Luftzug, der die Zypressenbäumchen links und rechts vor der Haustür aus dunklem Akazienholz wippen ließ, strich angenehm über ihre Haut. Dieser Meeresbrise war es zu verdanken, dass zwischen den grauen Steinhausfassaden keine stickige Hitze herrschte.

Der Wind trug den Klang klappernder Hufe auf dem nackten Kopfsteinpflaster mit sich. Aufgeregt reckte Annabella das Kinn, als hinter der Biegung der Gasse eine von zwei Fuchsschimmeln gezogene Kutsche auffuhr. Sie wich einen Schritt zurück, um dem Gespann Platz zu machen, doch der Fahrer zügelte mitten in der Gasse die Pferde.

Die Holztür schwang auf und Vitus Arlstein stieg aus. Er klappte die Trittstufen aus und wandte sich mit einem galanten Lächeln an Annabella. "Dagars Schutz mit Euch, Annabella. Ihr seht hübsch aus."

Natürlich sah sie hübsch aus. Ihre Garderobe wählte sie schließlich mit Bedacht; nur Farben, die ihren hellbraunen Haaren und ihrer leicht gebräunten Haut schmeichelten. Heute trug Annabella ein pastellorangefarbenes Kleid aus glänzendem Taft, das ihre schmale Taille betonte. Der Schnitt ließ ihre Schulterpartie unbedeckt. Die Bediensteten ihres Großvaters und Vaters hatten sie gerne als verzogene Göre bezeichnet, doch Annabella liebte es seit jeher, sich in ausladende Kleider zu hüllen. Als Gouverneurstochter war das ihrem Stand nur angemessen. Sie reckte ihre Nase noch höher und erwiderte spitz: "Habt Dank, werter Herr Arlstein."

"Vitus", entgegnete er und bot ihr seinen Arm an, mit dem er sie die zwei Schritte zur Kabine führte.

Annabella raffte ihren Rock, stieg in die gemaserte Holzkutsche ein und ließ sich auf die mit rotem Samt bezogene Sitzbank in Fahrtrichtung fallen. Es war keine der Thalbach-Mietkutschen, die überall in Manava herumfuhren. Annabella selbst war am liebsten mit der Kutsche unterwegs, wenngleich ihr bewusst war, dass sie so die Familie ihres Ex-Freundes finanzierte.

"Ihr seht ebenso ganz fein aus", sagte sie anstandshalber, als er sich ihr gegenüber setzte und die Tür schloss. Dabei wusste er sich durchaus zu kleiden. Sein insgesamt südländisches Aussehen mit dem gebräunten Teint, den schwarzen Haaren und den dunklen Augen rundete er durch ein tailliertes graues Jackett mit schmalem Revers ab. Eine schimmernde blaue Halsbinde lag um den Stehkragen des weißen Hemdes und passte farblich zur Weste aus verschnörkeltem Damast. Rot-braune Glattlederschuhe standen dazu im Kontrast und passten dadurch ins Gesamtbild.

Das Gespann setzte sich in Bewegung. Vitus blickte erst aus dem Fenster, grunzte und verzog eine Augenbraue. "Ein solches Kompliment aus Eurem Mund hatte ich nicht erwartet."

"Ich hatte auch nicht erwartet, dass Ihr eine Kutsche Euer Eigen nennt." Die dazu notwendigen Pferde konnten sich schließlich nur Menschen leisten, die wirklich zu viel Geld hatten - wozu ein Kriminalbeamter vermutlich nicht zählte.

Ein spöttisches Schmunzeln betonte seine markanten Wangenknochen. Er sah Annabella direkt an und listig funkelten seine dunklen Augen. "Wer hat denn gesagt, dass es meine Kutsche ist?"

Annabella könnte einen Zischlaut nicht unterdrücken und sie schob ihren Kopf zurück. "Ihr meint, Ihr habt sie gestohlen?" War das sogar ihre Chance, ihn bei der Gendarmerie zu verraten und der Erpressung so ein Ende zu setzen?

Ihre Reaktion entlockte ihm jedoch nichts weiter als ein herzliches Lachen. "Gestohlen? Euch ist hoffentlich bewusst, dass ich ein Kriminalbeamter bin und unsere Gesetze achte!" Beschwichtigend winkte er ab. "Das hier ist die Kutsche der Gendarmerie. Schließlich geschehen nicht nur fußläufig in Manava die schlimmsten Verbrechen, sondern auch außerhalb."

Skeptisch blickte Annabella zum Fenster hinaus, wo das Wasser eines Nebenarms des Hokonahu-Stroms in der Morgensonne glitzerte. Am grauen Tor der Innenstadtmauer hielt das Gespann an. Nach wenigen Augenblicken durften sie weiterfahren. Nun waren sie im äußeren Ring und die zunehmende Menge an Holzgebäuden verriet, dass sie sich dem Stadtrand näherten. "Verzeiht mir meine Bemerkung, Herr Arls - Vitus, aber ich hatte mir ein Rendezvous mit Euch anders vorgestellt."

Ehe sie ihre Frage stellen konnte, verzog Vitus einen Mundwinkel und lächelte schief. "Wie denn? Langweiliger? In einem Café am Voltolan-Platz?"

Laurenz vasta Voltolan war der zweite Entdecker von Tarragoss und der erste Gouverneur gewesen. So war er in Manava allgegenwärtig und die wichtigsten Plätze, Gebäude und Brunnen waren nach ihm benannt worden.

Die Hitze in der Kabine stieg Annabella zusehends zu Kopf und allmählich trat ihr der Schweiß aus den Poren. "Ich hätte nichts gegen ein Café gehabt", beteuerte sie, immerhin wäre sie ihn dann schnell und unkompliziert wieder losgeworden, zumindest fürs Erste. "Aber was unternehmen wir?"

"Von dem Mord in der Werlbachstraße habt Ihr gehört?"

Annabella nickte.

"Nun, man kennt die Todesursache des jungen Manfred Freimoor nicht genau, aber in den vergangenen Monaten häufen sich die Überfälle auf Kolonisten, die außerhalb der Innenstadt gewissen Vergnügungen nachgehen. Ob in Bars, Glücksspielbuden oder Bordellen sei dahingestellt, doch eine besorgniserregende Entwicklung ist zu erkennen. Kolonisten werden von den Makha mit Lahscha außer Gefecht gesetzt und ausgeraubt und immer, wenn sich etwas besorgniserregend entwickelt, dann schreiten wir ein. Zeit zu handeln ist insbesondere, weil nun das erste Todesopfer aus diesen Entwicklungen hervorgegangen ist", erzählte Vitus mit einer Nüchternheit, als wäre nie ein Mensch gestorben.

Annabella wusste von Lahscha. In Manava war es die Droge schlechthin. Vor allem das Mischvolk setzte sich auf weiten Strecken damit außer Gefecht. In ihrer Armut gaben sie sich dem Drogenrausch hin - ein profitables Geschäft für die Drogenhändler und Bauern.

Sie fummelte an den Fingerspitzen ihrer Handschuhe herum. So richtig wollte sie nicht begreifen, dass Lahscha mittlerweile auch zu einer Bedrohung für die Oberschicht geworden war. "Ich verstehe, dass die Gendarmerie jetzt Maßnahmen gegen Lahscha ergreifen will, aber wo fahren wir hin?"

"Nun, heute ist der siebte Tag der Woche und eigentlich ist nur der Patrouillendienst besetzt. Das wissen auch die Drogenfutzis, weswegen sie das Wochenende nutzen, um ihr Lahscha umzuschlagen."

Ihr Erstaunen gab sie durch ihre gerunzelte Stirn zu erkennen. "Dann wollt Ihr mir sagen, dass unser Rendezvous daraus besteht, dass Ihr den Drogenhandel lahmlegt?"

"Hoffen wir´s!"

Zum Südwesten hin wurde Manavas Bebauung immer dünner und das Landschaftsbild ging über in braune Äcker. Der scharfe Geruch von Zwiebeln kroch sogar von den Feldern in die Kutschkabine und ließ Annabellas Augen tränen. Beim besten Wille, ein Küchenmädchen hätte sie nie sein können.

"Wird hier das Lahscha angebaut?", fragte sie mit großen Augen, als sie ein paar gebräunte Feldarbeiter beim Bewässern der Äcker beobachtete. Einer führte ein weißes Lama mit sich, auf dessen Rücken eine feste Trage, vollgestellt mit Wasserkrügen, aufgespannt war.

Vitus schüttelte den Kopf. "Lahscha wächst unter denselben Bedingungen wie Taro. Die Felder müssen unter Wasser stehen. Unser erster Anhaltspunkt waren also Höfe, die in der Vergangenheit Taro angebaut haben."

"Da es auf Tarragoss an Wasser nicht mangelt, waren das wohl so einige Höfe, nicht wahr?" Annabella vermochte es sich gar nicht vorzustellen, welcher Aufwand dahinter stand, um die betreffende Lokalität zu enttarnen.

"Korrekt, aber ich vermute hinter den Drogenhändlern einen Kopf, bei dem alles zusammenläuft. Damit sein Gewinn größtmöglich ausfällt, hat er aufgegebene und verlassene Höfe ausgewählt, sodass er sich die Provision an die Eigentümer spart."

Die gleißende Sonne von Tarragoss brannte unbarmherzig auf die Kutsche herab und ließ sie wie einen Gartopf wirken. Mit ihrem engen Korsett war es Annabella kaum möglich, Luft zu holen. "Machen wir das ganz allein?", fragte sie atemlos und zog schließlich einen filigranen Fächer aus ihrem Beutelchen.

"Ihr seid keine Gendarmin, Fräulein Annabella. Ich nehme Euch nur mit, damit Ihr seht, dass …"

Ehe er den Satz beenden konnte, fiel sie ihm ins Wort. "… dass Ihr genug Aufregung während Eurer Arbeitszeit habt und Ihr deshalb ein gediegenes Privatleben führt?" Soweit sie wusste, beschäftigte sich Vitus Arlstein in seiner Freizeit hauptsächlich mit Büchern, einem Brettspiel und einem Kanu. Äußerst langweilig, wohl als Ausgleich zu seinem Beruf.

Vitus winkte schnell ab. "Aber nein! Solange Ihr nicht auf die Idee kommt, dass ich Euch imponieren will!" Sein Adamsapfel wanderte auf und ab und sein Tonfall verdunkelte sich. "Ich will Euch als angehende Advokatin zeigen, mit welchen Männern Ihr es zu tun haben werdet, wenn Ihr einen Drogenfall bearbeitet."

Annabella schnaubte und fächerte kräftig weiter. Ein Rinnsal floss langsam von ihrer Schläfe über die Wange. "Denkt Ihr wirklich, ich würde eine Mandantschaft für einen von denen übernehmen? Ihr beschämt mich zutiefst! Außerdem habe ich nicht vor, die Verbrecher zu vertreten, sondern sie wegzusperren."

"Ein edles Vorhaben und ich traue Euch und Eurer vorzüglichen Intelligenz durchaus zu, dass Ihr in den Dienst der Kolonie aufgenommen werdet. Aber bedenkt, dass Ihr eine Frau seid und bei gleicher Qualifizierung ein Mann den Vorzug erhält."

Annabella schlug mit der geballten Faust auf ihren Oberschenkel, sodass der Stoff ihres aprikosfarbenen Rocks rauschte. "Was fällt Euch ein?"

Unschuldig hob Vitus beide Hände in die Höhe. "Mir fällt überhaupt nichts ein! Aber Eure Naivität überrascht mich. Selbst Euch dürfte doch nicht entgangen sein, dass bevorzugt Männer die gehobenen Posten bekleiden."

In sich zusammensackend ließ sich Annabella gegen die Sitzbank fallen und nur noch das Korsett hielt sie in aufrechter Position. Natürlich hatte Vitus recht; es war ja nicht seine Schuld, dass er Tatsachen aussprach, die die Gesellschaft verursachte. Eine Gesellschaft, in der Frauen nichts wert waren. "Nun gut. Und was soll mir die heutige Lehrstunde bringen?"

"Dass Ihr diesen Drogenmännern weder den Weg bereitet, noch Euch in ihren Weg stellt, wenn Ihr nicht absolut sicher seid, eine mehrjährige Gefängnisstrafe erzielen zu können."

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