Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

12. Stollen und Ängste

Annabella sinnierte über Vitus und all die Männer, die sie bereits abserviert hatte. Sie stempelte sich selbst als heiratsunfähig ab, ohne je darüber nachgedacht zu haben, woran es liegen mochte. Heute fiel ihr ganz schnell ein Grund ein: Opa Gustav hatte ihr die Freude daran verdorben, als er sie in eine arrangierte Ehe hatte drängen wollen.

Doch der Heiratsunwille war schon zuvor da gewesen. Vermutlich rührte er aus der schlechten Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter hatte vor elf Jahren fluchtartig die Insel und ihre Kinder verlassen und damals nachhaltigen Schaden bei der gerade pubertierenden Annabella angerichtet. Früher hatte sie schon geglaubt, dass sich ihre Eltern lieben würden. Umso größer war der Schock über die plötzliche Trennung gewesen.

Wenn Annabella jemals heiraten und Kinder bekommen würde, müsste sie es in jedem Fall besser ... Nichts da!

Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie damit jegliche Männer vergessen. Schließlich musste Annabella sich auf das Wesentliche konzentrieren. Auf ihr Studium und das Ziel, Kolonialadvokatin zu werden.

Die stehende, feuchtwarme Luft wich dem Wind, der ihre Haut streichelte. Am Himmel brauten sich neuerlich dunkle Wolken zusammen und schon spürte sie den ersten Tropfen auf ihrer Wange.

Annabella wusste von den regelmäßigen Regengüssen im Urwald. Diese waren meist von kurzer Dauer, aber von hoher Intensität. Trockenen Fußes würde sie die schützende Kutsche nicht erreichen, sodass sie einen unbehaglichen Blick über ihre Schulter zum Stolleneingang warf. Als Regenunterstand würde er nützen, wobei sie keinen Meter tiefer als nötig in die Mine gehen würde.

Die Sonne verschwand hinter der Wolkendecke und der Tag wurde zur Nacht. Dicke Regentropfen prasselten auf die schwarze, erhitzte Erde und verdampften sogleich. Wenig später zogen Dampfschwaden an den leblosen Hängen des Akalua-Hügels in die Höhe, als würden sie die Schandtat von vor sieben Monaten verbergen wollen.

Oder hielt der Nebel nur eine Bedrohung geheim, die langsam zu Annabella schlich? Unwillkürlich kauerte sie sich an einen rußigen Balken und knabberte an ihren Fingernägeln. In der Mine hatte wirklich ein Feuer gewütet. Aber wieso waren die Angreifer in den Stollen gelaufen und hatten die Mine in Brand gesteckt? Und viel interessanter: Wie waren sie dem innerhalb von Sekunden tödlichen Rauch wieder entkommen?

Passend zum eintönigen, fast schon einschläfernden Rauschen des Niederschlags gesellte sich das schleichende Grollen eines Donners, das Annabella bis unter die Haut fuhr. Ihr Blick schnellte gen Himmel. Die Wolken waren so dicht wie das ungeschorene Fell eines grauen Alpakas. Gewitter waren auf Tarragoss - im Gegensatz zu Regenschauern - selten, sodass Annabella über das plötzliche Hereinbrechen verwundert war.

Konzentriert starrte sie die Wolken an, wollte sie die nächste elektrische Entladung mit eigenen Augen sehen. Der Blitz blieb aus, doch das Donnern rumpelte erneut und der Balken, an den sie sich angelehnt hatte, vibrierte. Erst jetzt ging ihr ein Licht auf und mit zusammengezogenen Augenbrauen wandte sie ihren Blick in den Stollen.

Das ungleichmäßige Brummen war kein Donnern, sondern aus dem Takt geratene Trommeln.

Welcher Verrückte setzte sich in eine ausgebrannte Mine, um dort zu trommeln? Und wenn tatsächlich noch jemand unter Tage war, dann war Vitus in Gefahr.

"Vitus?" Ihre Stimme hallte in der kahlen Gesteinsröhre. Annabella wollte nicht in die Mine gehen, aber konnte sie ihn allein lassen? Vielleicht war er noch gar nicht weit gekommen und ein paar winzige Schritte in den Stollen genügten, um ihn zu finden und im Anschluss nach Manava zurückzukehren.

Ihr leicht aufgebauschtes, violettes Kleid und ihre flachen Absatzschuhe waren vergleichsweise bequem, doch zum Laufen in einem dunklen Stollen war dieses Gewand nicht geeignet. Als sie den Wänden zu nahe kam, kratzte das schroffe Gestein auf ihren Oberarmen. Sehen konnte Annabella mangels einer Lichtquelle überhaupt nichts, doch der Wille, schnellstmöglich Vitus zu finden und von hier zu verschwinden, trieb sie an.

Die Kälte im Stollen ließ ihr die Haare zu Berge stehen. Oder war es den Trommelschlägen geschuldet, die sie durchdrangen und wie ein zweiter Herzschlag in ihrem Körper dröhnten?

Ihre Schritte passten sich dem hektischen Rhythmus an und sie trabte den Gang entlang. Dabei streckte Annabella ihre Hand aus und legte sie an die Wand, um nicht wieder blind dagegen zu laufen.

Wie weit verzweigt dieses Areal war - es glich einem Labyrinth. Für ihren Geschmack war Annabella viel zu tief in den Stollen gegangen. Für einen Moment stach die Sorge in ihr, nicht mehr hinauszufinden, doch wenn sie der Wand einfach retour folgen würde, käme sie zurück zum Ausgang - hoffentlich mit Vitus.

Wo war er nur? Der Schein seiner Gaslampe wollte nicht auftauchen. Da war nur sie, die Dunkelheit und das Trommeln, das unablässig lauter wurde.

Es war mitnichten eine gute Idee, trotzdem weiterzugehen, aber Vitus...

Ihre freie Hand schnellte zu ihrem Mund. Annabella mahnte sich zur Umkehr, aber sie wollte Vitus nicht im Stich lassen. Niemand sonst war hier, der nach ihm suchen würde. Dieser Gedanke trieb sie weiter.

"Vitus?" Ihr Hauch war kaum mehr als ein Wispern. "Vitus?"
An ihrer Hand spürte sie, dass der Gang nach links abzweigte. Vorsichtig beugte sie sich um die Biegung, nur um tatsächlich in gedämpftes Licht zu blicken. War dort Vitus mit der Gaslampe? Annabella schlich beinahe auf Zehenspitzen voran. Es könnten schließlich auch die Trommler sein.

Der bittere Rauchgeruch vereinnahmte ihre Nase. Annabella blieb stehen, als sie die vagen Umrisse einer Person am Ende des Ganges erblickte. Sich näher an die kalten Felsen kauernd begutachtete sie die Silhouette - viel zu klein und abgemagert, als dass sie zu Vitus passen würde.

Ihre Augen mussten ihr einen Streich spielen, doch allem Anschein nach war dieser Mann, der mit dem Rücken zu ihr stand, nackt. Er stand regungslos - wie eine Schaufensterpuppe - auf einem Geröllhaufen und starrte in ein schwarzes Loch. Hatte ihn das Trommeln genauso vereinnahmt wie sie? War er genauso irritiert davon?

Gerade drehte sich der nackte Mann um, da verdunkelte sich ihre Sicht. Im Schreck wollte sie schreien, doch eine Hand legte sich über ihren Mund. Die zweite Hand war auf ihre Augen gepresst worden.

Die Trommler?

Ihr Herz setzte einen Schlag aus und trabte dann davon. Annabella umkrallte die fremden Hände und drückte ihre Finger so fest zusammen wie sie konnte.

Sie wollte gerade zubeißen, als Vitus wie eine Katze fauchte. "Pssst!"

Es war seine Stimme, sodass sie sich wieder beruhigte. Vitus zog sie rückwärts, ohne ihre Augen oder ihr Mundwerk freizugeben. Ihr blieb nichts anderes übrig, als seinem Zug hinterherzustolpern. Etwas anderes wollte sie auch gar nicht. Im Stollen bei nackten Trommlern zu bleiben gehörte nicht zu ihren Freizeitbeschäftigungen.

Vitus musste sie bereits aus dem abzweigenden Gang hinausgezerrt haben, da ließ er ihr Gesicht los, nur um sie an der Hand zu packen und mit ihr in Richtung Ausgang zu rennen. Annabella war sich gar nicht bewusst gewesen, dass sie so tief gegangen war.

Da für Vitus nur die Flucht galt, wurde ihr klar, dass von der Gestalt dort unten eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausging. Wenn schon Vitus rannte - ein kampferprobter Kriminalbeamter -, hieß es nichts Gutes. Ihr Herz raste noch heftiger, als Annabella bewusst wurde, wie nahe sie dieser Gefahr gekommen war und unwillkürlich stiegen ihr die Tränen in die Augen. Der schmale Stollen verengte ihre Brust und sie japste nach Luft. Dass es bergauf ging, war ihrer Kondition nicht zuträglich und Annabella bekam Seitenstechen.

Endlich erkannte sie die Umrisse von Felsen vor sich. Sie mussten schon am Ausgang sein. Eine letzte Linkskurve hinauf und der prasselnde, warme Regen, vor dem sie ursprünglich in den Stollen geflohen war, nahm sie wie ein guter Freund in den Arm. Selten hatte die Freiheit des Himmels über ihr mehr bedeutet als jetzt.

Vitus neben ihr stützte sich auf seinen Oberschenkeln ab und schnaufte tief durch. Leicht schüttelte er den Kopf, als wollte er sie fragen, weswegen sie in die Mine gekommen war, doch den Denkzettel sparte er sich wohl für später auf. Für den Moment fühlten beide dieselbe Erleichterung. Er fasste schnell ihre Hand und wollte weiter, als ein Wispern erklang, das Annabella sämtliche Haare aufstellte.
"O ia ka makou!"

Annabella erstarrte und obwohl sie kein Wort dieser Sprache verstanden hatte, wusste sie, dass es eine Drohung war.

Ehe sie sich umdrehen konnte, packte Vitus sie an ihrer Taille, schob sie ein Stück weit den Hang hinunter und stellte sich schützend vor sie. "Schau ihm bloß nicht in die Augen!", warnte er, woraufhin sie zu Boden starrte.

"No ke aha mai", gab Vitus zurück.

Ob es eine Frage oder eine Aufforderung war, erkannte Annabella nicht. Im Reflex drehte sie ihren Kopf und wollte einen Blick über Vitus Schultern werfen, da erinnerte sie sich an seine Worte.
In der Stimme der Gestalt lag eine gehässige Art von Belustigung. "He kolona o ia."

Vitus Stimme zitterte so stark, dass sie ihm die Verzweiflung ohne Erklärung anhörte. "Maika i o ia. Makkemake o ia i ka maluhia!"

"Aole!", giftete der Mann und sprach seine folgenden Worte so aus, als würde er den beiden vor die Füße spucken wollen. "Ua like lakou apau!"

Wieder drehte sich ihr Körper in die Richtung des Sprechers, doch Vitus gebot ihr rechtzeitig Einhalt und drehte sie wieder zurück. "No ke aha Mai ole wau?"

"Koko o ka makou koko!", erwiderte der andere.

Sie spürte Vitus' Atem an ihrem Ohr, als er fragte: "Ist unten auf dem Areal noch ein zweiter von denen?"

Hektisch blickte sich Annabella um. "Glaub nicht!"

"Dann renn um dein Leben!", sagte er mit einer Ernsthaftigkeit, die ihr ohnehin schon hämmerndes Herz beinahe zum Zerreißen brachte. "Los!"

So rannte Annabella. Ungeachtet jeglicher Knochen, die sie mit ihren Füßen zersplitterte, flog sie den Hügel auf direktem Weg zur Kutsche hinab, vorbei am immergrünen Bewuchs des Urwalds im Hintergrund. Die Angst, auf dem schmierig gewordenen Boden abzurutschen, schob sie beiseite. Wenn Vitus solch schwerwiegende Worte wählte, dann zurecht.

Auf der Ebene warf sie sorgenvoll einen knappen Blick über ihre Schulter. Vitus stand noch dort oben und gestikulierte mit dem Mann. Dann nahm sie die Kutsche ins Visier. Plötzlich erhob sich vor ihr - wie aus dem Nichts - eine Gestalt, die den Schauergeschichten für ungezogene Kinder entsprungen zu sein schien.

Ein Mann, so abgemagert, dass die hervorstehenden Rippen sichtbar waren, mit bleicher Haut, so dünn wie Pergament, sodass man sämtliche Adern darunter erblicken konnte. Doch das Absonderlichste waren seine Augen - tiefschwarz, dass man glaubte, in zwei leere Höhlen zu blicken.

Annabella schrie aus tiefster Kehle, doch sie blieb nicht stehen. Sie müsste nur zur Kutsche, dann wäre sie in Sicherheit. Das Wesen breitete seine Arme, die verdörrten Ästen glichen, aus. Es wollte Annabella einfangen. Sie schlug einen Haken, doch machte diese Kreatur einen Ausfallschritt und bekam Annabella am Unterarm zu fassen.

Sie brüllte und zerrte an ihrem Arm, doch das Wesen hielt sie fest - hielt inne, ehe es wisperte: "Koko o ko'u koko."

Warum sprach er von irgendwelchen Kokosnüssen? Noch einmal riss Annabella an ihrem Arm, konnte sich befreien und rannte los. Im nächsten Moment verfing sich ihr Fuß zwischen Knochen und Rippen. Sie stolperte und fiel auf den vom Regen schmierigen Boden. Voller Matsch und Aschenreste rappelte sie sich wieder auf, da knallte es. Annabella fuhr herum.

Vitus hatte das Wesen seitlich gerammt, woraufhin es gefallen war. Nun stürzte Vitus zu ihr und zog sie auf die Beine. Über den verbrannten Platz erreichten sie die in Fluchtrichtung bereitstehende Kutsche.

Annabella rief dem Kutscher in ihrer Panik ein "Los, weg hier, schnell!" entgegen, riss die Tür auf und stolperte in die Kabine. Erst als sie saß, gönnte sie sich einen Blick aus dem Fenster, hinauf zum Hügel.

Der Anblick trieb ihr Tränen der Angst in die Augen. Es stand nicht mehr nur eins dieser Wesen vor dem Stolleneingang, sondern mindestens ein ganzes Dutzend. Und alle von ihnen hielten einen gespannten Bogen in den Händen.

Endlich ruckelte es, als der Kutscher die Pferde zum Galopp antrieb.

Annabella umarmte sich selbst und kauerte sich in die Sitzbank, wollte sie doch am liebsten mit dieser verschmelzen. Das nasse Kleid haftete wie eine zweite Haut an ihrem Körper und ließ sie Mal um Mal erschaudern. Oder war es eine Reaktion auf die Begegnung mit den Wesen, bei dem ihr Instinkt wusste, dass sie ihr nicht wohlgesonnen war?

Vitus holte unter der Sitzbank zwei Decken hervor, wobei er ihr eine entgegenhielt. "Geht es dir gut?"

Annabella entspannte ihre Kiefernmuskeln und schluckte. Mit ihren großen Augen fixierte sie zunächst die braune Wolldecke, dann Vitus. Sie wollte einen blöden Spruch loslassen, doch war ihr der Spaß vergangen.

"Was ..." Sie fand keine Worte, die ihre Angst und ihr Entsetzen beschreiben konnten. "Welche Sprache hast du mit ihm gesprochen?"

Vitus schüttelte den Kopf, starrte seine Zehenspitzen an und gab keine näher bestimmte Antwort.

"Was war das?"

Er lehnte sich zurück, fuhr sich durch die nassen Haare und blickte aus dem Fenster. Offenbar wollte er jeden Blickkontakt vermeiden. "Ich weiß es nicht."

"Waren das die Minenangreifer?"

"Ich denke", sagte er mit gesenkter Stimme.

Diese halbherzigen Antworten! "War das Ulakisch?", bohrte sie nach.
Als er nur mit den Schultern zuckte, schlug sie mit ihrer Faust auf den Oberschenkel. "Woher kannst du die Sprache der Ureinwohner? Jetzt sag schon! Und worüber hast du mit ihm gesprochen?"

Vitus rang mit sich, das erkannte sie an seinen leeren Augen.

Annabella beugte sich vor und legte eine Hand auf sein Knie. Wenn man etwas von einem Mann wollte, war der sanfte Weg meist der bessere. "Vitus? Es ging dabei wohl um mich, oder? Wenn es um mich ging, dann will ich es wissen."

Mit einem Räuspern fand er seine Stimme wieder. "Bist du dir da wirklich sicher?"

Sein dunkler Ton ließen sie kurz zusammenzucken, doch das konnte Annabella nicht abhalten. "Ja!"

"Er sagte: Sie gehört uns. Auf mein Warum meinte er: Weil sie Kolonistin ist. Ich hab dich verteidigt und gesagt: Sie gehört zu den Guten. Aber er antwortete: Nein, alle Kolonisten sind böse."

Fassungslos senkte sie den Blick auf ihre zitternden Hände. Ihren Herzschlag sah sie vor ihren Augen pulsieren. Als ihr die Tränen über die Wangen flossen, wimmerte sie. Bei allen Naturgeistern dieser Insel: Wessen Hass hatte sie auf sich gezogen?

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro