2. Advent
Als Takaishii den Saal verlassen hatte, wandte sich der Richter schwer seufzend an mich: „Sie haben nun das letzte Wort, Herr Bergmann. Insofern Sie noch was zu sagen haben?" Er sah mich erschöpft über seine Brillengläser hinweg an.
Erst fiel mir nichts ein, doch dann kam mir etwas in den Sinn. „Herr Richter, ich weiß, dass ich das schon bereits gesagt habe, aber ich möchte nur nochmal erwähnen, dass Dario und ich uns gut verstanden, nur hat diese ganze Spielemeister Sache einen Keil zwischen uns getrieben. In meiner Zeit, also in der Zeit, in der Dario lebt und dieses Attentat nie stattfand, haben wir alles klären können und haben unsere Zusammenarbeitet fortgeführt. Ich habe ihm sogar noch vor Kedos meine Herkunft anvertraut. Außerdem geschah das Attentat doch am 16. Februar, oder nicht? Genau an diesem Tag habe ich den Brief von ihm erhalten, dass er die Anklage bezüglich meiner vermeintlichen Identität als Spielemeisters zurückzieht. Ich möchte nur sagen, dass ich wirklich niemals Dario das Leben nehmen könnte, egal wie aufgebracht ich wegen ihm war oder sein werde."
Der Richter nickte langsam. „Möchten Sie sonst noch etwas loswerden?", fragte er nun, etwas wohlwollender klingend.
„Ja, ich würde noch gerne was sagen.", antwortete ich ruhig, „Mich hat sein Tod mehr getroffen, als es die anderen traf. Ich - Ich mochte Dario wirklich sehr gerne. Das wäre alles."
Beim letzten Satz versagte meine Stimme fast und ich musste mich räuspern.
Der Richter bedachte mich mit einem Blick, als wäre er sich nicht sicher, ob er Mitleid für mich fühlen oder Skepsis mir gegenüber empfinden sollte, nickte dann aber. Als er sich erhob, standen wir ebenfalls auf. Der Richter sprach nun sein Schlusswort: „Die Verhandlung wird aufgrund der Aussagen der Zeugen vertagt. Die Maudazei wird diese zuerst überprüfen. Bis aufs weitere wird der Angeklagte, Tim Bergmann, wieder in Untersuchungshaft gehen. Das Datum der nächsten Gerichtsverhandlung werden wir dem Anwalt zukommen lassen."
Der Richter, der Staatsanwalt, die Schöffen und der Protokollant verließen den Saal durch den Hinterausgang, hingegen Kedos und ich durch dieselbe Tür gingen, wie Paluten, Zombey und Takaishii vor uns.
Vor dieser warteten bereits zwei Mitglieder der maudadistischen Miliz und ergriffen sofort meine beiden Oberarme.
„Zuerst dachte ich wirklich, du würdest die Beherrschung verlieren", seufzte Kedos. „Ach, Kedos, wir Bergmänner verlieren doch nicht die Beherrschung", konterte ich zwinkernd.
Bevor er gehen konnte und ich abgeführt werden würde, wollte ich ihm noch eine für mich sehr wichtige Frage stellen.
„Was hat der Tim hier gemacht, nachdem er von seinem Tod erfahren hat?"
Kedos seufzte. „Vielleicht sollten wir darüber ein anderes Mal reden", gab er mir nur als Antwort. Das war zwar eigentlich schon Antwort genug, aber es reichte mir trotzdem nicht.
„Aber wann ist denn ‚ein anderes Mal'?"
„Es wäre besser, wenn ich dir davon in einer anderen Umgebung erzähle!", zischte Kedos nachdrücklich und sah unauffällig zu den zwei Männern links und rechts von mir.
Jetzt verstand ich. In Anwesenheit von Mitgliedern der Miliz war es in der Tat nicht so klug darüber zu quatschen.
Kedos ging den langen Gang runter, hingegen ich zum Ausgang entlanggeführt wurde. Der Griff der zwei Männer verstärkte sich, sobald wir an die frische Luft kamen. Als würde ich jetzt noch versuchen mich aus ihren Griffen zu befreien und die Flucht zu ergreifen.
Draußen waren einige Menschen, die mit ihren Fingern auf mich zeigten und tuschelten. Ich sah, wie eine Mutter die Hand ihres Kindes nahm und dieses schnell wegzog.
Das Misstrauen der Bürger versetzte mir einen leichten Stich ins Herz und ich war froh, als ich in eine der Seitengassen geführt wurde.
Zum zweiten Mal in meinem Leben saß ich in dieser Zelle. Das letzte Mal war Saphirian mit mir hier drinnen...
Es ging damals um die Identität des Spielemeisters. Saph sollte mein angeblicher Komplize gewesen sein. Doch wer hätte geahnt, dass er es war und ich nur seine Marionette?
Dario hatte schon seine Vermutungen gehabt, das muss man ihm lassen.
Erneut sah ich durch den Schlitz der Eisentür und ich erblickte die Gesichter von Wintercracker und Osaft. Sie unterhielten sich über irgendwas und flüsterten den zwei Männern, die mich hierhergeführt haben, etwas zu, was ich jedoch nicht verstehen konnte.
Dann verließen die mir unbekannten Männer das Gebäude und Wintercracker und Osaft kamen auf mich zu.
„Du verscherzt es dir in letzter Zeit aber ganz gewaltig mit der Miliz, Herr Bergmann", meinte Osaft. Kurz verdrehte ich die Augen. So langsam ging es mir gehörig auf den Zeiger, dass ich allen meine Unschuld eintrichtern musste.
„Ich frag mich, wie oft ihr mich noch in dieses Loch stecken wollt, obwohl ich unschuldig bin und wie oft ich sagen muss, dass ich ihm nicht mal ein Haar krümmen könnte!"
„Wie auch immer.", murmelte Wintercracker wieder etwas entfernt von der Zelltür. Osaft machte den Mund auf um etwas zu sagen, da klopfte es und jemand trat ein.
Sofort schauten die zwei Freunde von Maudado zum Eingang. Ich versuchte einen Blick auf die Person die eingetreten ist zu erhaschen, doch ich musste mich damit zufriedengeben, nur Osaft und Cracker sehen zu können.
Aufmerksam hörte ich der Stimme der soeben eingetroffenen Person zu und erkannte Sturmi.
„Ich bezahle die Kaution für Tim", sprach er und Schritt weiter in den Raum. Jetzt konnte ich auch sein Gesicht sehen. Ein Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit. Ich musste nicht mehr in dieser alten Zelle sein!
Osaft und Wintercracker sahen Sturmi ungläubig an und lenkten ihren Blick wieder zu mir.
„Du hast 150 Diamanten?!",fragte Osaft meinen guten Freund. Dieser nickte und holte einen schwer aussehenden Beutel hervor und legte ihn auf einen Tisch. Osaft wechselte mit Wintercracker kurze Blicke, ging zu dem Tisch, nahm den Beutel um ihn dann zu öffnen und reinzuschauen. Dann legte er den Beutel wieder ab, holte einen Schlüssel und schloss die Zelle auf.
„Herzlichen Glückwunsch, Herr Bergmann!"
Zufrieden Schritt ich aus der Zelle und umarmte Sturmwaffel. „Danke!" Er lächelte und erwiderte die Umarmung ebenso glücklich wie ich.
„Aber denk ja nicht, dass wir nicht auf dich achtgeben!", rief Osaft, während wir das Gebäude verließen. „Ach danke", gab ich zurück, „dann muss ich ja nicht mehr auf mich aufpassen."
„Sag mal, Sturmi, wo hast du so viele Diamanten herbekommen?", fragte ich auf halbem Weg. „Bums Doggie, Kedos, datsepp, Peter, Glp, Max, Frau Histories, Simon und natürlich Patrick und ich haben zusammengelegt." Ein paar Namen erstaunten mich schon etwas. „Manu hat etwas von seinen Diamanten beigesteuert?" „Ja, zwar nur fünf Stück, aber wenigstens etwas. Er wollte uns zunächst nichts geben. Erst als er hörte, dass auch Peter uns was gegeben hatte und jeder Dia hilft, war er bereit." Er machte eine kurze Pause, fing an zu grinsen und ergänzte: „Ach und weil Palle ihn nochmal gefragt hat." Jetzt musste ich auch grinsen. Das klang schon eher nach Manu.
„Ach und ich wollte dich mit zu Patrick nehmen", sagte Sturmi, kurz vor Palles Haus. „Es sind so gut wie alle Spender da, um dich zu begrüßen." Obwohl ich ziemlich erschöpft war und mich am liebsten nur in mein eigenes kuscheliges Bett gelegt hätte, sagte ich ihm, dass ich mich freue und kaum warten könne, alle zu sehen. Letzteres war ja noch nicht mal ganz gelogen.
Sturmi klopfte an der Tür und ein lächelnder Patrick öffnete uns, direkt lag er in meinen Armen! „Komm rein! Es sind schon fast alle da", meinte der Kürbiskopf, nachdem er mich wieder losgelassen hatte.
„Wer ist denn alles da?", erkundigte ich mich. „Alle sind hier, nur Kedos wird wahrscheinlich nicht kommen, da er wohl an deinem Fall arbeiten muss und von Glp hab ich nichts gehört." Man sah unserem Freund gut an, dass er etwas enttäuscht über die Abwesenheit von Manu war, und auch seine Stimme verriet ihn.
„Ihr braucht gar nicht so doof zu gucken", nuschelte Palle ertappt. Ich konnte mein Schmunzeln nicht unterdrücken. Er tat mir leid, weil Manu halt einfach eiskalt ist, aber Palles Verliebtheit war schon unterhaltsam.
„Ich schau doch gar nicht blöd!", lachte ich. Sturmi fiel auf der Stelle mit ein. Dem armen Patrick stieg die Röte ins Gesicht und er boxte uns. „Ich bezahle Kaution für dich und das ist der Dank?", meinte er gespielt beleidigt. Ich verdeckte meine Arme mit meinen Händen und musste nun noch weiter lachen. „Was kann ich dafür, dass du dein Herz an 'nen eiskalten Sadisten verloren hast?" Sturmi hielt sich an mir fest und hörte gar nicht mehr auf zu lachen.
„Das- Das ist doch gar nicht wahr!"
„Was denn?", fragte ihn Sturmi. „Dass er ein eiskalter Sadist ist oder dass du ihn liebst?"
„Du Arsch...",nuschelte Palle kichernd.
Ein wenig konnte ich mich beruhigen, also sagte ich grinsend: „Verleugnen kannst du es zumindest nicht." Palle nickte seufzend. Auch Freddie hatte sich wieder gefangen.
„Die anderen warten schon längst!" Paluten zog mich weiter in sein Haus rein, ehe wir noch einen weiteren Kommentar ablassen konnten.
„Der Börgsman ist wieder da!", rief Patrick zu Frau Histories, Doggie, Sepp, Peter, Simon und Max. Diese drehten sich zu uns und brachen in Jubel aus. Es war ein großartiges Gefühl wieder unter Leuten zu sein, von denen man gemocht wird. Mein Herz erwärmte sich und ich lächelte. Meine Müdigkeit und Erschöpfung waren wie weggeblasen und ich überredete mich, zumindest ein oder zwei Stunden zu bleiben.
Zuerst sprach ich mit einigen Gästen, doch schon nach vielleicht zehn Minuten war mein Kopf wieder bei Dario und dem Attentat. Ich musste einfach mit Kedos reden und Palle auch ein paar Fragen stellen, auch wenn das sowohl für ihn, als auch für mich, schmerzhaft sein wird.
„Was ist denn?", fragte er verwirrt, als ich ihn bat nach oben auf seinen Balkon zu kommen. Ich vergewisserte mich noch schnell, dass uns niemand gefolgt war. „Wir müssen reden."
„Ich kann nicht glauben, dass er noch lebt." Patrick nickte. „Ich dachte, du hättest ihn erledigt."
„Er muss irgendwie ein Schlupfloch oder so gefunden haben. Anders kann ich es mir nicht erklären."
„Zeitreisen sind nicht gerade unkompliziert und ungefährlich." Zerknirscht stimmte ich ihm zu. „Ich muss aber wieder zurück." Patrick nickte traurig.
„Ich hab eine Frage, Bergi." Ich atmete kurz ein und nickte „Ist... Also gibt es für mich bei..." Er kratzte sich am Kopf und sah auf seine Hand. Mir war klar, um wen es ging.
„Ob du 'ne Chance hast bei Manu? Also sozusagen in ‚meiner Zeit' ?" Patrick nickte und biss sich auf die Lippe. Er liebte diesen Jungen echt unglaublich, was mir zwar schleierhaft ist, aber es passte einfach.
Zufällig drehten wir uns gleichzeitig zum Meer und hörten erstmal dem Rauschen der Wellen zu. Ich musste überlegen. Wie sollte ich ihm sagen, dass ich sehr wohl daran glaubte, dass sie ein gutes Paar wären, er aber einfach sehr schwierig und kompliziert sein kann, bis es dazu kommt.
Traurigerweise konnte ich mir gut vorstellen, wie die beiden hier stehen, Hand in Hand, in ihre Augen blickend, voller Zuneigung und - ohne wie ein Kitsch-Fanatiker wirken zu wollen - voller Liebe. Zumindest sah ich sie eher darin, als Dario und mich.
Er und ich, auch nur irgendwas Romantisches tun? Niemals.
Ich kann zwar ich selbst sein, bei Dario, aber er wirkt so viel seriöser als ich und er hat ja auch einen viel höher angesehenen Job. Der Redakteur der sehr überparteilichen und verhassten Zeitung und das Oberhaupt der Exekutive - Würde super klappen und definitiv nicht für Probleme sorgen.
Andererseits, sollen die Leute doch sagen, was sie sagen wollen, à la "Lasse redn". Außerdem besteht dieses Problem ja gar nicht und es wird wahrscheinlich auch nie aufkommen, denn Dario müsste erstmal auch was für mich empfinden.
Jedenfalls würden Palle und Manu dieses Problem nicht haben. Das Problem bei ihnen ist vielmehr, dass da kaum Interaktionen sind. Verwunderlich, wie Patrick sich in ihn verlieben konnte; und trotzdem glaube ich, dass aus den beiden was werden könnte.
Manu behandelt Palle anders und das heißt was. Auch sonst ist ihr Humor echt ähnlich und da treffen zwei Welten aufeinander, die ihre Unterschiede haben, aber gerade diese macht sie besonders.
Nachdenklich darüber, ob Dario und ich überhaupt irgendwann etwas mehr als Freunde sein können und traurig darüber, dass die Wahrscheinlichkeit so gering ist, starrte ich auf das Meer, auf dem sich abertausende Sterne funkelnd widerspiegelten.
Palle riss mich aus meinen Gedanken und erinnerte mich an seine Frage. Eine Sekunde lang beobachtete ich die Wellen noch, ehe ich antwortete: „Ich denke, dass die Chancen ungefähr gleich hoch sind. Vielleicht ein wenig höher, wenn ich dir mit deinem Sadist helfe."
Pat lächelte leicht und nickte. „Danke."
„Kein Problem. Ich freue mich, wenn du dich freust." In dem Moment hörten wir ein Knarzen von der Leiter. Palles Gesicht wurde sofort etwas rosafarbener, als wir die Ursache des Knarzen erblickten. „Hi Manu!" ,rief ich fröhlich dem Jungen zu. „Hallo Bergi. Also haben die fünf Dias tatsächlich etwas gebracht." Manu ging auf uns zu, doch er blieb ein oder zwei Meter von uns entfernt an der Tür zum Balkon stehen. Er sah so verloren aus, so als wüsste er nicht, was er tun sollte. Er wollte zu uns, vielleicht sogar nur zu Palle, aber er traute sich nicht.
„Hi!", brachte mein schüchterner Freund etwas spät raus. Er lächelte den Gast schwach an, welches dieser mit einen Schmunzeln erwiderte. Er wusste von den Gefühlen des Kürbiskopfes und sie gefielen ihm. Sonst würde er ihn nicht mit so einem Blick angucken. Ich hielt mein Lachen nur mühsam zurück.
Wie bei Patrick auch, legte sich ein rötlicher Schimmer auf die blasse Haut von Manuel. Es war still. Patrick sah Manu abwesend an.
Schließlich wurde mir das Schweigen und deren verträumte Blicke zu viel (ich muss zugeben, dass ich ungesunde Eifersucht empfand, denn sie konnten sich so angucken, sie konnten sich so anschweigen und mit Augenkontakt kommunizieren, ich konnte es mit Dario nicht, aus vielerlei Gründen) und ich brach die Stille: „Wolltest du mit uns sprechen, Manuel?" Jetzt kam er zwei Schritte auf uns zu. „Junge, da unten ist 'ne Party für dich und ihr zwei habt nichts Besseres zu tun, als hier oben zu gammeln?" Er hatte schon Recht, aber mir war einfach nicht nach Feiern. Immerhin ist dieses kranke Schwein noch da draußen.
„Also wenn du dich mit Tim unterhalten willst, dann sollte ich wohl besser gehen", nuschelte Patrick und war im Begriff zu gehen. „Was? Nein!", rief Glp verwirrt und eine Spur zu schnell, mit einer Prise Panik, „Nein, ich - Das hab ich doch gar nicht gesagt! Du kannst doch hierbleiben. Ich muss sowieso noch etwas mit dir besprechen, Paluten."
Patrick sah nun etwas überfordert aus und fuhr sich nervös durch die Haare. „Äh... Was haben wir denn noch zu besprechen?" Lachend verrollte Manuel seine Augen und antwortete ihm dann: „Na, unsere Abmachung: Der Kuchen und der Deal, dass du mein persönlicher Lakai für einen Tag bist." Kaum dass der Junge fertig war, lachte ich lauthals los. Diener von Manu für einen Tag sein? Das könnte interessant werden...
„Ach ja", murmelte der Angesprochene kichernd, „Das mache ich noch." Wir lachten gemeinsam über diesen dummen Deal; letztlich wussten wir doch alle, dass ein solcher Deal mit Manu unter Umständen gravierende Konsequenzen mit sich ziehen würde.
Ich betrachtete die zwei neugierig, wie sie sich ansahen. Ich störte nur, auch wenn sie es niemals zugeben würden. Weshalb ich beschloss mich höflich davon zu machen: „Weißt du eigentlich, ob Kedos unten ist?", fragte ich Glp, bemüht, nicht zu grinsen. Er antwortete mir, dass Kedos unten sei. „Okay, das ist super! Bis dann, ihr zwei!"
Ich kletterte die Leiter nach unten, auf der Suche nach meinem Freund und Anwalt. Mein Gespräch mit Palle konnte warten; Manu und er brauchten eins viel eher. Zumindest hoffte ich, dass sie miteinander sprachen und sich nicht nur anschwiegen.
Kedos zu finden war nicht sonderlich schwer: Er stand bei Max und Fräulein Histories in der Nähe der Leiter. Ich eilte zu ihnen und räusperte mich, um auf meine Anwesenheit hinzuweisen. Die drei drehten sich zu mir um und begrüßten mich. „Gut, dass ich Sie gesehen habe! Wir müssen noch einige Angelegenheiten klären und besprechen", begrüßte ich den kleinen bärtigen Mann. Kedos nickte und kramte in seiner Aktentasche (die er überraschenderweise dabeihatte), um eine sehr dicke und schweraussehende Mappe hervor zu holen. Beim Anblick weiteten sich meine Augen und ich musste schnaufen. Gab es wirklich so viel über meinen Fall?
„Und das ist alles über Herr Bergmann?", sprach Max meinen Gedanken aus. Kedos nickte bestätigend „Man könnte sagen, unser lieber Herr Bergmann hätte ein gewisses Talent dafür, sich in schwierige Angelegenheiten zu verwickeln." Ich gab ein verächtliches Schnaufen von mir. Wem sagte er das? All diese Fälle zu erleben war auch nicht wirklich angenehmer.
„Mir sind ein paar Sachen aufgefallen, die ich noch mit Ihnen besprechen müsste. Der Protokollant hat mir auch die Aussagen von den Herren Takaishii, Paluten und Zombey aus der Verhandlung ausgehändigt", teilte Kedos mir dann mit. „Vielleicht sollten wir irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist...", flüsterte ich. „Eine hervorragende Idee." Wir sahen uns um und fanden die Nische links für ein geeignetes Plätzchen zum Reden. Kedos und ich verabschiedeten uns von Max und Fräulein Histories, bevor wir gingen.
„Ich hab noch ein paar Fragen, die sowohl den Prozess, als auch mich betreffen.", sprach ich. Ich hatte noch immer keine Antwort auf meine Frage von vorhin im Gerichtsgebäude. Kedos seufzte. Gerade als er antworten wollte, hörten wir einen Schrei: „Du mieses Schwein! Hör auf!" Es war Manus laute Stimme, die Kedos unterbrochen hatte. Erst dachte ich, zwischen Palle und Manu wäre irgendwas passiert, doch als ich einen lauten gequält klingenden Schrei Seitens Palutens vernahm, klingelten jegliche Alarmglocken in meinem Kopf.
Sofort lief ich zur Leiter und kletterte diese hoch.
Paluten war im Schwitzkasten von Evil Bergi gefangen und Manu lag in der Ecke! Sein Bein sah gar nicht gesund aus, doch trotzdem erhob er sich, um nur nach einen Schritt wieder auf den Boden zu fallen. „Du kleiner Bastard! Lass ihn frei!", schrie Manuel wutentbrannt. „Hilfe...", röchelte Palle und versuchte sich aus dem Griff des Monsters zu befreien.
„Bums Doggie! Die Future Cam! Schnell!", schrie ich ins Erdgeschoss. Das sollte doch Beweis genug sein! Diesen Wahnsinnigen konnte doch niemand bändigen.
„Ach Tim... Es ist zwecklos! Aber es ist schön zu sehen, dass du nach dem Tod deines so geliebten Darios noch ganz tapfer weitermachst. Was würde ich nur ohne dich tun? Es ist eine Schande, dass wir beide existieren müssen. So muss ich mich an deinen Freunden bedienen, sodass du eines Tages alleine sein wirst. Und dann wirst du bereuen, jemals diese Redaktion eröffnet zu haben. Du wirst bereuen, dass du hier hingezogen bist. Du wirst bereuen, diese Zeitmaschine gekauft zu haben. Doch dann ist es schon zu spät; du bist alleine und hast niemanden mehr." Mein böser Klon grinste psychotisch und schnürte dem armen Paluten den Hals immer weiter zu. „Und was machst du dann?" Palle rang weiterhin nach Luft. „Nichts als Verzweiflung wird dir bleiben, Bergmann. Verzweiflung, Hass und Einsamkeit."
„Doggie!", schrie ich erneut nach meinem Praktikanten. Gott machte mich dieser Psychopath wütend und zugleich unfassbar löste er diese Panik in mir aus. Er hatte nämlich recht, denn das war das Problem an Leuten wie ihm: Sie halten sich an das, was sie sagen, sollte es kein Deal sein, an dem du auch profitieren solltest - Die Betonung liegt hier auf "solltest".
Glücklicherweise lugte Bums Doggie mittlerweile mit der Cam von unten hervor.
„Lass Paluten in Ruhe!", rief ich, auch wenn ich wusste, damit nichts erreichen zu werden.
„Nein, Tim. Ich werde ihn nicht in Ruhe lassen. Entweder du kommst mit mir, damit ich dich ganz genau beobachten kann, ob du deine Füße stillhältst oder ich bringe jeden deiner Freunde nach und nach ins Jenseits, bis du ganz alleine bist. Und dann hast du nur noch zwei Möglichkeiten, entweder du vollbringst es alleine oder du lieferst dich freiwillig aus. Du hast die Wahl. Dein Leben für das deiner Freunde oder ihres für das deines?"
Ich war fassungslos und stand völlig regungslos wie ein Stein da. Das Blut in meinen Adern war gefroren, obwohl mein Herz so laut und kräftig wie sonst nie schlug. Ich würde das Leben so vieler Menschen nur unnötig in Gefahr bringen, wenn ich mich nun falsch entscheide. Ich hatte die Chance, alle, die mir Wichtig waren, vor Leid zu bewahren.
Vorausgesetzt er würde sich dran halten. Das war der Knackpunkt.
„Tu's nicht Tim!", keuchte Patrick. Er kämpfte noch immer gegen den Psychopathen an, zerrte so gut er konnte an dessen Armen, strampelte mit den Beinen wild herum und hustete. Währenddessen zog sich Manu unauffällig am Boden nach vorne. Bums Doggie näherte sich ebenfalls, die Cam weiterhin schön auf die Szene fixiert. Ich fragte mich, ob es die anderen nicht interessierte, was hier oben gerade abging oder ob sie panisch geflüchtet waren. Vielleicht holten sie ja auch Hilfe?
„Du bist für den Tod von Dario verantwortlich! Ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass du auch noch meine anderen Freunde umbringst", rief ich ihm entgegen. Ich musste etwas Zeit für Manu gewinnen.
‚Man, Manu warum brauchst du so lang?' Ein kurzer Blick zu diesen und ich konnte den Grund für seine Verzögerung sehen. Er hatte einen Dolch in der Hand und kam so nur langsam voran. Ich war noch nie so froh, Manu mit einer Waffe in der Hand zu sehen, dass es schon fast seltsam war.
Patricks Gesicht war schon bläulich angelaufen. Druck stieg in mir auf; ich musste dem Irren eine Antwort geben.
„Bei dir liegt die Wahl, Bergi. Lass den armen Paluten nicht so lange leiden!" Dieser schüttelte energisch mit dem Kopf und fiepte nur ein ganz helles „Nein".
„Sieh es ein, Bergmann: Du und Delay seid ein gutes Team, aber hätte sich da ernsthaft mehr draus entwickelt als nur Freundschaft? Du verschweigst nicht ohne Grund deine Gefühle für ihn. Du weißt, dass die Gefahr einfach zu hoch ist. Schau dir Germanletsplay und Paluten an: Sie haben mehr Chancen als ihr, das hast du doch selber noch vorhin gesagt. Sie könnten das sein, was du und Dario niemals sein werdet. Sie könnten das tun, was ihr beide niemals tun würdet."
Während er zu mir sprach, hatte er wieder sein Psycho-Grinsen aufgesetzt. Dabei wischte er sich mit seiner freien Hand ein paar Mal über den Mund, denn er sabberte dezent.
„Bist du etwa geil auf die Vorstellung, zwei von uns vieren im Bett zu sehen oder warum sabberst du verrückter Perversling?"
Seine Augenbrauen zogen sich enger zusammen, sein Grinsen verschwand und er zog eine Fratze. Es war ein Wunder, dass er mich dafür noch nicht angegriffen hatte.
„Ach Tim", sagte er nun, „Manchmal weißt du echt nicht, wo die Grenzen sind, was? Dein Hochmut und der Drang, den Helden zu spielen, blendet dich und irgendwie schaffst du es dennoch - wenn auch haarscharf - davon zu kommen."
Der Drang, den Helden zu spielen? Das ist kein Drang und auch kein Hochmut, das ist Zufall und allerhöchstens ist es das Bedürfnis Leuten zu helfen.
Statt darauf einzugehen, wie er es sich nur wünschen würde, ignorierte ich diesen Vorwurf.
„Lass Patrick frei!", forderte ich erneut. Der Psycho grinste, holte eine Pistole hervor und spielte mit dieser in seiner Hand herum. Das klickende Geräusch, welches von ihr ausging, sagte mir, dass die Schusswaffe nun entsichert war und sich die Situation immer weiter zuspitzte. Schnell richtete ich meinen Blick auf Manu und sofort wieder auf meinen Widersacher. Manu war bereit.
„Was, wenn ich ihn noch immer nicht freilasse?" Ich grinste nun auch und konterte ruhig: „Dann wird GLP mal den Helden spielen müssen." In dem Moment schnitt er Second in die Kniekehle, versetzte ihm einen Stoß mit dem Ellbogen und schlug ihm, so wie unser gemeinsamer Gegner zusammenbrach, die Waffe aus der Hand. Im hohen Bogen flog die Pistole über das Geländer von Palutens Balkon, wo sie auch schon ins Wasser fiel.
Palle konnte die Chance ausnutzen und sich befreien, trat meinem Klon ins Gesicht. Ein Ploppen - Blut strömte rasant aus der Nase und auf den Boden. Der Kürbiskopf schnappte sich sein Dia-Schwert von der Wand hinter ihm und stellte sich beschützend vor Manu, versetzte Second aber noch einen Hieb in den Bauch, mit dem hinteren Holzteil seines Schwertes.
„Das ist für mich", hatte Patrick dabei zwischen seinen Zähnen gepresst von sich gegeben. „Und das für Delay" Zack! Ein Schrei ließ er los! Patrick hat ihm ganz sachte mit der Klinge übers Gesicht gestrichen, so dass ein sehr feiner roter Strich sein Gesicht vom linken Auge bis zum Kinn zierte. Blut floss nun aus zwei Öffnungen seines Gesichtes...
„Und das" Nun bekam er einen harten Schlag mit Pats Faust auf den Kopf, wodurch er umfiel. „ist für Manu und Tim."
Überrascht und ungläubig sah ich meinen Freund an. Er ließ Second links liegen, sein Schwert klirrend auf den Boden fallen und stürmte sofort mit schneller Atmung auf Manuel zu. Dieser saß an der Wand angelehnt, atmete etwas schwer und lächelte leicht, als der Ältere zu ihm kam. Er empfing Patrick mit offenen Armen. Der Kleinere setzte sich neben den anderen und starrte den Ohnmächtigen noch eine Weile an, atmete in großen Zügen und legte seinen Kopf auf die Schulter der Person rechts von sich. Erschöpft schloss er die Augen. „Es ist vorbei", hauchte der Grünäugige dem anderen zu, woraufhin dieser nickte.
Ich ging zu dem noch immer Blutenden hin, um zu checken, ob der gute Paluten ihn nicht doch umgebracht hatte. Dem war nicht so. Ob zum Glück oder nicht, konnte ich nicht ganz sagen, wobei ich eher zu leider tendierte.
„Hast du Leinen, Patrick?"
„In der linken Kiste müssten welche sein.", antworte er mir. Ich lief zur besagten Kiste und fand was ich suchte. Bums Doggie half mir den Bewusstlosen festzubinden.
„Hast du alles filmen können?", fragte ich ihn dabei. Er nickte. Gut, dann sind das neben Kedos Beweisen noch weitere Tatsachen, die für mich und meine Unschuld sprechen.
„Was machen wir jetzt?", fragte mich mein unbezahlter Praktikant nun. „Ich hol' Kedos. Passt du auf den hier auf?" Erneut nickte er.
Eilig kletterte ich die Leiter runter und sah in fragende und verschreckte Gesichter. Ich gab eine sehr kurze und schnelle Zusammenfassung und fragte sofort nach Kedos. Kaum hatte ich fertig geredet, da stand dieser auch schon vor mir.
„Bist du dir sicher, dass er noch lebt?", fragte er mich, während wir die Leiter hochkletterten. „Ja, zu 100 Prozent! Herr Doggie hat auch alles gefilmt; Das muss doch bestimmt reichen, oder? Alles ist auf Band, wir haben zwei neue Zeugen und den Täter auch. Kedos, wir können doch gar nicht mehr verlieren!" Der Anwalt sah angespannt aus. „Eigentlich schon..." Eigentlich?! „Was heißt denn bitte eigentlich?!"
Eigentlich!
„Herr Bergmann! Kommen Sie wieder runter! Ich kann-" „Runterkommen?! Da liegt ein ohnmächtiger verrückter Klon von mir, der verschiedenste Freunde, Sie eingeschlossen, schon auf dem Gewissen hat, Manus Bein brach, Patrick fast erwürgte und DARIO SCHON ZWEIMAL GETÖTET HAT! UND ICH SOLL DABEI NOCH RUHIG SEIN?! Runterkommen... Ich bin ja völlig unnötig beunruhigt! Ich bin zwar nur in einer komplett falschen Zeit, die ich aufgrund diverser Gründe, zu denen ein toter Mann zählt, nicht verlassen kann und auch nicht will, bin in vielerlei Augen ein Verbrecher, aber hey! Kein Grund zur Besorgnis! Alles wird schon irgendwie!"
In dem Moment, wo ich fertig war, sackte ich zu Boden, rutschte ich mit dem Rücken die Wand runter und vereinzelte Tränen kamen raus, bis sie schließlich auf meinem Hemd ins Stoff sickerten. Niedergeschlagen lehnte ich meinen Kopf gegen die Wand und sah hoch.
„Ich möchte doch einfach nur Dario bei mir haben...", beklagte ich aufgelöst.
Eine Hand legte sich auf meinen Rücken. Sie gehörte Kedos.
„Ich werde schon dafür sorgen, dass du Dario schnell bei dir hast. Aber das geht nicht, wenn du dich nicht beruhigst." Er sprach verständnisvoll auf mich ein. Vernünftig nickte ich. Natürlich hatte er Recht, aber ich war mir nicht sicher, ob ich so gefasst bleiben konnte, wie Kedos es war. Außerdem hatte ich ein ziemlich großes Bedürfnis dem Schuldigen alles heimzuzahlen. Meinen Pazifisten Status müsste ich wohl dafür kurze Zeit an den Nagel hängen, aber das wäre es mir wert. „Ich werde mich rächen."
„Was war da wirklich zwischen dir und Delay?" Verwirrt sah ich ihn an und zuckte mit den Schultern. Was soll da zwischen uns gewesen sein? Nichts war da jemals. Vielleicht fand ich auch gerade das schlimm. Vielleicht fand ich das aber auch erträglich. Besser als nichts?
„Wir waren immer nur befreundet. Also zumindest vor der Anklage. Nachdem das geklärt war, hatten wir uns wieder relativ gut verstanden. Es hat ein bisschen gedauert, aber ja...", antwortete ich also wahrheitsgemäß. „Warum fragst du?"
Kedos seufzte. „Angenommen, wir gehen mit den Beweisen hin und legen ihnen diese Aufzeichnung vor, in der mehr als deutlich gemacht wurde, in welchem Verhältnis du zu Delay standest, dann könnte es durchaus möglich sein, dass du zwar von dem Mord an ihm freigesprochen wirst, aber wir müssen auch damit rechnen, dass du zu Tode verurteilt werden könntest. Sie könnten natürlich auch sagen, dass du dich aufgrund nicht erwiderter Gefühle Delays Leben genommen hast. Das halte ich allerdings für eher unwahrscheinlich. Die andere Option hat auch einen sehr geringen Wahrscheinlichkeitsanteil, aber wir müssen alle möglichen Folgen berücksichtigen."
Ich musste grinsen. „Also kurzgesagt, ich steh mit einem Bein schon im Grab und muss nur noch ein wenig warten. Irgendwie habe ich immer gedacht, ich sterbe anders." Galgenhumor ist immer wieder lustig.
Kedos, jedenfalls, munterte mich weiterhin auf: „Ich denke nicht, dass die Situation so kritisch ist. Wir müssen nur hoffen, dass der Richter und der Staatsanwalt diese bestimmten Aussagen überhören und endlich wach werden. Ich bin bisher auf nichts gestoßen, was eure Gefühle oder eine intime Beziehung zwischen euch verbieten würde." Er lächelte mich etwas aufbauend an und erhob sich wieder. Ich tat es ihm nach und stand ebenfalls auf, erwiderte das Lächeln. Für Kedos. Für Dario.
„Da du jetzt schon etwas ruhiger bist, schlage ich vor zu den anderen drei zu gehen." Ich nickte wieder, wischte mir mit dem Ärmel über mein Gesicht und räusperte mich. „Ja, klingt gut."
Auf dem Balkon hatte sich nicht viel getan, Bums Doggie hatte dem ohnmächtigen Klon das Blut weggewischt, die Nasenlöcher zugestopft und drückte ihm ein Stück Tuch auf die Schnittwunde, während Manu und Patrick am Balkon standen. Palle stützte den Verletzten. Zumindest lief es bei einen von mir und meinen Freunden. Es tat dennoch ein klein wenig weh.
„Danke, Doggie. Kannst du uns noch begleiten?", sprach ich zu meinen Praktikanten. „Wir bringen den Mistkerl jetzt zur Miliz." Bums Doggie nickte und stand auf. Ich half ihm dabei, Second von dem Geländer zu binden und seine Hände aneinander zu fesseln. Doggie hatte das Tuch von der Wunde genommen. Zum Glück blutete sie nicht mehr.
Als wir mit dem Klon beschäftigt waren, fragte Kedos die Turteltauben, ob sie mitkommen wollten. Nachdem Glp Paluten versicherte, dass er sehr wohl in der Lage dazu sei, bis zum Hauptquartier der Miliz zu gehen, gingen wir los.
Nachdem wir die anderen einweihten, gingen wir los.
Doggie und ich hielten, beziehungsweise trugen, Second, Kedos ging vorneweg und Manu und Palle humpelten hinter uns her. Aber wirklich schnell waren wir nicht. Das lag nicht nur an Manuels verletzten Bein, sondern auch an den erstaunlich schweren Psycho links von mir.
Paluten stützte Glp weiterhin und fragte ihn alle paar Sekunden, ob alles okay sei und er sich wirklich stark genug fühle. Immer wieder meinte der Verletzte, dass es ginge. Es war amüsant ihnen zuzuhören.
„Wenn du mich noch einmal fragst, ob es mir gut geht, dann humpelst du gleich neben mir, Paluten!", drohte ihm Manu gereizt. Ich musste etwas lachen. „Er macht sich halt Sorgen um dich", verteidigte ich Patrick. Dieser stimmte mir zu: „Genau! Man darf sich doch wohl um die Leute, die einem das Leben gerettet haben, Sorgen machen. Außerdem bist du mir wichtig. " Der letzte Satz war zwar nur so dahin genuschelt, dennoch konnte ich ihn verstehen und musste noch mehr grinsen.
„Is' ja gut... Hör aber bitte auf mich mit deinen Fragen zu durchlöchern. Sonst bereu ich noch, dein Leben gerettet zu haben! Du bist mir noch was wegen meinem Bein schuldig", murrte Manuel. Ich sah über meine Schultern und konnte mitansehen, wie sich die beiden angrinsten. Kopfschüttelnd sah ich wieder nach vorne, worauf ich Palle kichern und Manu lachen hörte. „Was gibt's denn jetzt zu lachen?", fragte ich die zwei. „Alles gut", versicherte mir Palle lachend. „Noch vor ein paar Tagen haben die zwei kein Wort miteinander gewechselt und heute stützt Paluten GLP, der plötzlich nun doch mit dem reden kann und jetzt lachen die zwei! Sie lachen sich ja nicht mal aus - Sie lachen miteinander!", flüsterte mir BumsDoggie verwirrt zu.
Als hätte er gespürt, dass wir uns der Miliz näherten, wurde Second wach und stöhnte benebelt. Sofort verstärkte sich der Klammergriff um seinen Armen. „Kedos!", rief ich nach vorne. Der Angesprochene drehte sich um und sah sofort was Sache war „Ich gehe vor und gebe Bescheid!"
„Manu denkst du, du könntest noch schneller gehen?", fragte ich. „Ich könnte dich tragen ", schlug Palle schmunzelnd vor. Obwohl Manu nach dem Vorschlag des Schalträgers grinste, nahm er die Situation sehr wohl ernst: „Ich kann es versuchen." Wir gingen zwei Schritte zügiger und erreichten das Quartier schneller als gedacht. Dort standen schon einige Anhänger der Miliz, unter anderem DatSepp Wintercracker, Osaft, Schlingel und Germi. Kedos war wohl bereits drinnen und redete mit dem Bürgermeister.
Doggie und ich übergaben Second an Osaft und Cracker. „Hier ist der wahre Mörder", sagte ich und versuchte erst gar nicht, mein zugegebenermaßen recht selbstzufriedenes Lächeln zu verbergen. Die beiden nahmen Second in einen festen Griff. Osaft räusperte sich, murmelte ein undeutliches „Danke" und ging rein. Wir wollten ihnen folgen, da hielten Germi und DatSepp Doggie, Patrick und Manu zurück. Ich durfte passieren. „Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Sie so lange wie die Herren Kedos, Bergmann, der Bürgermeister, Osaft und Wintercracker sich über den Fall beraten, kann ich Sie nicht passieren lassen", erklärte ihnen Germi.
„Mein Gott, warum sind denn alle auf einmal so schrecklich ernst und abweisend drauf! Das kann doch nicht wahr sein!", echauffierte ich mich. „Hören Sie mir mal zu! Diese drei Männer wollen Zeugenaussagen machen. Wenn Sie ihnen den Eintritt verwehren, ist das Behinderung der Ermittlungen." Ich bekam Zuspruch von Manu, der als i-Tüpfelchen auch noch simulierte; er wollte zu dem Mann hingehen, trat mit seinem kaputten Bein auf und ließ einen eindeutig gestellten Schrei los. Patrick, der viel zu überrascht war, griff sofort nach ihm. Nicht nur er hatte Glp's Nummer geschluckt, sondern auch die zwei Maudadisten. Um ehrlich zu sein, kaufte auch ich ihm seine Showeinlage beinahe ab.
„Das ist nicht nur Behinderung der Ermittlungen", presste Manu unter dem gespielten Zischen hervor, „sondern auch fahrlässiges Leiden! Oder wie auch immer das heißt... Jedenfalls werde ich darauf bestehen, mich erst verarzten zu lassen, wenn ich diese scheiß Zeugenaussage abgegeben habe!" Dann drehte er sich zu Paluten, welcher schon den Mund aufgemacht hatte und fauchte ihn an: „Und ja, ich bestehe darauf!" Die zwei machten es mir wirklich schwer, nicht zu lachen.
DatSepp und Germi gingen zur Seite. „Äh, Verzeihung... Mir ist Ihr Bein zunächst gar nicht aufgefallen." Manu sah ihn verächtlich an, verdrehte die Augen und schnaubte. Er hüpfte mit einem Bein, so dass Palle Mühe hatte ihm zu folgen. Germi und Sepp folgten uns rein, weshalb Manuel auch weiterhin simulieren musste.
Im Quartier hörte ich schon, wie Kedos mit Osaft und Rahmschnitzel sprach, weshalb ich mich auch direkt von meinen drei Freunden verabschieden wollte. „Falls wir uns nicht nochmal sehen sollten, wünsch ich dir gute Besserung Manu." Er lächelte und nickte mir zu. „Dir viel Glück, Bergmann." „Danke! Ach und Palle? Mach dir nicht zu viele Sorgen um ihn." Palle grinste etwas verlegen und nickte. „Mach ich, Börgsman. Bis spätestens morgen!" Schon humpelte Germanletsplay an Palutens Seite mit Germi davon. Doggie blieb noch kurz bei mir, weshalb ich mich dann auch an ihn wandte: „Sehen wir uns eigentlich nachher nochmal, Doggie? Ich würde gerne noch ein wenig mit dir reden." „Klar. Ich denke, dass es bei mir auch nicht allzu lange dauern wird", meinte er. „Okay, bis später, dann." Er folgte DatSepp und ich ging zu den Stimmen von Kedos, Rahmschnitzel, Osaft und Wintecracker.
„Guten Abend, meine Herren", begrüßte ich sie und nahm neben Kedos Platz. „Wir sprachen gerade über den Mann, den Sie uns da hergeschleppt haben", klärte mich Wintercracker auf. Ich nickte langsam.
Kedos holte etwas aus seiner Aktentasche hervor. „Wir können anhand der Beschreibungen der Zeugen klar ausmachen, dass es sich bei dem Mann, dem Herr Bergmann so ähnelt, bloß um den bereits erwähnten Klon handelt. In der Vergangenheit war er diesem Mann schon ein paar Mal begegnet, jedoch hat er niemanden von diesen sonderbaren Begegnungen erzählt", erklärte Kedos, während er durch meine Akte blätterte. Er suchte wohl nach den Aussagen der Zeugen.
Ich fühlte mich so entspannt wie in den letzten Stunden nicht mehr. Alles würde wieder gut werden. Ich würde nicht bestraft werden, der Wahnsinnige aber schon. Manu und Palle werden eine blendende Zukunft haben und ich könnte Dario retten und ich könnte dann wieder in seiner Friendzone sein.
Kedos hatte die Aussage von Zombey, Paluten und Takaishii gefunden und legte sie auf dem Tisch aus. „Sie beschrieben den Täter alle mit tiefschwarzen Augen und wie wir alle sehen können, hat Herr Bergmann grüne Augen. Die Haare sind von allen Zeugen als dreckig, zerzaust und ungepflegt, aber vor allem als eher beige-weiß und ähnliches bezeichnet worden. Dazu trug er angeblich einen Mantel und- was Ihnen vielleicht direkt auffiel, war eines der Augen mit einer Augenklappe verdeckt. Die Zeugen erwähnten das - einen Moment bitte - ah, an dieser Stelle." Dabei verwies Kedos auf die Textstellen, auf die er sich bezog.
„Wir werden diese Beweise überprüfen und den Herrn, den Sie uns da angeschleppt haben, gründlich befragen. Natürlich werden wir alles an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Bis dahin dürfen Sie, Herr Bergmann, erstmals weiter Ihrer Berufung nachgehen, doch sollten Sie etwas Illegales tun, sind Sie sofort wieder im Gefängnis." Osaft klang ein bisschen mehr wie er selbst, etwas lockerer und nicht mehr so steif.
Auf Rahmschnitzels Frage, was denn vorhin passiert ist, erzählte ich die Situation, was länger dauerte als gedacht.
„Wieso können wir nicht direkt zu Frau Histories gehen?" Manu und Patrick waren scheinbar mit ihren Aussagen schon fertig und waren wieder am Diskutieren.
„Lass uns doch erstmal von Tim und Kedos verabschieden", redete die Stütze des Herrn Elpeh zu diesen. Der Verletzte hatte keine andere Wahl, schließlich konnte er sich nur dank der Hilfe Patricks bewegen.
„Das ist doch völlig unnötig! Wir haben uns doch vorhin schon von denen verabschiedet. Und mein Bein schmerzt jetzt wirklich extrem. Warst du nicht eben noch derjenige, der mich am liebsten sofort bei 'nem Arzt gesehen hätte?" Als ich mich umdrehte, sah ich wie Paluten seine Hand an Manus Hüfte gelegt hatte - nur um ihn besser stützen zu können, versteht sich - und was diesen nicht zu stören schien.
„Wir wollten nochmal ,Tschüss' sagen, bevor wir zu Frau Histories gehen", sprach der Ältere ruhig. „Wenn ihr noch eine Sekunde wartet, dann könnte ich dir helfen Manuel zu stützen", bot ich an.
„Du bist so ein Muskelpaket, du könntest mich locker nur mit einen Finger tragen, Tim. Ne, das schafft Paluten schon. Das einzige Problem an diesem Typen ist sein Kurzzeitgedächtnis und seine Sturköpfigkeit", entgegnete Manuel. Sein abwertender Blick war nicht so abwertend wie er es wohl wollte. Er sah schnell von dem Braunschopf weg.
„Ach, komm! Als ob du nie verpeilt und irre dickköpfig bist", verteidigte ich Palle. Manuel hatte das doch nur gesagt, um ihn etwas zu necken.
In guter Glp-Manier schnaufte er verächtlich und verdrehte seine Augen. „Pf! Wie kommst du nur auf so 'nen Schwachsinn! Wann bin ich denn mal bitte stur? Wir sollten besser gehen."
Palle nickte, sagte aber noch: „Warte bloß eine Sekunde, dann gehen wir sofort." „Man, beeil dich!" Pat kicherte und näherte sich mir nur minimal, damit der Maskenmann nicht alleine stehen musste. „Viel Glück", zwinkerte Palle lächelnd. „Danke, dir auch!" Wir lösten uns wieder und Paluten ging gemeinsam mit Germanletsplay durch den Ausgang des Hauptquartiers der maudadistischen Miliz.
Seufzend nahm ich wieder neben Kedos Platz und versuchte herauszubekommen, wo das Gespräch mittlerweile war. Gerade sprachen Kedos und Rahmschnitzel über einen möglichen Termin der Gerichtsverhandlung. Ich hoffte auf recht bald. Je schneller das vorbei ist, desto schneller könnte ich mich um Dario und Second kümmern. Plutonium war noch im Kofferraum vom DeLorean, also würde mir das auch keine Probleme bereiten.
„Wenn er alles gesteht und wir seine Schuld nachweisen können, dann sollte das Verfahren schnell vonstattengehen", meinte Osaft. Ich schnaubte auf dessen Aussage hin. Er kannte diesen Wahnsinnigen wirklich nicht! Der und sich freiwillig stellen? Was hätte er denn davon, wenn er sich freiwillig stellt?
„Ich möchte Ihnen wirklich nicht auf den Schlips treten, Herr Saft, aber dieses Monster wird niemals alle seine Taten gestehen. Das würde nicht nur zu lange dauern, sondern es gibt auch keinen Grund dies zu tun. Schließlich würde ich ja anstelle von ihm in den Kahn wandern, wenn er sich nur geschickt genug ausredet und er könnte schön weiter alle Welt terrorisieren."
Ich lehnte mich überfordert nach hinten und seufzte. „Sagen Sie niemals nie, Herr Bergmann. Er wird schon sprechen, wenn man ihm nur genug Druck macht", sprach Rahmschnitzel ruhig und winkte versichernd mit der Hand ab.
Am liebsten hätte ich mich weiter über den Klon und die Gelassenheit der beiden aufgeregt und ihnen nochmal erzählt wie gefährlich der Typ ist, aber dann wäre ich allen nur noch mehr auf den Geist gegangen. Wer weiß? Vielleicht hatten sie sogar recht?
„Gut... Wir werden gleich Morgen mit der Befragung beginnen", kündigte Osaft an und stand mit Wintercracker auf. Wir taten es ihnen nach. Kedos sammelte seine Unterlagen ein und legte sie wieder in den Aktenordner. Er reichte Osaft die Hand und nickte ihm zu. „Wir sehen uns höchstwahrscheinlich die Tage nochmal. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend!" Osaft schüttelte die Hand und lächelte etwas. War das pure Höflichkeit oder hatte er seine unnötig kalte Art gegenüber mir angefangen zu bereuen? Mein Ego würde sich über eine Entschuldigung in diesem Falle freuen.
„Genau. Wir halten Sie auf dem Laufenden, was die Fortschritte angehen. Können wir uns auf Ihre Diskretion in Ihrer Zeitung gegenüber des Falles verlassen, Herr Bergmann? Keine internen Informationen?" Osaft bedachte mich mit einen warnenden Blick und reichte nun auch mir die Hand. Ich schmunzelte, erwiderte den höflichen Händedruck und antwortete ihm: „Es tut mir leid, Herr Saft, aber ich kann Ihnen nichts versprechen. Die From the Future Redaktion nimmt keinen Block vor den Mund. Außerdem bin ich ein freier Journalist, der ein Mann des Volkes ist und dieses auf den neuesten Stand halten möchte. Allerdings kann ich versuchen zu pikante Informationen geheim zu halten." Osaft nickte. „Gut, gut..."
Ich reichte Rahmschnitzel meine Hand und verabschiedete mich auch von ihm.
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Einen wunderschönen zweiten Advent an alle! ^^
Es ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass der größte Teil dieses Kapitels damals schon im letzten Teil war. :D
Leider wird der Teil für nächste Woche um einiges kürzer als die bisherigen sein. Dafür wird der Weihnachtsteil wieder etwas länger sein. :3
Einen schönen Sonntag noch!
LG LMS☆
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