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Sext - Die sechste Stunde

Das Mittagsgebet vor dem Mittagessen war von Tag zu Tag von unterschiedlichen Gefühlen geprägt. Meist jedoch spielte eines die größte Rolle und das war die Erschöpfung von der Anstrengung der Arbeit.

Besonders die älteren Nonnen stöhnten und ächzten schwer, wenn sie mittags die Kapelle betraten. Auch und gerade die, die nie etwas hoben oder schleppten, sondern immer nur saßen, anderen aus der Bibel vorlasen oder irgendwelche Artikel für Kirchenzeitungen schrieben.

Auch wenn Lila von alleine nie im Leben versucht hätte das Verhalten von nur einer dieser Frauen zu rechtfertigen, hatte die Äbtissin sie bei ihrer Ehre gepackt. Lila wollte ihr beweisen, dass man auch auf ihre Art Christin sein konnte. Und wenn dazu in erster Linie der gegenseitige Respekt gehörte, dann war das eben so und dann würde sie sich auch nach Kräften bemühen, die anderen zu respektieren.

Und am Ende war es gar nicht mal schwer, Gründe für die alten Nonnen zu finden, warum sie so sehr jammerten. Immerhin waren die meisten schon sehr alt und auch geistige Arbeit war immerhin Arbeit. Es gelang Lila zwar nicht sehr oft, aber ab und zu kam dann doch etwas Verständnis für die Situation der Nonnen durch. Und Mitleid war auch dabei, denn sein ganzes Leben an diesem Ort verbringen zu müssen, musste echt hart sein. Vielleicht musste man dann auch so werden...

Es änderte aber nichts daran, dass Lila nicht eine Sekunde länger in diesem Kloster verbringen wollte. Sollten diese Nonnen doch an ihrem Kloster hängen und an ihren sogenannten Werten. Für Lila stand fest, dass sie lieber früher als später weg wollte. Unglücklicherweise waren es noch drei Wochen, die sie in diesem Kloster verbringen musste. Drei Wochen, die sie wieder ständig in Gegenwart der anderen Nonnen verbringen musste. Drei Wochen, von denen Lila nicht wusste, wie sie sie überleben sollte - dramatisch gesprochen.

Wesentlich hilfreich war dabei die Aussicht, die Nachmittage als Aushilfe bei den Bauern im Dorf zu verbringen. Es war Lilas Antrieb, wenn sie vormittags die Lieferungen an Kohle und Lebensmitteln nach drinnen bringen musste, dass sie sich später für ein paar Stunden fast frei fühlen konnte.

Während Lila von sich selbst sagen würde, dass sie die Anweisung der Äbtissin ernst nahm und Respekt gegenüber den Nonnen zeigte, empfand sie deren Verhalten ihr gegenüber ziemlich respektlos. Immer wieder sprachen sie beim Essen abfällig und laut über sie, während sie daneben saß oder bauten Dinge in ihre Gebete ein, die sie laut vortrugen, die dem, was Schwester Erika gebetet hatte, nahekamen.

Wenn man es genau betrachtete war es eigentlich also ziemlich unfair, dass Lila alles akzeptieren sollte, was die anderen sagten, ohne sich verteidigen zu dürfen, während die Nonnen von dem Respekt, von dem die Äbtissin erzählt hatte, so weit entfernt waren, wie Lila von Zuhause.

Die Sext vor dem Mittagessen war insbesondere so eine Gelegenheit, bei der Lila sich am meisten herausgefordert fühlte. Es war als ob sich die Nonnen zu diesem Zeitpunkt am überlegensten fühlten, sodass sie keine Situation ausließen, in der sie Lila irgendwie bloßstellen konnten. Im Grunde war es auch ein bisschen wie Mobbing, fand Lila, doch sie sagte nichts. Hätte sie etwas gesagt, hätte sie der Äbtissin nur gezeigt, dass sie ein Jammerlappen war und das war sie nun wirklich nicht.

Doch so frustrierend es auch war, nicht zurückhauen zu können, waren eben die Nachmittage immer beruhigend. So wie dieser Mittwochnachmittag, als sie von einer der Schwestern zum Müllerhof geschickt wurde. Ein Hof auf dem sie in viereinhalb Wochen nicht einmal gewesen war, wie ihr auffiel.

Sigi Müller war ein gemütlicher, alter Bauer, der ein paar größere Getreidefelder etwas außerhalb des Dorfes unterhielt. Mit ihm auf dem Hof lebten sein Sohn Franz, dessen Verlobte Victoria, zwei Pferde, vier Kühe und sechs Bienenvölker.

Gut, die Bienenvölker wohnten nicht direkt auf dem Hof, sondern verteilt auf den direkt benachbarten Weiden, aber nahe genug, dass ein ständiges Summen den Hof erfüllte. Ein Summen, das Lila einen unangenehmen Schauer über den Rücken jagte, denn Bienen waren nicht ihre Lieblingstiere. Dank des Landsitzes ihrer Eltern war sie nicht das, was man ein typisches Stadtkind nannte, doch war das eher ihre bevorzugte Umgebung als das Dorf. Und mit Bienen hatte Lila bisher nur schlimme Erfahrungen gemacht.

Umso glücklicher war sie, als sie auf dem Trecker neben Franz saß, der sie zu den Getreidefeldern hinausfuhr. Der uralte Traktor knatterte und quietschte so laut, dass schon beim Anlassen kaum noch etwas von den Bienen zu hören gewesen war. Dafür erzählte Franz mit erhobener Stimme vom Hof, von seiner Familie und von seinen Hochzeitsplänen.

Lila hörte lächelnd zu, als er von Victoria schwärmte und wünschte sich insgeheim, dass diese beiden nicht von einer der Nonnen im Kloster getraut würden. Wahrscheinlich war das zwar der Plan, aber sie hätten etwas Besseres verdient, fand Lila.

»Du bist so still«, bemerkte Franz nach einer Weile. »Bedrückt dich irgendwas?«
Lila wusste nicht so recht, wie sie antworten sollte. Statt einer konkreten Antwort seufzte sie nur ein »Hm« und hoffte, dass er verstand.
Amelie hätte jetzt schon angefangen, sich über alles aufzuregen, was gerade nicht so gut lief. Sie hätte darauf auch viel mehr Zeit verschwendet als darauf verwendet, über das zu reden, was wichtig war. Eigentlich hätte Lila Franz gerne davon erzählt, dass sie am liebsten weglaufen würde, doch irgendetwas hielt sie davon ab.

»Weißt du, es gibt noch jemanden aus meiner Familie, von der ich noch nicht erzählt habe«, sagte Franz, während er den Traktor von der Straße fuhr und den Motor stoppte. Gemeinsam betraten sie das Feld und betrachteten die Ähren.
»Meine Schwester Anna-Maria. Sie war immer die beste große Schwester, die ich mir vorstellen konnte.«

Kurz schien Franz zu überlegen, wie er die Geschichte weitererzählen sollte. Unsicher, was kommen würde, blieb Lila neben ihm stehen.
»Sie ist zwei Jahre älter als ich«, begann er dann. »Und es geschah im Sommer '92, als sie mit der Schulklasse zur Abschlussfahrt nach München fuhr. Sie lernte dort jemanden kennen, einen jungen Mann, siebzehn Jahre alt, wie sie und Schüler eines Münchener Gymnasiums.

Ein Gymnasiast! Lila, du musst wissen, dass das für uns hier auf dem Dorf echt selten ist. Wir haben hier nur die Hauptschule gemacht und dann mussten wir Vater auf dem Hof helfen. Es gibt nicht viele hier, die ihre Kinder damals schon aufs Gymnasium nach München schicken konnten. Und die Kinder, die auf dem Gymnasium waren, die sind jetzt nicht hier, sondern in der Weltgeschichte unterwegs.

Unser Vater konnte sich das nicht leisten. Auch wenn Schule an sich hierzulande ja zum Glück nichts kostet, aber eine Monatsfahrkarte, das Schulmaterial und nicht zuletzt die Arbeitszeit, die Anna dann nicht hier auf dem Hof verrichtet hat, wären für ihn ein schweres Kreuz zu tragen gewesen. Zu schwer, hat er damals immer gesagt.

Anna war vor den Sommerferien in München und hat danach vier Wochen lang nur davon geschwärmt. Sie war verliebt in ihren Matze und wollte unbedingt nach München, auch um dort zur Schule zu gehen, denn Matze hatte ihr wohl erzählt, dass sie viel zu klug sei, um nicht aufs Gymnasium zu gehen.

Tja und dann hat Vater verboten, dass sie nach München auf die Schule geht. Erst hat er sich quer gestellt und dann hat Anna sich hier auf dem Hof quer gestellt.

Ich war fünfzehn und wollte meine Schwester hier behalten. Ich wollte sie auf keinen Fall an irgendeinen doofen Matze verlieren, den ich nicht mal kannte. So einen blöden Gymnasiasten!

Aber Anna wollte nicht hierbleiben und so hatten wir ein Patt. Zwei Wochen vor Ferienende war Anna dann weg. Sie hatte sich mitten in der Nacht auf den Weg gemacht. Ein paar Klamotten, alles, was sie an Schulbüchern hatte und etwas Geld aus Vaters Haushaltskasse hatte sie mitgenommen. Ihr Schlüssel zum Stall und zum Haus lag demonstrativ auf dem Küchentisch.«

Franz machte eine kurze Pause, rupfte ein paar verdorrte Halme aus und betrachtete das Getreide eingehend.

»Ich habe meinen Vater nie so sehr weinen sehen. Nicht vorher und nicht nachher. Sie fehlte uns beiden sofort und so unendlich. Danach habe ich es nicht mehr übers Herz gebracht, meinen Vater zu verlassen. Auch wenn ich gerne von hier weggegangen wäre. Nur für ein Jahr oder so. Mal in die Stadt oder nach Italien, ein anderes Stückchen von der Welt sehen, bevor ich wiederkäme - etwa so wie der Taugenichts von Eichendorff.

Aber ich konnte nicht mehr. Nur tageweise. Manchmal muss man auch außerorts Geschäfte abschließen. Und einmal war ich in München und habe sie gesucht. Aber die Anna-Maria Müllers im Telefonbuch waren alle nicht meine Schwester. Ich habe auch ihr Gymnasium gefunden, von dem sie erzählt hat, aber auch dort wusste man nicht mehr, als dass Anna-Maria Müller dort 1995 ein Spitzenabitur abgelegt hat. Es gab noch eine alte Schülerakte mit einer Adresse, aber dort wohnte sie schon lange nicht mehr.

Manchmal wünsche ich mir, sie würde sich mal wieder melden. Ich wüsste gern, ob ich schon Onkel bin. Und ich wüsste gerne, wie es ihr und ihrem Matze geht. Jetzt, wo ich meine Victoria habe, bin ich ja endlich mit ihr auf dem gleichen Stand.«

»Wie alt ist Victoria eigentlich?«, fragte Lila. Nicht dass ihr die Geschichte nicht gefallen hätte, aber irgendwie verstand sie nicht, was Franz eigentlich von ihr wollte.
»Victoria ist 32«, lächelte Franz. »14 Jahre und drei Wochen jünger als ich.«

»Warum sagst du das so?«, fragte Lila stirnrunzelnd. Paare mit deutlichem Altersunterschied waren ihr vertraut, doch niemand prahlte mit dem Altersunterschied.
»Weil es das ist, was alle stört«, erwiderte Franz grinsend. »Altersunterschied in der Ehe stört die Menschen. Egal, ob sie selbst in so einer Ehe leben oder nicht. Aber mich stört es nicht und ich reibe es den Nonnen im Kloster gerne unter die Nase, die finden, dass Victoria zu jung und zu hübsch für mich sei.«

Lila lachte. »Ich wette ein paar der Schwestern stehen heimlich auf dich«, grinste sie.
»Das kann gut sein, aber es sind Nonnen. Die sollten mit Jesus und sonst niemandem verheiratet sein.«
»Das stimmt«, erwiderte Lila und ihr Grinsen verblasste.

»Ist irgendetwas, Lila?«, fragte Franz.
»Nein, nein«, winkte Lila ab, doch sie sah, dass er ihr nicht glaubte.
»Wie heißt du eigentlich wirklich? Ich meine, deine Eltern haben dich doch wohl nicht wirklich Lila genannt, oder?«, fragte er weiter.
»Liliana. Nach meiner Patentante. Aber sie wurde immer Lilly genannt«, erzählte Lila.

»Wurde?«, fragte Franz und legte den Kopf schief.
»Sie ist gestorben. Bei einem Autounfall. Vor drei Jahren.«
»Das tut mir leid.«
»Das schlimmste ist eigentlich, dass sie für mich mehr eine Mutter war, als meine echte Mutter«, erzählte Lila weiter.
»Dann tut es mir noch mehr leid. Das alles, meine ich«, erwiderte Franz und schaute Lila durchdringend an.

»Da ist noch mehr, oder Lila?«, fragte er. »Willst du es mir erzählen? Vielleicht kann ich dir ja einen Rat geben.«
»Ich weiß nicht«, wich Lila aus.
»Na komm schon. Es tut gut, über sowas zu reden«, munterte Franz sie auf.
Lila schluckte. »Was weißt du über LGBT?«

»Das sind doch die mit der Regenbogenflagge, oder?«, meinte Franz. »Da gab es irgendwie auch noch mehr Buchstaben und ein Pluszeichen und so, oder?«
Lila lächelte. »Ja, das ist richtig.«
»Gehörst du zu denen? Bist du deshalb hier?«, fragte Franz.
»Wie kommst du darauf?«, entgegnete Lila.

»Naja, von dem, was man so hört, sind hier regelmäßig junge Mädchen, deren Eltern sie strenger katholisch erziehen wollen im Kloster. Und ganz oft sind es Mädchen, die lesbisch sind, weil das gottfern sei oder so.
Ich halte von dem ganzen Quatsch ja nichts«, fügte er am Ende noch hinzu und zwinkerte Lila zu.

»Naja, eigentlich ging es ursprünglich gar nicht um mich«, begann Lila die Geschichte zu erzählen, warum sie diese unfassbar langen acht Wochen im Kloster verbringen musste.
»Jeden Morgen denke ich ans Weglaufen und jeden Abend zähle ich die Tage, bis ich hier wieder wegkann«, schloss Lila und sah Franz in die Augen.

Inzwischen saßen sie am Straßenrand im Schatten des Traktors und aßen Brombeeren.

»Dann tu's«, meinte Franz.
»Was?«
»Weglaufen, den Mitternachtsexpress nehmen.«
»Den Mitternachtsexpress?«

»Den Mitternachtsexpress. Es gibt ein Buch von Billy Hayes, das heißt Midnight-Express. Unser Englischlehrer damals hat es geliebt. Es geht um einen jungen Amerikaner, der in der Türkei inhaftiert wird und dessen Haft immer mehr verlängert wird. Mit ein paar Mitgefangenen möchte er den Mitternachtsexpress nehmen - ihr Codewort für eine Flucht. Und am Ende schafft er es, als er auf ein Inselgefängnis verlegt wird, mitten in der Nacht mit einem Ruderboot zu fliehen. Damit fährt er nach Griechenland und von dort aus kommt er irgendwie wieder nach Hause.«

»Ich soll also einen Mitternachts-Ruderboot-Express nehmen?«, fragte Lila albern.
»Ja!«, antwortete Franz ernsthaft. »Ich meine, nein, kein Ruderboot, aber den Mitternachtsexpress kannst du nehmen.«

»Und wie soll ich das machen? Ich hab kein Geld, keine Wohnung in München, meine Sachen sind alle noch zuhause...«
»Ja und? Du hast Freunde, oder? Und deine Eltern sind tagsüber nicht zuhause. Und du musst dir das auch nicht alles gefallen lassen.«

Nachdenklich starrte Lila vor sich hin.

Das klang zu schön um wahr zu sein. Weg von hier. Weg aus diesem Leben, weg von diesem Kloster, weg aus dieser Familie, weg aus dieser Schule. Weg, einfach nur weg.

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