Eine Frage der Zeit
Kapitel 12
Eine Frage der Zeit
„Remus? Ist alles ok?", fragte Tonks besorgt, als sie am Abend von der Arbeit kam. Sie hatte das Licht im Wohnzimmer angemacht und ihren Ehemann bewegungslos im Dunkeln sitzen sehen.
„Remus?", fragte sie erneut.
„Mh?", murmelte ihr Mann zurück.
„Ist alles in Ordnung?", fragte sie unruhig und setzte sich neben Remus aufs Sofa.
„Ja, es geht mir gut.", antwortete dieser geistesabwesend.
„Was ist los?", hakte Tonks ungeduldig nach.
„Nichts.", war die einzige Antwort, die sie bekam.
„Ist dieses Nichts zufällig 17 Jahre alt, groß und hat schwarze Haare und Augen?"
Remus seufzte leise, dann nickte er.
„Wie ist deine erste Unterrichtsstunde mit Harry gelaufen?", wollte Tonks nun wissen.
„Er hat einfach nur da gesessen und zugehört.", gab Remus knapp zurück.
„Wo ist dann das Problem?", fragte Tonks irritiert.
„Hast du gehört was gestern Abend im Gemeinschaftsraum der Slytherins passiert ist?", zum ersten sah Remus seine Frau nun direkt an.
„Ja, das hat wohl jeder. Aber dem Malfoyjungen ist doch nichts passiert.", entgegnete sie nervös.
„Was tun wir hier nur, Dora?", fragte Remus mit bedrückter Stimme.
„Was wir tun? Wir helfen Harry. Wir helfen Lily. Wir helfen James.", antwortete Tonks und sah ihren Mann dabei ungläubig an.
„Ja, wir helfen ihnen. Aber um welchen Preis?"
„Was soll das denn heißen?", rief Tonks entsetzt und sprang auf, „Wir reden hier von dem Sohn deiner Freunde, unserer Freunde! Von dem Baby, das du früher in den Schlaf gesungen hast!"
„Aber er ist kein Baby mehr! Er ist 17 Jahre alt und keiner von uns hat auch nur die geringste Vorstellung davon wozu er fähig ist! Wir können ihn nicht einschätzen, Dora! Wir haben keine Möglichkeit ihn zu kontrollieren! Er hat Malfoy angegriffen und gedroht ihn zu töten, wie lange wird es dauern, bis jemand ihn genug ärgert, dass er beschließt wirklich jemanden zu töten?!", rief Remus und sah seine Frau verzweifelt an.
„Harry ist doch nicht dumm! Er wird niemanden töten, die Konsequenzen wären zu...", noch bevor Tonks ihren Satz beenden konnte, unterbrach Remus sie und fragte plötzlich so leise, dass seine Frau ihn kaum verstand: „Welche Konsequenzen? Wir haben kein Druckmittel. Die einzige Möglichkeit ihn festzuhalten ist hier in Hogwarts. Was sollen die Lehrer denn tun? Hauspunkte abziehen? Das ist ihm bestimmt egal. Strafarbeiten? Die wird er einfach nicht machen. Und rausschmeißen kann Dumbledore ihn nicht."
„Hogwarts ist nicht der einzige sichere Ort und das weiß Harry auch. Wenn er zu weit geht, dann muss er nach Askaban und das wird ihn wohl abschrecken.", antwortete Tonks nervös.
„Ach wirklich? Als wir ihn festnahmen, da wollte er lieber nach Askaban gehen.", antwortete Remus ruhig.
„Er WOLLTE nach Askaban?", fragte Tonks entsetzt, „Wieso sollte er sowas wollen?"
„Ich habe einen Verdacht, aber sicher bin ich nicht.", gab Remus zu.
„Was für einen Verdacht?", fragte Tonks gespannt.
„Er hat sich von uns fangen lassen um nach Askaban zu kommen und von dort auszubrechen.", erwiderte Remus ruhig.
„Ausbrechen?! Niemandem ist das je gelungen!", antwortete Tonks ungläubig.
„Irgendwann ist immer das erste Mal. 16 Jahre lang hat Voldemort Harry versteckt. Hätten wir ihn an das Ministerium übergeben, dann wäre allgemein bekannt geworden, dass Voldemort einen Sohn hat. Und was würde passieren, wenn Voldemorts Sohn der erste Mensch ist, der jemals aus Askaban ausbricht, obwohl es doch unmöglich sein soll?", fragte Remus leise, „Was würde dann passieren, Dora?"
„Panik.", antwortete Tonks mit vor Entsetzen weit geöffneten Augen, „Es würde zu einer riesigen Panik kommen und jeder würde denken, dass Harry ein verdammt mächtiger schwarzer Magier ist."
„Ganz genau. Ein mächtiger schwarzer Magier, der an Voldemorts Seite kämpft. Ich vermute, dass ist der Grund warum Voldemort Harry so lange versteckt hat. Er wollte ihn fertig ausbilden um dafür zu sorgen, dass er Harry seine mächtigste Waffe wird.", fuhr Remus fort.
„Aber was hält Harry dann davon ab, jemanden zu töten?", fragte Tonks und plötzlich spürte sie zum ersten Mal seit langer Zeit wieder richtige Angst in sich aufsteigen.
„Gar nichts.", antwortete Remus düster.
„Aber... Aber er hat unter Veritaserum gesagt, dass er keine Kinder töten würde!", rief Tonks und versuchte sich selbst mit diesem Gedanken zu beruhigen.
„Und was ist mit den Lehrern und uns?"
„Die sind alle fähig genug um sich zu verteidigen. Ich meine, die Lehrer werden sich doch gegen einen 17 jährigen wehren können. Und wir auch, die meisten von uns sind ausgebildete Auroren!", antwortete Tonks.
„Ja, genau wie Alastor, Kingsley und Frank.", sagte Remus tonlos, „Wir können nur hoffen und beten, dass Harry beschließt noch ein wenig hier zu bleiben. Und was das Schlimmste ist: Wir spielen hier mit Menschenleben und es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand stirbt."
„Zari! Hey Zari, warte kurz!", rief Hermine atemlos, als sie ihrem neuen Klassenkameraden nach dem Frühstück aus der Großen Halle folgte.
„Oh, hallo. Ich hatte dich überhaupt nicht gesehen.", antwortete Zari während Hermine schlitternd neben ihm zum Stehen kam.
„Was hast du jetzt?", fragte er weiter und sah sie neugierig an.
„Alte Runen. Und du?"
„Verwandlung. Wird bestimmt lustig.", antwortete er und grinste sie fröhlich an.
„Wieso habe ich nur das Gefühl, dass du irgendwas ausheckst?", fragte Hermine misstrauisch zurück.
„Wie kommst du denn auf diesen Gedanken?", gab Zari mit gespieltem Ernst zurück.
„Ich habe dieses Grinsen mehr als einmal bei deinem Bruder gesehen und das ist nie ein gutes Zeichen.", antwortete Hermine und musterte Zari kritisch.
„Ich habe keine Ahnung wovon du redest.", sagte Zari und setzte eine Unschuldsmiene auf.
„Ja klar.", fuhr Hermine sichtbar skeptisch fort, „Nicht mein Problem. Dein Vertrauensschüler ist Malfoy."
Jetzt lächelte auch Hermine und sagte: „Eigentlich wollte ich nur wissen, ob du schon mit dem Aufsatz für Lupin angefangen hast."
„Nein.", sagte Zari ruhig.
„Wollen wir dann heute Abend in der Bibliothek daran arbeiten?", fragte Hermine hoffnungsvoll.
„Nein.", antwortete Zari erneut, doch als er Hermines verletzte Miene sah, fügte er noch hinzu: „Ich habe nicht vor ihn zu machen."
„Was?! Wieso nicht?", rief Hermine entsetzt.
„Wieso sollte ich?"
„Wenn ein Lehrer Hausaufgaben aufgibt, dann musst du sie auch machen, das ist wichtig!"
„Wieso?", wiederholte Zari.
„Weil... Naja... Weil es um deine Noten, deine Zukunft geht!", stotterte Hermine.
„Für das, was ich machen werde, brauche ich keinen Schulabschluss.", meinte Zari leise.
„Und was soll das sein?", fragte Hermine und sah ihr Gegenüber herausfordernd an.
„Das erzähl ich dir wann anders.", antwortete Zari und lächelte traurig.
„Ok", sagte Hermine mit enttäuschter Stimme, „dann mach ich's halt allein."
„Wieso willst du überhaupt mit mir zusammenarbeiten?", fragte er neugierig.
„Ganz ehrlich? Du kennst Professor Lupin und... naja, dein Vater ist Auror. Ich dachte vielleicht hast du ja Ahnung von den unverzeihlichen Flüchen.", flüsterte Hermine nervös.
Einen Moment lang musterte Zari Hermine, dann sagte er: „Na gut. Wir können zusammen daran arbeiten. Allerdings verstehe ich sowieso nicht, warum ihr sowas in der Schule lernen müsst. Außerhalb dieser Mauern herrscht Krieg, ihr werdet alle noch früh genug Erfahrungen mit den Unverzeihlichen machen. Das ist alles nur eine Frage der Zeit."
„Dein Vater will, dass wir nett zu Potter sind?", fragte Pansy mir angeekelter Stimme und sah Draco kritisch an.
„Hat er gesagte wieso?", fügte Blaise neugierig hinzu, als Draco zustimmend nickte.
„Nein, er hat nur gesagt, dass ich Potters Briefe weiterleiten soll, dass der Auftrag von höchster Stelle kommt und dass es für uns alle besser wäre, wenn wir uns mit ihm anfreundeten.", antwortete Draco und sah dabei genauso ratlos aus, wie seine Freunde.
„Vielleicht ist er ein Spion für den Dunklen Lord.", flüsterte Pansy mit vor Aufregung gerötetem Gesicht.
„Wohl kaum. Wenn er spionieren sollte, dann hätte er wohl alles daran gesetzt nicht nach Slytherin zu kommen. Das ist doch ein bisschen auffällig.", antwortete Blaise abfällig.
„Was denn dann?", fragte Pansy gereizt.
„Habt ihr gesehen, wie einige der Lehrer ihn ansehen? Und die Geschichte, dass er zuhause unterrichtet wurde? Das passt doch alles nicht zusammen. Irgendwas großes und wichtiges geht hier vor.", antwortete Blaise.
Draco nickte zustimmend und sagte: „Ich werde meinem Vater schreiben. Vielleicht bekomme ich noch irgendwas aus ihm raus und wenn nicht, dann müssen wir halt selbst versuchen Antworten zu bekommen. Jemand wird einen Fehler machen und etwas ausplaudern, das ist nur eine Frage der Zeit."
Alice Longbottom seufzte leise, als sie Hogwarts betrat. Seit Jahren war sie nicht mehr hier gewesen, doch trieb sie die Einsamkeit zurück. Seit Neville in die Schule zurückgekehrt war und sie Frank verloren hatte, war es einfach zu still zu Hause gewesen und sie brauchte dringend jemanden, mit dem sie reden konnte. Als sie am Quartier der Potters angekommen war, holte sie noch einmal tief Luft und klopfte, nur wenige Augenblicke später wurde die Tür geöffnet und Alice stand Alea Potter gegenüber.
„Hallo Alea, ist deine Mum da?", fragte Alice und blickte hoffnungsvoll an der Neunjährigen vorbei.
„Nein, leider nicht. Aber sie kommt bestimmt bald wieder. Komm doch rein.", antwortete Alea und trat zur Seite.
„Danke, Schatz.", antwortete Alice und trat ist Wohnzimmer. Kaum hatte sie sich neben Alea aufs Sofa gesetzt, als die gegenüberliegende Tür aufgerissen wurde und Gilly hereingestürmt kam.
„Hilfe, Tante Alice! Hilfe!", rief sie und stürmte auf sie zu.
Reflexartig sprang Alice auf, zog ihren
Zauberstab und stellte sich schützend vor die beiden Mädchen, als eine junge Frau Gilly folgte und rief: „Versteck dich ruhig, Gillian Isabelle Potter, ich krieg dich schon und dann geht es ab in die Badewanne!" Dann prallte sie plötzlich zurück und starrte Alice an.
„Wer sind Sie und was machen Sie hier?!", verlangte die Unbekannte zu wissen und musterte Alice abschätzend.
„Mein Name ist Alice Longbottom. Ich bin eine Freundin von Lily.", antwortete Alice herausfordernd, „Und wer sind Sie?"
„Phoenix Wimsey, Sirius' Freundin. "
„Achso.", sagte Alice, entspannte sich und ließ den Zauberstab sinken, „Bitte entschuldigen Sie meine Überreaktion, aber wenn jemand Hilfe schreit..."
„Kein Problem. Dafür habe ich völliges Verständnis. Möchten Sie einen Tee, während Sie warten?", fragte Phoenix freundlich, „Dann retten Sie auch Gilly noch für einen Moment vor der Badewanne."
„Bitte, Tante Alice. Bitte, bitte!", bettelte Gilly und blickte Alice mit ihren dunklen Augen flehentlich an.
„Das wäre wunderbar.", antwortete Alice lächelnd.
„Danke!", rief Gilly, umarmte Alice und lief gemeinsam mit Alea aus dem Raum.
Die beiden Frauen blickten den Kindern einen Moment lang lächelnd nach, dann gingen sie in die Küche und Phoenix machte sich daran Tee zu machen.
„Wohnen Sie jetzt hier?", fragte Alice neugierig und musterte die junge Frau interessiert, als sie summend durch die Küche huschte.
„Oh nein, ich komme nur zu Besuch vorbei, wenn ich frei habe. Wohnen könnte ich hier auch überhaupt nicht. Wie soll ich denn von hieraus zur Arbeit kommen?"
„So wie die anderen auch.", antwortete Alice irritiert.
Phoenix lächelte leise und antwortete: „Das kann ich nicht. Ich bin keine Hexe."
Überrascht starrte Alice sie an. Dann sagte sie: „Ich verstehe. Das wäre in der Tat ein Problem. Es ist bestimmt sowieso nicht einfach für Sie, mit so vielen Magiern zusammen zu sein, wenn Sie selbst keine Magie anwenden können, oder?"
„Nein, eigentlich nicht. Es ist etwas eigenartig, weil ich so viele Dinge nicht verstehe. Die Märchen, die Bücher, die Musik, das alles kenne ich ja überhaupt nicht. Aber Sirius hat mir einen CD-Player mitgebracht, den Arthur Weasley so verzaubert hat, dass er auch in Hogwarts funktioniert."
„Wirklich? Haben Sie ihn hier? Ich würde zu gerne mal Muggelmusik hören! Wenn ich nämlich ehrlich bin, habe ich genauso wenig Ahnung von Muggeln.", antwortete Alice aufgeregt.
„Gerne!", rief Phoenix erfreut und holte ein Gerät aus dem Nebenraum, das Alice noch nie gesehen hatte.
„Ich mache einfach mal eines meiner Lieblingslieder an, wenn das ok ist?", fragte Phoenix hoffnungsvoll.
„Natürlich", sagte Alice und wartete gespannt.
Als die ersten Töne der Melodie erklangen, gefror das Lächeln auf Alices Gesicht und ein Schauer durchlief sie.
„Ich kenne dieses Lied.", flüsterte sie so leise, dass Phoenix sie kaum hörte. Angespannt saß sie da und starrte auf den CD-Player bis die Zeilen erklangen, die sie wohl nie vergessen würde:
„I never made promises lightly
And there have been some that I've broken
But I swear in the days still left
We will walk in fields of gold
We'll walk in fields of gold"
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