Alte Freunde
Kapitel 30
Alte Freunde
Unsicher stand Ginny vor dem Haus ihrer besten Freundin und versuchte zu entscheiden was sie nun tun sollte. Sie wusste nicht wie lange sie nun schon schweigend da stand, als einer ihrer Leibwächter vorsichtig an sie herantrat und mit gesenktem Blick sagte: „Mylady, je länger wir hier draußen stehen, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit eventuell entdeckt zu werden. Hier in der Nähe gibt es ein Haus in dem mehrere Ordensmitglieder leben."
Mit eisigem Blick wandte Ginny sich um und starrte den Mann vor ihr an. „Ich bin mir dieser Tatsache vollauf bewusst.", zischte sie und drehte sich wieder dem Haus zu. Natürlich wusste sie das, immerhin war es ihre Familie, von der der Todesser da sprach.
Ginny atmete noch einmal tief durch und ging schnurstracks auf die Tür zu, klopfte energisch und wartete auf Antwort. Nur Augenblicke später wurde die Tür aufgerissen und Luna stürmte heraus und fiel der völlig überraschten Ginny in die Arme.
„Ich dachte schon du kommst nicht mehr.", sagte Luna, als sie Ginny losließ.
„Du... du hast damit gerechnet, dass ich kommen würde?", fragte Ginny völlig perplex.
„Natürlich.", antwortete Luna in einem Ton, als wäre das die dümmste Frage, die ihr jemals gestellt worden war, „Du bist doch meine beste Freundin."
Ein vorsichtiges Lächeln breitete sich auf Ginnys Gesicht aus. „Ich dachte, du würdest vielleicht schreiend weglaufen oder sowas.", gestand sie kleinlaut, „Wo ich doch jetzt anscheinend sowas wie die Königin allen Übels bin."
„Mh, davon weiß ich nichts. Ich bin nur sicher, dass du mir nichts tun würdest. Kein Mensch verändert sich über Nacht so sehr. Kommt doch rein."
Erst als Luna in der Mehrzahl sprach erinnerte Ginny sich wieder an ihre beiden stummen Leibwächter.
„Oh", sagte sie unbehaglich, „Ist dein Vater zu Hause?"
„Nein, der folgte einer Spur.", antwortete Luna in ihrem gewohnt verträumten Ton, „Jemand hat ihm einen Tipp gegeben, wo die Privatarmee des Ministers versteckt ist."
Ginny hörte, wie einer der Todesser hinter ihr versuchte sein Lachen durch Husten zu überspielen, wandte sich mit blitzenden Augen um und beobachtete voller Genugtuung wie der Mann knallrot wurde und verschämt zur Seite blickte. Erst dann drehte sie sich wieder zu Luna um und antwortete: „Das ist ja großartig, aber ich dachte sie seien in Nordwales, war das nicht der letzte Stand der Dinge?"
„Ja... aber das hat sich als falsch erwiesen.", antwortete Luna niedergeschlagen und ging in die Küche.
„Oh, wie schade.", fügte Ginny hinzu, die nach all den Jahren der Freundschaft mit Luna die Geschichten ihres Vaters fast so gut kannte, wie sie selbst.
„Du kannst deine Leute ja hier in der Küche lassen.", schlug Luna ruhig vor, die überhaupt keine Probleme damit zu haben schien zwei Todesser im Haus zu haben.
„Alles klar. Ihr wartet hier.", befahl Ginny knapp und folgte Luna die Treppe hinauf in ihr Zimmer.
„Aber, Mylady, Lord Salazar hat befohlen, Euch unter allen Umständen unversehrt wieder zurück zu geleiten.", informierte sie einer der Männer nervös.
„Dann bewacht die Tür.", antwortete Ginny kühl.
Im Schlafzimmer angekommen, sagte Luna träumerisch: „Du hast die ja gut im Griff." Ginny zuckte nur hilflos mit den Schultern und antwortete: „Zari meinte, ich solle am besten keine Schwäche zeigen. Einige der Todesser hätten sicherlich Bedenken meinetwegen, aber viel zu viel Angst um das irgendwie zu zeigen."
„Mh, wie ist das so als Herrin der Todesser?", fragte Luna mit ernsthafter Neugierde in der Stimme.
Ratlos schüttelte Ginny den Kopf. „Keine Ahnung", murmelte sie, „Eigentlich bekomme ich davon nicht viel mit. Ich verlasse das Quartier kaum. Aber es ist seltsam, sehr seltsam sogar."
„Dann musst du also nichts tun?", fragte Luna nach und ließ sich neben Ginny aufs Bett fallen.
„Nein.", antwortete Ginny langsam und starrte geistesabwesend an die Decke, bevor sie die eine Frage stellte, dir ihr schon seit Wochen zu schaffen machte: „Luna... denkst du, dass ich böse werde?"
„Was?", fragte Luna verwirrt und drehte sich um, damit sie Ginny besser in die Augen sehen konnte, „Wie kommst du denn darauf?"
Ginny lachte nervös und spürte wie ihr Tränen in die Augen stiegen.
„Hast du mich nicht gesehen?", fragte sie harsch, „Ich tauche hier mit Todessern als Begleitschutz auf, ich kann mich in Darkheaven frei bewegen, wenn ich etwas befehle, dann wird es auch getan. Und... und das Ministerium...", traurig brach sie ab.
„Das Ministerium hat dich zum Kuss verurteilt."
„Ja.", hauchte Ginny kleinlaut und blickte mit tränen feuchten Augen an ihrer besten Freundin vorbei, weil sie Angst hatte vor ihrem Gesichtsausdruck.
„Ich glaube nicht, dass sie das wirklich tun würden, sie wollten nur Zari wütend machen.", sprach Luna genau das aus, was auch Zari schon dazu gesagt hatte.
Ginny lachte daraufhin nur freudlos: „Das ist ihnen fraglos gelungen. Aber was macht das aus mir? Wer bin ich jetzt?"
„Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht.", antwortete Luna und Ginny spürte, wie ihr das Herz in die Kniekehlen rutschte.
„Oh.", hauchte sie nur tonlos.
„Versteh mich bitte nicht falsch. Ich denke nicht, dass du ein böser Mensch bist oder wirst, aber..."
„Aber?", fragte Ginny zittrig.
„Aber Zari hat dir Macht gegeben, sehr viel Macht. Du könntest damit so viel Gutes tun!"
„Und wie? Was soll ich denn machen? Ich kann Zari nur darum bitten sich zurückzuhalten, aber selbst das nur bis zu einem bestimmten Punkt.", antwortete Ginny frustriert, „Ich kann vielleicht einzelne Menschen schützen, meine Familie und auch dich, aber das wird nichts daran ändern, was Voldemort tut oder Zari."
„Vielleicht ja doch.", versuchte Luna sie aufzumuntern.
Hilflos ließ Ginny ihre Hände in ihre Taschen gleiten und spürte plötzlich die schmale Schatulle unter ihren Fingern. „Oh, das hätt ich fast vergessen!", rief sie aufgeregt und zog die beiden Ketten heraus, „Hier, die ist für dich."
Neugierig nahm Luna eine der Ketten entgegen und musterte sie eingehend. „Oh, die ist wunderschön.", hauchte sie.
„Und nützlich.", fügte Ginny hinzu, „Wenn du sie in die Hand nimmst und meinen Namen denkst, dann wird meine Kette heiß. Wenn du als Hilfe brauchst oder nur mal reden möchtest, dann komme ich sofort."
„Wow, danke.", sagte Luna lächelnd und legte sich die Kette um, während Ginny umgekehrt das gleiche machte, „So, und jetzt erzähl mir ein bisschen was."
Ginny strahle sie an und ließ sich wieder auf den Rücken fallen. Ehe sie sich versah, redete sie wieder mit Luna wie früher, als wäre das alles nie passiert und wenn Ginny ehrlich war, dann war sie schon sehr lange nichtmehr so glücklich gewesen.
Obwohl es schon früher Nachmittag war, lag Sirius noch immer im Bett und starrte düster an die Decke seines Schlafzimmers. Seit er Harrys... nein Zaris Erinnerungen, gesehen hatte, kämpfte er mit sich selbst. Sollte er seinen Freunden davon erzählen? Hatten sie nicht ein Recht dazu die Wahrheit zu erfahren? Doch irgendetwas hielt ihn zurück. Wie konnte er Lily und James das antun? Wie konnte er ihnen nur erzählen, dass Zari hatte zurückkommen wollen, bevor seine Freundin getötet worden war? Sirius war sich sicher, dass die Tatsache, dass ihr Glück einmal so nahe gewesen war, die beiden zerstören konnte.
Und er selbst? Sollte er nach Phoenix suchen? Sein ungeborenes Kind finden und es damit in Gefahr bringen oder wäre es das Beste sich fernzuhalten, damit es ganz ohne Bedrohung von Voldemort und unter Zaris Schutz aufwachsen konnte?
All diese Fragen beschäftigten Sirius nun schon seit Tagen, aber eine Antwort war ihm bis jetzt noch nicht gekommen. Erst ein leises Klopfen an seiner Tür riss ihn aus seinen Gedanken, die sich eh nur immer im Kreise drehten.
„Herein!", rief er und setzte sich auf die Bettkante.
Vorsichtig steckte James seinen Kopf ins Zimmer und sagte fröhlich: „Bitte sag mir, dass du angezogen bist. Auf bestimmte Anblicke bin ich einfach nicht vorbereitet."
„Ha ha.", erwiderte Sirius trocken, stand auf und zog seinen Bademantel über, „Zufrieden?"
„Eindeutig.", antwortete James ernst und trat vollends ins Zimmer.
„Was gibt's denn?", fragte Sirius stirnrunzelnd, „Ist etwas passiert?"
„Ich weiß von nichts. Du vielleicht?", antwortete James ernst und sah seinen alten Freund eindringlich an.
Als Sirius den Mund öffnete um zu erwidern, dass alles okay sein unterbrach James ihn jedoch und sagte: „Bitte erzähl mir jetzt nicht, dass alles in Ordnung sei. Das ist es nämlich nicht und das ist uns auch allen schon aufgefallen."
„Na schön... es ist nicht alles okay.", antwortete Sirius zähneknirschend.
„Möchtest du darüber reden?", fragte James ruhig.
„Nein, noch nicht. Und vielleicht auch niemals.", stellte Sirius klar und fühlte ein plötzliches Gefühl von Schuld gegenüber seinem besten Freund.
„Bist du sicher? Denn so wie es jetzt ist, kann es definitiv nicht weitergehen. Du kannst dich nicht einfach hier verkriechen, weißt du?"
„Ich weiß.", antwortete Sirius leise. Er wünschte wirklich, er könnte James die Wahrheit sagen, aber Zari war zu ihm gekommen und dafür gab es einen Grund. Diese Wahrheit war für ihn bestimmt.
„Dann zieh dich jetzt an und rede mit deiner Tochter. Sie macht sich nämlich große Sorgen um dich.", rief James energisch und blickte Sirius auffordernd an.
„Das werde ich auch. Aber erst wenn du verschwindest, denn wie du schon selbst so schön gesagt hast: Auf diesen Anblick bist du einfach nicht vorbereitet."
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