Die Hütte im Wald
Buckys Sicht:
Er schloss seine Augen. Verdammt, sein Körper liess langsam wirklich nach. Er versuchte tief einzuatmen, doch die Gerüche sorgten dafür, dass er erneut würgen musste. Hier unten war keine frische Luft, nichts, was ihm guttat, nicht im Moment. Als sie auf ihn zu ging, wich er sofort einen Schritt zurück. Ja, er hatte ihr Leben gerettet, genau wie sie seines, aber das bedeutete nicht, dass er ihr vertraute. «Wir müssen hier raus!», meinte er einfach und blickte dabei die andere an. Sie hatte ihre Hand auf ihre Wunde gelegt und er konnte genau das Blut entdecken, welches darunter hervorquoll und ihre Kleidung rot färbte. Sie war keine Gefahr für ihn, sie war genauso schlimm verletzt wie er selbst, einen Kampf würden die beiden hier nicht überleben. Er blickte an ihr herunter, versuchte trotz der Dunkelheit herauszufinden, ob sie weitere Waffen an sich trug. Die, welche er ihr abgenommen hatte, trug er an seinem Körper. Doch die Dunkelheit machte es schwer, überhaupt etwas zu erkennen, ausser grobe Formen. Still tastete er an sich herab, bis er die Taschenlampe fand und aktivierte. Wenigstens etwas Licht. Er blickte an sich herunter zu dem Wasser, in welchem sie beide standen. Es war dunkel und rauschte zwischen ihren Beinen hindurch. Die Nässe zog dabei dauerhaft in seine Kleidung. Für einen Moment dachte er darüber nach einfach aufzugeben, seinem Körper nachzugeben und einfach nach vorne um zu kippen. Einfach im Wasser zu landen und nicht mehr denken zu müssen. Doch da packte sie seinen Arm und begann ihn hinter sich her durch das Labyrinth aus Rohren und Tunneln zu ziehen. Er wollte widersprechen, seine Hand zurück reissen, doch am Ende liess er es einfach bleiben. Er musste seine Kraft sparen. Sie sassen jetzt hier unten fest, zusammen, weil er nicht mehr Teil von Hydra war, weil er sie nicht einfach sterben lassen würde. Er folgte ihr still, schloss ab und an seine Augen, fokussierte sich aber darauf weiter voranzukommen. Sein Kopf drehte sich und manchmal war er sich nicht mehr sicher, ob er seinen Fuss auf den Boden abstellte oder auf einer Wolke. Manchmal fühlte sich sein ganzer Körper an als wäre er in Watte gepackt, doch das hielt nicht lang, den meist holte ihn stechender Schmerz, ausgelöst durch blosses Atmen, wieder in die Wirklichkeit zurück. Den Überblick über die Zeit hatte er schon lange verloren, aber wofür braucht er die denn? Sie wurden nicht verfolgt und das war das wichtigste. Ihre Hand lag die ganze Zeit weiter auf seinem Arm. Hatte sie Angst, dass er sie von hinten angriff, dass er umgekippt oder dass ihr Körper die letzte kraft verlor? Er beobachtete, wie auch sie immer mal wieder stockte und etwas taumelte. Sie hatte einiges an Blut verloren.
Als sie irgendwann plötzlich stehen blieb, rannte er fast in sie hinein, schaffte es aber noch knapp hinter ihr stehenzubleiben. Sie waren so dicht, dass er den Geruch ihres Schweisses durch das Stinken der Kanalisation deutlich wahrnehmen konnte. Er hob seinen Blick und entdeckte den Grund für das Ruckartige stoppen. Eine Leiter. Sie kämpfte sich als Erstes nach draussen, danach er. Das Licht sorgte dafür, dass er für einen Moment seine Augen zusammen kniff und ein schmerzhaftes Keuchen von sich gab. Selbst auf der Flucht hatte er es vermieden am Tag unterwegs zu sein und die Helle und die Wärme setzten seinem geschundenen Körper nur noch mehr zu. Er blickte sich herum. Hier war nichts, nur Land. In dem Moment konnte er seine Füsse unter sich nicht mehr halten und sank in sich zusammen. Sein Atem ging langsam, rasselnd, während er seinen Kopf und den Nacken legte und die frische Luft einatmete. Seine Kleidung klebte nicht nur wegen des Wassers an ihm, sondern auch wegen dem Schweiss. Seine Haut selbst hatte begonnen zu glühen. Er blickte an sich herunter zu der Wunde und würde am liebsten fluchen. Der Kampf und der lange Marsch hatten der Wunde nur noch mehr zugesetzt und er konnte schon fast sehen, wie seine Kleidung sich in einer Mischung aus Eiter und Blut einfärbte. Wieso heilte er nicht, er musste heilen. Als sie auf ihn zu ging und ihm den Rucksack von den Schultern nahm, wollte er sich dagegen wehren, hob seine linke Hand, um mit seiner Hand wieder ihre Kehle zu packen, doch seine Finger bewegten sich keinen Millimeter. Er starrte für einen Moment einfach auf seinen ausgestreckten Arm, während die andere schon durch seine Sachen suchte. Er hob seinen Blick zu ihr. Sie war ebenfalls blass, aber ihre Stirn zeigte nur leichte Schweissperlen. Ihre Wunde an der Schulter schien für den Moment das Bluten aufgehört zu haben, denn das Rot an den Rändern war schon wieder getrocknet und begann einen Schorf zu bilden. Langsam begann sich Bucky wieder nach oben zu kämpfen. «Gib mir meine Sachen wieder!», meinte er rau und griff nach dem Rucksack in ihrer Hand. «Ich weiss nicht, was du versuchst zu finden, aber ich habe es nicht!», setzte er nach und taumelte dann einen Schritt auf sie zu. Verdammt, er war definitiv nicht in seiner besten Form. Sie schaffte es ohne Probleme ihm auszuweichen. Doch durch ihre Bewegung, wurde sein Blick auf etwas in der Ferne gelenkt, ein altes Haus. Aus der Ferne wirkte es nicht bewohnt, das war perfekt um ihn für ein paar Tage einen Unterschlupf zu bieten. Er drehte sich wieder zu ihr und presste seine Lippen aufeinander. Aber alleine würde er nicht viel weiterkommen. «Ich habe einen Vorschlag!», meint er schliesslich rau, bevor er sich drehte und auf das Haus deutete. «Ich versorge deine Wunde, du meine und dann gehen wir verschiedene Wege, keiner muss sterben!»
Olivias Sicht:
Beide waren sich gegenüber sehr misstrauisch. Kein Wunder, sie hatten sich ja vorhin versucht umzubringen. Fast hätten sie es auch geschafft. Sie hatten es geschafft durch den Gang vom Gully Deckel runter zu klettern und waren ein paar Meter gelaufen, wobei sie eher gehumpelt waren. Sie sah zu, wie ihr Angreifer würgte und sich übergab. Er sah wirklich schrecklich aus, doch ihr ging es nicht gerade besser. Ihre Seite schmerzte, der Schnitt war zwar nicht zu tief, doch er zog sich über den ganzen Rippenbogen. Sie hatte sonst noch ein paar Schnittwunden und ein paar blaue Flecken, doch am meisten Sorgen machte ihr ihre Schulter. Sie versuchte immer noch die Blutung zu stoppen, vergeblich. Das Stück Stoff war schon lange von Blut durch tränkt. Sie schritt auf ihn zu, um ihm an Arm zu packen. Als er zurückwich, ignorierte sie das einfach. Er konnte sich ja kaum auf den Beinen halten, vielleicht war es gut, wenn sie sich gegenseitig ein wenig stützten. «Ach ja? Schlauer Einfall», antwortete sie nur auf sein 'Wir müssen hier raus'. Sie verdrehte leicht die Augen, hielt mit einer Hand den Arm von ihrem Angreifer und die andere hatte sie an ihrer Seite platziert. Beim Gehen krümmten sich beide etwas vor Schmerz, doch sie kamen gut voran. Das Wasser unter ihnen plätscherte recht laut. Von den Wänden tropfte es und der Geruch war wirklich schlimm, doch es blieb ihnen nichts anderes übrig. Der Winter Soldier hatte zum Glück ihre Taschenlampe aufgehoben und mitgenommen, so hatten sie wenigstens ein wenig Licht. Olivia schritt voran, durch das Wasser. Es dämpfte ihre Schritte, war aber auch nicht gerade einfach darin voranzukommen. Es war schlammig, doch sie schritten weiter. Während dem sie weiter durch das Labyrinth von Rohren liefen, hielt sie immer noch seinen Arm fest. Wieso eigentlich? Es passte ihm nicht wirklich. Doch vielleicht half es, falls jemand von ihnen einfach umfallen würde. Sie waren hier unten immerhin zusammen und ob sie nun wollten oder nicht, sie mussten zusammen auch wieder raus. Sie hatte einen starken Willen, auch wenn sie immer wieder mal taumelte oder stockte. Doch sie konnte nicht aufgeben, nicht jetzt.
Dann plötzlich stoppte sie, denn sie fand ein kleineres Rohr. Und eine Leiter, die nach oben führte. Endlich. Sie hatte ja keine Ahnung, wie lange sie unterwegs waren. Doch die frische Luft und das Tageslicht waren eine willkommen Abwechslung. Zwar brannte die Sonne auf ihre Haut und sie musste ihre Augen zusammenkneifen. Doch sie war einfach froh, dass sie wieder draussen waren. Sie sah zuerst an sich herunter und stellte fest, dass ihre Hose völlig durchnässt und dreckig war. Ihr Shirt und die Jacke waren zerschnitten und voller Blut. Ebenfalls nahm sie jetzt auch wahr, dass sie wirklich stank und das nicht nur nach Kanalisation. Sie rümpfte die Nase und sah zu ihrem Gegenüber. Der sah aber im Tageslicht noch schlimmer aus. Er war bleich, schwitzte und sah so aus, als ob jeden Moment zusammenbrach. Er bemerkte ihren Blick, sie hatte ihn wohl zu lange angestarrt. Sie schnaubte nur leise und versuchte sich mal zu orientieren. Leider hatte sie keine Ahnung, wo sie waren. Sie sah zu seinem Rucksack, vielleicht hatte der was Nützliches dabei. Immerhin hatte er auch immer noch ihre Waffe und ihre Taschenlampe. Zum Glück hatte er das Messer in ihren Stiefel nicht entdeckt. Also ging sie auf ihn zu, nahm ihm den Rucksack ab und wühlte kurz darin herum. Das passte dem schwarzhaarigen sogar nicht und er fuhr sie an. Und er versuchte sein Hab und Gut auch wieder zurückzuholen, doch nicht mit ihr. Als er nach dem Rucksack griff, wirbelte sie ihn einfach auf die andere Seite, ignorierte ihn und schaute weiter nach was Brauchbarem. Er liess nicht locker, doch sie konnte ihm ohne Probleme ausweichen und er taumelte einfach an ihr vorbei. Ihr Mundwinkel zuckten sich kaum merklich nach oben. «Ich suche nach einer Karte oder einem Kompass», murmelte sie nur und suchte weiter. Verdammt, wie konnte er nicht mal eine Karte haben. Sie gab auf und schloss den Rucksack und schulterte ihn sich selber über die gesunde Schulter. Dann sah sie zu ihrem Begleiter, der gerade wohl etwas entdeckt hatte. Sie folgte seinem Blick und öffnete leicht den Mund. Sie konnte sich vorstellen, was für einen Vorschlag er hatte, als er die kleine Hütte weit hinten im Wald sah. Es war der beste Unterschlupf, er war abgelegen, hatte keinen Strom oder Wasseranschluss. So konnte man sie bestimmt nicht so leicht finden.
Sie hob eine Augenbraue und musterte misstrauisch den Mann vor ihr. Sie überlegte und ging ihre Möglichkeiten durch. Aber ihr Herz...ihr Sanitäter Herz siegte. Sie konnte ihn nicht einfach hier sterben lassen...er würde nämlich nicht lange überleben. Nicht ohne Hilfe. Sie kaute auf ihrer Unterlippe und überlegte weiter. Sie musste sich selber ja auch verarzten. «Ich kann mich selber verarzten», sagte sie bestimmt und wartete auf seine Reaktion. «Aber...und dafür werde ich mich wahrscheinlich hassen...aber ich helfe dir. Ein Glück hast du eine Sanitäterin hier», stimmte sie also immer noch etwas skeptisch seinem Vorschlag zu. «Übrigens siehst du echt scheisse aus. Ich tippe auf eine Blutvergiftung und nach deiner eiternden Wunde zu urteilen, hast du auch Fieber», stellte sie fest und musterte ihn von oben nach unten. Sie packte wieder ohne zu fragen seine Hand und zog ihn in Richtung der Hütte. Es war noch ein Marsch von etwa einer viertel Stunden. Sie nahmen einen kleinen, verwachsenen Waldweg. Immer wieder mussten sie Sträucher und Gebüsche ausweichen. Doch sie schafften es irgendwie und nun standen sie vor einer verschlossenen Tür. Es war nur ein kleines Vorhängeschloss, also nahm Olivia einen Stein und schlug drauf. Es fiel kaputt zu Boden. Olivia öffnete die Tür und trat hinein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro