Die Orania-City-Rallye
Die Bibliothek von Orania City befand sich in einem großen alten Backsteingebäude, das zwischen den ganzen modernen Häusern der Stadt ein wenig fehl am Platz wirkte. Angestrengt drückten die beiden Mädchen gemeinsam die schwere Holztür des Gebäudes auf, um einzutreten. Teppichboden bedeckte einen Großteil des Bodens der Bibliothek. Unzählige Schilder wiesen darauf hin, was man in der Bibliothek alles nicht durfte. Essen war verboten. Trinken durfte man nur in ausgewiesenen Bereichen. Pokémon durften nicht freigelassen werden. Lautes Sprechen war verboten. Rennen sowieso.
Geduldig warteten sie vor einem Regal, in das eine Frau mittleren Alters gerade Bücher einsortierte. „Entschuldigen Sie!", begann Hanna und wartete höflich, bis die Angestellte sich ihnen lächelnd zuwandte. „Wir suchen Bücher über legendäre Pokémon und Kriege, in denen Pokémon eine Rolle spielten."
Augenblicklich zeigte die Frau zu einer Treppe. „Im ersten Obergeschoss findet ihr Bücher über Pokémongeschichte. Im zweiten Obergeschoss befinden sich die Pokémonbücher. Im Regal mit der Aufschrift ‚Mysterien' gibt es Bücher über Pokémonlegenden. Ich glaube, das ist, was ihr sucht. Falls ihr noch etwas braucht, findet ihr mich hier unten. Zögert nicht, mich anzusprechen.", erklärte sie mit einem sympathischen Lächeln.
Allem Anschein nach hatte es in der Vergangenheit ziemlich viele Konflikte gegeben, in denen Pokémon eine Rolle spielten. Den Mädchen wurde bewusst, wie wenig sie über ihre eigene Welt wussten. Wahllos nahmen sie drei Bücher über Kriege in Kanto mit und suchten das Regal mit den Mysterien auf. Hier nahmen sie ein paar Bücher mit interessanten Titeln an sich und begaben sich zu einer Leseecke. Hanna studierte die Bücher aufmerksam, während Palma eher abwesend und unkonzentriert wirkte. Das rothaarige Mädchen hoffte sehr, dass seine Freundin bald wieder die Alte war.
Den Büchern zufolge hatten die Pokémon während der Kriege häufig Rüstungen getragen, die sie stärker machten, gleichzeitig jedoch dafür sorgten, dass sie sich nie mehr in ihre Energieform zurückverwandeln konnten. Dadurch waren während der Kriege viele tausend Pokémon ums Leben gekommen. Hanna fand auch Berichte über lebendig begrabene Pokémon. Da jene auf normalem Weg nur schwer zu besiegen und schwer zu kontrollieren waren, wurden sie in Höhlen gelockt, die dann zum Einsturz gebracht wurden. Manchmal wurden die Pokémon auch ertränkt. In Hoenn hatte man sie in einen Vulkan gestoßen. Alles in allem waren die Kriegspokémon ziemlich grausam behandelt worden. Schließlich wandte sich Hanna den Büchern über Pokémon zu. Ein Buch mit dem Titel „Vergessene Legenden" erschien ihr am vielversprechendsten.
Im Stichwortverzeichnis wurde sie dann auch fündig. Enttäuscht musste das Mädchen jedoch feststellen, dass es nur wenige Informationen zu dem gesuchten Pokémon gab. Ein Blick in die anderen Bücher offenbarte, dass diese nichts über Acroria enthielten. Bevor sie Palma mitteilen konnte, dass sie etwas gefunden hatte, begann diese plötzlich etwas vorzulesen: „Legendäre Pokémon sind sehr mächtig und verfügen über einzigartige Kräfte. Wenn sie gefangen werden, verlieren sie jedoch ihre Macht. Wenn ein legendäres Pokémon stirbt oder in einem Ball oder Ähnlichem gefangen wird, erscheint ein neues Exemplar, das seinen Platz einnimmt."
„Das ist interessant! Hör mal, was ich hier gefunden habe: Alten Texten zufolge gab es ein mächtiges Pokémon, das in der Lage war, andere Pokémon in ihre Energieform zu zwingen und sie zu verschlingen. Dieses Pokémon war dazu fähig, Pokémon für immer aus ihren Bällen zu befreien. Zudem soll es nie jemandem gelungen sein, dieses Pokémon zu fangen, da es immun gegen Bälle war. Vor zweihundert Jahren brachen die Berichte über dieses Pokémon jedoch ab. Somit gilt es heute als Legende und viele Wissenschaftler zweifeln an, dass es jemals ein solches Pokémon gegeben hat."
Aufgeregt diskutierten die beiden Trainerinnen auf dem Weg zum Hafen über das was sie gelesen hatten. Ob es dieses Pokémon wirklich gab und ob es das war, was im Mondberg ausgegraben wurde? Sie fragten sich, wo sie noch mehr Informationen über Acroria herbekommen könnten. Doch leider fiel ihnen auf die Schnelle nichts ein.
Im Hafengebäude suchten sie den Schalter auf, der ihnen vom Pokédex beschrieben wurde. Wenig später standen sie mit einer kräftigen jungen Frau am Steg. „Hier sind eure Angeln und ein paar Köder. Diese Köder locken nur Tentacha an. Besiegt bitte so viele ihr könnt; inzwischen sind sie eine echte Plage und gefährden die kleinen Fähren." Sie stellte den Eimer ab, drückte den beiden Mädchen je eine Angel in die Hand und zeigte ihnen, wie man angelt.s
Bevor sie anfingen, selbst loszulegen, kramte Palma den Donnerstein aus ihrer Tasche und holte ihr Evoli aus seinem Pokéball. „Na, bist du bereit, dich zu entwickeln?" Evoli schaute sie mit großen Augen begeistert an und wedelte erfreut mit seinem buschigen Schwanz. Die blonde Trainerin legte den Donnerstein vor Evoli auf den Boden. Dieses legte eine Pfote an den Stein, der grell aufleuchtete und Evoli in ein warmes Licht einschloss. Wenige Augenblicke später stand ein Pokémon mit gelbem strubbligem Fell vor ihnen; nur am Hals war es weiß. Es schien sich zu freuen – „Bli-Blitzaa!"
Neugierig holte Palma ihren Pokédex hervor, der vibrierte und anzeigte, dass Blitza neue Attacken erlernen konnte. Nach wenigen Minuten hatte sich Palma schließlich dazu entschieden, dass ihr Pokémon auf die Befehle Donnerschock, Sternschauer, Synchrolärm und Wunschtraum hören sollte. Da Hanna sie neugierig fragte, was der Pokédex zu Blitza zu sagen hatte, las sie vor: „Blitza, das Blitz-Pokémon. Es sammelt die schwache Energie, die von seinen Zellen ausgeht und schleudert starke Blitze aus. Dieses Pokémon ist eine Weiterentwicklung von Evoli. Es ist manchmal in der Nähe von Gewittern anzutreffen."
Glücklicherweise waren die Tentacha im Hafenbecken nicht allzu stark und die Mädchen konnten all ihre Pokémon trainieren. Als sie gerade Pause machten, fragte Hanna, was sie eigentlich über die Arena von Orania wussten. Palma kramte ihr Notizbuch hervor.
Orania City: Donnerorden
Arenaleiter: Mary
Typ: Elektro
Die Arena wurde früher von Major Bob geleitet. Als dieser sich in den Ruhestand begab, übernahm eine junge Seefahrerin die Arena, die sehr begeistert von Piraten ist. Sie setzt auf Pokémon mit Zweittypen.
„Elektro also. Das wird sicherlich spannend." Palma reagierte nicht. „Was ist los?"
„Was ist, wenn ich zu schwach für diese Arena bin?"
„Das bist du nicht! Du bist eine starke Trainerin mit starken Pokémon!"
„Mmh." Die Blondine stand auf und machte sich niedergeschlagen daran, weitere Tentacha zu angeln.
Am Nachmittag – inzwischen hatte sich Quapsel zu Quaputzi, Knilz zu Kapilz und Kleinstein zu Georok entwickelt – gingen die beiden mit dem leeren Ködereimer zurück zum Hafengebäude. Nachdem sie die Ausrüstung zurückgegeben hatten, musste sie noch ihre Pokédexe vorzeigen. „Wow. Da habt ihr wirklich ganze Arbeit geleistet. Für jedes besiegte Tentacha erhaltet ihr 200 Pokédollar, für je zehn Stück ein Sonderbondon." Die beiden erhielten je zehn Sonderbonbons und eine – für sie – große Menge Geld. „Vielen Dank für eure großartige Hilfe! Da ihr so viele Tentacha besiegt habt, möchte ich euch noch etwas geben." Die beiden erhielten je ein Ticket für die Seesprintfähre nach Tri-Eiland. „Ich würde euch empfehlen, die Insel erst aufzusuchen, wenn sich eure Pokémon auf Level 40 befinden, da die Pokémon auf der Insel recht stark sind."
Pünktlich um 9 Uhr des nächsten Tags zeigte der Pokédex die erste Aufgabe der Stadtrallye an. Sie mussten einfach nur in den Pokémonmarkt gehen und die Anzahl der verschiedenen dort erhältlichen Pokéballarten in den Dex eingeben. Der Pokémonmarkt befand sich in der Mitte der Stadt und hatte ein auffälliges blaues Dach. Im Gegensatz zum Laden für Trainerzubehör gab es hier kaum Kleidung, dafür aber diverse Items. Die beiden Mädchen schauten sich in den Gängen um. „Wir könnten hier Pokébälle und Superbälle kaufen. Mit vier Orden könnten wir dann noch Hyperbälle und Heilbälle kaufen. Also die die Lösung 4!"
„Nein.", erwiderte Palma.
„Wie, ‚Nein'?"
„Komm mit."
Palma ging zum Tresen des Ladens. „Ich hätte gerne fünfzehn Superbälle." Nach dem Bezahlen reichte sie dem Angestellten die Balltasche ihres Gürtels. „Vielen Dank für deinen Einkauf. Als Dankeschön erhältst du noch einen Premierball." Grinsend drehte sich die Blondine zu ihrer Freundin. „Fünf!"
Bevor sie zur nächsten Aufgabe übergingen, kaufte Hanna ebenfalls noch ein paar Superbälle.
Ihre nächste Aufgabe bestand darin, einen Code im Laden für Trainerzubehör einzuscannen. Als sie den Laden wieder verließen, las Hanna vor: „Der Name einer besonderen Blume im Blumenladen im Arenaweg." Mithilfe des PokéNavs fanden sie den Blumenladen sofort. Beim Eintreten wurden sie von einer jungen Frau begrüßt, die ein Blubella auf der Schulter sitzen hatte. „Herzlich willkommen, wie kann ich euch helfen?" Verlegen antwortete Hanna, dass sie wegen der Rallye hier waren. Die Angestellte lächelte. „Alles gut, seht euch in Ruhe um. Viel Erfolg bei der Suche."
Sie suchten bereits seit einer ganzen Weile nach einer außergewöhnlichen Blume und der Laden hatte sich inzwischen mit weiteren Trainern gefüllt. Plötzlich kam Hanna ein Gedanke. Sie gab „Blubella" in den Pokédex ein. Fehlanzeige. Mit dem Gefühl, auf der richtigen Fährte zu sein, ging sie zur Verkäuferin. „Entschuldigen sie, hat das Blubella einen Spitznamen?", fragte die Rothaarige leise. „Ja, das ist Lou. L-O-U.", antwortete die Angesprochene kichernd. „Gut mitgedacht."
Die nächste Aufgabe führte sie ein eine große Buchhandlung. Dort mussten sie lediglich Regale zählen, doch Hanna schaute sich nach Abschluss der Aufgabe in aller Ruhe in dem Laden um. Vor allem interessierte sie die Literatur über Pokémon. Auf Palmas Drängen hin entschied sie sich schließlich für ein Buch mit dem Titel „Bekannte und vergessene legendäre Pokémon". Seit der Sache mit Team Veritas hatte sie den Wunsch, mehr zu lernen.
Nach der Buchhandlung besuchten sie noch einen Schreibwarenladen, den Hafen und als letztes einen Angelladen. Im Hinterhof des Ladens befand sich ein großer tiefer Teich. Ihre Aufgabe war es, je drei Pokémon daraus zu angeln. Die Besitzerin lieh ihnen jeweils eine Angel sowie einen Eimer voller Köder. Dank ihrer Erfahrung mit den Tentacha war diese Aufgabe ein Klacks für die Mädchen. Als drei Pokémon geangelt waren, durften sie einen Code einscannen und hatten damit die letzte Aufgabe der Rallye geschafft. Bevor sie sich auf den Weg zur letzten Station machten, an der sie ihre Belohnung erhalten sollten, probierte Hanna noch eine im Rucksack verstaubare Angel aus. Zufrieden mit dieser kaufte das Mädchen die Angel und ein paar Köder.
Zögerlich traten sie durch die Tür eines modernen Gebäudes. Drinnen wurden sie von einer älteren Dame begrüßt. „Herzlich willkommen im Pokémonlabor von Orania City. Seid ihr wegen der Rallye hier? Dann folgt mir mal." Auf dem Weg durch einen hellen Gang erzählte die Frau ihnen, dass sie Professor Birn hieß und hier die Verhaltensweisen von Pokémon erforschte. Sie betraten einen Raum, der eine Reihe von Pokébällen enthielt. „Derzeit erforschen wir die Flugrouten von Ibitak. Wir glauben, dass sie ursprünglich aus Galar stammen, sich aufgrund von Klimaveränderungen jedoch in anderen Regionen niedergelassen haben. Durch eine Analyse der Flugrouten erhoffen wir uns eine abschließende Antwort auf diese Frage." Professor Birn fuhr sich durchs Haar. „Tut mir leid, wenn ich einmal in Fahrt komme... dann zeigt mal euren Pokédex her." Die Institutsleiterin vergewisserte sich, dass die Trainerinnen die Aufgaben auch alle abgeschlossen hatten, griff nach einem Pokéball, legte ihn in ein Gerät und gab Hanna ein paar Instruktionen. Kurz darauf hatte diese ein neues Pokémon – Phanpy, ein kleines elefantenähnliches Pokémon vom Typ Boden. Als nächste war Palma an der Reihe und erhielt ein Hunduster, ein Pokémon der Typen Unlicht und Feuer, das einem Hund ähnelte.
Erschöpft von der Rallye ließen sie sich im Pokémoncenter in ihre Betten fallen. Hanna holte Briefpapier hervor, das sie sich im Schreibwarengeschäft gekauft hatte und fing an zu schreiben.
„Wem schreibst du?"
„Meiner Familie."
„Hm."
„Was ist?"
„Darf ich mir auch einen Bogen nehmen?"
„Klar, gerne. Wem willst du schreiben?"
„Das möchte ich nicht sagen."
Hanna wollte nicht weiter stochern, da sie an Palmas Stimme erkannte, dass diese wirklich nicht reden wollte. Bereitwillig gab sie ihr einen Bogen ihres Papiers.
Als die Briefe geschrieben waren, brachten die beiden diese gleich zum Briefkasten. Palma schien es sehr wichtig zu sein, dass der Brief schnellstmöglich sein Ziel erreichte.
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