Wie man das System zu Staub zermalmt
„OK Junge, lass uns das Ding in die Luft jagen und heimfliegen." - Darth Vader
Ich sitze faul auf dem Sofa und schaue zum Fernseher. Das Känguru hat sich endlich dazu überreden lassen den alten RFT Color Lux so umzudrehen, dass das Bild richtigrum steht. Seit es nämlich einen Scart-Anschluss an das Gerät gelötet hat, stand das Bild auf dem Kopf, dies wurde nun berichtigt. Ich sehe zum Känguru welches wie immer in seiner Hängematte liegt und irgendwelche Blätter gekritzelt. „Arbeitest du wieder an deinem unveröffentlichten Hauptwerk?", frage ich. „Keines Wegs", antwortet es, „ich arbeite an meinem Masterplan." „Oho", sage ich, „Ist es endlich soweit." „Ja", antwortet es. „Darf ich Fragen wie dein Masterplan aussieht?", frage ich. „Fragen darfst du", erwidert es, „ich werde nur nicht antworten." Ich stöhne, stehe auf, gehe zum Fenster und schaue hinaus. Unten an der Straße parken mehrere Autos, darunter auch das des Pinguins von Gegenüber, ich stelle mich so hin, dass das Känguru es nicht sehen kann. Seit es nämlich zu der Überzeugung gekommen ist der Pinguin wäre sein kosmischer Gegenspieler, fängt es bei jeder Gelegenheit an, sich mit ihm zu prügeln.
Eine Nacht später
[Fußnote: Zeitsprung, der: logisch nicht erklärbare Lücke im Raum-Zeit-Gefüge, man kennt diesen Kunstgriff aus Filmen in denen Regisseur und Drehbuchautor zu faul sind das Vergehen der Zeit aus Bildern zu entwickeln. Folgendes ist passiert: Das Känguru hat das Auto trotzdem gesehen, erkannt, dass der Pinguin Zuhause sein muss, ist in den Flur gerannt und hat angefangen ohne Rücksicht auf Verluste an dem Drahtgitter zu rütteln, was seit neustem die Tür des Pinguins sichert. Nach fünf Minuten gab das Beuteltier allerdings auf, da das Gitter sich kein Bisschen bewegt hatte. Anschließend ist es die Treppe hinunter gehüpft und ich habe es bis Einbruch der Nacht nicht mehr gesehen. Häufig soll dem Zuschauer mit einem Zeitsprung vermittelt werden, dass in der Zwischenzeit nichts Relevantes passiert ist. Das war hier der Fall. (Anmerkung der Chronisten)]
Der Wecker klingelt und wir stehen auf. Allerdings ist es nicht unser Wecker, sondern der des Pinguins, welcher ihn so nah an die Wand zu unserer Wohnung gestellt, dass wir jedes Klingeln deutlich hören. Das Känguru springt auf, dreht ganz laut Nirvana auf und schlägt dann auf den Boxsack ein, den es so aufgehängt hat, dass er jedes Mal gegen die Wand zum Pinguin donnert, wenn man dagegen schlägt. Ich schaue einen Moment zu und sage dann: „Deine Schlagfertigkeit ist heute mal wieder bemerkenswert." „Wann war sie das nicht?", fragt es und schlägt noch härter zu. Ich ignoriere die Frage und schlage vor: „Vielleicht können wir ja gemeinsam einen Film gucken, anstatt den Pinguin zu nerven. Ich habe gehört das heute ein bisher ungezeigter Film mit Buds Spencer und Terence Hill kommt." „Cool!", ruft das Känguru, „Wann fängt er an?" Ich gucke auf die Uhr und sage dann: „Genau jetzt." „Was!?", schreit das Känguru, hüpft quer durch den Raum, fläzt sich in meinen Sessel und schaltet das Gerät ein. Ein Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, als es sieht wie Buds Spencer Terence Hill über einen Strand jagt und ihn mi Kokosnüssen bewirft. Beiläufig holt es eine XXL-Packung Schnapspralinen und eine 2 Liter Flasche Wodka aus seinem Beutel. Ich setze mich auf das Sofa, Terence Hill ist schneller als Buds Spencer, leider rennt er bei seiner überhasteten Flucht gegen eine Palme.
Handlungsloch
[Fußnote: Handlungsloch, das: logisch nicht erklärbare Lücke im Geschehen einer Geschichte, in der irgendetwas passiert, was für die Geschichte relevant ist. Häufig erfährt man nur in zwischenzeitigen Rückblenden, was dort passiert ist. Das ist hier nicht der Fall. Ich fand das einfach nur schön. (Anmerkung des Chronisten)
Fußnote zur Fußnote: Er immer mit seinem verdrehten Schreibstil. (Anmerkung des Kängurus)
Fußnote zur Fußnote zur Fußnote: Dieses Känguru geht mir tierisch auf die Nerven, kritisiert einfach meine Art zu schreiben, ich kritisiere doch auch nicht seine Art zu hüpfen. (Anmerkung des Chronisten)]
Das Känguru hat mal wieder seinen Boxclub zu einer weiteren Trainingsstunde in meine Wohnung bestellt, sehr zu meinem Leidwesen. Der Club ist nämlich nicht mehr so klein wie am Anfang, deswegen ist meine Wohnung dann immer ziemlich voll. Ich gehe zum Känguru, das auf dem Tisch steht und den Schüler, die nichts zu tun haben neue Übungen erklärt. Als es mich sieht schickt es seine Schüler weg und beugt sich zu mir herunter. „Was ist?", fragt es. „Findest du nicht auch, dass der Platz hier langsam nicht mehr für den ganzen Boxclub reicht?", stelle ich meine Gegenfrage. „Ja", antwortet es. „Könntest du dir dann vielleicht ab jetzt einen anderen Ort für das Training aussuchen?", frage ich. „Kein Problem", erwidert es, „ich bin gerade heute über einen besonders geeigneten Ort gestolpert. Den Boxclub wird es sowieso nur noch ein paar Wochen geben, danach wird er sich auflösen." „Was!?", frage ich leicht entsetzt. „Na, du weißt doch, dass ich angefangen habe den Boxclub in die ultimative Waffe gegen das System, das „Asoziale Netzwerk" umzufunktionieren?", fragt es. „Ja", antworte ich mit einem leichten Seufzen.
[Fußnote: Wie ich nach einiger Zeit bemerkt habe, hat das Känguru den Boxclub nur ins Leben gerufen, um dem System eine lange Nase zu zeigen. Da ihm die ganze Leitung aber zu viel wurde, hat es beschlossen den Club zu einem Netzwerk umzuwandeln, in dem keiner eine höhere Stellung hat und in dem man wirklich fair abstimmt. Um dem System immer wieder einige schmerzhafte Nadelstiche zuzufügen, plant es mehrere Anti-Terroranschläge gegen den Terror des Kapitalismus. (Anmerkung des Chronisten)]
„Ich bin damit fast fertig", sagt das Känguru, „es fehlen nur noch ein paar Kleinigkeiten und dann kann mein Masterplan auch schon anlaufen." „Soso", erwidere ich. „Es wird den Kommunisten auf der ganzen Welt zeigen, dass sie nicht allein sind", prophezeit es, „Meine Revolution wird der Stein sein, der die Lawine ins Rollen bringt, die den Kapitalismus für immer unter sich begraben wird. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg, zunächst muss ich dem Club noch ein paar letzte Lektionen beibringen. Gibst du mir mal das BWL-Lehrbuch Flexibility and Security? Es steht ganz links auf dem Regalbrett." Ich gehe also zu dem Regalbrett und ziehe das Buch aus der Stopper Socke, die verhindern soll, dass das Buch von dem schiefen Brett rutscht. „Danke", sagt das Känguru, nachdem ich ihm das Buch gegeben habe. „Wofür brauchst du das denn?", frage ich. „Für einen der letzten Tests", antwortet es, „Wenn sie den bestehen, haben sie was nötig ist, um mir zu helfen das System von innen heraus in Stücke zu zerreißen. Dann wollen wir mal sehen wie lange die Jungs brauchen, um dieses Buch unwiederbringlich zu zerstören."
Handlungsloch
[Fußnote: Immer, wenn es spannend wird, blendet er aus! (Anmerkung des Kängurus)]
Ich sitze an einem Tisch, vor einem Café und warte auf das Känguru. Während ich warte, blicke ich in den Himmel und zähle die Wolke, es ist wolkenloser Himmel. Ich gucke auf mein Handy, keine SMS, ich weigere mich aber das Känguru anzurufen, immer noch zu teuer.
[Fußnote: Nur 68 Cent pro Minute. (Anmerkung des Kängurus)]
Ich sehe die Straße runter und kann sehen wie sich das Känguru mit einer lebenden Statue, einem sogenannten dastehenden Künstler, prügelt. Kurz überlege ich, ob ich dazwischen gehe, bleibe dann aber sitzen, das soll das Känguru alleine klären, nach fünf Minuten kommt es endlich. „Dir klebt da eine Briefmarke am Hals", sage ich und drehe die Gabel, die auf dem Tisch liegt, zwischen meinen Fingern. „Danke", antwortet es und zieht sie ab. „Was hat Schiller den jetzt wieder gemacht?", frage ich und deute in Richtung, des Künstlers, der sich als Goethe verkleidet hat.
[Fußnote: Da das Känguru Goethe verabscheut, nennt es jeden dastehenden Künstler, der sich als Goethe verkleidet hat Schiller. (Anmerkung des Chronisten)]
„Er hat behauptet das Phänomen Dialektik, wäre nicht komplett irrational", sagt das Känguru, beiläufig steckt es den Aschebecher in seinen Beutel.
Handlungsloch
Das Känguru sitzt in seiner Hängematte und arbeitet an seinem Masterplan, ich sitze auf dem Sofa und schreibe an der Fortsetzung von meinem künstlerischen Durchbruch. Leider ist das Licht ungenügend, ich muss wirklich mal die Energiesparlampen wieder raus drehen. Immer wenn ich sie einschalte, wird es nur noch dunkler. Plötzlich klingelt es von irgendwo her, das Känguru zieht einen Wecker aus seinem Beutel und schaltet ihn aus. „Ich gehe dann mal schlafen", sagt es. „OK", erwidere ich. „Nur eine Sache brauche ich noch, um schön zu träumen", meint es und zieht eine Schallplatte aus seinem Beutel, sie ist schon ziemlich blau. Ich stöhne und setze meine Ohrenschützer auf. Keine Sekunde zu spät, das Känguru hat die Platte aufgelegt und ohne die Ohrenschützer würde mein Trommelfell jetzt von der ohrenbetäubenden Musik von Nirvanas Album Nevermind zerfetzt werden.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro