65.Erwachen
Lesenacht Teil 3
„Nick, nicht einschlafen! Wir sind fast draußen!”, schreit Michael. Aber selbst wenn ich meine Augen wieder öffnen wollen würde...ich könnte es gar nicht.
Ich merke noch, wie mich jemand rüttelt, dann schlafe ich ein.
Meine Fresse, hatte ich 'nen komischen Traum. Erst sind Mike, Joe, Logan und ich von einem Lkw gerammt worden, dann war plötzlich Chris da...und Michael auch!
Das sind so die Momente in meinem Leben, in denen ich überlege, ob ich schlafgewandelt bin und dann was gesoffen habe. Extrem viel.
Aber glücklicherweise liege ich in einem weichen Bett und sitze nicht gefesselt auf einem Stuhl. Außerdem tut mir auch nichts weh.
Erschrocken zucke ich zusammen, als ich ein Piepsen höre. Sofort schlage ich die Augen auf und sehe eine weiße Wand vor mir, nachdem ich mich an die Helligkeit im Raum gewöhnt habe. Das Piepen kommt erschreckender Weise von einem Gerät neben mir und ich stelle fest, dass ich in einem Krankenhaus liege. Verdammte scheiße, also war das doch kein Traum?!
Das Piepen wird schneller, ich will mich aufsetzen, als ich merke, dass etwas auf meiner Hand liegt. Sofort sehe ich nach rechts auf meine Hand und entdecke Logan. Er sitzt auf einem Stuhl und liegt mit mit dem Kopf auf dem Bett. Seine Hand liegt dabei auf meiner. Sein Kopf ist zu mir gedreht, so sehe ich auch deutlich, dass Logan einfach nur scheiße aussieht. Neben seinen deutlichen Augenringen hat er mehrere Schrammen und Kratzer im Gesicht. Besorgt sehe ich ihn mir genauer an, kann aber bis auf die Verletzungen in seinem Gesicht keine weiteren erkennen.
Erleichtert erinnere ich mich wieder daran, dass Logan auf der anderen Seite des Autos gesessen hat. Mike und ich saßen auf der Seite, die direkt vom Lkw gerammt wurde...hoffentlich geht es Mike gut.
Langsam spüre ich nun doch wieder die Schmerzen. Erst nur dumpf, dann immer mehr. Dennoch reagiere ich darauf nicht. Ich sehe weiter in Logan's Gesicht, ehe ich meine Hand, um welche ein Verband gewickelt ist, unter seiner herausziehe. Vorsichtig lege ich sie auf seinen Kopf und fahre langsam durch seine Haare.
Während meine Hand noch immer durch Logan's Haare fährt, betrachte ich meinen Körper. Mein rechtes Bein ist eingegipst. Meine Hände sind, wie schon erwähnt, in Verbänden eingewickelt. Ebenso meine Handgelenke. Mein Gesicht traue ich mich gar nicht richtig zu bewegen, weil ich Angst habe, dass irgendetwas aufreißen könnte. Allem Anschein nach, habe ich nämlich ein Pflaster an der Schläfe und irgendwas auf der Lippe. Mein Gesicht fühlt sich an, als hätte ein Panzer draufgeschossen.
Sobald ich das Hemd, welches man mir wohl angezogen hat anhebe, sehe ich auch deutlich am Bauch mehrere blaue und lila Flecken. Die sind wohl Chris zu verdanken, als er auf mich eingeschlagen und getreten hat. An meinen Rippen und am Oberkörper kann ich noch mehr blaue Flecken finden...so schlimm habe ich ja nicht mal ausgesehen, als ich von dem LKW vor ein paar Monaten angefahren wurde.
„Du bist wach!”, erschrocken zucke ich zusammen und sehe nach rechts. Logan sieht mich mit großen Augen an und zieht mich dann stürmisch in seine Arme. Ich beiße mir auf die Lippe, um keinen Ton von mir zu geben und umarme ihn einfach ebenfalls. „Ich hab' mir solche Sorgen gemacht...”, murmelt er an meinen Hals, als er sein Gesicht an diesen drückt.
Ich schmunzle. „Ich bin auch froh, dass es vorbei ist.”, ich drücke ihn noch fester an mich, löse mich dann aber auch wieder von ihm und lege mich zurück ins Bett. Glücklich sieht er mich an, beugt sich dann über mich, nimmt vorsichtig mein Gesicht in seine Hände und küsst mich. Seufzend schließe ich die Augen und fahre mit einer Hand zu seinem Nacken um ihn näher zu ziehen. Meine Finger und meine Lippe bedanken sich für die Belastung, dennoch genieße ich den Kuss.
Logan zieht sich wieder zurück, zieht aber den Stuhl näher ans Bett. „Was ist passiert, als der Lkw uns gerammt hat? Wo sind Mike und Joe? Geht's ihnen gut?”, ich mache mir echt Sorgen, da keiner von den beiden hier ist.
Logan schweigt kurz, ehe er anfängt zu sprechen. „Naja, Chris hat den Lkw gefahren, hat dich aus unserem Auto gezerrt und ist mit dir weggefahren. Irgendwann hat uns wohl jemand gesehen und sofort einen Krankenwagen gerufen. Die Feuerwehr musste das Auto aufschneiden, um Mike rauszubekommen, weil er eingequetscht war. Du warst es eigentlich auch, deshalb hast du auch ein gebrochenes Bein. Chris hat dich wohl einfach herausgezerrt und nicht aufgepasst. Ob dein Bein vorher schon gebrochen war, oder nur angeknackst und wegen ihm gebrochen ist, wissen wir nicht.”, sauer ballt Logan seine Hand zur Faust und sieht mit zusammengepressten Lippen zu meinem eingegipsten Bein.
„Jedenfalls sind wir dann hier her gebracht worden. Joe und ich haben nur ein paar Prellungen abbekommen, Mike und dich hat es viel heftiger erwischt. Mike's rechte Seite ist heftig geprellt, er hat eine gebrochene Rippe, welche sich fast in seine Lunge gebohrt hätte und einen gebrochenen Arm. Außerdem hat er eine Quetschung vom Auto und kann deshalb sein rechtes Bein nicht wirklich belasten. Und hat er eine schwere Gehirnerschütterung und hat eine Menge Blut verloren...er liegt direkt gegenüber, aber er ist noch immer nicht aufgewacht...”, schockiert sehe ich Logan an. Verdammt, da hatte ich ja noch Glück...
Und Mike ist immer noch nicht aufgewacht? Joe ist bestimmt bei ihm.
„Wenn du willst, können wir gleich mal rüber gehen?”, fragt er mich. „Natürlich!”, ich nicke und sehe ihn dabei entschlossen an. Logan schmunzelt kurz, ehe er sich über die Augen reibt. Ich ziehe die Brauen hoch. „Hast du überhaupt geschlafen, seit dem Unfall?”, besorgt sehe ich ihn an. Egal was er sagt, er sieht scheiße aus, er hat nicht geschlafen.
Logan sieht mich an und will antworten, zögert dann aber als er meinen Blick sieht und schüttelt doch den Kopf. „Ich konnte nicht. Ich habe mir Sorgen um euch gemacht. Vorallem als ich erfahren habe, das du entführt wurdest und von wem. Außerdem wusste man bis gestern noch nicht, ob Mike es schafft.”
Ich rücke im Bett zur Seite und deute Logan sich hinzulegen. Er sieht mich mit gerunzelter Stirn an und schüttelt dann den Kopf. „Nein, du musst dich ausruhen. Du bist verletzt.”, „Na und? Entweder, du legst dich jetzt freiwillig hier hin, oder ich zwinge dich!”, hoffentlich fragt er nicht mit was, dann muss ich mir schnell was ausdenken. Logan sieht mich an, seufzt und steht dann tatsächlich ohne Widerworte auf. Er ist wirklich müde und erschöpft. Normalerweise würde er nicht einfach so nachgeben.
Sobald Logan neben mir in dem kleinen Bett liegt und die Augen geschlossen hat, ist er auch schon eingeschlafen. Mich hat er an sich und in seine Arme gezogen und atmet gegen meinen Hals. Ich sehe ihn besorgt an. Er muss fast verrückt geworden sein. Er wusste nicht, ob Mike durchkommt und wie es mir geht. Geschweige denn, ob ich noch lebe. Es muss wie die Hölle für ihn gewesen sein.
Gerade, als ich versuche aus dem Bett zu steigen, fällt mir Michael wieder ein. Wo ist der eigentlich? Logan hat kein Wort über ihn verloren.
Ich hebe Logan's Arm von mir, als leise und vorsichtig die Tür aufgeht. Joe kommt rein, schließt die Tür und bleibt ruckartig stehen, als er sieht, dass ich wach bin. Mit großen Augen sieht er mich überrascht an, ehe er sich fasst und lächelnd auf mich zu kommt. „Du bist wieder wach!”, sagt er flüsternd und sieht mich glücklich an. Ich nicke grinsend und werde von ihm vorsichtig in die Arme gezogen.
Als er sich von mir löst, fällt sein Blick auf den schlafenden Logan neben mir. Der Ausdruck in seinen Augen verändert sich von glücklich zu betrübt. „Ich bin verdammt froh, dass du wieder hier bist. Viel länger hätte er das nicht mehr mitgemacht.”, murmelt Joe bedrückt. Ich sehe ihn mit gerunzelter Stirn an. „Was ist denn passiert?”, Joe seufzt. „Er ist fast wahnsinnig geworden. Er hat überhaupt nicht geschlafen und sich die ganze Zeit Sorgen und Vorwürfe gemacht.”, Joe setzt sich auf den Stuhl neben meinem Bett und verrückt diesen dabei unbeabsichtigt sodass dieser über den Boden scharbt. Logan murrt zur Antwort im Schlaf nur und legt seinen Arm wieder über mich.
Joe legt sein Gesicht kurz in seine Hände, dann sieht er wieder zu mir, sein Gesicht immer noch in seinen Händen abgestützt.
„Wieso hat er sich denn Vorwürfe gemacht? Er konnte doch gar nichts dafür.”, Joe seufzt. „Wir haben geahnt, dass Chris uns hier her folgt. Als du Freitags dann eine Nachricht von ihm bekommen hast, haben Mike und ich noch mehr als eh schon auf alles geachtet. Kurz bevor wir gerammt worden sind, hat Mike mitgeteilt bekommen, dass Chris zwei Stunden vorher am Flughafen und so zu hundert Prozent auch hier war. Im selben Moment hat uns dann der Lkw gerammt.”, aufmerksam höre ich Joe zu und nicke. „Und wieso denkt Logan jetzt, dass er--”, „Es ist Logan, er würde sich sogar die Schuld dafür geben, wenn du dir den kleinen Zeh am Türrahmen stößt. Du kennst ihn doch.”, seufzt Joe und schließt erschöpft die Augen. Erst jetzt mustere ich ihn so richtig. Er sieht ebenfalls fertig aus, hat auch Augenringe, aber nicht so deutliche wie Logan. Dafür hat er aber kleine Kratzer im Gesicht und seine Nase sieht aus, als hätte er sich geprügelt.
„Das ist vom Airbag.”, sagt Joe dann auch schon, als er meinen Blick bemerkt. Ich nicke, ehe ich wieder an Michael denke.
„Wo ist eigentlich Michael? Was ist mit ihm passiert?”, frage ich interessiert. Joe spannt sich kurz bei der Erwähnung von Michael's Namen an. „Er ist in Mike's Zimmer.”, brummt er unzufrieden. Also kann er ihn immer noch nicht leiden. „Und ihr habt euch nicht in die Haare gekriegt?”, frage ich überrascht. Joe schaut mich daraufhin böse an, dann schüttelt er den Kopf. „Nein. Nicht wenn er angeschossen wurde und dir geholfen hat, da raus zu kommen.”, moment! Angeschossen?!
Geschockt sehe ich Joe an. „Wieso angeschossen?! Wann?!”, frage ich etwas zu laut. Sofort hebt Joe einen Finger vor seine Lippen und gibt ein 'Psscht' von sich, als Logan im Schlaf das Gesicht verzieht und erneut murrt.
„Als er dich rausgetragen hat, ist er von Chris angeschossen worden. Nichts ernstes, nur ein glatter Durchschuss im Arm.”, ich kann mich nicht erinnern, dass Michael angeschossen worden sein soll. War ich da schon wieder ohnmächtig?
„Wieso war er überhaupt hier? Müsste er nicht in New York oder so sein?”, Joe nickt zustimmend. „Eigentlich schon, aber er ist schon ein paar Tage vor uns hier gewesen. Er hat angeblich Termine hier gehabt, als er dann mitbekommen hat, was passiert ist. In den Nachrichten hat man Chris' und dein Gesicht gesehen und Michael hat ihn, als er unterwegs war erkannt und ist ihm dann gefolgt. Warum Chris so dumm war und draußen rumgelaufen ist, wissen wir noch nicht. Wahrscheinlich hat er nicht gewusst, dass schon nach ihm gefahndet wird. Jedenfalls, sobald Michael dich gesehen hat, hat er wohl auch die Polizei verständigt, wollte dich aber trotzdem schon rausholen.”, wow. Chris ist schon 'ne Nummer für sich. Naja, seine Dummheit hat mich immerhin gerettet.
„Ich will zu Mike. Und zu Michael.”, entschlossen sehe ich Joe an. Müde sieht er von seinen Händen auf und blickt mich an. „Ja, aber nicht jetzt. Erstens bist du noch verletzt und zweitens bekommt Logan einen Herzinfarkt wenn er aufwacht und du weg bist.”, sein Blick wandert daraufhin zum schlafenden Logan. Ich sehe ebenfalls zu Logan, der immer noch tief und fest schläft. Sein Kopf liegt auf meiner Schulter, mein gebrochenes Bein habe ich mittlerweile, mehr schlecht als recht über Logan's Bein gelegt. So hat er jetzt etwas mehr Beinfreiheit. Aber was erwartet man denn auch von einem Krankenhausbett? Da sollen ja normalerweise keine zwei Personen drin liegen.
Als es laut an der Tür klopft und diese sich dann öffnet, zuckt Logan zusammen und richtet sich erschrocken und verschlafen auf. Sofort dreht er sich zu mir um, als müsse er schauen, ob ich auch wirklich hier und auch wach bin. Dann sieht er zur Tür. Schnell steht er auf und stellt sich neben Joe. Ich sehe nun ebenfalls zur Tür. Dort steht ein Arzt, welcher erleichtert auf mich zu kommt. „Ich bin froh, dass Sie wieder wach sind, Herr Jones! Sie haben einiges mitgemacht.”, kurz sieht er mich mitleidig an. Ob du es glaubst, oder nicht, aber das weiß ich auch schon...ich war dabei.
Nachdem der Arzt sich erkundigt hat, wie es mir geht, verschwindet er wieder. Leider komme ich wohl nicht so schnell aus dem Krankenhaus raus.
Logan steht neben Joe und versucht krampfhaft nicht im stehen einzuschlafen. Schmunzelnd sehe ich ihn an. Es sieht ja schon süß aus, wie ihm immer wieder die Augen zufallen.
Nach weiteren zehn Minuten in denen ich mir das ganze angeschaut habe, sehe ich seufzend zu Joe. Auch ihm ist aufgefallen, dass Logan am Ende ist. Deshalb steht er auf, nickt mir wortlos zu und verschwindet aus dem Raum. Hoffentlich kommt er mit einem Bett wieder, Platz ist hier immerhin. Wobei die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass er ohne eines zurückkommt. Das Bett wird bestimmt irgendwo dringender gebraucht.
Logan sieht mich blinzelnd an und kommt wieder näher auf mich zu. Trotz seiner Müdigkeit blickt er wütend auf meine Verletzungen hinab und ballt die Fäuste. Ich greife mit meiner bandagierten Hand nach seiner Faust. Sein Blick huscht von meinen Verletzungen hoch zu meinen Augen. „Hör auf über das, worüber auch immer du gerade nachdenkst, nachzudenken. Immerhin sind wir Chris jetzt los.”, ein kleines Schmunzeln fliegt über Logan's Gesicht. Er beugt sich zu mir herunter, legt seine freie Hand an meine Wange und küsst mich.
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„Dancing On My Own” von „Calum Scott”
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