2.„Isaac Anderson"
Vor seinem Büro im Flur bleibt er stehen. „Ich hole noch schnell Ihren Vertrag, den können Sie mir, sobald es Ihnen besser geht, einfach mitbringen.", ich nicke nur und will mich auf das Sofa, welches hier steht, setzen, als jemand meinen Namen ruft. „Nick?!"
Wie kann es sein das mich hier jetzt schon jemand kennt?!
Langsam drehe ich mich um und werde schon gleich von irgendeinem Kerl umarmt...und das nicht gerade sanft.
Ich glaube der will mich umbringen! Er ist etwas größer als ich, sodass er mich noch ein Stück hochhebt und meine Füße kurz in der Luft baumeln.
Ächzend und mit Tränen in den Augen versuche ich nicht loszuschreien, während ich ihn frage, wer zum Teufel er überhaupt ist. „Alter...wer...bist du?!", „Was? Erkennst du mich etwa nicht mehr? Ich bins! Isaac...Isaac Anderson. Erinnerst du dich?", was zum Teufel macht Isaac denn hier? Wie kommt der denn nach New York?
Wir waren in Deutschland beste Freunde und kennen uns schon unser ganzes Leben lang. Ich habe immer viel mit ihm unternommen, aber als ich später ihn kennenlernte und dadurch alles komischer wurde, habe ich angefangen mich von Isaac fernzuhalten, zu seinem Schutz.
Anfangs habe ich Isaac noch alles erzählt was ihn betraf, aber als es immer schlimmer wurde, erzählte ich ihm immer seltener von meinen Problemen, bis ich schließlich abgehauen bin.
Ich hab ihn wirklich vermisst.
Normalerweise würde ich mich ja riesig freuen ihn wiederzusehen, aber da er mir gerade die wahrscheinlich schlimmsten Schmerzen die ich jemals hatte beschert...hält sich meine Freude doch eher in Grenzen.
„K-Klar kenn ich dich...noch. Woher...woher w-weißt du...das ich hier bin?", „Ich hab mitbekommen das wir einen neuen Mitarbeiter bekommen sollen und das Mr.Wayne total begeistert von der Bewerbung gewesen sein soll, und das ist echt selten, sodass ich mich mal erkundigt habe wer das denn ist, und dann hab ich halt gesehen dass du das bist. Freut mich das du den Job hast Kumpel!"
Er umarmt mich immer noch und drückt noch fester zu, sodass ich vor Schmerz aufstöhne und die erste Träne mein Auge verlässt.
Mein Gesicht ist schmerzverzerrt.
Wie lange braucht Mr.Wayne um diesen scheiß Vertrag zu holen?!
Isaac lässt mich los, sodass ich wieder auf dem Boden stehe und sieht mich an. Ich halte mir die Seite und krümme mich leicht mit noch immer schmerzverzerrtem Gesicht. Er bemerkt natürlich die Träne und fragt mich besorgt was los ist.
„Ich...ich freue mich einfach total...dich Wiederzusehen und das ich den Job habe...verstehst du?", hoffentlich kauft er mir das ab. Das ist wohl die schlechteste Lüge meines Lebens.
Er sieht mich noch einen Moment lang an, bis er anfängt zu grinsen und meint: „Ich freu mich auch dich wiederzusehen Kumpel! Früher warste aber nicht so 'ne Pussy! Ich muss jetzt aber auch wieder an die Arbeit. Man sieht sich! Wir müssen mal wieder zusammen was trinken gehen!", er schlägt mir noch einmal kräftig auf die Schulter, was mir, der 'Pussy', fast den Rest gibt, und geht.
Nachdem er sich endlich umgedreht hat und verschwunden ist verziehe ich mein Gesicht und lasse mich stöhnend auf das Sofa fallen. Meine Fresse. Er weiß es zwar nicht, aber das war nach dem Kuschelkurs mit dem LKW das schmerzhafteste, was mir in den letzten Jahren passiert ist.
Vor mich hin stöhnend wegen der Schmerzen und mit einer Armbeuge über meinen Augen, damit nicht sofort jeder mitbekommt das ich Tränen in den Augen habe und mir einige davon über die Wangen laufen, liege ich nun auf dem Sofa rum.
Hinter mir höre ich ein Lachen, sodass ich meinen Arm vom Gesicht nehme und nach hinten schaue. Dort steht niemand anderes als Mr.Wayne der mich lachend anschaut.
Alter! Wie lange steht der schon da? Hat der das alles mitbekommen und nur zugeschaut? Dieses scheiß Arschloch!
Er kommt noch immer lachend auf mich zu. „Ein Freund von dir?", fragt er. Verarschen? „Ja", antworte ich einfach nur. Er merkt wohl, dass ich die ganze Situation nicht so lustig finde wie er und sieht mich besorgt an. Ja, danke das dir auch mal auffällt das es mir scheiße geht!
Er schaut sich mein Gesicht an und erkennt wohl, dass es gerötet ist und ich komplett angespannt bin. Er beugt sich zu mir runter und hilft mir mich langsam aufzusetzen. Er nimmt meinen Rucksack und schmeißt eine Mappe rein, von der ich jetzt einfach mal ausgehe, das es der Vertrag ist für den er mich hier fast verrecken gelassen hat...
Ich lehne mich im Sofa zurück und versuche langsam zu atmen und mich auf etwas anderes als die Schmerzen zu konzentrieren. Tief ein- und ausatmen ist nicht drin, wie man sich ja vorstellen kann.
Als ich aufsehe schaue, ich ihm direkt in die Augen. Sie sind blau, so blau, dass ich mich in ihnen verliere. Auch er schaut in meine Augen die ebenfalls blau sind aber um einiges dunkler als seine.
Ein paar Minuten vergehen, in denen wir uns einfach nur in die Augen sehen. Meine Schmerzen sind vergessen. Es gibt nur noch ihn und mich.
Leider wird der Moment von einem Telefonklingeln unterbrochen das von ihm ausgeht.
Er bricht den Augenkontakt ab um sein Handy heraus-, und den Anruf anzunehmen.
„Ja?...ich bringe ihn runter. Wir mussten noch etwas klären. Bitte warte weiterhin vor der Tür. Wir sind gleich da.", ach ja, den Chauffeur gabs ja auch noch.
Mr.Wayne, dessen Vorname ich noch nirgends gesehen habe, beendet den Anruf und steckt sein Handy wieder in seine Hosentasche. Dann sieht er mich auffordernd an, sodass ich mich langsam etwas nach vorne beuge und meine linke Hand zu ihm ausstrecke, die er auch sofort annimmt, mich hochzieht und meinen Arm um seine Schultern legt um mich zu stützen.
So gehen wir zum Fahrstuhl, er mich stützend und ich vor mich hin ächzend. Alle Mitarbeiter an denen wir vorbei kommen sehen uns komisch an, begrüßen Mr.Wayne aber dennoch höflich.
Was sollten sie auch anderes machen?
Am Fahrstuhl angekommen öffnen sich sofort die Türen und wir können eintreten. Im Fahrstuhl lehne mich an eine der Wände. Mr.Wayne schaut zu mir herab, öffnet den Mund um etwas zu sagen, schließt ihn aber gleich wieder als sich die Türen öffnen und Leute einsteigen. Also verbringen wir die Fahrt schweigend bis sich die Aufzugstüren mit 'Plong' öffnen. Ok, war ein schlechter Witz. Es ertönt das normale 'Pling'.
Schande über mein Haupt.
Mr.Wayne und ich gehen, humpeln, stolpern, was auch immer, sucht euch was aus, aus dem Fahrstuhl zum Ausgang des Gebäudes.
Auch auf dem Weg nach draußen reden wir nicht. Erst als wir am Auto ankommen, welches direkt vor dem Eingang des Gebäudes steht und mir der Chauffeur, der übrigens der Typ ist, der eben schon vor der Firma stand, die Tür des Audis öffnet, fängt er an zu reden. „Also dann Nick, ich darf doch Nick sagen oder? Ich hoffe, dass ich dich hier schnell wiedersehe. Und denk daran mich anzurufen, wenn du weißt wie es um dich steht ok?", klar...ich denk an nichts anderes. „Nennen Sie mich wie Sie wollen, ist mir eigentlich scheiß egal. Wobei ich meinen Namen eigentlich doch sehr mag, aaaalsooo bleiben Sie doch einfach bei Nick. Und ich melde mich natürlich sofort.", ich hab ja sonst nichts zu tun.
Einen Moment schaut er komisch bevor er anfängt zu grinsen und mich einsteigen lässt.
Der Chauffeur sah mich während ich geredet hab kurz schockiert an. Tja. Da müsst ihr euch dran gewöhnen. Ist mir nämlich herzlichst egal, ob ich vor einem Erwachsenen stehe, der dazu noch Firmengründer und verdammt heiß ist, oder einem kleinen Kind, ich rede wie ich will. Hab ich schon immer, werde ich auch immer.
Er redet noch kurz mit dem Chauffeur, der übrigens Joe heißt und verabschiedet sich dann von uns.
Joe steigt vorne ein, lächelt mich durch den Rückspiegel an, begrüßt mich mit einem kurzen „Hallo", und fährt los.
Zu meiner eigenen Sicherheit habe ich mich natürlich nicht angeschnallt und krampfe mich nun an der Tür fest. Warum ich mich nicht anschnalle? Ich bin auch nicht komplett bescheuert. Ich hab wahrscheinlich mindestens eine gebrochene Rippe, da brauch ich jetzt nicht noch einen Gurt der ununterbrochen auf meine Rippen drückt.
Ich hab keine Ahnung ob Joe weiß, dass ich einen Unfall hatte, aber er merkt wohl, dass ich ziemlich verkrampft bin und schaltet das Radio ein, da wir eh nicht reden.
Wirklich was bringen tut es zwar nicht, dass das Radio nun angeschaltet ist und Musik läuft, aber naja.
Wir fahren noch ein paar Minuten weiter, bis auf einmal die Verkehrsmeldungen vorgetragen werden. Bitte nicht mein Unfall, bitte nicht mein Unfall, bitte nicht- „Und nun zum neusten und wohl seltsamsten Unfall des bisherigen Tages: gegen neun Uhr heute morgen ereignete sich an der Kreuzung Lexington Avenue und East 54th St. ein Unfall zwischen einem LKW und einem Motorradfahrer. Zeugen berichten, dass der Motorradfahrer ein junger Mann gewesen sein soll, welcher kurz nach dem Unfall zu einer Bushaltestelle gerannt ist und in einen Bus einstieg. Es ist noch unklar welche Verletzungen er davon getragen und wieso er nicht auf den Arzt, welcher vom Lkw-Fahrer verständigt wurde, gewartet hat.
Es wurde jedoch in unmittelbarer Nähe des Motorrades ein Geldbeutel gefunden der laut Zeugenaussage dem jungen Mann gehören soll.
Gerde hören wir das der Motorradfahrer ein Jugendlicher von 19 Jahren ist und hier in New York wohnt. Wo er sich jetzt befindet ist noch unklar. Er muss schwer verletzt sein und sollte schnellstmöglich ein Krankenhaus aufsuchen. Es wird nach Nick Jones gesucht..." die Tante redete noch eine ganze Zeit lang weiter, aber ich war zu abgelenkt von Joe's geschocktem Blick zu mir, er weiß jetzt wohl wer ich bin und von den Geschehnissen draußen auf der Straße.
Es ist jetzt 10:30 Uhr, also eineinhalb Stunden nach dem Unfall und...die Straßen sind hier noch komplett dicht. Staus ohne Ende und der LKW sowie mein Motorrad liegen noch mitten auf der Straße rum.
Was haben die denn die ganze Zeit gemacht?! Es sieht bis auf die ganzen Uniformierten Leute die hier rumrennen noch aus wie vor eineinhalb Stunden!
Mein Motorrad liegt...ja...wo liegt es nicht? Und der LKW steht mit der fetten Delle mitten auf der Kreuzung.
Auch Joe sieht sich alles an und schaut sekündlich immer wieder zu mir auf die Rückbank.
I'm still alive alter! Schau mich nicht an, als wäre ich schon Tod! Was ist denn los mit dem?!
Also schaue ich ihn einfach mal fragend an, woraufhin er mich noch ein paar Sekunden weiter anstarrt bevor wir endlich weiter fahren können. Geht doch.
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Der Name vom Lied ist „Ride" von „Twenty one Pilots"
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