Verzweifelt grinsend und etwas geschockt stehe ich jetzt also hier, an Michael's Brust gedrückt und hoffend das er mich nicht wieder irgendwo berührt.

Joe und Logan sehen geschockt zu mir und Michael. Michael hält mich mit eisernem Griff an den Schultern fest sodass ich nicht von ihm wegkomme. Oh man...wieso immer ich?
Ich versuche zwar mich aus seinem Griff zu winden, er verstärkt diesen dadurch aber nur und so lasse es dann. Vorerst. „Lass. Ihn. Los.” knurrt Logan schon fast. Michael fängt wieder an wie ein sterbender Seehund zu lachen und tätschelt mit einer Hand meine Wange. Blöderweise ist es genau die Seite mit dem Veilchen welche er da gerade antatscht. Schmerzhaft zische ich auf und verziehe das Gesicht. Ich will meinen Kopf wegdrehen und weggehen, aber er zieht mich am Kinn wieder grob zu sich zurück. Logan will daraufhin auf Michael losgehen aber Joe hält ihn zurück.
„Was willst du Michael?” fragt er erschreckend ruhig. „Ach, eigentlich nichts. Ich mag es nur euch, vorallem dich Logan, zu ärgern. Allerdings muss ich sagen das der kleine hier es mir angetan hat.” Meine Augen weiten sich. Ohhh nein! Der will mich doch verarschen! Der steht also auf mich beziehungsweise will er was von mir?! Wieso?! Was habe ich jemals getan um diese scheiße hier zu verdienen?! Gut ich war nicht das brave Vorzeige Kind das meine Eltern immer wollten aber trotzdem!

Ich will nach Hause! Einfach auf dieses scheiß Bett/Sofa legen in diesem hässlichen Haus mit stinkenden, betrunkenen Nachbarn in schlechter Gegend, und nicht mehr aufstehen! Nicht wenn das heißt das ich immer solchen Wichsern begegne!
Die Nachbarn fackeln bestimmt irgendwann das Haus ab weil die immer und überall rauchen und sich nicht stören lassen! Wenn sie nicht betrunken im Hausflur liegen dann rauchen sie. Immer und überall. Wieso kenne ich nur Arschlöcher? Meine Nachbarn. Mein Ex. Mein Vater. Michael...
Ich kenne vielleicht 'ne Handvoll Leute die ich leiden kann.

Wütend geworden durch meine eigenen Gedanken reiße ich mich von Michael los und motze ihn an. „Halt doch die Schnauze man! Es interessiert hier niemand auch nur im geringsten was DU willst! Niemand will dich hier haben! Du gehst uns allen auf'n Sack und das ganz gewaltig! Wenn du irgendwem was erzählen willst dann such dir jemanden den es auch interessiert! Und hör auf mich die ganze Zeit anzutatschen!” sage ich immer lauter werdend. Sprachlos lasse ich alle im Raum stehen und gehe nach draußen. Michael habe ich, da dieser immernoch vor der Tür stand, weggestoßen und bin raus.
Da es schon nach 16 Uhr ist mache ich mich dann auch einfach auf den Weg nach Hause.

Nach etwa 20 Minuten hält neben mir ein Auto an. Ich brauche nichtmal hinzusehen um zu wissen das es Joe ist.
Pissig wie ich nunmal noch bin gehe ich einfach weiter gerade aus bis er vor mich auf den Weg fährt und aussteigt. „Ist dir eigentlich klar was du gerade getan hast?!” fragt er mich aufgebracht. „Ich hab ihm gesagt wie's aussieht. Hat scheinbar noch niemand getan und er hatte es mal nötig!” Joe seufzt und schüttelt den Kopf. „So wahr und amüsant das alles auch war, damit hast du es nicht besser gemacht. Jetzt ist er sauer. Sehr sogar.” „Und? Ist nicht der einzige der mich abgrundtief hasst.” murmle ich und will an ihm vorbei gehn. Er hält mich jedoch am Arm fest. „Los steig ein. Bis zu dir ist es viel zu weit. Da läufst du ja ewig.” Ich schiele zum Auto ob Logan drin sitzt, kann aber nicht reinsehen. Joe bemerkt meinen Blick. „Logan ist noch​ in der Firma. Keine Angst.” Ich nicke und steige auf dem Beifahrersitz ein.

Ein paar Minuten lang sagt keiner etwas bis Joe das Wort ergreift. „Du solltest mit ihm darüber reden.” Die Stirn gerunzelt sehe ich zu ihm rüber. „Worüber?” „Über dich. Über alles.” Er wirft mir einen bedeutenden Blick zu. Pff. Bestimmt nicht.
Ich wende meinen Blick ab und sehe aus dem Fenster neben mir. „Nein.”, sage ich bockig. „Man Nick! So kann das aber nicht weitergehen! Lass dir doch helfen! Logan würde dir helfen ohne mit der Wimper zu zucken.” „Ich brauche aber keine Hilfe.” antworte ich ihm gepresst. Er seufzt. „Man kann nicht immer allein kämpfen. Du hast lange genug allein gekämpft. Das wissen wir beide.” Er sieht zu mir rüber. Ich starre auf den Boden. Tränen treten mir in die Augen. Ich antworte ihm nicht mehr.
Plötzlich nimmt er meinen Kopf in die Hände und dreht mich zu ihm um. Erst da merke ich das wir schon da sind. „Tu dir selbst den Gefallen und rede mit ihm darüber. Nicht heute oder direkt morgen...aber tu es. Vertrau dich mal wieder jemandem an.” Ich nicke langsam und steige aus. Im Treppenhaus sehe ich, wer hätte es gedacht, einen besoffen am Boden sowie noch glühende Zigarettenstummel. Sogar eine benutzte Spritze. Bäh.

Die Wut und den Eckel verdrängend gehe ich einfach weiter bis zu meinem Appartement. Dort drinnen angekommen schmeiße ich mich aufs Sofa und denke nach.
Soll ich mit Logan reden?

Nachdem ich am Abend duschen war gehe ich schlafen. Im Bett denke ich auch noch weiter darüber nach was ich tun soll. Ohne Ergebnis schlafe ich ein.

Liebevoll werde ich um 06:30 am nächsten Morgen geweckt...mit dem schreien der Nachbarn. Sofort bin ich wach und stehe im Bett. Mit Herzrasen gehe ich zu Tür. Das Geschrei wird dabei immer lauter. Ich trete, nur in Boxershorts bekleidet, in den Flur und sehe nach unten. Dort stehen eine Frau und ein Mann. Die Frau weint und schreit während der Mann sie emotionslos ansieht. Ich fahre mir mit der Hand einmal übers Gesicht und seufze leise.
Erleichtert das niemand gerade stirbt gehe ich wieder in mein Appartement zurück und ziehe mich an. Mein Handywecker war aus. Eigentlich könnte ich froh sein das sie rumgeschrien hat, sonst hätte ich verschlafen. Ich bin jetzt ja schon spät dran.

Nach einem kurzen Besuch im Bad und beim Kleiderschrank fahre ich auch schon los zur Firma wo ich noch gerade so rechtzeitig ankomme. Schnaufend trete ich ins Büro und werde sofort von Logan angestarrt. Mein Veilchen ändert die Farben. „Sieht schlimmer aus als es ist.” Er reagiert darauf garnicht. Okay? Mit gerunzelter Stirn gehe ich auf ihn zu. „Logan?” Keine Reaktion. Ich wedle mit meiner Hand vor seinem Gesicht herum was ihn aus seiner Starre zu reißen scheint. Irritiert sieht er zu mir. „Alles in Ordnung?” Er sieht mir in die Augen und nickt langsam. Was ist denn mit dem los? „Wirklich? Du wirkst irgendwie...komisch...abgelenkt.” Er zuckt mit den Schultern. „Es ist nichts. Ich habe nur über was nachgedacht.” Okay?

Ebenfalls die Schultern zuckend gehe ich in mein Büro zum Schreibtisch auf dessen Stuhl ich mich fallen lasse und den Computer starte. Da sehe ich einen Stapel Blätter auf dem Tisch liegen sowie ein Post-It welches darauf klebt. Auf diesem steht was ich zu tun habe. Es ist viel. Verdammt viel.
Seufzend mache ich mich an die Arbeit bis um 11:39 mein Telefon klingelt.
Als ich abhebe komme ich nichtmal dazu mich zu melden als der Anrufer auch schon drauf los redet. „Nick! Es ist was passiert! Wegen Chris! Er, also, er kommt! Und--” „Wow warte mal. Langsam. Was?” Isaac holt tief Luft. „Chris sucht dich.” Was? „W-wie? W-woher willst du--.” „Ein Freund von mir ist in Deutschland. Er kennt Chris noch aus der Schule. Er war in unserer Parallelklasse und er hat mir erzählt das er ihn vor ein paar Tagen getroffen hat. Er hat Chris und irgendeinen anderen Typen reden hören. Chris hat gesagt das er wohl für längere Zeit nicht mehr in Deutschland sein wird weil er jemanden suchen will. Er hat zwar nicht deinen Namen gesagt aber er sagte das er den, den er sucht zurück will. Er sei schon viel zu lange weg. Also denke ich, er meint dich.” Geschockt sitze ich da und starre an die Wand. Versuche zu verarbeiten was Isaac mir gerade gesagt hat. Chris sucht mich wieder...ich bin ihn nicht losgeworden. Er kommt wieder.
„Bist du nich dran? Nick?” „Was? Ä-äh ja. Bin noch da...” murmle ich. Scheiße man! „Fuck man, was machen wir jetzt?” „Keine Ahnung...” sage ich leise und rutsche tiefer in den Stuhl. Ich lege den Kopf in den Nacken und schließe die Augen. „Vielleicht weiß er auch nicht das du hier bist.” sagt Isaac. „Pf schön wärs. Ich war doch mit dem Motorradunfall überall im Fernsehen. Er hat bestimmt Wind davon bekommen und weiß das ich hier bin.” „Moment! Welcher Unfall?!” ach ja. Er hat's ja verpennt. „Als wir uns letztens zum ersten mal wiedergesehen haben, da hatte ich vorher 'nen Unfall. Ist ja aber auch egal jetzt.” „Wieso sagst du mir sowas nicht Junge?! Ich hab dich noch schön umarmt und alles! Oh man...” Ja...ja das hast du. Ich kann mich vage erinnern...war unvergesslich.
„Du bleibst aber hier hast du gesagt oder?” „Ja. Ich ziehe nicht schon wieder um wegen Chris. Das hab ich das letzte Jahr oft genug gemacht.” „Gut!”
Ich erwidere darauf nichts sondern denke nach was das, was Isaac mir gerade erzählt hat, für mich bedeutet. Chris sucht mich wieder...Fuck.

„Ey Nick man! Hörst du mir noch zu?” Nein. „Klar.” „Gut. Also wie gesagt. Es ist schon 12 durch, lass uns Pause machen gehn. Ich hab hunger.” Lachend nicke ich. „Ok bis gleich.”
Ich lege auf und erhebe mich vom Stuhl um mein Büro zu verlassen als mein Blick auf Logan fällt.
Er starrt mich an. So richtig. Als wüsste er nicht was er von mir halten soll oder so. Ich runzle verwirrt die Stirn und bleibe stehen. Was ist denn heute los mit dem?
Er sieht immer noch zu mir bis er plötzlich aufsteht, in mein Büro kommt, die Tür schließt und vor mir stehen bleibt. Fragend sehe ich zu ihm hoch. Er starrt mich immer noch so komisch an. Ich kann nichtmal sagen wie er mich anstarrt...einfach...total komisch.
Ich kann nichts aus seiner Mimik lesen. Rein gar nichts. Und genau das veranlasst mich dazu einen Schritt nach hinten zu machen.
„Ähm...alles klar?” frage ich dann zögerlich als er nach ein paar Minuten nichts​ getan hat, als mich anzustarren.

„Wir haben doch gesagt das wir Freunde sind...oder?” fragt er mich mit ernstem Gesichtsausdruck. „Was? Klar!” So langsam macht der mir Angst. Was soll das denn werden? „Wieso erzählst du mir dann nicht wenn du Probleme hast?” hä? „Hä?” Jetzt sieht er mich leicht sauer aber auch etwas...eifersüchtig?...an. „Isaac weiß von deinen Problemen.” Wie kommt er denn jetzt auf Isaac? „Ich verstehe grad nicht mehr was du von mir willst. Was hat Isaac denn​ mit meinen Problemen zu tun?” er seufzt. „Gerade eben hat doch dein Telefon geklingelt.” Ich nicke. „Wenn jemand anruft, klingelt es immer bei uns beiden. Wenn du also abhebst und ich auch, kann ich mitreden. Wie bei einer Telefonkonferenz.” Und dann macht es bei mir Klick. Meine Augen weiten sich und ich sehe zu ihm auf. Er hat alles mitgehört. Wahrscheinlich nicht mal absichtlich aber er hat alles gehört. Was soll ich denn jetzt sagen?! Ich wollte doch nicht das irgendjemand hier, abgesehen von Isaac, was von meinen Problemen mitbekommt!
Das Joe das alles einfach so rausgefunden hat ist schon scheiße genug. Das Logan es nun auch weiß...scheiße!

„Wer ist dieser Chris? Was will er von dir?” fragt er und sieht mich besorgt an aber ich höre ihm so gut wie gar nicht zu. Zu sehr bin ich davon abgelenkt mir zu überlegen was ich ihm erzählen soll. Die Wahrheit? Eine Lüge? Was würde es mir bringen ihm alles zu erzählen? Es sind meine Probleme und es sollten auch meine bleiben. Es reicht doch wenn ich mir den Kopf darüber zerbreche was passieren wird. Mir Sorgen mache. Ich will ihm nicht meine Probleme aufzwängen. Er hat mit Sicherheit selbst genug um die er sich kümmern muss. Aber ich muss auch an Joe's Worte denken. „Man kann nicht immer allein kämpfen. Du hast lange genug allein gekämpft. Das wissen wir beide.” Also sollte ich vielleicht doch?
Während meinen Überlegungen kaue ich mir auf den Lippen rum. Zumindest solange bis ich plötzlich zwei große warme Hände an meinen Schultern spüre die mich einmal kurz schütteln.

Erschrocken sehe ich auf in Logans Augen welche kurz auf meine Lippen sehen und dann in meine Augen. „Also?” Fuck man! „Nur ein Freund...” murmle ich. Ungläubig sieht Logan mich an und zieht eine Augenbraue hoch. Sein Griff um meine Schultern wird etwas fester. „...M-mein...E-ex-Freund...” nuschel ich in der Hoffnung er hat es nicht gehört was er aber natürlich doch hat. Er versteift sich kurz ehe er wieder lockerer wird. „Und was will er noch von dir?” frag er mich und ich sehe ihm an das er sauer ist. Nicht auf mich aber er ist sauer. Gut vielleicht doch auch auf mich weil ich mich ihm nicht anvertraue. Aber kann man's mir verübeln?

„Keine Ahnung. Der hat nicht mehr alle Latten am Zaun.” sage ich immer noch sehr leise. Logan seufzt und nimmt mich plötzlich in den Arm. Überrascht davon tue ich erst garnichts bis ich die Umarmung langsam vorsichtig erwiedere.

Als wir uns lösen sehe ich Joe hiner Logan stehen und uns anlächeln. „Ich bin froh das du endlich über ein paar deiner Probleme redest Kleiner. Auch wenns nur ein kleiner Teil des ganzen ist...” Den letzten Satz sagt er nur noch leise. Blöderweise hört Logan es dennoch und sieht mit gerunzelter Stirn zu mir herunter doch dann fällt mir auf, wie Joe mich schon wieder genannt hat.
Kleiner....fuck mich nicht ab man!

Ich nicke nur missmutig.
Joe grinst doof und dreht sich um und geht raus, wahrscheinlich Pause machen oder so. Da fällt mir dann auch Isaac wieder ein. Hups.

Gerade als ich auch gehen will dreht mich Logan noch einmal zu sich um, sieht mir bestimmend in die Augen und sagt: „Also um das klarzustellen, wenn der Typ hier auftaucht und ärger macht, dann sagst du mir das!” Danach lässt er mich los und geht ebenfalls aus dem Büro um Pause zu machen. Ich stehe noch kurze Zeit erstarrt dort und sehe ihm nach, auch wenn er schon längst weg ist, ehe ich mich auch auf den Weg mache.

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Oben seht ihr Michael.

Was haltet ihr von Nicks 'kleinem Wutausbruch' gegenüber Michael?
Findet ihr seine Reaktion angemessen oder eher nicht?
Hätte er lieber die Klappe halten sollen?

Logan kennt nun ein Stück mehr von Nicks Problemen. Gut oder schlecht?

Das Lied heißt „Untraveled Road” von „Thousand Foot Krutch”