Kapitel 25
Mit einem dickeren Mantel als sonst betrat Ariana am Freitagnachmittag das Café Debout. Ihre Erkältung war fast auskuriert, doch da das Wetter ungemütlich stürmisch und kalt geworden war, wollte sie nichts riskieren.
Solche Tage gab es im Spätsommer ab und an und kündigten den nahenden Herbst an. Ein Wetter, dass Ariana gerne auf dem Sofa, mit Tee und mit guten Serien genoss. Die färbenden Blätter inspirierten sie jedes Jahr aufs Neue.
Da sie aber Manon versprochen hatte, sich mit ihr zu treffen, hatte Ariana warme Kleidung angezogen. Der Wind hatte bereits auf dem Hinweg ihren leicht abgemagerten Körper hin und her geschubst. In den letzten Wochen hatte sie nicht viel gegessen und sie schwächer als sonst werden lassen. Ein Grund mehr, sich mit Schokoladenkuchen und einer Latte zu stärken.
„Mademoiselle Leroy, wie schön, Sie wiederzusehen!", wurde sie vom Besitzer begrüßt.
Leicht lächelte Ariana und gestand, viel um die Ohren gehabt zu haben. „Manon ist noch nicht hier?", fragte sie und der Besitzer schüttelte den Kopf.
„Gut, kann ich dann bitte einen Schwarztee mit Zitrone haben?", bat Ariana und zog den Mantel aus, um ihn über den Stuhl zu legen.
„Gewiss doch", sagte der Besitzer. Er ging und ließ Ariana allein, die nur noch wartete, bis Manon endlich auftauchte. Und sie musste nicht lange warten. Sie kam in ihren schwarzen Leinenkleid und beigefarbenen Mantel rein und trug sowie immer ihre heißgeliebten schwarzen Pumps. Manon schritt zielstrebig auf dem Tisch zu, wo Ariana auf sie wartete. Dass sie wusste, wo die noch nicht ganz auskurierte blonden Freundin saß, war klar, denn es war der Stammtisch der beiden Frauen. „Hey, Sweetie", begrüßte Manon ihre Freundin, die aufstand, um sie innig zu umarmen. „ Geht's dir etwas besser?", wollte sie wissen.
Froh, Manon wiederzusehen, nickte Ariana. Es tat ihr leid, dass sie ihre Freundin länger nicht gesehen hatte, doch nachdem sie so viel gearbeitet und sich zurückgezogen hatte, fühlte sie sich besser. Wohl auch, weil sie wusste, dass sie ab Sonntag nichts mehr mit Francesco zu tun hatte. Es erleichterte Ariana und nahm eine große Last von ihren Schultern. „Noch nicht ganz auskuriert, aber doch viel besser als vor ein paar Tagen", gestand sie lächelnd. „Es ist schön, dich wiederzusehen. Wie geht es dir?", erkundigte sich Ariana.
„Naja, es geht", gestand Manon und setzte sich hin. „Ich habe dich einfach voll vermisst. Ohne dich war alles irgendwie farblos und so gar nicht voller Leben."
Wie immer sah Manon perfekt gestylt aus und wie für den Laufsteg gemacht. Ihre welligen Locken hatte sie sich gedreht und sie fielen ihr elegant auf die Schultern.
„Tut mir leid", nuschelte Ariana und begründete ihre Abwesenheit damit, dass sie Zeit für sich gebraucht hatte, um zu entscheiden, was sie machen würde. „Sobald ich auskuriert bin, komme ich wieder in den Kurs", versprach sie ernst.
Als der Kellner kam, gab sie die Bestellung auf, auf die sie sich schon lange gefreut hatte.
„Was darf es für Sie sein, Mademoiselle?", fragte er Manon.
„Für mich den berühmten Schokokuchen und eine Latte Macchiato mit Sojamilch", bestellte sie und der Kellner ging, nachdem er die Bestellung aufgenommen hat. Danach wandte sie sich wieder Ariana zu. „Also, sag mir die Wahrheit. Was hat dich dazu gebracht, die Außenwelt zu vermeiden? Diese Verona? Juler? Oder unseren lieben Freund Francesco?" Es musste endlich mal Tacheles geredet werden, mir so konnte Friede herrschen in Arianas angeknackstes Gemüt.
Gleich so viele Fragen auf einmal, die Manon unbedingt beantwortet haben. „Alles", sagte Ariana deshalb als Abkürzung seufzend. „Ich bin nicht wie du, die gerne One Night Stands hat, Manon. Alles, was ich mir wünsche, ist ein ruhiges Leben. Auch als Single. Diese ständigen Eifersuchtsprobleme sind nichts für mich. Männer sind ... doof und ich möchte nicht mehr darüber nachdenken, was wenn", erklärte Ariana und erzählte, wie sie sich gefühlt hatte, als er einfach aufgetaucht war.
Schon allein Francescos dominante Art, wie er sich einfach Zutritt in ihre Wohnung geschafft und geglaubt hatte, jemand wäre bei Ariana, war zu viel gewesen. Es ging niemanden was an. Und wenn sie einen Freier in ihrer Wohnung hätte, würde es Francesco nichts angehen. Er war ihr in dem Moment wie ein Eifersuchtsbolzen vorgekommen, der alles von Ariana fernhalten wollte.
„Wie bitte?", platzte es aus Manon heraus und sie hatte automatisch aufgehört, ihren Kuchen zu essen, der eben erst gekommen. „Sagtest du gerade, er hatte eine Eifersuchtstirade gemacht? Nur weil er geglaubt hat, es wäre jemand in deiner Wohnung?" Lange hegte Manon den Verdacht, dass Ariana mehr fühlte als Abneigung und, auch wenn sie es sich niemals eingestehen mochte, körperliche Empfindungen. Schon alleine das, was zwischen den Beiden auf der Tanzfläche passiert war, war doch Beweis genug.
Das Gesicht ihrer Freundin verzog sich zu einer Grimasse, die aussagte, wie angesäuert sie darüber war. „Was denkst du, wie sich das anfühlt, während du arbeitest? Zum Glück hatte ich das Mikrofon aus", erzählte sie seufzend.
„Sei froh, denn sonst hätte er eure Peepshow noch mit angehört", meinte Manon und zwinkerte. „Aber es war zu keine gekommen."
„Peepshow?", fragte Ariana mit dem Löffel im Mund verwirrt.
„Na du weißt schon", meinte Manon und machte eine detaillierte Beschreibung von dem Begriff und ihre Bedeutung und dadurch erröteten sich Arianas Wangen vor Schamgefühl, was Manon zum Lachen brachte.
„Spinnst du?", fragte sie empört und verzog angewidert das Gesicht. „Ich werde ganz sicher nicht", sagte sie und dämpfte ihre Stimme, „mit jemanden wie ihm schlafen! Wer schon eine Freundin hat, ist bei mir sowieso unten durch."
Manon kaute den Mund voll Kuchen noch durch, ehe sie runterschluckte. „Er hat keine Freundin."
„Woher willst du das wissen? Diese dumme, eingebildete Zicke war mehr als deutlich", bemerkte Ariana verächtlich. Sie griff sich mit der Hand an den Hals, an dem Verona ihre gehabt und Ariana gewürgt hatte.
Mit übereinander verschränkten Beine saß Manon und sah Ariana an. „Egal wer diese Verona ist, sie gehört scheinbar zu der Sorte Frauen, die es abgrundtief verabscheuen, abserviert zu werden und wollen einfach nicht wahrhaben, dass ihre Beziehung, oder egal was die beiden früher gehabt haben, vorbei ist. Egal, was da zwischen ihr und Francesco war, es ist ganz sicher schon lange vorbei. Überleg doch mal genau, wie hat er sich verhalten, als du ihm erzählt hattest, dass du bereits Bescheid wüsstest über sie?"
„Er hat behauptet, es gibt keine Verona in seinem Leben mehr und er wüsste nicht, wovon ich spreche. Allerdings machte er ein wütendes Gesicht, als wüsste er genau, um was es ging", sagte Ariana, ehe sie eine Gabel voller Kuchen im Mund verschwinden ließ. Der kräftige Schokoladengeschmack breitete sich auf ihrer Zunge aus und ließ sie stöhnen. Wie sehr hatte sie den Genuss vermisst. „Jedenfalls", meinte sie, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte, „kommt er am Sonntag, dass ich ihn male. Ich habe ihm klar gesagt, dass es das letzte Mal ist, dass wir uns begegnen."
„Mh", machte die Dunkelhaarige nachdenklich und trank einen Schluck von ihrer Latte Macchiato. „Ich glaube aber nicht, dass es das letzte Mal ist, dass ihr euch wiedersehen werdet."
„Hör auf damit!", tadelte Ariana ihre Freundin ernst. Manon und ihr Verkupplergen war manchmal echt zu viel. „Ich will ihn nicht wiedersehen, geschweige etwas mit ihm anfangen. Mit solchen Männern erst recht nicht." Und mit einer gefährlichen Frau wie Verona wollte sie sich sowieso nicht anlegen.
„Diese Verona soll dich nicht davon abhalten, das Leben zu leben und es zu genießen", machte Manon ihrer Freundin deutlich klar. „Er ist nicht ihr Eigentum und deshalb kann er entscheiden, wen er haben kann oder nicht. Mit wem er sich treffen kann oder nicht. Oder mit wem er sich für eine Nacht einlassen will."
„Manon. Woher willst du das wissen?", fragte Ariana gequält, wie sie es immer war, wenn ihre Freundin von dem Thema anfing. Sie hatte schon Recht, immerhin war Francesco erwachsen, doch Ariana wollte nicht in einem Spalt zwischen Menschen stehen, die sich nicht einigen konnten. „Ich möchte nicht weiter darüber sprechen, nachdem ich meine Entscheidung getroffen habe. Du bist doch genauso stur und willst nur Arthur, obwohl dir alle Männer hinterherrennen. Wie läuft es mit ihm eigentlich?", wechselte sie das Thema.
Und ihre Stimmung kippte ins Untergeschoss. Sie legte die Gabel neben den halb aufgegessenen Kuchen und ihr Gesicht nahm eine traurige Miene an. Ihre Augen schauten raus aus dem Fenster und erblickten die frisch verliebten Pärchen, die an dem Café vorbeigingen. „Arthur hat sich seit langem nicht mehr gemeldet und ich weiß nicht wieso. Ich habe versucht herauszufinden, ob die Arbeit ihn ruft, doch ich habe eine erschreckende Entdeckung gemacht, die mir wehtat, als ich nach Infos gesucht habe."
Sofort nahm Ariana ihre Hand und drückte sie zart, um ihr zu zeigen, dass sie für Manon da war. „Was hast du herausbekommen? Und von wem?", fragte sie besorgt.
„Ich habe ein aktuelles Fotos von ihm gesehen und ...", Manon atmete tief durch, „... er hatte mit einer Frau einen innigen Kuss ausgetauscht."
Deshalb war sie also so durch den Wind. Das hatte Ariana von Arthur nicht erwartet. Er schien doch von Manon so angetan zu sein. „Wo hast du es gesehen?", fragte sie vorsichtig. Manche Zeitschriften bearbeiteten sogar Fotos, um für Skandale zu sorgen, daher war es möglich, dass es auch in dieser Situation so war.
„Ich habe mir das aktuelle Foto deiner Schwester angesehen auf ihrem Facebook Profil und ...", mehr brachte sie nicht raus, deshalb zog sie aus ihrer Manteltasche ihr Handy hervor und suchte nach dem Bild und fand es sekundenspäter. „Hier. Und rate mal, wen Arthur da küsst?" Manon gab Ariana das Handy, damit sie es sich ansehen konnte. Manons Blick sagte eindeutig, dass es Ariana nicht gefallen könnte, was sie dann zusehen bekam.
Das Bild verschlug Arianas Sprache und ihr wurde heiß und kalt. Ausgerechnet Zoè! „Hast du sie angerufen und sie zur Rede gestellt? Oder soll ich das tun?", fragte sie mit bebender Stimme. Es passte zu Zoè, jemanden den Freund auszuspannen, doch war Arthur etwa gleich? Wenn, dann sollte Manon sich von ihm fernhalten.
Nur ein Kopfschütteln war die Antwort. Manchmal konnte Manon es selbst nicht glauben. Wieso nur ausgerechnet Arianas Schwester? Wieso Zoé?
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