Sind Männer wirklich Monster?
Unsicher machte ich einen Schritt von ihm weg. „Er bleibt ein Mann", rief ich mir ins Gedächtnis. Herr Hertzen sah zu mir runter und zog die Stirn kraus.
„Lass uns zurück gehen", bestimmte er und trat den Rückweg an. Ich lief weit hinter Michael und grübelte. „Sollte ich hierbleiben? Hätte ich es gut hier oder würde es zu einem Alptraum werden? Hatte ich überhaupt einer Wahl? Er sah nicht aus so aus wie die Männer die mich unterrichtet hatten. Marcel wirkte nett. " plötzlich stieß ich gegen etwas Weiches. Herr Hertzen war stehengeblieben und nur hatte ich es nicht mitbekommen. Erschrocken machte ich einen Satz zurück und stotterte eilig eine Entschuldigung. Er öffnete die Tür und lief durch sie hindurch, zog mich an sich und sah mich mit ernsten Blick an. Augenblicklich machte sich Angst in mir breit. Kroch mir von den Füßen hoch in die Brust. Seine Hand hielt mich schmerzhaft fest. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, hinter mir war die Wand. Plötzlich war der Druck an meinem Arm verschwunden. Ich rührte mich nicht. „Woran hast du gedacht? Das ich dir was an tuhe, wenn du erstmal mein „Besitz" bist?", fragte er zornig.
Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Nur weil man dir mal gesagt hat, dass Männer Monster sind, heißt es noch lange nicht, dass alle so sind. Was glaubst du, wie viele Frauen mit Männern verheiratet sind und auch noch glücklich dabei!", schimpft er und trat drei Schritte von mir weg. „Geh auf dein Zimmer und überlege dir genau was du mir unterstellst und ob du hierbleiben willst!", wies er mich an und deute die Treppe hoch und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht und durch die Haare. Ängstlich lief ich an ihm vorbei und stolperte beim Treppensteigen fast über meine Füße. Als ich einen Schuh verlor, blieb ich stehen und blickte hinunter. Herr Hertzen stand immer noch neben der Tür, sah mich an, seine Miene war schuldbewusst. „Tat es ihm leid?", zögerlich zog ich meinen anderen Schuh aus und stellte sie neben der Treppe. Unsicher lief ich den Flur entlang und suchte mein Zimmer, nach 5 Türen, die ich öffnete, hatte ich es endlich gefunden. Es steckte kein Schlüssel im Schloss und so blieb mir die Möglichkeit verweht abzuschließen. Ich warf mich aufs Bett und krabbelte unter die Decke.
Ich sollte darüber nachdenken, was ich ihm unterstellte. „Was ich ihm unterstelle? Was meint er damit? Ich unterstelle ihm überhaupt nichts. Ich habe es doch erlebt was „Männer" sind und er hatte denselben Blick wie diese Monster", es ergab für mich keinen Sinn. „Man ist was man ist", dachte ich und fuhr über meine Ohren.
Ein Klopfen an der Tür ließ mich vor Schreck zusammenfahren. Leise und langsam öffnete sich diese. Eine kratzige alte Männerstimme sprach mich an: „Darf ich eintreten junge Dame?", ich schöb meinen Kopf unter der Decke hervor und sah den Mann an, der mich fälschlicherweise für eine Dame hielt. Er stützte sich auf einen schön geschnitzten Gehstock und hatte einen weißen Bart. Ich nickte und zwang mich dazu, mich aufzusetzen. Der Alte schritt im großen Bogen um das Bett und nahm auf der Sitzinsel Platz. Er räusperte sich und deutet mit seinem Stock auf das Sofa vor sich. „Bitte setz dich", er zog den kleinen Tisch zwischen sich und das andere Sofa. Seine ganze Haltung wirkte entspannt und gebrechlich. Dankbar über den Tisch zwischen und nahm ich platz. „Was möchte er von mir?", dachte ich und blickte auf die Tischplatte. „Ich bin Harald, ich bin der Hüter der großen Bibliothek" ich blickte auf, um ihn in die Augen zu schauen. Sein Gesicht war zu einem warmen Lächeln verzogen, was selbst sein Bart nicht verstecken konnte. Seine braunen Augen zeigten nichts Feindseliges oder Falsches. Das Lächeln steckte an. „Ich bin Shiro", mehr gab es zu mir einfach nicht zu sagen.
„Kannst du lesen?", erkundigte er sich.
„Meine Herrin wollte das ich lesen und schreiben kann. Sie legte sehr viel wert darauf. Als ihre Augen immer schlechter wurden habe ich ihr oft vorgelesen", ich wusste, nicht viele von meiner Art hatten den Zugang zu Bildung, man hielt uns lieber unwissend.
„Das freut mich Lesen ist etwas sehr wunderbares, es bringt uns zu Orten von denen wir nicht mal zu träumen wagten", er griff in seine Westentasche und zog eine kleine Thermoskanne hervor. Mit zitternden Händen wollte er sich den Tee eingießen. „Bitte lasst Sie mich das machen", ich griff über den Tisch nach der Kanne und schenkte ihm den noch dampfenden Tee ein.
„Danke, ich werde alt das kann man nicht leugnen", Harald räusperte sich und trank einen Schluck Tee, anscheinend trank den hier jeder gern.
„Gern", unsicher fing ich an, mit meinen Haaren zu spielen.
„Kannst du noch mehr Dinge?", fragte er weiter und stellte die Tasse wieder ab.
„Ich spiele Klavier und Geige aber das ist schon lange her", bedauerte ich
„Warum ist das so?"
„Meine Herrin war krank und es ging ihr immer schlechter im Laufe der Zeit. Ich weiß nicht, wieso sie mich nicht mehr spiele ließ, aber ich glaube sie hörte nicht mehr gut. Wozu jemanden spielen lassen, wenn man es nicht mehr hört?", mein Gesprächspartner nickte verständnisvoll. „Ich war früher ein guter Sänger auch, wenn man jetzt nichts mehr davon hört. Bevor ich mich hier um die Bücher kümmerte bin ich viel um die Welt gereist und habe überall gesungen wo man mich hören wollte", schwelgte er in Erinnerung und sein Blick wanderte in die Ferne.
„Es muss wundervoll sein die Welt zusehen. Ich beneide Sie", ich hatte meine Stadt bis vor meiner Flucht nicht verlassen. „Vielleicht wird dir das auch irgendwann zu Teil?", antwortete er, aber ich schüttelte nur den Kopf. „Selbst wenn man mich mitnimmt auf Reisen wird es sicher nicht zu meinem Vergnügen sein", meinte ich und seufzte. Mein Gegenüber trank wieder aus seiner Tasse und sein Lächeln trübte ein.
„Das weißt du doch noch gar nicht", wandt er ein und reichte mit Tasse und Kanne. Ich schenkte ihm nach und wartete auf seine nächste Frage. „Meine Frau blieb lieber zuhause und lass Bücher, irgendwann gab ich das Reisen für sie auf und wurde sesshaft. Ich sang immer noch, blieb aber in der Stadt und ging meinen gelernten Beruf nach. Die Stadtbibliothek stellte mich ein", erzählte er und lächelte bei dem Gedanken an sein altes Leben. „Wie kamen Sie in die Dienste von Herrn Hertzen?"
„Als unsere Kinder groß waren, wurde die Wohnung, die wir gemietet hatten zu groß für uns und wir beschlossen umzuziehen. Doch fanden wir keine Kleinere, meine Frau entdeckte dann in einer Zeitung das der junge Herr jemanden sucht, der sich um seine und die Bücher seines Vaters kümmert. Wir bewohnten hier ein Zimmer. „Meine Frau lebt schon lange nicht mehr. Auch wenn ich nicht mehr arbeiten kann durfte ich bleiben und bin sehr froh darum", sein Blick war traurig geworden, seine Frau fehlte ihm wohl sehr.
„Ob mich jemand vermisste?, kam es mir in den Sinn, verwarf diesen Gedanken aber gleich wieder. „Niemand würde mich vermissen"
„Gib es etwas das du vermisst?", fragte er mich und fuhr sich durch seinen weißen Bart. Ich runzelte die Stirn. „Was sollte ich vermissen?", ich fing an zu grübeln dachte zurück an das Lachen meiner Herrin und die Feste bei denen ich zusehen durfte gern hätte ich teilgenommen. „Ich hatte es gut bei meiner Herrin doch sie lebt nicht mehr, dort wartet nichts Gutes für mich zudem ich zurückkönnte", erklärte ich mich.
„Fehlt es dir nicht zu Musizieren? Vorhin klangst du betrübt darüber nicht mehr spielen zu können", hackte er nach und stand auf. Harald trank seinen Tee aus und packte seine Kanne wieder ein. „Komm mal mit", meinte er und Schritt langsam Richtung Tür. Ich folgte ihm mit dem notwendigen Abstand. „Darf ich das Zimmer wieder verlassen?", fragte ich ihn und blieb vor der Tür stehen. „Wir dürfen alles", meinte er und zwinkerte. Er führte mich durch das Stockwerk in einen Teil, in dem ich noch nie zuvor war. Das Gehen fiel im schwer, er wurde jedoch nicht langsamer, bis er vor einer Tür stehen blieb. Die Tür knarzte, als Harald sie aufstieß. Die Luft im Raum war verbraucht, als wäre seit einer Ewigkeit niemand hier drin gewesen. Wir traten ein und auf dem Boden lag eine Staubschicht. Auf den Möbeln lagen weiße Tücher und alles erinnerte an das Haus meiner Herrin nach ihrem Ableben. Dieser ganze Raum strahlte Einsamkeit und Traurigkeit aus. Mein Begleiter ließ sich davon aber nicht stören, er durchquerte das Zimmer einfach und riss das große Fenster auf. Der Wind brachte die Lacken zum Zittern und den Staub zum Tanzen. Vor einem riesigen Ding bliebt der Alte stehen und winkte mich zu sich. Zusammen zogen wir das Lacken runter und husteten, weil es staubte.
Ein wunderschöner Flügel kam zum Vorschein. Ehrfürchtig strich ich über den Deckel. „Wollen wir doch mal sehen ob es verstimmt ist", wie selbstverständlich ließ sich die Klappe öffnen. Behutsam drückte der Musiker die Tasten. Keiner der Töne klang falsch und ich klatschte freudig in die Hände. Es wäre wirklich zu schade gewesen. Auf dem Platz für die Notenblätter lag ein vergilbtes Blatt, doch die Noten die mit der Hand eingetragen wurden, waren noch gut zu lesen. „Versuch es", wurde ich ermutigt. Ich atmete tief durch und nahm auf dem Hocker platz. Ich kannte das Stück nicht und auch den Namen hatte ich noch nie gehört. Eine wundervolle Melodie erklang unter meinen Fingern, voller Freude spielte ich die Noten und fing von vorne an, die Töne klangen so gut in diesem Zimmer. Alles erinnerte an das Musikzimmer meiner Herrin dort klang es auch so wunderbar. Ich wechselte zu den Lieblingsstücken meiner Herrin und ließ mich von der Musik tragen. Mit geschlossen Augen folgte ich meinem Gefühl.
Ein Knall riss mich aus raus und vor Schreck drückte ich mehre Tasten. Auch mein stiller Zuschauer schnaufte neben mir. Wir hatten uns beide, mächtig erschrocken wieder knallte es. Es gab wohl Zug im Haus und die Fenster schlugen zu. Ich lief zum Fenster und blickte zu Tür, im Rahmen stand der Herr des Hauses. Harald schritt eilig zu ihm und beteuerte sogleich, dass es seine Idee gewesen war hier her zu kommen und bat um Entschuldigung. „War es verboten hier zu sein?", schoss es mir in den Sinn und trat neben Harald und Verneigte mich tief. „Ich bitte ebenfalls um Verzeihung Sir", ich hätte das Zimmer nicht verlassen sollen und ich hatte kein Recht auf diesem Flügel zu spielen.
„Harald, ich habe ein paar neue Bücher gekauft sie stehen in der Bibliothek bitte zeig Tom wo sie hin müssen", schickte er ihn fort. Langsam schritt er davon, nun waren wir wieder allein und ich wusste nicht, was mich nun erwartet. Herr Hertzen schritt jedoch an mir vorbei, ich ließ den Kopf weiter gesengt. „War er immer noch wütend wegen heute Morgen? Hatte ich es noch schlimmer gemacht? Was wird jetzt passieren?", ich blickte auf den Boden und wieder kroch die Angst meine Beine hoch.
Ich versuchte, mich wieder auf meinen Atem zu konzertieren. Der Raum roch es immer noch muffig, jedoch wehte aus der Küche der Geruch von Essen hinauf. „Komm her", sprach er mich endlich an. Ich want mich um und suchte in seinen Augen Wut oder Zorn. Was ich fand, war pure Traurigkeit, seine Augen waren glasig und seine Wangen waren feucht. Seine Stimme war fast ein Flüstern, als er mich bat, das Stück nochmal zu spielen. Er trat weg vom Flügel, als ich mich setzte. Zögerlich spielte ich die ersten Töne, bis ich meine Sicherheit wiederfand. Wieder erklang die fröhliche Melodi im Zimmer. Als ich ein zweites Mal ansetzen wollte, legte er seine Hände auf meine. Michael war hinter mich getreten. „Wie hast du es geschafft dieses Stick fehlerfrei zu spielen?", fragte er und blickte auf die Noten. Ich verstand die Frage nicht. „Ich lese die Noten und drücke die Tasten. Ich kann auch andere Stücke", versuchte ich zu antworten.
„Ich kann dieses Stück nicht spielen. Meine Mutter schrieb es, ich habe es nicht geschafft, es fehlerfrei zu spielen. Es war einfach zu schwierig", erklärte er und blickte auf die Noten. „Nach ihrem tot habe ich es aufgegeben es zu spielen", fügte er hinzu. „Soll ich noch etwas anders spielen?", bot ich an und spielte ein Stück, was ich lange üben musste. Wieder vergas ich alles um mich herum. Nahtlos spielte ich von einem Stück zum nächsten. Meine Finger fanden die Melodien von alleine, als wäre ich nie aus der Übung gewesen. Wieder legte sich seine Hände auf meine. Wieder bließ der Wind durchs Zimmer da die Fenster und die Tür immer noch aufstanden. Ich drehte mein Gesicht zu ihm und blickte in ein fassungsloses Gesicht. „Habe ich einen Fehler gemacht?", fragte ich ihn und stand auf, meine Beine taten weh und ich fing an, durchs Zimmer zu laufen. „Weißt du eigentlich, was du gerade gespielt hast?", fragte Micheal mich. Fragend legte ich den Kopf schief. „Die Stücke ließ man mich üben bis ich sie konnte", erklärte ich ihm.
„Erstaunlich. Diese Stücke sind wirklich schwer. Dass du sie so leicht spielst ist echt bewundernswert", erklärte er mir.
„Wirklich? Herr Prokieso meinte immer diese Stücke seinen leicht und das ich sie viel schneller lernen müsste. Ich musste Stücke lernen die teilweise Stunden dauerten. Sie hat mich nie vor Leuten spielen lassen nur für sich", erklärte ich und wunderte mich, doch sehr das er so beeindruckt schien. „Viele Schüler brauchen Ewigkeiten und solche Stücke zu spielen. Sie wurden von ganz berühmten Musikern aus uralter Zeit geschrieben. Ich verstehe langsam wieso sie dich zurückhaben wollen", er zog die Augenbrauen zusammen. „Du könntest mit etwas mehr Übung Konzerte geben.", überraschte er mich und setzte sich zu mir auf die Bank. Er fing an, ein Stück anzuspielen, was man zu zweit spielen musste. Ein Walzer, ich setzte ein, es war nicht so einfach, zu spielen, da ich dieses Stück noch nicht so oft gespielt hatte. Lächelnd blickten wir uns an. Applaus erklang aus dem Haus und man bejubelte unser Spiel. Ein Gefühl was ich nicht kannte, machte sich in mir breit und ließ meine Brust anschwellen. Noch nie hatte jemand für mich geklatscht. Ich trat in den Flur und verbeugtem ich vor den Bediensteten, die aus den Zimmern gedrehten waren.
Manuela kam auf mich zu. „Ich danke dir", hauchte sie und umarmte mich. „Wofür?", fragte ich sie. „Seit über 5 Jahre hat er nicht mehr gespielt", erklärte sie, aber ich verstand es immer noch nicht, wieso sie mir dankbar war. Ich entschied mich einfach für ein herzliches lächeln. „Das Essen ist gleich fertig kommt gleich ins Esszimmer ja", bat sie und wuselte davon. Sie scheuchte die Angestellten wieder an die Arbeit. Herr Hertzen sprach an: „Hast du eine Antwort auf meine Frage?", seine Stimme war freundlich, doch sein Blick war ernst. „Ich weiß nicht, was ich euch unterstellt habe?", antworte ich ehrlich. „Du hälst alle Männer für gefährliche Monster. Damit unterstellst du mir, Harald und den ganzen andere Männern in meinem Haus Monster zu sein", erklärte er, so ruhig es ihm möglich war. „Sehe ich wie ein Monster aus oder hat Harald dir etwas getan? Eben haben alle für uns geklatscht", erklärte er mir endlich, was er meinte. Ich dachte an Harald und das nette Gespräch an seine warmherzige Art und schüttelte den Kopf. Er wuschelte mir durch die Haare und meinte dann, dass wir zum Essen gehen sollten.
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