
Kapitel 24
Obwohl er sie die ganze Nacht immer wieder streichelte und mit seinen Federn sanft ihre Haut strich, war es Victoria doch irgendwann gelungen, einzuschlafen. Sie bemerkte es aber nur, weil sie irgendwann erwachte. Das Gefühl von Fingern auf ihrer Haut war noch immer präsent und sie fühlte sich müde.
Mit einem leisen Seufzen drehte sie sich von der Lichtquelle weg und versteckte ihren Kopf an der warmen Brust, während sie die Decke, etwas an sich zog.
Ihre Finger strichen über den Stoff, der sich anfühlte wie Flügel.
Erschrocken riss Victoria die Augen auf und blickte direkt in das Gesicht des Engels, der sie beobachtete und mit seinen Flügeln zugedeckt hatte.
Ihr Herz klopfte, als sie sich an den Abend erinnerte.
Sofort schloss sie ihre Augen wieder und vergrub ihr Gesicht an seiner Brust. In der Nacht musste das Tuch verrutscht sein. »Ich habe nichts gesehen«, murmelte sie, weil sie nicht erneut eine Strafe wollte.
Auriel lachte raus. »Ach so?«, fragte er belustigt, bevor er ihr durch die Haare strich. »Ich bringe dich ins Bad. Lass die Augen geschlossen«, hauchte er.
Victoria brummte leise, denn sie wäre lieber liegengeblieben, aber sicherlich war waschen keine schlechte Idee.
Victoria spürte, wie Auriel sich bewegte und krallte sich entsprechend fest. Allerdings hatte sie das Gefühl, sicher in seinen Armen zu liegen und nicht zu rutschen. Das war seltsam, da sie es normalerweise nicht mochte, getragen zu werden.
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass es nur daran lag, dass er sehr stark war. Ob er wohl Magie nutzte?
Auriel, der es ihr so gemütlich wie möglich machen wollte, nutzte sogar seine Flügel als Stütze, damit sie es bequem hatte. Diese Frau hatte eine Anziehungskraft, die er so nicht kannte. Nicht einmal bei Villisca oder Mirielle hatte er die ganze Nacht beobachtet, wie sie schliefen. Bei Victoria hingegen hatte er überhaupt nicht bemerkt, wie es Tag geworden war.
Victoria hatte geträumt und die Gefühle, die er dabei aufgeschnappt hatte, hatten ihn eingehüllt, sodass er das Gefühl gehabt hatte, zu dösen. Dabei schliefen Engel nicht. Zumindest nicht so wie Menschen. Engel konnten ihren Körper in eine Art Trance versetzen, um sich zu erholen, doch das geschah nur, wenn sie schwer verletzt waren. Daher hatte es Auriel auch so gewundert.
Schließlich kamen sie im Bad an und Auriel setzte Victoria langsam auf ihre Füße. Der Boden war kühl, was an den Fliesen lag. Victoria schauderte leicht und hob die Hand zu der Augenbinde. »Darf ich sie abnehmen oder soll ich blind duschen?«, fragte sie leise. Nackt war sie immerhin schon, weshalb sie sich nicht ausziehen musste.
Auriel griff ihre Handgelenke und hielt sie fest, bevor er ihr einen innigen Kuss auf die Lippen gab. »Ich wasche dich«, hauchte er an ihre Lippen. Er hatte zwar einiges zu tun, doch er würde den Morgen mit ihr genießen.
Victoria, die nicht diskutieren wollte, nickte lediglich, obwohl sie es nicht unbedingt mochte.
Erneut gab Auriel ihr einen Kuss, bevor er ihre Hüfte packte und sie ein Stück drehte. »Nicht erschrecken«, hauchte er, als es auch schon nass wurde.
Victoria zuckte kurz zusammen, doch das kalte Wasser, mit dem sie gerechnet hatte, kam nicht. Stattdessen war es sofort angenehm warm.
Victoria entspannte ich, während Auriel sie mit einem Schwamm vorsichtig säuberte. Währenddessen kribbelte es ihr in den Fingern, ihn ebenfalls zu waschen, doch mit verbundenen Augen war das nicht so leicht.
Ein leises Seufzen entwich ihr, was Auriel sofort innehalten ließ. »Frustriert?«, fragte er leise und legte seine heißen Lippen an ihr Ohr, was Victoria wohlig schaudern ließ.
»Ich würde gern Eure Flügel berühren«, gestand sie, doch sie würde es nicht tun. Das wäre Selbstmord, das wusste sie. Es reichte schon, dass sie auf diesen geschlafen und sie als Decke missbraucht hatte. Noch immer spürte sie das sanfte Kribbeln an ihren Händen. Sie hätte es wirklich mehr genießen sollen!
Auriel musterte sie einen Moment ungläubig. Er hatte von Frauen schon sehr viel gehört, aber nur die wenigsten hatten so deutlich gesagt, was sie wollten.
Er senkte die Lider und nahm dann ihre Hand, bevor er sie sanft an seine Flügel legte.
Als Victoria die weichen Federn spürte, keuchte sie leise auf, bevor sie vor Aufregung zu zittern begann. So fuhr sie ganz langsam über die einzelnen Federn. »So schön«, flüsterte sie fasziniert und hätte es gern gesehen.
Auriel schloss seine Augen und für einen Moment waren nur ihre Berührungen wichtig. Kleine Blitze tanzten angenehm über seine Flügel und ließen seinen Körper erschaudern.
Der Moment hielt jedoch nicht lang, denn Aria mentale Stimme erklang: //Lord Auriel? Seid Ihr schon fertig? Eure Termine warten auf Euch//, bemerkte Aria mit ruhiger Stimme.
Für einen kurzen Moment durchzuckte Auriel Ärger, weshalb seine Flügel begannen zu glühen.
Als er das bemerkte, unterdrückte er es sofort und sah panisch zu Victoria, die ihre Finger jedoch nicht einmal zurückgezogen hatte. Ihre Finger wanderten weiter über seine Federn, was ihn verwirrte. »Hast du gerade etwas Seltsames gespürt?«, fragte er mit rauer Stimme, während er versuchte seine eigene Angst, sie verletzt zu haben, zu beruhigen. Er musste wirklich mehr auf seine eigenen Gefühle achten.
»Es hat kurz gekitzelt«, gestand Victoria stirnrunzelnd. Sie war so süß, dass er weiter mit ihr spielen wollte. Sie machte ihn neugierig, doch leider hatte Aria recht. Er musste sich um seine Termine kümmern.
Also nahm er wieder mental Kontakt mit ihr auf. //Ich bin fast soweit. Ich werde allerdings Victoria mitnehmen//, entschied er.
Aria schwieg zu dieser Aussage und Auriel wusste, dass sie sich um alles kümmern würde. So war Aria eben. Auf sie war Verlass.
»Normalerweise verbrenne ich damit Arme«, bemerkte Auriel nüchtern. Allerdings war es schon einmal vorgekommen, dass jemand immun gegen das silberne Feuer war, das seine Flügel einhüllte. Daher war er auch nicht ganz so schockiert. Auch, weil er noch immer nicht genau wusste, was es mit Victorias Macht auf sich hatte. Würde sie irgendwann erwachen oder blieb sie in ihrem Inneren?
»Oh«, machte sie und rieb ihre Finger aneinander, weil sie testen wollte, ob etwas verbrannt war. Allerdings schmerzte nichts. »Ich habe nicht gesehen, dass Eure Flügel geleuchtet haben«, gestand sie zögerlich. Hätte sie das, hätte sie diese definitiv nicht berührt.
»Das war mein Fehler«, erwiderte er schuldbewusst. »Und weil das so ist, werde ich dir einen kleinen Wunsch erfüllen«, bot er zuvorkommend an. Vor allem, damit er sich selbst nicht mehr so schlecht fühlte. Er hätte sie immerhin ernsthaft verletzen können.
Victoria gab einen nachdenklichen Laut von sich, während Auriel sie vorsichtig mit einem Handtuch abtrocknete. »Mir fällt spontan nichts ein«, gestand sie, denn das, was sie sich wünschte, tat er bereits für sie. Sich um ihre Eltern kümmern.
»Dann überleg dir etwas«, erwiderte Auriel, der nun auch sich abtrocknete und Victoria schließlich wieder hochhob. Dabei bemerkte diese, dass der Engel komplett nackt war, was sie leicht erröten ließ. Am liebsten hätte sie sich das Tuch von den Augen genommen, doch sie war sich der Konsequenzen bewusst.
Schließlich stellte Auriel sie wieder ab, bevor er sich seine Hose anzog. Dann blickte er nachdenklich zu dem Kleid, das er ihr am Abend ausgezogen hatte. »Aria, lass Victorias Dienstmädchen Kleider bringen«, wies er Aria an, als es auch schon vorsichtig und zögerlich klopfte.
»Erledigt«, erwiderte Aria mit einer Spur Belustigung.
Auriel schmunzelte, während Victoria einfach nur dastand und nicht wusste, was vor sich ging. »Bleib einen Moment hier«, sagte er zu ihr, bevor er zur Tür ging und die Kleider entgegennahm.
Ivira, die nicht genau verstand, was hier los war, konnte den Engel nur mit offenem Mund anstarren und erstarrte förmlich. Darum kam sie auch nicht dazu, etwas zu sagen, bevor er die Tür wieder schloss.
Dann betrachtete er kurz die Kleider und Victoria, während er sich fragte, wie es dazu gekommen war, dass er eine Frau an und nicht auszog. Allerdings würde er niemanden in seine Räumlichkeiten lassen. Das hier war sowieso schon eine Ausnahme. Bisher bereute er es jedoch nicht und hoffte, dass es so bleiben würde.
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