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Kapitel 21

Die letzten Tage vor unserem Abflug nach Nizza verbringe ich damit, Ernst und Valentin genaueste Anweisungen für die Berichterstattung des Freiluftkonzertes zu geben und zugleich Valentins neugierige Fragen nach meinem plötzlichen Urlaub abzuwimmeln. Ernst ist in der Hinsicht ganz unproblematisch. Privat ist für ihn privat und hat man erstmal Grenzen gesetzt, so bohrt er auch nicht nach. Dafür versucht Valentin mir mit allen Mitteln der Kunst mein „süßes Geheimnis", wie er es nennt, zu entlocken. Es will einfach nicht in seinen Kopf, dass Frauen auch alleine verreisen können — denn das ist die offizielle Version meines spontanen Trips nach Frankreich. Wo genau es in Frankreich hingeht habe ich ebenso gezielt verschwiegen wie alle anderen Details meiner Reise. Geht ja auch niemanden was an, und nur weil ich in der Vergangenheit meine Reisepläne immer recht offen bekannt gegeben habe, muss das ja nicht immer so ein. Letztendlich muss sich aber auch Valentin, wenn auch widerwillig, damit zufriedengeben, dass er nicht mehr aus mir herausbekommt, und ich kann meine restliche Arbeitszeit ungestört verbringen.

Obwohl ich lange damit gehadert habe, habe ich beschlossen, Kathi endlich in meine Beziehung mit Paul einzuweihen. Nun da ich mehrere Tage im Ausland bin, ist es mir doch wichtig, dass meine Tochter weiß, wo und mit wem ich unterwegs bin. Als sie mich zwei Tage vor dem Abflug mit indischem Curry im Gepäck besucht, packe ich aus, na ja, zumindest teilweise. Zwischen Fanta, Reis und Huhn tische ich ihr eine ziemlich entschärfte Version auf. Ich enthalte ihr nicht nur all die pikanten erotischen Details vor — schließlich ist sie meine Tochter und hat sicher kein Interesse daran, mein Sexleben in den wildesten Farben ausgemalt zu bekommen —, sondern erzähle ihr auch, dass Paul bereits von seiner Frau getrennt leben würde. So ist es zwar immer noch eine Affäre, aber es klingt weit weniger verboten. Keine Ahnung warum ich mir darum so viele Gedanken mache, aber es ist mir einfach wichtig, dass meine eigene Tochter nicht schlecht von mir denkt, auch wenn ich natürlich weiß, dass sie mich nicht dafür verurteilen, sondern es wahrscheinlich widerwillig akzeptieren würde. Ich schlucke den letzten Bissen hinunter und blicke Kathi erwartungsvoll an.

Sie hat ihre grünen Augen während meiner ganzen Erzählung nicht von mir abgewandt und strahlt mich an wie ein Weihnachtsbaum. „Das klingt doch alles richtig toll. Paul hört sich nach einem echt netten Typen an und wenn du glücklich mit ihm bist, dann ist das doch alles was zählt."

Vor Erleichterung fällt mir ein ganzes Gebirge vom Herzen und plötzlich wird mir bewusst, wie unsinnig es eigentlich von mir war, so lange mit diesen Neuigkeiten hinterm Berg gehalten zu haben. Kathi ist schließlich meine Tochter und nicht eine Kollegin oder irgendein neugieriger Nachbar.

„Das freut mich, dass du das so entspannt siehst. Ich hab schon befürchtet, du würdest schockiert sein." Ich nehme einen Schluck von meinem Fanta und lehne mich in meinem Stuhl zurück.

„Aber warum denn das? Ich hab doch schließlich schon die längste Zeit gesagt, dass du endlich einen Mann an deiner Seite brauchst, und ich weiß schon, dass es in deinem Alter schwierig ist einen zu finden, der nicht irgendwie eine komplizierte Vergangenheit mit sich rumschleppt. Da scheinst du es ja mit deinem Paul noch recht gut erwischt zu haben."

Ich nicke etwas beschämt, meiner Tochter in dieser Hinsicht etwas vorgeschwindelt zu haben, aber ihr einzugestehen, dass Paul nicht einmal von seiner Frau getrennt lebt, geschweige denn geschieden ist, getraue ich mich dann doch nicht. Da macht mir mein schlechtes Gewissen einen Strich durch die Rechnung und der Name Ehebrecherin blinkt in aggressiven Neonfarben in meinem Kopf auf.

„Na ja, wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Erstmal freue ich mich auf unsere gemeinsame Reise. Nizza wollte ich doch immer mal sehen, allein das Matisse-Museum ist schon einen Besuch wert." Geschwind manövriere ich das Gespräch wieder auf sicheres Terrain.

„Genieß es. Du hast es dir verdient." Kathi schnappt sich unsere leeren Boxen und entsorgt sie pflichtbewusst im Mülleimer. Dann dreht sie sich zu mir um, lehnt sich gegen die Anrichte, und fährt sich durch ihre rotblonden langen Haare. „Außerdem bist du dann auch wenigstens nicht mehr so allein, wenn ich mal ganz übersiedelt bin."

„Da musst du dir keine Sorgen machen um mich. Ich bin auch ganz gut allein zurechtgekommen."

„Das weiß ich doch, trotzdem warst du jetzt lange genug allein." Kathi wirft einen Blick auf ihre Uhr. „Ups, ich muss jetzt dann gehen. Ich muss noch was aus der Bibliothek abholen. Wenn ich mich beeile, dann schaffe ich das heute noch."

„Na, dann schau mal, dass du nicht zu spät kommst." Ich werfe unsere zwei Dosen weg und wische dann den Tisch ab.

Sie langt nach ihrem Rucksack und ist dann in Windeseile bei der Tür. „Schreib mir, wenn du in Nizza bist und du musst mir dann auch unbedingt ein Foto von euch beiden schicken."

„Du hörst dich ja an, als wärst du die Mutter und nicht umgekehrt." Ich grinse sie an und umarme sie. Dann ist Kathi auch schon aus der Tür raus und ich checke mein Handy. Paul hat mir seit heute früh noch keine Nachricht geschickt, also schreibe ich ihm jetzt eine.

Alles ok bei dir? Ich hoffe, du bist fleißig beim Packen :D

Als nach zehn Minuten immer noch keine Antwort da ist, beschließe ich, erstmal in Ruhe zu baden. Er kann ja auch nicht die ganze Zeit auf sein Handy schauen.

Wie erwartet taucht nach meinem Bad seine Antwort auf.

Ja, alles ok. Der Tag war nur unerwartet hektisch. Aber das wird sich ja bald ändern ;)

Kann es kaum erwarten, endlich mit dir gemeinsam im Flieger zu sitzen :)

Ich zähle die Stunden :D Muss jetzt Schluss machen. Die Kinder müssen ins Bett

Gute Nacht, dann sprechen wir morgen weiter :)

Gute Nacht :)

Am Tag vor unserem Abflug stehe ich vor meinem Koffer und vor der schwierigen Aufgabe zu entscheiden, was nun wirklich mitdarf und was hierbleiben muss. Der Trip mit Emi zum Designeroutlet war ein voller Erfolg. Ich bin jetzt kleidungstechnisch optimal eingedeckt, nicht bloß für vier Tage, sondern wohl eher für vier Wochen. Da die Reise selbst mich ja nichts kostet, sondern Pauls Firma für alles aufkommt, habe ich beschlossen, mir ein paar Teile, die sonst eigentlich über meinem Budget liegen, aber laut Aussage von Emi unwiderstehlich sexy sind, zu gönnen. Da jedes Kleid auch möglicherweise ein anderes Paar Schuhe benötigt, bleibt mir nichts anderes übrig, als gnadenlos auszusortieren. Mehr als einen Koffer will ich nicht mitschleppen, sonst glaubt Paul noch, ich möchte mit ihm nach Frankreich auswandern. Keine schlechte Idee, dann käme ich wenigstens in den Genuss ihn öfters Französisch sprechen zu hören, etwas das er für meinen Geschmack viel zu selten macht. Andererseits sind meine eigenen Französischkenntnisse wohl viel zu rudimentär, um dort überhaupt Arbeit finden zu können. Linda, jetzt hör aber mal auf, dich in unsinnigen Fantastereien zu verlieren. Konzentriere dich lieber darauf, dass du nicht deinen Reisepass und deine Pille vergisst.

Ich gehe nochmal meine ganzen Kosmetika durch — ja, Sonnencreme ist auch eingepackt —, als es plötzlich läutet. Etwas stutzig richte ich mich auf. Ich erwarte keinen Besuch, weder Kathi noch Emi würden unangemeldet bei mir reinschneien und Paul würde mir auch vorher eine Nachricht schicken oder mich anrufen. Unentschlossen stehe ich zwischen meiner Kosmetiktasche und meinem Koffer, da läutet es noch einmal, diesmal länger und bestimmter. Wer immer das ist, hat nicht vor wieder so schnell aufzugeben.

Ich gehe zum Fenster im Wohnzimmer und schiebe den Vorhang beiseite. Da unten steht Pauls schwarzer Audi und er selbst vor der Haustür, ganz elegant im Anzug. Es sieht aus, als wäre er direkt von der Arbeit hierhergefahren. Mein Herz macht einen kleinen Salto, denn ich habe nicht damit gerechnet, ihn vor unserem Abflug noch einmal zu sehen, geschweige denn mit ihm Zeit hier bei mir verbringen zu können. Schnell tripple ich zur Gegensprechanlage und drücke wortlos den Türöffner. Ich lasse meine Wohnungstür für ihn offen und mache mich rasch in der Küche auf die Suche nach etwas Essbarem. Vielleicht habe ich ja noch ein paar Kekse übrig? Oder wir trinken einfach bloß Kaffee und nützen dann die Zeit mit einer schnellen Runde im Bett.

Ich höre wie die Eingangstür hinter mir ins Schloss fällt und sage ohne mich umzudrehen: „Du kannst es dir schon mal am Sofa gemütlich machen. Ich bin gleich bei dir. Und ignorier das Chaos, ich bin grade noch mitten beim Packen."

„Das wird nicht nötig sein. Ich kann nicht lange bleiben."

Seine Worte jagen mir einen eiskalten Schauer über den Rücken. Ich muss mich wohl verhört haben. Dieser Ton, das klingt so überhaupt nicht nach Paul.

Ich drehe mich um und Paul steht bereits im Türrahmen der Küche. Sein grauer Anzug sitzt perfekt wie immer, und mit der dunkelgrauen Krawatte, dem weißen Hemd und den blank polierten schwarzen Lederschuhen sieht er aus, als wäre er geradewegs einem Werbespot für sexy Businessmode entsprungen. Und doch stimmt etwas nicht. Sein ganzer Körper wirkt angespannt. Ein gefangenes Raubtier auf dem Sprung.

Ein Blick auf sein Gesicht bestätigt meinen Verdacht. Es sieht aus wie aus Granit gemeißelt, und seine typische schelmische Unbeschwertheit ist hinter einer ernsten Maske verborgen. Hoffentlich ist nichts Schlimmes vorgefallen. Womöglich gab es einen Unfall? Was, wenn einer seiner Töchter etwas passiert ist? Ein Horrorszenario jagt das Nächste in meinem Kopf, als Paul mich nur weiter wortlos anstarrt und auch keine Anstalten macht, mir näher zu kommen.

„Ist irgendetwas passiert? Gab es einen Unfall oder bist du krank?" Ich versuche ruhig zu bleiben, während ich gegen das diffuse Gefühl ankämpfe, plötzlich vor einem gähnenden Abgrund zu stehen.

„Nein, es ist nichts passiert, aber ich ... wir müssen reden."

In dem Moment weiß ich bereits, dass der Abgrund mich verschlingen wird. Reden ist in solchen Situation immer gleichbedeutend mit Schluss machen. Trotzdem weigert sich mein Gehirn die Möglichkeit auch nur in Betracht zu ziehen, also sage ich so ruhig wie möglich: „Aber sicher doch. Möchtest du Kekse oder Kaffee?" Was faselst du da, Linda? Paul ist garantiert nicht hier, um was zu essen. Er sieht ja nicht mal dich mit seinem üblichen lustvoll hungrigen Blick an.

„Nein, danke, mach dir meinetwegen keine Umstände."

Eisige Klauen legen sich um meine Brust während ich mit zittrigen Knien an meinem Küchentisch Platz nehme und er sich auf den Stuhl mir gegenüber sinken lässt. Sein Blick ist zuerst auf die Tischkante geheftet und dann sieht er mich wortlos an. Seine grauen Augen gleichen unbeweglichen Felsen.

„Wie lange willst du mich denn noch auf die Folter spannen?", platzt es endlich aus mir heraus. „Willst du mir nicht sagen, was so wichtig ist, dass du hier unangemeldet auftauchst und mir wie ein schweigender Eisbrocken gegenübersitzt?"

Er schluckt und faltet seine Hände vor sich auf der Tischplatte, als wäre er gerade im Begriff, einen langjährigen aber leider nicht mehr nützlichen Mitarbeiter kündigen zu müssen. „Was ich zu sagen habe, ist nicht einfach für mich, weil ich weiß, dass du mich wahrscheinlich dafür hassen wirst."

Meine Finger krampfen sich unter dem Tisch zusammen. „Das macht es nicht besser."

„Du hast natürlich recht."  Er nickt und sagt dann: „Also, um es kurz zu machen, aus unserer gemeinsamen Reise nach Nizza wird leider nichts."

„Wie meinst du das genau? Heißt das, deine Dienstreise fällt aus?" Das wäre zwar wirklich eine herbe Enttäuschung, aber nicht das Ende der Welt.

„Nein, die Reise findet nach wie vor statt, aber du kannst mich nicht begleiten."

„Was? Wieso denn nicht? Gab es ein Problem mit der Buchung? Oder ist irgendwas mit dem Flug fehlgeschlagen?" Ich klammere mich verzweifelt an jeden Strohhalm, um nicht der offensichtlichen Wahrheit ins Auge sehen zu müssen.

„Nein, das ist es nicht. Du kannst nicht mitkommen, weil wir nicht mehr zusammen sein können." Seine Worte treffen mich wie Pfeile mitten ins Herz.

„Fliegt Melissa denn jetzt mit dir?" Übelkeit breitet sich in meinem Bauch aus wie eine giftige Suppe.

„Melissa bleibt bei den Kindern."

Eine neue Horrorvorstellung taucht in meinem Kopf auf. „Dann ist es eine andere Frau? Bin ich nicht mehr genug für dich?"

Für einen kurzen Moment blitzt so etwas wie Verzweiflung in seinen Augen auf, aber dann verschwindet jegliche Emotion wieder hinter der steinernen Fassade, die er heute trägt. „Ich fliege allein, nichts weiter."

„Aber was ... was ist denn mit uns?", spreche ich endlich die Frage aus, die mir ein Loch ins Herz brennt. Ich habe panische Angst vor der Antwort und doch muss ich Klarheit haben, muss wissen, ob meine schlimmsten Befürchtungen im Begriff sind, Realität zu werden.

Paul starrt auf einen Punkt hinter meiner Schulter. „Es gibt kein uns, nicht jetzt und nicht in Zukunft."

„Aber ... aber", weiter komme ich nicht, denn Paul fällt mir ins Wort.

„Es war von Anfang an klar, dass daraus nichts werden konnte. Ich habe einen Fehler gemacht und nun muss ich versuchen, ihn wieder gutzumachen, bevor es zu spät ist." Er tippt mit einem Finger auf die Tischplatte.

„Ein Fehler? Ist das also, was ich jetzt für dich bin?" Irgendwo in meiner Küche höre ich mich reden. Wieso ist meine Stimme nur so kratzig?

„Du weißt genau, wie ich das meine. Nicht du, sondern unsere Beziehung, die hätte nie passieren dürfen. Ich hätte es nie so weit kommen lassen dürfen, aber irgendwann ist es mir entglitten und wenn ich jetzt nicht die Notbremse ziehe, dann stehe ich endgültig vor dem Scherbenhaufen meines Lebens."

Ich presse meine Lippen aufeinander. „Ach so ist das also. Und ich dachte, du würdest ... wir wären ..." Ich schlucke meine aufsteigenden Tränen hinunter. Reiß dich zusammen Linda, du kannst jetzt nicht vor ihm heulen, das würde alles noch schlimmer machen. Du musst jetzt stark sein. Du wusstest doch, dass so etwas passieren könnte, auch wenn du es nicht wahrhaben wolltest.

„Es tut mir leid, wenn ich dir falsche Hoffnungen gemacht habe. Das war ein weiterer meiner Fehler, den ich wohl nicht wieder ausbügeln kann." Eine seiner Hände ballt sich zu einer Faust am Tisch und ich ertappe mich dabei, wie ich ohne nachzudenken, einfach meine Hand darauf legen wollte. Doch ich werde ihn wohl nie wieder berühren können. Die Erkenntnis liegt hinter einer schwammigen Nebelwand verborgen. Wenn ich nicht genau hinsehe, vielleicht bleibt sie mir dann für immer verborgen? Vielleicht kann ich so mein Herz davor beschützen, in unzählige Splitter zu bersten.

„Das ist es dann also? Das Ende?" Ich fahre mit einem Finger über die Tischplatte und kratze mit meinem Fingernagel einen Fleck weg. Muss wohl eingetrocknetes Spiegelei vom Frühstück sein.

Paul nickt einmal kurz. „Ja, und es ist besser, wenn ich jetzt gehe, damit du wieder zu deinem Leben zurückkehren kannst und ich zu meinem. Das hätte ich schon viel früher machen sollen. Meine Familie braucht mich. Meine Töchter brauchen einen Vater, der nicht ständig mit seinen Gedanken bei einer anderen Frau ist."

„Und du glaubst wirklich, dass das so einfach funktionieren wird? Gedanken und Gefühle lassen sich nicht auf Befehl abschalten, das weißt du genauso gut wie ich. Du magst vielleicht bei deiner Familie sein, aber glücklich wirst du dabei nicht sein."

„Darauf kommt es auch gar nicht an", wirft er so hastig ein, als glaubte er seinen eigenen Worten nicht. „Es kommt darauf an, dass ich das Richtige tue, und meine Familie ist das Richtige, meine Töchter Hannah und Sophie sind das Richtige."

„Nicht ich. Ich bin das Falsche." Ich spreche das aus, was er nicht sagt. Die bittere Wahrheit.

„Linda, mach das Ganze jetzt nicht noch schwerer als es ohnehin schon ist. Wenn du glaubst, das ist einfach für mich, dann hast du dich geirrt. Aber manchmal muss man eben im Leben das tun, was richtig ist, auch wenn es der schwerere Weg ist."

„Ist es das, was dein Anwalt dir geraten hat? Dich selbst zu belügen? Dann hat der aber eine sehr verdrehte Sichtweise von der Wahrheit und du solltest wohl besser den Anwalt wechseln." Die Flucht in den Sarkasmus ist der einzige Ausweg, der mir noch bleibt.

„Mein Anwalt hat damit nichts zu tun. Was wir hatten, war eine schöne Illusion, nichts weiter und einer von uns beiden muss darunter einen Schlussstrich ziehen, bevor es die Realität gefährdet."

„Du meinst deine Realität, nicht meine." Denn du bist meine Realität, wir zusammen sind meine Realität. Das will ich eigentlich hinausschreien, und tue es doch nicht. Eine einzige Frage brennt mir noch unter den Nägeln. „Hast du denn jemals etwas für mich empfunden oder war ich immer nur ein williges Betthäschen für dich?"

Paul sieht mir nicht in die Augen, als er kurz angebunden sagt: „Du weißt die Antwort darauf ganz genau. Wir hatten Spaß zusammen, das war alles."

Das eiserne Band, das sich um meine Brust gelegt hat, zieht sich unsagbar fest zusammen. All die Momente des Glücks, die zärtlichen Berührungen, die geflüsterten liebevollen Worte, sie haben ihm letztendlich nichts bedeutet. Ich starre auf meine in meinem Schoss gefalteten Hände, als ich höre, wie Paul sich wortlos vom Küchentisch erhebt.

Wie ferngesteuert stehe auch ich auf. Paul ist schon am Weg zur Eingangstür. Es liegt mir auf der Zunge, ihn um einen Kuss oder wenigstens um eine Umarmung zum Abschied zu bitten, doch er wirkt so kalt und abweisend, dass ich meine Bitte hinunterschlucke. Es ist wahrscheinlich auch besser so. Würde er mich jetzt küssen, so würde das letzte Fitzelchen meiner Fassung garantiert flöten gehen und ich würde mich in seinen Armen in ein heulendes Häufchen Elend auflösen. So kann ich mir wenigstens noch den Hauch meiner Würde bewahren.

Paul legt seine Hand auf den Türknopf und dreht sich noch einmal zu mir um. Ich stehe immer noch bei der Küchentüre und schlinge meine Arme um meine Mitte. Arktische Kälte krabbelt über meinen Körper. Einmal noch sehe ich ihm in die sturmgrauen Augen, lasse meinen Blick über seine rabenschwarzen Haare gleiten, über seinen sinnlichen Mund, der jetzt fest zusammengepresst ist. Da ist keine Wärme, keine Emotion.

Nichts.

Keine Liebe, kein Hass, nur Gleichgültigkeit.

Meine Kehle schnürt sich zusammen. „Auf Wiedersehen, Paul." Die Worte verlassen meinen Mund wie ein heiseres Flüstern. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich sie überhaupt laut ausgesprochen oder mir das nur eingebildet habe.

Für einen kurzen Moment denke ich, dass er mir mit seinem typischen Grinsen sagt, dass das Ganze nur ein schlechter Scherz war. Doch dem ist nicht so.

Er öffnet die Tür und wirft mir noch einen zögerlichen Blick zu. Ist da nicht doch ein Fünkchen Zuneigung in seinen Augen? Ein kleiner Hauch von Wärme, die sich an der eisigen Fassade vorbeischleicht?

Nein, das bilde ich mir wohl nur ein. Da ist nichts.

„Es ... es tut mir leid, Linda", sind die letzten Worte, die ich von ihm höre, und dann ist er weg, verschwunden aus meiner Wohnung. Verschwunden aus meinem Leben.

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