| EIGHT |
𝒥ℴ𝓃𝒶𝒽
Es war aufrichtig von Adele, mir zu erzählen, wie sie zu Nick stand. Nichtsdestotrotz breitete sich ein Gefühl des Unwohlseins in meiner Magengrube aus, weil ich eine derartige Situation schon mal erlebt hatte.
Fabienne ...
Der Name meiner Exfrau hallte in meinen Ohren wider. Ich hatte alles für sie geopfert, sie versucht zu schützen. Und doch hatte sie mich im Stich gelassen, so, wie alle anderen. Ich wusste nicht, wo das mit Adele hinführen würde. Was ich jedoch wusste, war, dass ich sie ganz gut leiden konnte. Und sie mich scheinbar auch, ansonsten wäre sie gestern nicht vor meiner Tür gestanden.
»Was ist los, Jonah?«, wollte sie von mir wissen. Dabei zeichnete sich wieder dieses unfassbar schöne Lächeln auf ihren Lippen ab. Ein Lächeln, das sogar einen Mann wie mich zum dahinschmelzen brachte. Einen Mann, der schon lange vergessen hatte, wie es sich anfühlte, von einer unglaublichen Frau wie Adele umgeben zu sein. Ich fühlte mich verraten, von meinem eigenen Herzen, weil ich mir ursprünglich verboten hatte, nochmal jemanden in mein Leben zu lassen. Doch Adele war einfach so hineingeplatzt und machte keinen Anschein, wieder gehen zu wollen.
»Nichts, ich war nur so in Gedanken ...« Und während sie mir gedankenverloren entgegensah, nutzte ich die Gelegenheit, um ihr die erste Welle vor der Nase wegzuschnappen.
»Hey! Die erste Regel lautet, dass man niemandem die Welle klaut!«
Doch ich antwortete ihr nicht, weil ich mich konzentrieren musste, nicht gleich wieder vom Surfbrett zu fallen und mich zu blamieren. Ich war sowas von eingerostet. Dennoch verspürte ich ein angenehmes Ziehen in meinem Bauchraum, was mir signalisierte, wie sehr ich den ganzen Scheiß hier vermisst hatte.
Allerdings war es ein Irrglaube, dass man das Surfen nicht verlernen konnte. Auf den letzten paar Metern verlor ich mein Gleichgewicht und geriet ins Wanken, was zur Folge hatte, dass ich etwas unelegant ins Wasser fiel.
Als ich auftauchte, sah ich Adele dabei zu, wie sie regelrecht eins mit der Welle wurde. Ich hatte bisher schon viele Frauen surfen sehen, aber sie war einfach umwerfend. Dann ließ sie sich von der Strömung ans Ufer treiben, ehe sie sich mir wieder näherte.
»Gar nicht mal so übel«, sie schmunzelte, »auf jeden Fall bist du besser, als Ally. Aber das sollten wir ihr auf keinen Fall sagen.«
»Mir was nicht sagen?« Ich wollte Adele gerade noch vorwarnen. Allerdings war ihre quirlige Freundin schneller. »Dass du ihn jetzt endlich gefragt hast, ob er mit aufs Lichterfest kommt?«
»Lichterfest?«, hakte ich nach, weil ich noch nie davon gehört hatte. »Was soll das sein? Irgend so ein neumodischer Festivalkram?«
»Nein, das Lichterfest ist kein Festival. Nicht offiziell zumindest. Es gibt zwar Musik und Drinks, aber die sind alkoholfrei.«
»Alkoholfrei? Aber«, ich tippte mir mit meinem Zeigefinger auf mein Kinn, »ist es nicht der Sinn eines Festes, sich hemmungslos zu betrinken und abzufeiern?«
»Hier nicht, weil wir mit unseren Surfbrettern auf das Meer rauspaddeln. Deshalb hat der Veranstalter vorsorglich auf alkoholische Getränke verzichtet.«
»Und wieso heißt es dann Lichterfest?«
»Weil wir alle Leuchtketten und -armbänder bekommen. Und um Mitternacht gibt es ein Feuerwerk«, klärte Ally mich freundlicherweise auf. »Adele wollte dich eigentlich fragen, ob du sie begleiten möchtest. Aber nachdem du nichts von dem Fest weißt, gehe ich mal davon aus, dass ich ...«, Adele warf ihr einen mahnenden Blick zu, »die Frage vorweggenommen hab'.« Ally verzog ihr Gesicht zu einem entschuldigenden Lächeln. »Was, Nick? Was hast du gesagt, ich soll ganz schnell wieder zurückschwimmen? Okayyy!«
»Ich hab' gar nichts gesagt«, entgegnete Nick mit einem nichts ahnenden Achselzucken.
Sie räusperte sich kurz, ehe sie sich langsam wieder von uns entfernt. »Die Pflicht ruft! Ich lass euch dann mal wieder alleine ...«
»Verrückte Frau«, murmelte ich vor mich hin.
»Aller...dings ...« Ein flüchtiger Blick in Adeles Gesicht verriet mir, dass ihr Allys Bemerkung hochgradig unangenehm gewesen war. »Ally ist sehr speziell, weißt du?«
»Stimmt. Aber das macht sie irgendwie besonders. Jedenfalls meinte Nick das vorhin zu mir, als wir die Surfbretter vom Surfbrettverleih geholt haben.«
»Ja, äh ... hör zu, was das Lichterfest angeht ...«
»Tut mir leid, aber ich muss dir leider absagen.« Vielleicht hätte ich mich nicht ganz so plump ausdrücken sollen. »Nicht, weil ich nicht kommen möchte, sondern, weil ich nicht kann.«
»Die Ausgangssperre?«
»Ja, leider.«
»Na gut, dann ... gehe ich eben mit Ally und Nick. Wir beide finden schon etwas, das wir zusammen machen können.« Im nächsten Augenblick schien ihr ein Licht aufgegangen zu sein. »Im Übrigen habe ich mit meinem Vater wegen eines Jobs für dich gesprochen. Wir suchen noch dringend ein paar Leute, die in den Semesterferien bei der Reinigung des Equipments und im Surfshop aushelfen. Hättest du vielleicht Interesse?«
Hatte sie mich das gerade wirklich gefragt?
Mich überkam eine plötzliche Panik, während mir böse Zungen zuflüsterten, dass Adele das alles nur tat, weil sie Mitleid mit mir hatte. »Ich muss das erstmal mit meinem Betreuer abklären ... «
Doch als ihre Hand auf meiner lag und sie mich förmlich anstrahlte, wurde ich schwach. All die negativen Gedanken waren mit einem Mal wie weggeblasen und ich hatte nur noch sie vor Augen. Die schönste Frau, der ich seit langem so gegenüberstand. Von Angesicht zu Angesicht und auf Augenhöhe. Adele war besonders. Und damit meinte ich nicht nur besonders schön, charmant und klug, sondern gütig. Gütig und selbstlos. Sie war ein guter Mensch, was ich wiederum nicht war.
Du bist nicht nur kein guter Mensch, sondern ein Krimineller! Und Kriminelle sind alle gleich ...
»Okay, dann ... klär das gerne mit ihm ab. Von uns aus hast du den Job jedenfalls. Du wärst krankenversichert und würdest Feiertagszuschläge bekommen. Abgesehen davon würdest du deutlich mehr verdienen, als ...«
»Oh, als ein Müllaufsammler meinst du?« Wieso zum Teufel war ich bloß so aufbrausend? Konnte ich nicht einfach dankend annehmen, was sie mir offerierte? »Oder mehr, als man im Knast verdienen würde, hm?«
Sie fasste sich betroffen an die Brust. »N-nein ... so war das nicht ...«
»Schon gut. Wäre mir nicht neu, dass alle um mich herum mich meines Jobs wegen verurteilen.«
Ihr entfuhr ein empörter Laut. »Wag es ja nicht, mich mit diesem Idioten Harris auf eine Stufe zu stellen! Ich habe nichts von alldem aus Mitleid getan, verstanden?!«
Mein Gott, sie ist noch attraktiver, wenn sie sich aufregt.
Zeitgleich spürte ich einen tiefen Stich in meinem Herzen, weil ich sie erst in diese Lage gebracht hatte.
»Bist du dir sicher?«
»Womit?«, hakte sie nach.
»Dass du nicht doch bloß aus Mitleid mit mir abhängst und all diese Dinge für mich tust, um dir selbst einen Gefallen zu tun.«
Tu es nicht, Jonah! Halt dein dämliches Maul!
»Oder ist es vielleicht Nick? Willst du ihn mit mir eifersüchtig machen?«
»D-das denkst du also von mir, ja?«
Ich bin so ein Idiot.
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