Kapitel 12a
Ich höre die Musik. Die Musik, die mich jeden Morgen mit einem Lächeln aufwachen lässt. Spüre die Hand in meiner, die mich liebevoll und feste hält. Höre den Herzschlag, der das größte Toben in mir beruhigen kann und heiße die Wärme willkommen, die in mir aufsteigt. Langsam bewegen wir uns zur Musik.
„Liebst du mich?", frage ich wie jeden Abend. Ich schließe meine Augen und höher als sich sein Herzschlag erhöht. Wir halten in unsere Bewegung inne und ich werde sanft ein wenig von ihm gedrückt. Mir ist bewusst, was als Nächstes folgt und erwarte es mit einem inneren Verlangen. Im nächsten Moment schmiegen sich unsere Lippen aneinander. Mein Inneres ist ein Feuerwerk und ich spüre auch sein inneres nach mehr lechzen. Die Leidenschaft. Die Begierde.
Er löst sich von mir. Ich spüre wie sich seine Hände auf meine Wange legt und mit dem Daumen über sie streicht. Ich halt meine Augen geschlossen, um das Gefühlt, jede Berührung, in mich aufzunehmen. Versuch mir jedes Prickeln und jedes Kitzeln seiner Berührungen einzuprägen, als sei es die letzten.
„Mehr als alles andere." Erschrocken reiße ich die Augen auf. Es ist nicht Jayden, der die erhofften Worte sagt. Es ist nicht seine Stimme, die mir antwortet. Mit aufgerissenen Augen starre ich nicht in die himmelblauen von Jayden, aber die eisblauen von Beynon.
„Liebst du mich?", ertönt seine Gegenfrage, wie ein Echo in meinem Kopf und reißt mich aus meinem Schlaf. Schwer atmend setze ich mich auf und ringe nach Luft. Warum? So endet der Traum nicht! Wie kann Beynon den Platz von Jayden übernehmen!? Mein Herzschlag steigt ins Unermessliche und Tränen fließen wie ein Wasserfall über meine Wangen. Ich ziehe meine Knie an die Brust und vergrabe den Kopf in ihnen. Mein Aufschrecken hat auch Beynon geweckt. Ich spüre, wie er mir beruhigend über den Rücken streicht.
„Es war nur ein Traum. Alles ist gut", wiederholt er leise bis ich wieder einschlafe.
***
Als ein Kutscher am Vormittag auftaucht, um uns zu sagen, dass wir heute nach dem Mittagessen wieder abreisen, bin ich immer noch aufgelöst von dem Traum. Ich kann nicht verstehen, was er bedeutet. Liebe ich unterbewusst Beynon? Nein, das kann nicht sein! Wieso hat er Jayden ersetzt? War es ein Albtraum? Eine Warnung? Meine Gedanken beginnen wieder zu drehen. Ich brauche Kian, ist alles worüber ich mir im Moment sicher bin.
Beynon bemerkt, dass der Traum mich noch immer aufwühlt. Ich bin froh, dass er nicht nachfragte oder sich sonst irgendwie aufzwingt. Aber mir stattdessen nur aufmunternd zu lächelt.
Ich sammele gerade meine Decke und mein Kissen aus Beynons Zimmer ein, als mein Blick auf den Brief des Königs fällt. Der zerknüllt auf dem Boden liegt. Was immer in ihm steht, muss Beynon verärgert haben. Kurz werfe ich meinen Blick zum Badezimmer und höre, dass Beynon noch unter der Dusche steht. Vorsichtig entfalte ich das Papier, um die Worte darauf zu lesen.
Ein König nimmt sich, was er will.
Erschrocken starre ich auf den Brief und lese die Wörter erneut. Es besteht kein Zweifel wovon der König spricht. Mir. Ich muss schwer schlucken. Fordert er seinen Sohn zur Vergewaltigung auf. Erneut muss ich schwer schlucken. Dann wird mir etwas bewusst. Der Brief kam, nachdem ich die Nacht bei ihm geschlafen habe. Er hätte ohne Problem wieder darauf bestehen können. Hätte sich nehmen können, was er will. Doch er gab mir die Laternen stattdessen. Nachdem sein Vater ihn zum Gegenteil aufforderte. Ich höre wie die Dusche abgestellt wird, zerknittere den Brief schnell wieder und eile aus dem Zimmer.
Ich bin verwirrt von meinem Traum und nun auch der Tatsache, dass Beynon sich wirklich zu hundert Prozent an unsere Abmachung hält. Verwirrt von der Tatsache, was gestern Nachmittag am See passiert ist. All die anderen schönen Momente, die wir an diesem Ort hatten. Mit all diesen Gedanken steige ich in die Kutsche. Wird der Beynon den ich hier getroffen habe zurückbleiben oder wird er mit in den Palast kommen?
Es ist bereits später Abend, als wir im Palast ankommen. Die Fahrt habe ich in Beynons Schoß geschlafen, während er mir durch die Haare strich. Obwohl es sich gut anfühlte, werde ich dieses gewisse Gefühl in meinem Gewissen nicht los. Aber mir gelingt, es für eine Zeit zu unterdrücken. Ich weiß, dass das Gefühl in mir keine Liebe ist, noch nicht. Es ist eine Vorstufe, vermute ich. Seit langem fühle ich mich wieder wohl in den Armen eines Mannes, so wie ich es einst bei meinem Vater tat.
„Willst du nicht schlafen kommen?", fragt Beynon traurig, als er sieht, wie ich mir eine seiner Jacken überziehe. Er liegt bereits im Bett und blickte mir mit einem breiten Lächeln entgegen. Ich kann mir vorstellen, dass er auf eine Wiederholung des letzten Abends hofft, in der wir umschlungen eingeschlafen sind.
„Ich bin nicht müde. Ich möchte nur etwas aufs Dach. Die Sterne betrachten. Ist das okay?" Ich kann ihm die Enttäuschung ansehe. Er nickt traurig, weshalb ich noch einmal zu ihm gehe und ihm einen kurzen Kuss auf die Wange hauche.
„Schlaf gut. Ich komme schnell wieder", sage ich mit einem Grinsen und verlasse unser Zimmer. Es ist kurz nach Mitternacht und Kian schläft wahrscheinlich schon. So gerne ich ihn treffen will, weiß ich, dass es bis morgen warten kann. Er läuft mir nicht davon.
Die kühle Luft erinnert mich an die Hütte, aber die Palastmauern überzeugen mich schnell vom Gegenteil. Hier oben habe ich mich frei gefühlt. Aber jetzt scheint das Gefühl abgeklungen zu sein. Etwas traurig setze ich mich auf die Balustrade und blicke durch das Teleskope. Als ich Schritte vernehme, schrecke ich hoch. Ist Beynon mir doch gefolgt?
„Emmelin?", höre ich eine Gestalt im Schatten sagen und stehe langsam auf. Ich muss sein Gesicht nicht sehen, um ihn zu erkennen.
Mit eiligen Schritten kommt er auf mich zu, nimmt mein Gesicht in seine Hände und bevor ich es weiß, drückt er seine Lippen auf meine. Ich brauche einen Moment, um mich aus der Schockstarre zu lösen und kann ihn dann von mir schieben.
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