Epilog
Acht Jahre später
Eine leichte Frühlingsbrise weht mir den Duft von Blumen entgegen. Lavendel, Rosen und Tulpen Duft mischt sich zu einem wohltuenden Assembler. Die Sonne wärmt meine Haut und der Wind spielt mit meinem Haar. Die Vögel zwitschern fröhlich und Kindergelächter erfüllt die Atmosphäre.
Mit einem Lächeln betrachte ich das kleine Mädchen in meinem Arm. Ihre Augen sind geschlossen und sie schnarcht ein wenig im Schlaf. Ein leichtes Lächeln liegt auf ihren Lippen. Ihre helle Haut ist seidenweich und ihre süße Stupsnase zaubert mir ein Lächeln auf die Lippen. Ich könnte sie Stunden betrachten. Aber ein Kinder-Kichern lässt mich aufblicken.
Willy jagt hinter dem Hund und dem dreijährigen Mädchen her. Deren langes braunes Haar im Wind weht. Ihr glockenhelles Kichern hat mich von dem Anblick ihrer kleinen Schwester gerissen. Auch Micah und Rani spielen mit der kleinen. Ich sehe dem breiten Grinsen, des kleinen Mädchens an, wie sehr sie die Aufmerksamkeit, der großen Kinder geniest. Als die Kleine meinen Blick bemerkt, kommt sie auf mich zu gerannt und umklammert meine Beine.
„Mama, ich habe gewonnen", verkündet sie stolz mit einem siegreichen Lächeln. Ihre Wangen sind von dem herumtollen und der Sonne, leicht gerötet und ihre Augen funkeln vor Freude. Sie hat dieselben blauen Augen, wie ihr Vater. Ich streiche ihr ein paar Haare von ihrem verschwitzten Gesicht und küsse ihre Stirn.
„Jasmin, du bist so schnell", sagt Willy gespielt außer Puste. Es ist bezaubernd, wie sehr er seine kleine Nichte liebt. Doch trotz des Altersunterschiedes ist er nicht von gelangweilt.
Kurz drückt er mich, darauf bedacht, die Kleine in meinem Arm nicht zu wecken und schon jagt er Jasmin wieder über die Wiese. Der Hund bellt freudig und nimmt ebenfalls die Jagt wieder auf. Seit unsere Mutter gestorben ist, hatte Willy es schwer. Das Band zwischen uns ist fester geworden. Seit der Geburt, der kleinen Jasmin ist die Lebensfreude wieder in ihn gekehrt.
Mein Blick geht zu Jayden, der sich gerade mit meinem Vater unterhält. Über die Jahre habe ich den Mann kennengelernt, von dem Kian mir in Evrem erzählt hat. Den liebevollen, fürsorglichen, herzensguten Mensch. Der Mann, den meine Mutter einst liebte. Nachdem der Fluch gebrochen war, konnte ich täglich die positive Veränderung an ihm erkennen. Die Last, jährlich ein Mädchen unwissend in den Tod zu schicken, hatte schwerer auf ihm gelegen, als wir gedacht haben. Nicht viel später ist das Lächeln, das er mit dem Tod meiner Mutter verloren hatte, in seine Augen zurückkehrt. Die Freude seine Tochter wiederzuhaben, hat den Schmerz gelindert, dass seine Frau ein zweites Mal gestorben ist.
Jaydens Blick findet zu mir und ein Lächeln legt sich auf seine Lippen. Ich kann nicht anders, als zurück zu lächeln. Der heutige Tag ist schwer für mich. Die Kleine in meinem Arm beginnt etwas zu zappeln und langsam aus dem Schlaf zu wachen.
„Emmelin, dürfen Jasmin und Amara später zu meiner Teeparty kommen?" Lillys Frage lässt mich kurz zusammen schrecken, da ich meine Umgebung kurz vergessen habe. Ich nicke ihr zu und sie springt fröhlich zu Rani zurück, die gerade Gänseblümchen sammelt.
Kurz bleiben meine Gedanken bei den beiden, nicht mehr so kleinen Mädchen, hängen. In drei Jahren hätte Rani zur Auslese gemusst und Lilly in zwei dasselbe Schicksal erlitten, wie viele Prinzessinnen vor ihr. Ich atme erleichtert auf, dass ihnen beiden die Welt offen steht.
Mit dem Bruch, des Fluches, wurde die Auslese abgeschafft und die Brandmale wurden nicht länger praktiziert. Die Unterschiede zwischen den Arbeitgeber und den Aris und Ramir lösten sich mit jedem Jahr. Viele der Kinder erinnern sich kaum noch, an die Zeit, als unser Land in zwei Schichten geteilt war. Der Gedanke legt sich warm um mein Herz.
Mein Blick geht zu Beynon, der sich mit Kian unterhält. Er trägt ein gebügeltes weißes Hemd, Anzughosen, polierte Schuhe und eine perfekt sitzende Frisur, was mich schmunzeln lässt. Was erwarte ich anderes vom König von Evrem. Vor einigen Jahren verstarb sein Vater, Beynon kehrte nach Evrem zurück und übernahm den Thron. Unsere Länder wurden stärkere Verbündete denn je.
Leander habe ich seit dem Tag vor acht Jahren, nur noch flüchtig gesehen. Nach dem Tod seines Vaters entschied er sich für ein Leben auf dem Meer. Kehrte nicht nur Evrem, aber auch seinem Leben, das er führte, den Rücken. Er schloss sich den Bewohner der See an oder wie ich sie nennen Piraten.
Ein weiteres Lachen bringt mich zum Grinsen. Eines, das ich vor acht Jahren dachte, nie wieder zu hören. Rosalee steht mit ihrem Mann, Lincoln, ihren drei Kinder und Kalea zusammen. Sie kommen langsam auf mich zu und beschwichtigen meinen aufgewühlten Geist.
Nachdem sich die Verwirrung im Land legte und der König neue Gesetze errichtete, durften alle Aris, die es wünschten zurück zu ihren Familien. Ohne zu zögern, eilte Rosalee zu Lincoln zurück. Ein paar Wochen darauf fand die Hochzeit statt, die sie sich immer gewünscht hatte. Neben dem Dasein als Mutter eröffnete sie ihre eigene kleine Schneiderei. Kalea entschied sich weiterhin im Königshaus zu bleiben. Sie konnte sich keinen besseren Ort vorstellen. Freudig nimmt sie das kleine Mädchen auf ihren Arm. Sie beginnt es hin und her zu wiegen, da sie etwas quengelig geworden ist.
„Oh, Amara. Tante Kalea ist ja da. Kein Grund zu weinen", plappert sie fröhlich auf die Kleine ein. Rosalee nimmt mich feste in den Arm. Zum ersten Mal erlaube ich den Tränen an die Oberfläche zu kommen. Innerlich verspürte ich Freude. Meine Freunde, meine Familie, meinen Mann und meine Kinder bei mir zu haben. Aber auch werde ich mir bewusst, dass ich diese nicht mit meiner Mutter und meinem Papa teilen kann.
Als ich mich von Rosalee löse, wische ich mir die Tränen beiseite, nehme einen tiefen Atemzug und setzte das Lächeln wieder auf. Ein ehrliches Lächeln. Denn ich bin glücklich. Wirklich glücklich. Auch, wenn ich mir wünschte, meine Eltern wären hier.
Mein Blick gleitet umher, bis er an der Tafel vor mir stehen bleibt. Der Grund, weshalb wir heute alle versammelt sind. Dutzende von Rittersternen liegen bereits auf dem weißen Marmor. Ich nehme mir den letzten und lege ihn auf die eingravierte Tafel zu den anderen. Wir haben unsere Mutter in Rim mit der Asche meines Papas begraben.
Jasmin Amara und Willem Jael Arion.
Geliebt, vermisst und auf ewig erinnert.
Ebevie consiquegt allea nym dinich.
Bis heute kann ich nicht erklären, was der Satz bedeutet. Doch es war das Letzte, das mir meine Eltern gesagt haben. Der Satz, der sich in meinem Kopf wiederholt und mich beruhigt. Ich bin überzeugt, dass es eine Liebeserklärung ist. Ich liebe euch und ich weiß, dass ihr über mich wacht. Bis wir uns wiedersehen.
Mein Lächeln zuckt kurz und ich drehe mich den anderen zu. Kian betrachtet mich mit einem überprüfenden Blick und auch die anderen mustern mich vorsichtig. Ich nicke ihm aufmunternd zu und das Lächeln legt sich wieder auf seine Lippen. Ich habe zwei Brüder, zwei wunderschöne Töchter, einen Ehemann den ich liebe und einen Vater. Trage meine Mutter und meinem Papa im Herzen.
Einen letzten Blick auf das Grab und dann verabschiede ich mich von ihnen. Das Lachen von Jasmin, die in die Arme ihres Vaters springt, löst die letzte Trauer. Liebe bedeutet stärke. Mit schnellen und leichten Schritten schließe ich mich ihnen an. Verschränke meine Finger in seine und erlaube dem Gefühl von Heimat mein Inneres zu übernehmen.
Mein Leben wurde in einem Jahr auf den Kopf gestellt und durchgeschüttelt. Aber am Ende hat es sich neu ausgerichtet und das war gut. Ein Leben muss nicht so bleiben, wie es ist und das Herz nicht auf ewig trauern. Dinge können sich ändern.
So war es immer, aber so muss es nicht immer sein.
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