Kapitel 10- Die Chance zu gehen
Am nächsten Tag wurde ich wie immer durch die Geräusche geweckt, welche Law macht. Manchmal fragte ich mich, ob dieser Mann überhaupt schlief? Wenn man seine morgendliche Stimmung und seine Augenringe in Betracht zog, vermutlich kaum.
Schweigend sah er mich an, als er merkte, dass ich wach wurde. Er wandte seinen Blick sofort ab, als ich ihn erwiderte und verschwand im Badezimmer.
Seufzend stand ich auf. Was der Tag wohl noch so bringen würde?
Ich zog mir meine Kleidung an und ging ins Bad, sobald Law fertig war. "Du solltest gehen", meinte er nun. "Ich mache dir gleich Frühstück", antwortete ich selbstverständlicher Weise. "Nein Mina, verschwinde von hier!", sagte er nun mit kalter Stimme und sah mich ernst an.
"Was? Wohin?", fragte ich.
"Mein Gott verpiss dich!", schrie er nun und warf eine Vase nach mir, "hau ab. Du bist frei, herzlichen Glückwunsch!"
Ich sah ihn fassungslos an. Was war nur falsch mit diesem Mann?? "Weißt du denn ein einiges Mal in deinem Leben was du willst?", schrie ich zurück, bereute es allerdings sofort, denn Law warf erneut einen Gegenstand nach mir, diesmal nur ein oder zwei Zentimeter an meinem Kopf vorbei.
Ich lief schließlich aus dem Schloss, hinaus in den Garten und setzte mich dort auf das noch feuchte Gras. Das kann doch nicht ernst gemeint gewesen sein, oder? Würde mich Law einfach so frei lassen? Meine Brust fühlte sich verdammt schwer an. Ich wusste, tief in meinem Herzen wollte ich nicht weg von ihm. Ich wusste immer noch viel zu wenig von diesem Mann. Ich wollte ihm doch irgendwie nur helfen, wieder Freude am Leben zu haben. Law sollte weg von diesem Ort, weg von De Flamingo. Weg von all diesen schrecklichen Missionen, weg von seinem 2. Ich.
Schließlich nahm ich meinen Mut zusammen, ging zurück in das Schloss und zu Law, welcher gerade in der Küche saß. Ich wollte gerade etwas sagen, doch da sah ich, wie er sich verhielt und blieb erst einmal ruhig. Der schwarzhaarige hatte seinen Gesicht in seine Handflächen gebettet, er saß ruhig da, machte einen unüblichen Eindruck.
Ob ich mir den Gedanken erlauben durfte, dass er etwas für mich empfand? Zumindest nur ein kleines bisschen? Zumindest ein klein wenig Achtung?
Ich schritt schließlich in die Küche. Der schwarzhaarige Mann blickte mich mit leeren Augen an. "Was machst du hier?"
"Frühstück", antwortete ich ihm kurz und knapp.
"Wenn du das nächste Mal eifersüchtig bist, dann sei nicht so unverschämt!" fügte ich schließlich hinzu und sah ihn an. Der Mann weitete seine Augen, ehe er schließlich leicht anfing zu schmunzelt.
"Darf ich dir eine Frage stellen?", Law stand auf und ging zu mir. Dabei nahm er mich an den Hüften und sah mir bedrückt in die Augen.
"Die wäre?"
"Habe ich dich gestern das erste Mal zum Weinen gebracht?" Ich hörte Reue. Klar und deutlich.
"Ja das hast du", antwortete ich. Law nickte und ließ mich los. "Wir haben noch einige freie Zimmer im Schloss. Suche dir eines aus."
"Ich würde lieber bei dir bleiben. Aber ich würde mir gern etwas wünschen."
"Das wäre?", Law setzte sich wieder auf den Stuhl.
"Bitte stell das Foto deiner Familie auf deinen Schreibtisch, dann kannst du es immer sehen", sagte ich ihm.
"Wenn das so einfach wäre. Ich kann es mir nur mehr sehr selten ansehen, viel zu sehr hasse ich mich selbst."
Seine Antwort schockierte mich ein wenig. "Was meinst du Law?"
"Was soll ich denn meinen Mina?", er legte seine Beine auf den Tisch und verkreuzte sie, "ich bin ein so ekelhafter Mensch geworden. Meine Eltern müssen so enttäuscht sein. Und meine Schwester erst..."
Nachdenklich sah ich ihn an. "Du hast dich verändert", sagte ich schließlich und setzte mich ihm gegenüber. "Das stimmt nicht ganz. Ich habe nur noch nie mit jemanden darüber geredet. Ich denke schon seit langen so über mich selbst", meinte er und rieb sein Gesicht mit seinen Händen. Seine Augen sahen so müde aus.
"Law du musst weg von hier. Das würde dir sehr gut tun", schlug ich nun vor. "Warum sollte ich von hier weg? Das ist mein zu Hause", antwortete mir der schwarzhaarige, doch wir wussten beide, dass das nicht der Wahrheit entsprach.
"Lässt du dir von mir helfen?", fragte ich nun. Law sah mich überrascht an, ehe er arrogant anfing zu grinsen. "Du kannst dir doch nicht einmal selbst helfen, wie willst du dann etwas in meinem Leben ändern können Mina? Halt die Klappe und mach lieber etwas zu Essen!"
"So brauchst du nicht mehr mit mir zu reden, klar?", schnauzte ich ihn an. Sofort machte er wieder große Augen. "Wo ist denn plötzlich deine ganze Angst mir gegenüber hin?", fragte er und stand auf.
Er kam zu mir an das andere Ende des Tisches, nahm die Lehne meines Stuhles und zog ihn vom Tisch weg, damit ich ihm nun gegenüber saß. Law beugte sich zu mir herunter und sah mir eindringlich in die Augen.
Wo die Angst war? Na genau hier!
Aber ich würde es Law nicht mehr erlauben, mich wie den letzten Dreck zu behandeln, eher würde ich sterben wollen.
Daraufhin fragte ich ihn: "Würdest du mich denn immer noch schlagen?"
Laws graue Augen schwankten immer wieder zwischen meinen hin und her. Zähneknirschend, richtete er sich wieder auf und ging schließlich zum Herd. "Das Kochen wird dir nicht erspart bleiben. Komm hilf mir!"
Triumphierend grinste ich. Ich wusste doch, dass er mich nicht mehr anfassen würde. Zwar wusste ich nicht, ob es daran lag, dass er sich nun wirklich ändern wollte, oder ob ihm einfach etwas an mir lag, doch für's Erste, würde ich ihn noch nicht darauf ansprechen.
Law kochte schließlich mit mir. Wir redeten zwar kein einziges Wort dabei, aber ich fand es entspannend. Ich fühlte mich für einen kurzen Moment nicht wie seine Bedienstete.
Als wir fertig kochten, aßen und wegräumten, gingen wir in unser gemeinsames Schlafzimmer. Law ging zu seine Schreibtisch und holte sofort den Bilderrahmen heraus. Er starrte ihn minutenlang an, ich wollte ihn so gerne fragen, an was er nun genau dachte, doch ich traute mich nicht, in seine Gedankenwelt einzudringen.
"Bitte stell das Foto auf den Tisch!", bat ich ihn ruhig. Law drehte sich kurz zu mir um, ehe er das Bild wieder in die Schublade legte. "Ein anderes Mal."
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