𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟕.𝟏: 𝐓𝐨𝐝𝐞𝐬𝐬𝐩𝐢𝐞𝐥
»Die Fehler gehören zum Leben wie der Schatten zum Licht.«
- Ernst Jünger
Eine gefühlte Ewigkeit wartete Nael bereits vor der imposante Holztür, die ihn von dem Thronsaal trennte. Warum er hier war? Das wüsste er selbst gern sogleich ihn ein schlechtes Gefühl überkam. Ob es wegen der Ioskas war? Aber niemand hatte ihn bei ihr zuhause gesehen, bis auf... den Wachen. Ihm wurde flau im Magen. Um sich etwas abzulenken betrachtete er den Zugang genauer. Das rotbraune Holz war an manchen Stellen leicht gräulich und zeigte eingemeißelte Bildnisse von zwei wichtigen, vergangenen Königen Elidors, auf jedem Türflügel ein Porträt.
Auf der Linken erkannte Nael König Siridean I, der Heilige und Gesandte Maoilias. König Siridean war von schlanker Statur, hatte ein markantes, eckiges Gesicht mit tiefen Falten, zwei entstehende Augen, eine kurze Stirn, ein spitzes, längliches Kinn, einen schmalen Mund und in der Mitte prangte eine dicke Knubbelnase. Das Haar war König Siridean ordentlich über die Schultern eingeschnitzt worden und der lange Bart ließ sein Kinn noch weitaus länger erscheinen. In den Händen hielt er die Triquetta.
Er war der erste König, der die Göttin anhimmeltet und Oslas ermordete. Damit brach das neue Zeitalter, das bis jetzt anhielt, an. Man erzählte sich, dass zu Beginn seiner Regentschaft eine fremde Seele die seiner Gemahlin annahm und ihm von ihrem glorreichen Reich erzählte. Sechs Nächte lang soll Maoilias den König ersucht haben, bis die Königin in der siebten Nacht die Pforten der Sterne erklungen war. Seither folgten ihr viele weitere Seelen, die bis heute den Himmel nächtlich erstrahlen ließen. König Siridean selbst soll der Hellste von allen sein.
Rechts neben ihm war König Lagobert II, der Unbezwingbare und Liebling von Maoilias, eingemeißelt. Während Siridean grimmig auf den Weg hinabschaute, sah König Lagobert stolz in die Ferne. Er war ein kräftiger Mann von kämpferischer Natur. Sein Haar wurde locker über die Schultern gelegt und ein buschiger Bart umrandete das breite, ovale Gesicht. Er hatte kleine Augen, eine spitze Nase, eine breite Stirn und sein Mund verschwand hinter dem Bart. Seine Händen umklammerten den Griff eines Schwertes.
König Lagobert war weitaus für den Sieg über das kleinste Reich der Vier Königreiche bekannt. Zu seiner Zeit führte er einen siegreichen Kriegszug gegen Lavandor an und gewann einen großen Teil des fruchtbaren Landes, das bis heute im Besitz seines Enkels Raigan IV lag.
Ohne Vorwarnung wurde die Saaltür aufgerissen und mehrere Menschen stürmten heraus. Ihre Schritte erfüllten den Gang. Vorne weg lief ein muskulöser Ritter. Als er Nael erblickte, befahl er barsch: »Platz da! Aus dem Weg!« Erschrocken sprang der Heilerlehring zur Seite und beobachtete erstaunt das Treiben. Die Mimik der Männer waren verzerrt, einige schauten verdutzt oder irritiert, andere hingegen hatten Falten des Zorns im Gesicht. Nur einem Mann zeigte blanke Sorge. Es war Douglas, der alte Hofarzt.
Seine Besorgnis schien gar so schwer auf seinen Schultern zu lasten, dass er ab und zu stolperte und sich nur mit Mühe auf den Beinen hielt. Sein weißes Haar schwang bei jedem seiner Schritte und durch die weiße Robe wirkte er eher wie ein schwebender Geist. Hinter ihm wurde - und das machte die ganze Sache noch bizarrer - ein Mann von vier Rittern auf einer Liege getragen. Erst als sie an ihm vorbei huschten erkannte Nael den Liegenden. König Raigan. Verwirrt schaute er dem Trupp nach, der bereits hinter einer Ecke verschwunden war.
Was war geschehen? Auch die beiden Ritter, die Nael abgeholt und bis zum Thronsaal begleitet hatten, sahen einander fragend an. »Kommt!«, sagte einer der beiden und der Lehrling folgte ihnen in den Saal. Beim Eintreten wurde sie von unzählige Augenpaaren durchlöchert. Nael fühlte sich, als würde er ein Schaf inmitten eines Wolfrudels sein. Ihre gierigen Blicke hafteten an ihm, verfolgten jeder seiner Schritte.
»Was«, die Stimme von Naels Begleiter brach. Ein Ritter, der vor dem Thron am Boden hockte, erhob sich. Wie hatte er ihn nicht bemerken können? Der Ritter hatte eine schlanke Figur, aber Nael bemerkte, dass Unmengen von Kraft ihn umgab. Er nahm seinen Helm ab und gab damit den Blick auf sein ovales Gesicht mit zwei stechend blauen Augen wie die Farbe eines Saphirs frei. Er hatte eine spitze Nase, ein kurzes Kinn, hohe Stirn und einen breiten Mund. Sein hellblonden Haare waren an der Seite gekürzt und nur seine mittigen Haarsträhnen waren lang gewachsen und in einem bis über die Schulter langen Zopf geflochten worden. Alles in allem das typische Bild eines adligen Ritters.
Erneut erhob einer von Naels Begleitern das Wort und senkte kurz den Kopf als der Neuankömmlinge sie erreicht hatte: »Sir Cedric. Was ist hier geschehen?« Der Angesprochene neigte ebenfalls zur Begrüßung den Kopf. »Wir hatten einen Zwischenfall mit der Ioskas«, sagte er grimmig. »Sie hatte einen verzauberten Stein bei sich, der unserem geliebten König beinahe das Leben gekostet hat. Der Hofarzt ist bei ihm und wird bald Auskunft über sein Wohlbefinden geben.« Meinte er etwa Helena?
Die beiden Ritter schienen bestürzt über Cedrics Worte, der sich mittlerweile zu allen Seiten umsah und rief: »Damit hat sie sich selbst verurteilt. Sie ist für schuldig befunden, sich der Zauberei zu bedienen! Und nicht nur das. Sie wird des Königsmord bezichtigt. Morgen wird sie ihre gerechte Strafe erhalten. Sie soll gevierteilt werden und möge ihre Seele an der Sonne verbrennen!« Zustimmende Rufe erklangen, Ritter erhoben ihre Schwerter und Wachen ihre Speere. Stillschweigen betrachtete Nael das Geschehen und hatte ohne jegliche Erklärung einen Kloß im Hals.
»Sir Cedric, wie lautet der Name der Verfluchten?«, erkundigte sich erneut einer von Naels Begleitern. Bitte sagt nicht Helena, flehte Nael im Stillen. Zwar kannte er sie nicht wirklich, doch er fand es mutig, dass sie jedes Risiko auf sich nahm um ihren Vater zu retten. Bei all dem, was ihr hätte passieren können. Ihr Herz war wahrlich rein. »Gewiss. Sie behauptet, sie sei die Tochter des Buchdruckers Yorick Kegan aus Edato, Helena Kegan.«
Nael war bestürzt. Er war sich sicher, dass jegliche Farbe aus seinem Gesicht verschwunden war. Ungläubig blinzelte er ein paar mal. War es denn nicht schon Bestrafung genug, sich dieser gesellschaftlichen Ächtung hinzugeben? Nein! Sie musste für ihre Tat, ihre Versuchung, ihrem geliebten Vater das Leben zu retten, bezahlen. Und das alles wegen ihres Haares! Seine Hände ballten sich zu Fäusten, Wut flammte in ihm auf und er hatte Mühe, diese zu unterdrücken.
Entschuldigt bitte die lange Pause, aber bedingt durch die Schule hatte ich sehr wenig Zeit. Zudem musste ich eine Heldenreise für meinen Literaturkurs verfassen, die meine ganze Kreativität in Anspruch nahm.
Aber besser spät als nie, nicht wahr? Ich hoffe, der Auftakt des siebten Kapitels hat euch gefallen. Die Zukunft von Helena spitzt sich immer weiter zu. Wie wird es wohl weiter gehen?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro