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Nanu, ein Kapitel an einem Sonntag? Well, bei mir wird es ab heute Nachmittag bis morgen Abend wahrscheinlich sehr chaotisch, also hab ich beschlossen, es vorzuziehen. Ich wünsche allen, die feiern, einen schönen Ostersonntag, ein gutes restliches Pessach oder einen wunderbaren weiteren Ramadan, frohes Fest, falls ihr irgendwas anderes feiert und ein entspanntes langes Wochenende, wenn ihr einfach ohne irgendwelche religiösen Bindungen die freien Tage genießt :)
Remus fühlte sich nicht berufen, die zahlreichen Spuren zu den Horkruxen zu verfolgen. Das überließ er Sirius und Regulus, die sich in die Mission stürzten, als hinge ihr Leben davon ab. Nun ja, zumindest auf eine gewissen Art und Weise. Zum Glück vernachlässigte Sirius weder seinen Job, noch ihr Familienleben. Remus hatte den starken Verdacht, dass Regulus daran nicht unschuldig war. Er wusste es besser, als dass er gesagt hätte, Regulus handelte aus Nächstenliebe. Nein, viel mehr ging er davon aus, dass Regulus einfach keine Lust hatte, seinen Bruder 24/7 im Haus zu haben und ihn deshalb zumeist nach einigen Stunden wieder für einige Tage rausschmiss.
Remus und Mary wurden von Sirius generell auf dem Laufenden gehalten, allerdings änderte sich das Laufende so schnell wie die Tageszeiten und so verloren sie recht schnell den Überblick, was schon probiert worden war und wie es so lief. Dazu kam, dass sie versuchten, den Kindern gegenüber so wenig wie möglich preiszugeben, was am Grimmauldplatz vor sich ging. Sie waren zwar grundsätzlich alle drei Verfechter der Strategie "Wenn sie alt genug sind, um zu fragen, sind sie alt genug, um die Antwort zu hören", aber Remus wollte wirklich ungern Harry oder Luke erklären, was ein Horkrux war und sie auch nicht unbedingt noch weiter in Beunruhigung versetzen, wie wenig tot Voldemort tatsächlich war. Vielleicht war das gerade Harry gegenüber etwas albern, hatte er ihn doch in zwei Schuljahren gleich zweimal getroffen, wenn auch einmal als Sechzehnjährigen...naja, Geist, irgendwie. Aber trotzdem - er war noch nicht einmal dreizehn!
Also ja, die Black-Brüder hatten die Horkruxe zum Familienprojekt gemacht und Remus lebte davon größtenteils unbehelligt sein normales Leben weiter.
Drei Tage nach seinem Zwischencheck im Hause Black, an einem Mittwoch Ende Juli, brachte dieses normale Leben das Treffen mit Marys Schützlingen. Er hatte Yuna den Schlüssel für den Laden gegeben, dass sie um 14:00 Uhr öffnen konnte. Er selbst hatte den Vormittag wie jeden Montag und Mittwoch seit inzwischen beinahe acht Jahren im Krankenhaus verbracht. Als er angefangen hatte, auszuhelfen, hatte er gedacht, dass es nur für einige Monate sein würde, bis sich die Situation beruhigte. Aber die Situation hatte sich nicht beruhigt. Die AIDS-Fälle wurden immer noch mehr und mehr.
Immerhin wurde das Stigma langsam weniger. Es war weit bekannt, dass das Virus sich nicht durch bloßen Körperkontakt verbreitete. Die Menschen, die die queere Gemeinschaft unter diesem Vorwand meiden wollten, taten das natürlich immer noch, aber inzwischen konnte man es nicht mehr wirklich mit Angst rechtfertigen, sondern nur noch mit Ignoranz. Weniger katastrophal machte es die Situation nicht und Remus blutete das Herz, wenn er die Patienten in der Klinik sah, die, wenn es blöd gelaufen wäre, genauso gut er oder Sirius oder Jerry hätten sein können.
Etwas verspätet erreichte er mit dem Fahrrad die Schule, an der Mary arbeitete und wo sie ihr Klassenzimmer trotz Sommerferien für ihre Treffen nutzte. Er hatte keine Ahnung, wie legal das eigentlich war, aber er hatte beschlossen, das nicht zu hinterfragen.
Theoretisch hatte Mary sich mit allen Schülern, Taneesha und Quinn, den sie auch eingeladen hatte, vor der Schule getroffen, weil die natürlich verschlossen war, und Remus angewiesen, pünktlich zu sein. Da er nach seinen Krankenhausschichten aber häufiger unpünktlich als nicht war, hatte er ihr direkt gesagt, dass sie maximal fünf Minuten auf ihn warten sollten und als er mit 20 Minuten Verspätung ankam, war er froh darüber, denn die Julisonne brannte erbarmungslos auf den Asphalt des Schulhofs.
Er verschaffte sich Zugang zum Schulhaus mit Alohomora - wozu war man ein Zauberer, wenn nicht, um in öffentliche Gebäude einzubrechen? Marys Klassenzimmer fand er problemlos, er war schon einige Male hier gewesen. Hinter der verschlossenen Tür konnte er Stimmen hören, die sich leise unterhielten. Er klopfte und trat ein.
Von den zehn Personen im Raum schien niemand wirklich wahrzunehmen, dass er angekommen war.
Auf dem mittleren Tisch in der ersten Reihe stand ein Teller mit Muffins, die er ohne zu Zögern als Edytas berühmte Zitronenmuffins erkannte, daneben offen und bereits halbleer eine große grüne Tupperdose mit verschiedenen indischen Gebäcken.
Quinn und Taneesha waren jeweils umringt von einer kleinen Traube aus Jugendlichen, die Remus alle auf vierzehn bis sechzehn schätzte, mit Ausnahme eines kleinen Jungen, der ihn sehr an Jerry erinnerte, als er damals zu ihm gekommen war. Er klebte quasi an einem großen, breit gebauten Mädchen mit dicken Braids, die Quinn mit Fragen geradezu zu bombardieren schien. Bei dieser Gruppe saß noch ein hochgewachsener Junge, der ganz offensichtlich viel Zeit in seinen Muskelaufbau steckte und dessen Arm- und Schultermuskulatur sogar durch sein verwaschenes Shirt sichtbar war, auf dem Green Day stand. Remus hätte das vermutlich als Marihuana-Anspielung gedeutet, hätte Sirius nicht letztens davon erzählt, dass es eine neue Band war, die in den USA gerade auf dem Vormarsch war.
Um Taneesha hatten sich ebenfalls zwei Jungen und ein Mädchen gruppiert, der eine schien vom Schlag ähnlich dem älteren Jungen bei Quinn zu sein - muskulös und bewusst cool. Der andere war genau das Gegenteil, er war ein wenig kleiner, schmaler, und muskulös wäre wohl das letzte Wort gewesen, was Remus für ihn verwendet hätte. Er hatte Haare, die genau die Länge hatten, dass klar war, dass er sie wachsen lassen wollte, aber noch nicht lang genug, dass es wirklich gut aussah. Während er redete, gestikulierte er wild und Remus brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass er nicht einfach nur sehr expressiv mit seinen Händen war, sondern parallel in Gebärdensprache zu übersetzen zu schien. Mit Adleraugen auf ihn fixiert hockte ihm gegenüber ein kleines, drahtiges Mädchen, deren Gesichtszüge denen von Taneeshas jüngster Tochter Leda nicht unähnlich waren, mit langen dunklen Locken und großen braunen Augen.
Mary saß auf ihrem Lehrertisch, neben sich den letzten der sieben anwesenden Jugendlichen. Er hatte wilde rote Locken und trug Klamotten, die ihm mindestens zwei Nummern zu groß waren, aber Remus vermutete eher, dass es eine Style-Entscheidung als ein Zeichen von Armut war. Er konnte nicht älter als vierzehn sein, redete pausenlos und war anscheinend gerade mitten im Stimmbruch, sodass seine Stimme mit einer hohen Frequenz zwischen tiefem Brummen und hohem Kieksen wechselte.
Remus schloss die Klassenzimmertür hinter sich und jetzt sah Mary doch hoch und sie winkte begeistert und hüpfte vom Tisch herunter, um ihn zu begrüßen.
"Remus!", sagte sie erfreut, "du hast es geschafft!"
Er lächelte und ließ sich von ihr umarmen, bevor er grüßend zu ihrem Mini-Anhängsel nickte.
"Hi, ich bin Remus", stellte er sich vor. Das Kind grinste breit.
"Cooler Pin", sagte er statt einer Begrüßung und deutete auf Remus' Brust. Er sah hinunter und musste grinsen - er hatte vollkommen vergessen, dass Jael, eine Schwester im Krankenhaus und selbst sehr aktiv in der queeren Szene, ihm vorhin eine kleine Regenbogenfahne von der Pride in London vor zwei Wochen an die Jacke gepinnt hatte.
"Das ist Day", stellte Mary ihren Schützling vor. Day grinste breit und winkte und erinnerte dabei so stark an Jerry, dass Remus aus einem Impuls heraus fragte:
"Was sind deine Pronomen, Day?"
Für einen kurzen Moment schien Day aus dem Konzept gebracht, dann huschten seine Augen zu Mary hinüber, die ihn neugierig musterte.
"Du musst nicht er sagen, wenn du nicht willst", lockte sie ihn vorsichtig. Day zögerte noch einen kurzen Moment, bevor...er(?)...leise gestand:
"Ich hab tatsächlich überlegt, mal they/them auszuprobieren."
Mary schmunzelte und strich them durch die Haare.
"Das ist eine hervorragende Idee", meinte sie. "Wie es der Zufall will, bist du nicht der erste Teenager, den Remus und ich kennen, der lieber neutrale Sprache benutzt."
Day musterte sie neugierig.
"Unser ältestes Kind, Jerry, ist genderqueer", erklärte Remus. Days Augen weiteten sich überrascht.
"Sie beide sind verheiratet?", wollte they wissen. Mary und Remus mussten lachen.
"Gott bewahre, nein", meinte Mary. "Remus ist glücklich vergeben. Aber wir wohnen zusammen und haben doch unseren fairen Teil an Kindererziehung geleistet."
Remus schmunzelte.
"Mein Mann und ich haben einen gemeinsamen Sohn", erzählte er. "Mary hat ihn mit uns gemeinsam großgezogen, genau wie die beiden anderen Kinder, die wir adoptiert haben."
Days Augen leuchteten.
"Können Sie mich auch adoptieren?", fragte they, "weil ich glaube, wenn meine Eltern rausfinden, dass ich queer bin, werfen sie mich raus."
Remus verzog mitfühlend das Gesicht und Mary berührte ihn vorsichtig am Arm.
"Wenn es wirklich dazu kommt, finden wir eine Lösung", versprach sie. "Auch wenn ich nicht für irgendwelche Adoptionen unsererseits garantiere." Sie zwinkerte, dann drehte sie sich zum Raum um. "Ok, Remus, kurze Vorstellungsrunde:" Sie deutete zuerst auf das Grüppchen um Quinn. "Der ältere Junge ist Bash. Er war einer der beiden, die kurz vor den Ferien zu mir gekommen sind. Der andere war Neill..."
In den nächsten paar Minuten lernte Remus alles Wesentliche über Bash und Destinee, die beide recht schwache schulische Leistungen brachten und dringend Geld verdienen wollten, um sich von ihren Eltern unabhängig zu machen. Der kleine Junge, der an Destinees Seite klebte, war ihr kleiner Bruder Fait. Alle drei waren ausgesprochen autobegeistert, was vermutlich der Grund war, warum Mary Quinn eingeladen hatte und als Remus einen Moment zuhörte, bekam er mit, wie Quinn Destinee versprach, in der Werkstatt nachzufragen, ob sie eine Schulabbrecherin mit ziemlich schlechten GCSEs ausbilden würden.
Neill bei Taneesha lebte in Gareth Hall - Mary musste nicht mehr sagen, Remus wusste, dass das eine Unterkunft für obdachlose Jugendliche war. Von dort hatte er auch die beiden anderen Personen der zweiten Gruppe mitgebracht: Tara, die offiziell Brady hieß und Laila, über die Mary nahezu gar nichts wusste, außer dass sie und Tara sich nicht aus den Augen ließen. Ob die beiden zusammen waren, Schwestern, beste Freundinnen oder Verbündete von der Straße, konnte sie nicht sagen. Was sie jedoch wusste, war dass Laila ausschließlich gebärdete, eine Fähigkeit die Mary sehr zu ihrem eigenen Ärgernis nicht beherrschte (sie hatte sich aber vorgenommen, das in nächster Zeit zu ändern) und Tara für sie übersetzte.
Hauptsächlich dank Days lauten Verkündungen lenkte sich auch die Aufmerksamkeit der anderen Jugendlichen bald auf Remus' Anwesenheit und ehe er es sich versah, wurde er von them mit Fragen zum Leben als offen queere Person gelöchert, hatte Cleve vorgeschlagen, mal im Buchladen vorbeizuschauen und redete mit Tara, die von Laila nahezu in seine Richtung geschubst wurde, darüber, wie er zu Eltern stand, die ihre Kinder vor die Tür setzten, weil sie trans waren.
Zwei Stunden waren schneller um, als er gedacht hätte und irgendwann begann sich die Versammlung aufzulösen, als Neill, Laila und Tara sich der Zeit näherten, zu der sie sich in der Unterkunft melden sollten, Day und Cleve ihre jeweiligen Busse schaffen mussten und Destinee und Fait beschlossen, das als Zeichen zu nehmen, sich auch auf den Heimweg zu machen.
Zurück blieben Quinn, Taneesha, Mary und Remus.
"Du bist wirklich gut mit den Kids", meinte Quinn beeindruckt, während sie gemeinsam die Reste der Snacks beseitigten. "An dir ist ein guter Lehrer verloren gegangen."
Remus sah Mary warnend an, aber die Verräterin grinste nur, während sie den Muffin herunter schluckte, den sie sich gerade ganz in den Mund gesteckt hatte.
"Von unserer alten Schule wurde ihm gerade eine Lehrstelle angeboten", erzählte sie.
"Mary!", protestierte Remus, aber nicht wirklich laut, weil er ohnehin wusste, dass es keinen Zweck hatte.
"Wart ihr nicht auf einem Internat?", fragte Taneesha neugierig. Remus nickte.
"Ja", antwortete er. "In Schottland."
"Oof", machte Quinn, "Schottland ist weit weg."
Remus nickte dankbar.
"Genau, deshalb will ich es auch eigentlich nicht machen."
Taneesha wedelte mit einem kleinen Honigteilchen.
"Könnt ihr nicht teleportieren oder so?", fragte sie. Mary nickte.
"Absolut", bestätigte sie. "Darum bin ich auch der Meinung, dass er sich diese geniale Gelegenheit nicht durch die Lappen gehen lassen sollte." Sie wandte sich an Remus direkt. "Du bist großartig mit Jugendlichen. Überleg mal, wie viele in Hogwarts jemanden wie dich gut gebrauchen könnten. Und es wäre ja nur für ein Jahr."
Remus seufzte tief. Er bekam mehr und mehr den Eindruck, dass Mary dieses ganze Treffen heute vor allem deshalb angesetzt hatte, um ihm zu zeigen, was er verpasste. Und das Ding war ja - sie hatte recht. Es machte ihm Spaß, mit Jugendlichen zu arbeiten. Und es war nur ein Jahr. Theoretisch...könnte es funktionieren, oder? Ein Jahr in Hogwarts, mit Mary, Jerry und Sirius einmal Apparieren entfernt und Harry und vermutlich auch Luke direkt unter seiner Nase? Luke hatte bereits gesagt, dass er es gar nicht schlecht fände, wenn Remus auch in Hogwarts wäre. Der Buchladen war danach immer noch da.
Vielleicht war es wirklich eine einmalige Gelegenheit, die er nicht verstreichen lassen sollte...
1. Bevor jemand Panik bekommt, ich weiß, das waren viele Charaktere, nein, sie werden auf den letzten Metern nicht mehr wichtig, wenn ihr keinen Überblick habt, ist das nicht schlimm. Ich wollte das Kapitel hauptsächlich mit drin haben, um Remus, ähnlich wie Mary, ein bisschen zu erinnern, wie gut er mit Teens umgeht - und außerdem, weil man nie genug queere Kiddies in einer Geschichte haben kann.
2. Dieses Kapitel ist ein bisschen mein Versuchskaninchen. Ich will seit Ewigkeiten (seit 2018, um genau zu sein) schon eine Geschichte mit nicht-binären Personen schreiben. Jerry ist das natürlich, aber ich habe mich nicht getraut, für ihn neutrale Pronomen zu benutzen. Day durfte für mich als erster Charakter ausprobieren, ob they/them auch im deutschen funktioniert. Beim Sprechen geht das problemlos, das weiß ich, weil ich es selbst benutze und inzwischen auch mehr Freunde mit neutralen Pronomen habe, als solche, die er oder sie benutzen (queer people flock together).
Ich würde mich unglaublich über eine Rückmeldung von euch freuen, ob es im Schriftlichen auch funktioniert oder ob man einfach nur drüber stolpert. Ehrliche Meinungen sind ausdrücklich erwünscht - auch, oder gerade, wenn ihr findet, dass die plötzlichen englischen Wörter mitten im Text irgendwie stören. Dann probiere ich es beim nächsten Mal anders - keine Sorge, ich habe noch zahlreiche Ideen, wie es gehen könnte. Ein "they funktioniert überhaupt nicht" von eurer Seite würde nicht bedeuten, dass ich in Zukunft keine Enbys schreiben kann ^^
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