Kapitel 3 - Joa
Im Wald ist es noch kühler als ohnehin schon.
Die vielen Tiergeräusche um mich herum beruhigen mich ein klein wenig. Immer wieder bleibe ich bei Wurzeln oder Dornenranken hängen. Meine Hose ist zerkratzt und leichte Blutspuren kommen aus den winzigen Kratzern.
Schon bald will mein Körper nicht mehr weiterlaufen, doch ich zwinge mich dazu, indem ich mir ständig folgende Sätze vorsage:
Ich bin Joa. Ich bin aus einem Gefängnis ausgebrochen. Ich bin auf der Flucht. Ich bin frei. Aber falls sie mich erwischen, bin ich nicht mehr frei. Dann werde ich höchstwahrscheinlich sterben.
Durch meine Willenskraft dringe ich immer tiefer in den dunklen Wald vor. Ich komme an Brombeersträuchern vorbei, muss durch einen Bach waten und verhänge mich in langen, von den Bäumen hängenden Lianen. Diese fühlen sich rau an und je mehr ich mich beweg, desto enger scheinen sie mich zu umschlingen.
Nach ungefähr zehn Minuten kann ich mich endlich aus den Lianen befreien. Natürlich haben mich die Hängepflanzen ausgelaugt. Obwohl ich komplett erschöpft bin, gehe ich weiter.
Als ob ich nicht schon erschöpft genug wäre, begegne ich dann auch noch einem Wolf! Wütend knurrend steht er direkt vor mir und beobachtet jede meiner Bewegungen bis ins kleinste Detail.
Gerade als ich relisiert habe, in was für einer Situation ich mich befinde, sprintet der Wolf auch schon auf mich zu, dabei zieht er die Lefzen hoch und stößt abermals ein tiefes Knurren aus.
Etwas ungeschickt weiche ich den scharfen Krallen des wilden Tieres aus.
Als der Wolf hinter mir landet, dreht er sich auch sogleich wieder um und attackiert mich erneut.
Augenblicklich lasse ich mich auf den Boden fallen und weiche dadurch dem Angriff aus. Kurz darauf stehe ich auch schon wieder auf den Beinen.
Der Wolf ist inzwischen wütend in die Hocke gegangen, seine Muskeln spannen sich an und ich bemerke, dass er gleich wieder angriffsbereit sein wird. Schon sehe ich vor meinem geistlichen Auge, wie er mich zerfleischt, da ich nicht mehr allzu viel Kraft in mir habe und somit nicht mehr rechtzeitig ausweichen könnte.
So weit lasse ich es nicht kommen! Warts nur ab ... mir fällt schon was ein.
Wieder einmal bin ich meiner inneren Stimme dankbar. Und sie hält tatsächlich ihr Wort. Bevor mich der Wolf erreicht, packe ich wie ferngesteuert einen großen Ast vom Boden und schwinge diesen in einem weiten Bogen mitten ins Gesicht des Tieres, welches daraufhin laut aufheult und letztendlich im Wald verschwindet. Extrem geschwächt gehe ich weiter.
Schließlich breche ich zusammen. Meine Beine knicken einfach weg und ich lande mit dem Gesicht im Laub. Dann kullere ich noch eine kleine Böschung hinab und knalle mit dem Rücken gegen eine Tanne. Ein Nadelregen geht auf mich nieder. Als ich einen kurzen Stich in meinem Mund spüre, spucke ich sofort aus. Dabei fliegen zwei Nadeln heraus.
Unruhig atmend liege ich da und erhole mich von der Lauferei und dem Sturz. Um dem plötzlich aufgetretenem Seitenstechen vorzubeugen, strecke ich mich, atme fünf Minuten lang tief ein und aus und strecke die Hände über meinen Kopf nach hinten. Dann beginne ich meine zahlreichen Wunden mit Blättern zu verbinden. Ich richte mich unter Schmerzen auf und halte Ausschau nach einem Bach oder nach diversen Verfolgern aller Art.
Meine Schmerzen bringen mich allerdings dazu, mich schnell wieder hin zu legen. Ich schließe die Augen und binnen weniger Sekunden schlafe ich ein. Mein letzter Gedanke ist:
Wenigstens ist diese Stelle hier geschützter als eine offene Lichtung.
In diesem Raum bin ich noch nie gewesen. Es ist stickig. Die Sicht ist schlecht, da erstens die Lampe durchgebrannt ist und zweitens ist wegen dem vielen Rauch, welcher aus einer stinkenden Zigarette kommt, die Sicht so, als würde man im tiefsten Nebel stehen.
Ich muss husten. Schnell versuche ich, den Hustenreiz zu unterdrücken, da ich nicht entdeckt werden will. Doch die Person hinter dem Schreibtisch, mit der Zigarette im Mund hebt nicht mal den Kopf.
Vor ihm auf dem Schreibtisch liegen verschiedene Akten. Auf jeder Akte ist am vordersten Blatt ein Bild von der Person, zu welcher die Akte gehört. Einige der Personen kenne ich. Sie sind Gefangene im selben Staran-Gefängnis wie ich. Nun bin ich allerdings verwirrt. Wie sollte ich von meinem Waldplatz hierher gelangen?! Doch als ich den Mann am Schreibtisch genauer mustere, da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Das ist zwar das Staran-Gefängnis, ich bin aber nicht direkt hier! Das kann also nur ein Traum sein. Schließlich hat er ja das Husten vorhin nicht gehört.
Da ich mehr Akten finden will, schaue ich mich im Raum etwas um. Dabei bemerke ich, dass die verschiedenen Schubladen mit verschiedenen Schildern beschriftet sind. Auch die Regalreihen, in welchen haufenweise Akten stehen, sind fein säuberlich beschildert. Ich lese nur einzelne Beschriftungen. Über 20, über 30, über 40, über 50, über 60, über 70, über 80, tot, krank, verrückt, extrem gefährlich, ... Ein Schild erweckt mein Interesse: entflohen-extrem-gefährlich-sofort töten. Interessanterweise sind hier nur zwei Akten.
Ich muss unbedingt wissen, auf welche Personen der Aktenname zutrifft. Also greife ich zu den Akten. Zuerst probiere ich die rechte, allerdings ist diese meine Akte. Daher stecke ich sie wieder zurück und greife nach der anderen.
Das Bild auf der Akte zeigt einen finster schauenden Mann mit braunem Vollbart und kurzen Haaren. Die schwarzen Augenbrauen stehen besorgt über den Augen. Die Augen selbst sehen im Gegensatz zu dem Rest des Gesichtes nicht zur Kamera.
Unter dem linken Auge prangt eine hellrote, beinahe nicht sichtbare, gezackte Narbe. Dadurch wirkt das Auge darüber so, als wäre der Mann geschlagen worden und nun sei das Auge zugeschwollen.
Der Mund ist bloß eine dünne, gerade Linie. Die Wangen sind etwas eingefallen, vermutlich, weil man in den Staran-Gefängnissen nicht sehr viel zu essen bekommt.
Früher war der Mann vermutlich mal ein gut aussehender Frauenheld. Es würde mich wundern, wenn ihn keine Frau lieben würde. Doch nun, da er ein Staran ist und sich so verändert hat, weiß ich nicht, ob er bei den Frauen noch immer beliebt ist.
Selbst im Traum kann ich meine Gedanken quasi hören. Witzig!
Als ich so in meinen Gedanken festhänge, da höre ich plötzlich das Quietschen einer alten Holztür. Der Mann hinter dem Schreibtisch hebt den Blick. Schnell versuche ich auszuweichen, doch da ist es schon zu spät. Ein eiskalter Blick durchbohrt mich und ich beginne zu taumeln. Nachdem der Mann allerdings nicht aufspringt, beruhige ich mich wieder. Denn ich vermute, dass ich ja für ihn unsichtbar bin.
Die Person, welche das stickige Büro betritt, kenne ich nur zu gut: Der Aufseher, welcher fast meine Flucht zunichte gemacht hätte.
"Sie haben nach mir rufen lassen, Herr Taminan", beginnt der Aufseher.
"Offensichtlich. Ich muss dich bitten, niemandem zu sagen, was ich dir gleich anvertrauen werde", erwidert der Mann hinter dem Schreibtisch, welcher von dem Aufseher als Herr Taminan bezeichnet wurde.
"Ich, Minotae Tuaras, schwöre, dass ich niemandem etwas sage. Falls ich es doch tun sollte, soll mich der Tod holen.", sagt nun der Aufseher mit klaren Worten. Dabei bildet sich um seinen Körper ein Schatten, es sieht aus, als wäre plötzlich alles Licht vor ihm geflüchtet.
Zufrieden nickt Herr Taminan.
"Gut, dann werde ich nun beginnen.
Wie du weißt, ist vor genau zehn Jahren ebenfalls ein Staran aus diesem Gefängnis geflohen. Dies war das erste Mal, dass es jemand gewagt hat, einen Ausbruch zu versuchen. Und er ist geglückt!"
"Herr Taminan, ich verstehe nicht ganz worauf Sie hinaus wollen", unterbricht ihn Minotae Tuarae.
"Wart erst mal ab, bevor du unnötige Fragen stellst", fährt ihn Herr Taminan an.
"So, wo war ich stehen geblieben, als du mich unterbrochen hast?"
Er wirft Minotae noch einen finsteren Todesblick zu.
"Ach ja. Also nach diesem ersten Ausbruch befahl der Big-Boss jedem Gefängnisdirektor, also auch mir, dass so etwas nie mehr vorkommen dürfe. Und als ich ihn daraufhin fragte, wie wir das machen sollen, da antwortete er mit tadelnder Stimme:
"Du hältst dich mal aus der Sache raus, denn schließlich ist dieser Staran ja aus dem Gefängnis ausgebrochen, welches in DEIN Aufgabengebiet fällt, oder?"
Da ich ihn nicht herausfordern wollte, gab ich klein bei. Also sagte ich während der ganzen Zeit kein Wort.
Innerhalb kürzester Zeit entstand eine heftige Diskussion. Alle waren sich sicher, die beste Idee zu haben. Meiner Meinung nach waren sie jedoch alle abgrundtief schlecht.
So auch der Vorschlag, welcher letzten Endes gewählt wurde. Diesen hatte der Direktor von dem Gefängnis bei Halonm gesprochen.
Seine Idee war, von allen Gefängnissen ein paar Wachen wegzunehmen und diese zu meinem Gefängnis zu schicken. Es wurde abgestimmt. Auch ich musste meine Stimme abgeben. Das Ergebnis fiel leider nicht zu meinen Gunsten aus. Ich war der Einzige, der gegen diese Idee stimmte. Also wurden je zehn Wachen pro Gefängnis gewählt, von denen alle zu mir kamen. Allerdings durfte ich nicht die Befehle geben, wer wohin gehen sollte. Dies übernahm der Big-Boss selbst.
Der ganze Plan führte jedoch dazu, dass dort, wo man die Wachen weggenommen hatte, weitere Ausbrüche stattfanden. Dies war genau das gewesen, was ich befürchtet hatte. Das reinste Chaos brach aus. Wenigstens wurde dadurch meine Unschuld bewiesen. Überdies mussten alle, die an mir gezweifelt und mich bei der Abstimmung ausgelacht hatten einsehen, dass ich Recht gehabt hatte."
"Entschuldigen Sie, Herr Taminan, aber... Könnten Sie eventuell auf den Punkt kommen?"
Erneut erntet er einen der finstersten Blicke, die ich je gesehen habe. Aber ich kann Herrn Taminan verstehen.
Nach schier endlosen zwei Minuten des "Finster-Anstarrens", fährt Herr Taminan fort:
"Wie schon gesagt, kam damals eine regelrechte Ausbruchswelle. Wenn sich dies nun wiederholt, dann kann ich erstens meinen Job an den Nagel hängen und zweitens könnten die ganzen Starans den Big Boss stürzen und die Bevölkerung befreien!
Wir müssen diesen Joa unbedingt schnappen, bevor bekannt wird, dass es einen erneuten Ausbruch gegeben hat. Koste es was es wolle. Da du die Flucht verhindern hättest können, wirst du ein Spezialteam anführen. Außerdem werde ich den besten "Entflohenen-Jäger" auf Joa ansetzen, damit wir sicher sein können, dass er uns nicht durch die Lappen geht.
Ach ja, noch etwas. Am besten wäre es, wenn er lebend gefangen werden kann, doch bevor er lebend entkommt, ...tötet ihr ihn."
"Verstanden, Herr Taminan"
Er salutiert.
"Ich werde mir sofort die besten unserer Wächter suchen, um den Entflohenen einzufangen!"
Schließlich dreht Minotae sich um und stolziert aus dem Raum. Dann knallt er die Tür zu und ich wache auf.
Verschlafen schaue ich mich um. Es ist noch nicht sehr spät. Seit meiner Flucht sind schätzungsweise 2 Stunden vergangen. Noch immer hallen die Worte des Oberaufsehers in meinen Ohren wieder.
Wir müssen diesen Joa unbedingt schnappen, ..., koste es was es wolle! Am besten wäre es, wenn er lebend gefangen werden kann, doch bevor er lebend entkommt, ... tötet ihr ihn.
Ich beschließe weiterzugehen, um möglichst viel Entfernung zwischen mich und das Spezialteam zu bringen. Also beginne ich, die Spuren meines Rastplatzes zu verwischen, da meine Verfolger nicht bemerken sollen, dass ich hier erst vor kurzem war. Vorsichtig stehe ich auf. Anfangs sind meine beiden Beine noch etwas wackelig, aber nach ungefähr zehn Schritten kann ich bereits wieder halbwegs normal gehen.
Bei jedem Schritt spüre ich Schmerzen, welche durch die gesamten Beine gehen und schließlich auch in höhere Regionen wandern. Auch die zahlreichen, kleinen Schnitte machen meiner Kondition zu schaffen. Letztendlich falle ich nach je zehn Schritten der Länge nach hin. Schon bald ist mein Gesicht blutig. Als ob das alles nicht schon genug wäre, beginnt es dann auch noch zu regnen. Zwei Sekunden später bin ich auch schon pitschnass.
Hey, du musst immer positiv denken! Immerhin wird durch den Regen der ganze Schmutz von dir abgespült. Außerdem verwischt der Regen deine Spuren.
Naja, wo meine innere Stimme recht hat, hat sie recht. Da der Regen anstatt weniger zu werden immer heftiger wird, suche ich mir eine Höhle und beschließe, in der Höhle zu warten, bis der Regen aufgehört hat.
Kurz darauf entdecke ich eine Höhle, welche wie geschaffen für mich scheint. Der Höhleneingang ist von großen Felsbrocken verdeckt, zusätzlich hängen von den Bäumen neben der Öffnung im Gestein lange, dicke Lianen herunter, sodass man den Eingang nur sieht, wenn man sich wirklich darauf konzentriert.
Im Höhleninneren ist es ziemlich dunkel, einige Stalaktiten hängen von der Decke und ein paar Stalagmiten ragen aus dem Boden. In der Luft liegt der typische Höhlengeruch: Wasser und Gestein, mit einem Hauch von Moder. Ich spüre einen kalten Luftzug auf meinen Armen und Beinen. Sofort beginne ich zu frösteln. Seltsamerweise kam der Luftzug nicht aus der Richtung des Eingangs, sondern aus dem Höhleninneren.
Das heißt, es muss noch einen zweiten Ausgang geben! Immer gut zu wissen, denn schließlich werden wir ja verfolgt. Da schadet es nie, wenn man zwei verschiedene Möglichkeiten zur Flucht hat. Los, erkunden wir mal die Höhle!
Vorsichtig, darauf bedacht keinen Stalagmiten zu zertreten, bewege ich mich vorwärts. Anfangs kann ich nur schemenhafte Schatten erkennen. Dies ist auch der Grund, warum ich immer wieder gegen Stalagmiten laufe. Doch schon nach kurzer Zeit gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit und ich bemerke, dass ich auf einen Pfad geraten bin. Außerdem wird die Höhlendecke von Holzpfeilern gestützt. Daraus schließe ich, dass ich mich in einem ehemaligen Bergwerksstollen befinde.
Von der einen Sekunde auf die Andere dringt plötzlich ein stechender Schwefelgestank in meine Nase ein. Angewidert rümpfe ich die Nase. Der Geruch veranlasst mich auch dazu, dass ich mir meinen linken Arm über Nase und Mund halte, um dem Gestank vorzubeugen.
Durch den Schwefelgestank bin ich schwächer geworden. Zusätzlich bereitet mir der miese Geruch mit der Zeit Kopfschmerzen. Außerdem werden meine Füße von Minute zu Minute schwerer und bei jedem Schritt merke ich, dass ich schon lange unterwegs bin. Doch irgendwie schaffe ich es, dass ich noch ungefähr 100 Meter weiter komme. Und dies trotz des Schwefelgestankes, den Kopfschmerzen und den erschöpften Füßen.
Letztendlich kann ich meine Füße kaum mehr bewegen. Also schlurfe ich durch den Stollen. Meine Schritte kann man nicht mehr als Schritte bezeichnen. Denn schließlich hebe ich ja meine Beine kaum merkbar über den Boden.
Als ich mich umdrehe, entdecke ich eine Schleifspur, welche vermutlich von mir selbst stammt. Doch da es in dem Bergwerksstollen dunkel ist, kann ich die Spur nicht recht gut erkennen, besser gesagt, verliere ich sie sogar nach nur drei Metern aus den Augen.
Ach komm schon. Deine Verfolger werden die Spur sicher nicht entdecken. Außerdem müssen sie ja, bevor sie die Schleifspur verfolgen können, erst mal die Höhle entdecken. Also komm, geh weiter. Bitte!
Das war das erste Mal, dass meine innere Stimme "Bitte" gesagt hat. Also muss es wirklich dringend sein, wenn sie sogar "Bitte" hinzufügt. Besorgt drehe ich mich noch ein letztes Mal zu der in der Dunkelheit verschwindenden Schleifspur um.
Plötzlich spüre ich irgendetwas Nasses auf meinen Haaren. Nur mit Mühe und Not kann ich einen Aufschrei unterdrücken. Langsam wende ich meinen Kopf nach oben, in die Richtung, aus der das nasse Etwas kam.
Diesmal kann ich den Impuls nicht mehr unterdrücken. Ein Angstschrei kommt aus meiner Kehle. Über meinem Kopf befindet sich ein riesiges Monstermaul! Allein ein einziger Zahn ist so groß und spitz wie ein Stalaktit!
...Moment mal, Zähne, die so groß und spitz wie Stalaktiten sind? In einer Höhle, wo es lauter Stalagmiten und Stalaktiten gibt?
Vorsichtig greife ich mach oben, wo die spitzen Zähne aus dem Maul ragen. Langsam, darauf bedacht, nicht zu weit hinaufzugreifen, taste ich mit meiner Hand die vermeintlichen Zähne ab. Mein Verdacht bestätigt sich, als kein gigantisches Monstermaul meine Hand abbeißt. Es sind wirklich nur Stalaktiten.
Erleichtert atme ich aus. Mein Herz beruhigt sich auch wieder und meine Drüsen stoppen die Adrenalinzufuhr. Noch immer hallt von den Wänden mein Angstschrei wider.
Nachdem ich mich auf meinen Knien abgestützt und den Schrecken von eben überwunden habe, beginne ich hysterisch zu lachen. Auch meine innere Stimme meldet sich erneut:
Da hat aber jemand leicht Angst. Vielleicht solltest du das nächste Mal lieber gleich hin greifen, anstatt loszuschreien. Ach übrigens, ich denke du leidest unter Verfolgungswahn. Schließlich siehst du in der Höhlendecke ein Monstermaul; Ich meine, wo sind wir denn?!
Vielleicht leide ich unter Verfolgungswahn, weil ich tatsächlich von jemandem verfolgt werde?! Und ganz nebenbei, diese jemande wollen mich um jeden Preis fangen und bevor ich lebend entkomme, wollen sie mich sogar töten! Noch dazu ist der beste Entflohenen-Jäger auf mich angesetzt, also habe ich keinerlei Grund besorgt zu sein, oder?!
Als keine Einwände kommen füge ich in Gedanken noch ein Na also hinzu. Nach meinem kurzen Gefühlsausbruch mustere ich nochmal meine Umgebung, um im Notfall schnell reagieren zu können.
Durch das Panikerlebnis und den kurzen Streit mit mir selbst komplett erschöpft, suche ich mir eine bequeme Stelle zum Schlafen. Als ich diese gefunden habe lege ich mich auch sogleich wieder auf den Boden. Bei der Bewegung spüre ich ein letztes Mal noch meine schmerzenden Glieder, bevor ich danach einschlafe. Diesmal finde ich mich allerdings nicht in einem Traum wieder.
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