Kapitel 6: Ein unmoralischer Auftrag
Sanft schmiegte sich der jungfräuliche Stoff einer ungebrauchten schwarzen, kurzen Trainingsshorts und einem aschgrauen Poloshirts an meine Haut. Hinterließen, obwohl ich mir sicher war, dass die Sachen neu waren, ein kratzendes Gefühl. Ich war es nicht gewohnt irgendwelchen Stoff zu tragen, immerhin brauchte ich ihn auch nicht, da ich die meiste Zeit eh in Rubians Gestalt unterwegs war.
Leise knarzten die ebenholzfarbenen Holztreppen unter meinen Schritten als ich wieder herabstieg, aus dem Raum indem Alpha Lucian mich gestoßen hatte. Ich fühlte mich erfrischt wie schon lange nicht mehr. Es war fast ein Fremdartiges Gefühl, als ich in den weitläufigen Aufenthaltsraum des Rudelhauses trat, was wie leer gefegt war, trotz der Abenddämmerung die ihr dämmriges Licht durch die großen Fenster sickern ließ. Nur 4 Gestalten saßen auf Barhockern an der steinernen Arbeitsplatte der Küche die sich dem Aufenthaltsraum anschloss.
Vier Augenpaare hefteten sich auf ihn. Zwei Pärchen die sich aus einer sehnsüchtigen Umarmung lösten und einen Momentlang heftete sich der Blick aus meinen Augen auf die Zwei Frauen, die sich an die Körper der beiden vertrauten Gestalten geschmiegt hatten. Alexander pfiff bewundernd, als er seinen kräftigen Arm von der ebenso schwarzhaarigen, zierlichen Frau zurückzog, die an seiner Seite saß. Ihr Blick lag auf ihm, musterte ihn unverhohlen. Sie sah überraschen und Interesse in ihren braunen Augen aufblitzen. Zweifellos musste das die Gefährtin des Betas sein, von der er gesprochen hatte. Sie hatte wohl nicht mit einer solchen Erscheinung gerechnet, nachdem was Alexander ihr erzählt hatte. Nun währe sie etwas eher gewesen, hätte sie ihn anders gesehen. Wild und zerzaust, wie der Rouge der er war und nicht in dieser Erhabenen Erscheinung die über so vieles Hinwegtäuschte. "Schein als würde doch mehr unter dem Äußeren Schlummern." Erklang Lucians Stimme, ähnlich seiner Eigenen wenn auch nicht so rau. Und die Frau mit überraschend weißem Haar neben ihm kicherte leise. "Hattest du nicht gesagt, er währe ein Bär Lucian?" erhob sich die sanfte Stimme der Frau neben ihm, deren Blick aus fast beängstigend schwarzen Augen musternd und abschätzend auf ihm lag. "Er schein mir nicht so."
Ich schmunzelte, konnte es mir nicht verkneifen. "Luna." begrüßte ich die weißhaarige junge Frau, und neigte auch mein Kopf vor der Gefährtin des Betas.
Jenifer und Emma, das waren die Namen der Frauen, neben dem Alpha und dem Beta, wie ich schnell erfuhr. Jenifer war die Gefährtin von Lucian und Emma die von Alexander. Sie beide stammten aus dem Ice-Bone-Rudel, was eigentlich in der wilden Tundra von Russland sein Zuhause fand und nicht in dem vergleichsweise mediterranen Klima von Nordamerika, indem sie lebten. Nicht, dass ich diese Information gebraucht hätte, denn der Akzent mit dem Beide sprachen, zeigte nur zu gut von wo sie stammten. Dem gleichen Rudel, dem mein einstiges Kindermädchen Olga entsprang. Ein doch, für mich sehr amüsanter, Wink des Schicksals, weil Alpha und Beta sie nur gefunden hatten, weil sie zusammen mit Olga ihre Geburtsstätte besuchten. Gemeinsam, lachend an dem Tisch, welcher eigentlich mehr die Küchenzeile war, nahmen wir ein typisch Amerikanisches Abendessen ein, was mir, wie ich wusste später noch Bauchschmerzen bereiten würde. Ich war nicht an das Essen in menschlicher Gestalt gewöhnt. Schon gar nicht an fettige Bürger und Pommes. Dennoch leerte ich meinen Teller, mehr aus Höflichkeit, als dass es mir schmeckte.
🐺
"Also..." hob ich schließlich an, als die Beiden Wölfinnen sich zurückgezogen und ihre Gefährten zusammen mit mir an der Granit-platte der Küche zurückgelassen hatten. Emma hatte ihrem Gefährten einen langen Blick zugeworfen, bevor sie lachend mit ihrer Freundin, wie ich festgestellt hatte, in die Oberen Stockwerke verschwunden war. "Warum hast du mich gerufen?" Meine Stimme war ruhig. Zeigte nichts von dem Schmerz den ich die ganze Zeit über empfunden hatte, weil die zwei Paare die den Tisch mit mir teilten so vertraut mit einander gewesen waren. Ich hatte die Blicke versucht zu ignorieren, die sie sich zuwarfen. Und doch schmerzte es mich, obwohl ich es mir selbst nicht eingestehen würde. Aber die Tatsache, dass Rubian, der sonst immer seine Nase viel zu neugierig in jegliche Angelegenheiten steckte, sich nun tief in mein innerstes zurückgezogen hatte, soweit, dass selbst ich ihn kaum noch spüren konnte, sprach Bände.
Niemand, rief mich ohne Grund. Mal waren es Schurken, die ein Rudel in so hoher Zahl bedrohten, dass sie sich selbst keinen Rat mehr wussten und um ihre Existenz fürchteten. Mal war es eine Krankheit, die sich ausbreitete und die Rudelärzte in Atem hielt und man meine Fähigkeiten brauchte um der Lage wieder Herr zu werden. Doch selbst ein Blinder mit Krückstock konnte erkennen, dass weder das eine noch das Andere der Grund sein konnte, wieso man mich hierher gerufen hatte.
Dem Rudel ging es gut. Es erblühte regelrecht, etwas was ich mir vor Jahren, nicht hatte vorstellen konnte, als ich das erste Mal meine Pfoten auf das von Blut getränkte Land gesetzt hatte. Doch meine Anwesenheit hier, hatte die Schurken vertrieben. Und auch kein Geruch von Krankheit lag in der Luft. Das alles schürte mein Misstrauen. Es gab keinen Grund wieso Lucian mich hätte rufen sollen. Zumindest nicht in diesem Rudel.
Mir gegenüber spannte sich Alexander sichtlich an, begann auf seinem Hocker unruhig hin und her zu rutschen. Warf seinem Alpha einen ängstlichen Seitenblick zu, der meinen wachsamen Augen nicht entging und mich selbst dazu brachte auch mich zu spannen.
Lucian, sah nur kurz zu deinem Stellvertreter, ehe er leise seufzte. Seine Hände lösten sich von dem Bierglas was er die ganze Zeit über im festen Griff umschlungen gehalten hatte. Legten sich an seine Schläfen und begann diese zu massieren. "Du hast nichts davon gehört..." es war eine nüchterne Feststellung, keine Frage. Und sofort spürte ich wie die Spannung in dem Raum anschwoll. Meine Augen kniffen sich zusammen. Fokussierten meine Freunde, als wären sie auf einmal zu Feinden mutiert. "Woher soll er es wissen, Alpha?" murmelte Alexander leise. "Er lebt als Rouge, er kann es gar nicht gehört haben. Besonders wenn man bedenkt, dass sogar die Anderen Rouge sein Gebiet meiden." Lucian seufzte, nickte langsam. Natürlich wusste er das. Immerhin verdankte sein Rudel seine Blüte mir.
Mein Blick heftete sich nun auf den Alpha neben mir. Der kleinere Mann schrumpfte unter meinem Blick, der ihn regelrecht durchbohrte. Meine Lippen kräuselten sich, während er die Hände an seine Schläfen legte und diese begann langsam zu massieren.
"Von was, im Namen der Göttin redet ihr?" knurrte ich dann. Geduld war noch nie meine Stärke gewesen. Besonders dann nicht, wenn man mich aus meinem gewohnten Umfeld riss und in ein Rudel einlud. Ich war die schirren Massen von meines Gleichen nicht gewohnt. Es wirkte auf mich einengend. Als würde man mir die Luft zum Atmen nehmen. Ich hasste es, wenn sich unzählige Blicke auf mich richteten und meine Schritte verfolgt wurden. Es nahm mir meine Freiheit und erinnerte mich daran, dass ich vorsichtig sein musste, damit niemand erkannte, wer und vorallem was ich wirklich war. Ich konnte nicht laufen gehen, weil die Gefahr, dass man entdeckte, dass ich ein Alpha war, zu groß war. Ein Alpha, der eigentlich nicht existieren sollte.
"Richard..." hob Lucian schließlich an, lenkte meine Aufmerksamkeit weg von meinen Gedanken und zurück zu dem Gespräch was kurzzeitig ins Stocken geraten war. Sein Blick war unruhig, sorgte dafür, dass sich ein ungutes Gefühl in mir ausbreitete. Meine Muskeln spannten sich an. Rubian begann in mir unruhig zu werden, ruhelos in meinem Inneren verborgen auf und ab zu streifen. "Es ist nicht mein Rudel, was deine Hilfe braucht... Wir sind nur die Vermittler." Worte, die meine Unruhe nur noch schürte. Sogar einem Blinden wäre aufgefallen, dass es diesem Rudel an nichts mangelte. So war es doch eigentlich eine logische Konsequenz, dass sie meine Hilfe nicht brauchten. Es war schon ein paar Mal vorgekommen, dass das Red-Leaf-Rudel mir Aufträge vermittelte. Einfach weil ihr Alpha mein Freund geworden war. Doch niemals hatten sie so gezögert und um den heißen Brei herum geredet. Es musste dieses Mal um etwas weit größeres gehen.
"Richard..." hob Lucian erneut an, wagte es kaum mir in die Augen zu sehen. "... unsere gesamte Art braucht deine Hilfe." Was sollte das bedeuten? Der Ausdruck in meinem Gesicht wurde noch finsterer. Rubian in mir begann laut zu knurren und wir hörten die Worte, die wir niemals hören wollten: "Der Auftrag kommt von Moonlight-Rudel. Vom Alphakönig persönlich."
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