Kapitel 26: Das Fest I
Die Sonne sank, hüllte das Zimmer in dunklere Farben die ihm nur noch mehr Glanz verliehen. Eine Ode an die Kraft und die Macht, die das royale Rudel besaß, unbestrittene Überlegenheit. Dennoch, hatte sich meine Aufmerksamkeit nicht dem Farbenspiel hingegeben, hing viel mehr an meinem eigenen Spiegelbild, dass ich eingehend betrachtete. Meine braunen Haare lagen sorgfältig zurückgekämmt, hatten aber immer noch nicht den wilden, lockigen Teint verloren, der sie ausmachte. Verliehen mir einen gefährlichen Schimmer, der von dem gestutzten Bart nur noch unterstrichen wurde. Die blauen Irden, mit dem rötlichen Kranz, am Rand an der Pupille, blitzten aufmerksamer, als ich es anhand der Erschöpfung erwartet hatte. Täuschte gut. Eine Maske die sich über Jahre hinweg gebildet und gefestigt hatte. Doch etwas war anders heute... Etwas fesselte mein Blick. Etwas, was meine Augen nicht gewohnt waren. Was meinen Blick an mein Spiegelbild fesselte, war der samtige Stoff, der sich, als wäre er eigens für mich erschaffen worden, an meine hochgewachsene, trainierte Gestalt schmiegte. Ein Anzug bedeckte meine Haut, genauso schwarz, wie der des Betas. Unterstrich mit seinen Form meine breiten, kräftigen Schultern. Fiel eng, aber nicht zu eng über das weiße Hemd, was nur schwach aus dem Spalt den der Anzug offen ließ hervor lugte. Auf den ersten Blick war es ein einfacher Anzug, dessen Nähte genauso Rot waren die die Farben des Moonlight-Rudels. Bildeten einen klaren Kontrast zu dem schwarzen Stoff. Jene waren nur das Sahnehäubchen. Was meinen Blick gefangen hielt, war das flammende, rote Muster, was sich über die rechte Seite zog. Wie lebendige Flammenzungen zog sich feine Stickereien über den Stoff. Flammen, die an jenem Tag vor vielen Jahren über meine Haut gezogen hatten. Ich wusste nicht recht, ob mich diese Tatsache erschrecken oder ich den schirren Glanz den mir das Muster verlieh, bewundern sollte. Ich sah aus wie ein Prinz, nicht wie ein Ausgestoßener. Und allein dieser Glanz, diese Ausstrahlung die mir dieser Anzug verlieh, war Grund genug, dass mein Vorhaben, mich nur kurz zu zeigen und dann in der Menge abzutauchen und zu verschwinden, zu einem Akt der Unmöglichkeit wurde.
🐺
Unruhig stand ich an den Treppen, lauschte. Obwohl der Ballsaal entfernt lag, konnte ich bereits von hier die lauten Klänge der Musik vernehmen, Stimmen die undeutlich sich darunter mischten und erahnen ließ, dass dies ein großes Fest und nicht eine kleine, auf die Schnelle eingerichtete Party war. Wieder war da das unruhige Gefühl in mir, eine Spannung, ich wusste nicht von wo sie kam. Ein Kratzen und Scharren in meinem Inneren, das mir etwas zuflüstern wollte, doch die Worte drangen nicht zu mir durch. Vielleicht war es auch einfach die Abneigung von mir und meinem Lykaner, die mich so fühlen ließ, denn Rubian, hatte sich weit in mein inneres zurückgezogen, kaum dass er mitbekommen hatte, dass es zu dieser Festlichkeit und unerwünschten Aufmerksamkeit kam. Wie auch ich, hasste er diese Art von Veranstaltungen. Wir konnten beide nichts mit dem übertrieben höflichen Geplänkel anfangen, der falschen Freundlichkeit und der Politik allgemein. Alphablut hin oder her, diese Erfahrungen hatten wir nie gesammelt, und wenn wir ehrlich waren, wollten wir damit auch nicht anfangen. Etikette, das war als würde man uns irgendwo einpferchen. Uns zwingen uns in eine Form zu quetschen, in die wir einfach nicht passten. Wir liebten unsere Freiheit. Und an dem war nichts was überhaupt nur den Funken von Freiheit besaß.
Herannahende Schritte, veranlassten mich dann die Treppe hinaufzublicken. Erst hörte ich sie, dann sah ich sie. Den König und seine Tochter, nebeneinander. Der König trug ein Anzug aus einfachen, robusten, blutroten Stoff. Schwarzes, dichtes Fell säumte die Schultern, floss in einem schweren Umhang seinem Rücken herab. Sein ebenso schwarzes Haar stand wild von seinem Kopf ab, wurde nur von dem matten Glanz seiner Krone, bestehend aus sorgsam geschnitzten, mit alten Runen verzierten, Geweih an einigen Stellen an sein Haupt gedrückt. Er wirkte erschreckend. In seinem doch recht einfachen Aufzug angesichts des prunkvollen Festes was er gab. Seine Tochter, die Prinzessin, meine Gefährtin stand an seiner Seite. Ihre grüngrauen Augen trafen auf meine und ich spürte wie ich den Atem anhielt. Sie wirkte wie mein absolutes Gegenstück, in ihrem flammenfarbenden Kleid, dass in penibler Handarbeit mit dem gleichen Muster wie mein Anzug bestickt worden war, lediglich dass ihre Flammen aus schwarzen Pailletten bestand und nicht aus dem gleichen rot wie meine. Einen Moment war ich gefangen. Das konnte doch kein Zufall mehr sein. Was ging hier vor sich?! Sorge blitzte in ihren Augen auf, ihre Lippen drückten sich fester aufeinander. Eine kaum merkliche Regung und doch verstärkte sie die Unruhe, die sich langsam in meine Nerven streute.
„Nomade, wie ich sehe hat euch meine Einladung erreicht, sehr erfreulich. Uns erwartet ein großes Fest." Die Stimme des Königs hallte an mein Ohr, als er, flankiert von seiner Tochter die Treppe langsam und in angemessenem Tempo herabschritt. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, erreichte aber seine dunklen Augen nicht. Etwas an seiner Ausstrahlung hatte sich verändert, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Der Wirre Glanz in seinen Augen war zwar noch dar, stach aber nicht mehr so sehr hervor wie zuvor. Die Augenringe waren schwächer, auch wenn sein Haar noch ungepflegt schien. Die offenkundigen Zeichen der Schwäche, die ich an ihm gesehen hatten waren weniger geworden.
Vielleicht, war es wirklich der Schmerz, den er angesichts des bevorstehenden Verlusts seines einzigen Welpen verspürt hat, der ihn in Wahnsinn getrieben hat. Hob Rubian zerknirscht in meinem Kopf an. In diesem Fall, hätten wir unserem Nemesis in die Pfoten gespielt... Ihm geholfen sich selbst zu retten.
Nein, Rubian... wagte ich es, nach kurzer Pause zu antworten. ... ich kann die Krankheit immer noch an ihm riechen. Das kann man nicht vortäuschen.
Was hat das Ganze dann zu bedeuten? Warum holt man uns hierher. Warum besteht man darauf, dass alle Welt uns kennenlernt? In welches Spiel sind wir hier hineingeraten?! Rubian reagierte ungehalten. Er fühlte sich in die Enge getrieben. Umzingelt von Feinden, die nur darauf warteten sich auf ihn zu stürzen und erneut uns alles zu nehmen, was wir uns aufgebaut hatten. Eine dunkle Vorahnung, die ich mehr und mehr zu teilen begann. Es war von Anfang an klar gewesen, dass wir uns auf dünnes Eis gewagt hatten, Eis was mit jedem Schritt den wir uns in unbekanntes Terrain wagten, mehr und mehr knackte. Wir hatten die Kontrolle verloren. Uns auf einen Weg gewagt, der von Nebelschwaden verhüllt war. Etwas was wir noch nie getan hatten. Ein grober Fehler, den wir niemals hätten begehen sollen.
Ich weiß es nicht Rubian... gestand ich zu meiner Schande. Ich weiß nur, dass du Recht hattest. Wir hätten nie kommen sollen. Wir sollten sehen, dass wir schleunigst verschwinden. Bevor unser Geheimnis doch noch ans Tageslicht kommt. Bevor jemand seinen Schwur bricht und uns verrät.
🐺
„Eure Hoheiten..." ich zwang mich zu lächeln, als ich mich langsam wieder aufrichtete. Noch immer hatte ich die Hand vor die Brust gedreht. So sehr ich es verabscheute, ich musste zumindest den Schein wahren. Etwas was ich mir immer wieder sagte. „Ich danke, aber es ist zu viel der Ehre."
„Du hast meine Tochter gerettet... Was an ein Wunder grenzt, Ich denke das ist das mindeste was ich tun kann..."
und damit stoßt ihr uns geradewegs in eine Welt, der wir fern bleiben wollten. Fügte ich in Gedanken an die Worte von Blackbone an, während er mich musterte. Ich musste mich zwingen mein Blick gesenkt zu halten, seinen Augen auszuweichen, die nachdenklich über mich glitten und sich zusammenkniffen. Ein Blick der unverhohlen fragte: Wer bist du wirklich?
„Vater...." Die sanfte Stimme Aurelias unterbrach den Blick, der auf mir lag. Tief, erleichtert, sog ich den Atem ein, von dem ich gar nicht bemerkt hatte, dass ich ihn angehalten hatte. „Hast du nicht etwas vergessen?" Interessiert bemerkte ich, wie die Augen des Königs sich kurz trübten. Konnte sehen wie Verwirrung sich in seinem Gesicht abzeichnete und die Fragmente seiner Erscheinung auseinander fielen. Es schien, als hätte er vollkommen vergessen, dass seine Tochter neben ihm stand und auch, wieso er überhaupt hier war. Blinzelnd sah er die dunkelhaarige Frau an, die ein wenig bleicher geworden war, angesichts dessen was sich zutat. Ich konnte nicht wiederstehen, legte mein Kopf ein wenig schräg und beobachtete das Schauspiel. Meine Vermutung war also richtig, auch wenn die Gebrechen des Königs nicht mehr so deutlich ersichtlich waren wie zuvor, sie waren immer noch da.
„Spät dran sind, Vater. Das Fest, erinnerst du dich." ihre Stimme war leise, als sie sich ihm entgegen neigte. Auch wenn sie mit ihrem Vater sprach, lag ihr Blick auf mir. Ich konnte Sorge erkennen. Ihre Augen waren einfach viel zu ehrlich. Viel zu offen. „Lass für einen Moment die Politik ruhen." Flüsterte sie ihm zu, ehe sie sich offenkundiger mir zuwandte.
„Ich glaube man hat uns noch nicht vorgestellt." Hob sie, unschuldig lächelnd an. Knickste leicht vor mir und neigte den Kopf. „Ich stehe tief in eurer Schuld, Nomade, so nennt man euch doch oder?" Einen Moment war ich verwirrt, sah sie an, ehe ich begriff, dass natürlich niemand wusste, dass sie mich vor einigen Stunden besucht hatte. Es schien, als hätte sie ihr Wort gehalten. Sogar die Spuren meines Zorns waren soweit verblasst, dass man sie nicht mehr so, wenn man nicht von ihnen wusste. Einer der Vorteile, wenn man ein Lykaner war. Schwach lächelte ich, spielte ihr Spiel mit. „Es ist eine Freude, euch wohlauf zu sehen, Prinzessin." Sie lächelte. Ein Lächeln von dem ich mir nicht sicher war, ob es echt war. Oder was sie dahinter verbarg. Doch was sollte ich erwarten, nachdem ich sie angegriffen und klar gemacht hatte, dass die Göttin sie vielleicht als meine Gefährtin erwählt hatte, doch weder mein Lykaner noch ich dazu bereit waren, dies anzunehmen. Aus meiner Sicht lag einfach zu viel zwischen uns. Nicht nur der Rang auch vieles mehr, dessen Aufzählung viel zu lang gewesen wären. Ich wusste, dass es sie verletzte. Auch ich spürte Schmerz, auch wenn es mir leichter fiel ihn zu ignorieren. Es war leichter sie von mir zu stoßen, in der Hoffnung, dass sich unsere Wege bald für immer scheiden würden, als etwas vorzuspielen, was nicht da war. Doch sie schien das ganze etwas anders zu sehen.
Kurz glitt ein funkeln durch ihre Augen, kündigte an, dass der Wind dabei war sich zu drehen. Eine ungewohnte Strenge und Unbeugsamkeit erschien in ihn, ließ ihren Körper sich straffen. Ich konnte sehen, wie das funkeln rötlich sich von dem grün abhob, dass ihre Augen prägte. Ihre Lykanerin. Ein Alphablut. Nur einen Moment blitzte der wilde Teil in ihr auf, doch er reichte aus um mich überrascht blinzeln zu lassen, ich einen Moment nicht aufpasste. Der Moment, indem ihre Hand nach meiner griff. „Ich hoffe, ihr erweist mir die Ehre, mich zu begleiten, Nomade." Auch wenn die Stimme zuckersüß klang, war da doch ein Unterton, der mich herausforderte. Ein Ton, der kein Wiederspruch duldete. Etwas, dass dafür sorgte, dass, nachdem sich mein überraschen gelegt hatte, meine Zähne leise knirschend übereinander rieben. Ärger flammte in mir auf. Natürlich machte es mir etwas aus. Natürlich wollte ich gewiss nicht, mit ihr an meiner Hand zu einem Fest erscheinen. Ich wollte das Kribbeln nicht spüren, was von ihrer Hand sich unter meine Haut streute. Ich wollte sie nicht. Wollte die Aufmerksamkeit nicht, die damit folgte. Doch unter dem Blick des Königs, konnte ich es mir nicht leisten meine Hand zurückzuziehen. Es wäre nicht nur unhöflich sondern auch gefährlich. So blieb mir keine Wahl. Lediglich das wütende Beben meiner Nasenflügel und mein Blick, der dunkler wurde, zeigten wie Falsch das Lächeln war, dass auf meinen Zügen erschien. „Natürlich, es ist mir eine Ehre... Prinzessin." -ganz gewiss nicht!
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro