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KAPITEL 8 | DER SENSENMANN

Tycho blickte in die undurchdringliche Schwärze des Weltalls hinaus. 

Erinnerungen an ihre Reise in die Neue Welt strömten durch ihren Kopf. Sie war fünfzehn gewesen, als sie auf Elder Patria an Bord des Frachtschiffes nach Neo Patria gegangen war. Da sie im Chaos der Letzten Tage von ihren Eltern getrennt worden war, hatte sie die lange Reise zusammen mit einer Lehrerin vom Internat, das sie zum damaligen Zeitpunkt besucht hatte, angetreten. Frau Donjon. Eine strenge, ältere Dame, die sich im Laufe der Monate jedoch als ideale Ersatz-Mutter entpuppt hatte, sehr zu Tychos und wohl auch zu ihrem eigenen Erstaunen. 

Erst ein Jahr nach ihrer Ankunft auf Neo Patria war es Tycho gelungen, ihre leiblichen Eltern wiederzufinden. Die Wiedervereinigung war einigermaßen kühl ausgefallen. Tycho war ihrer Familie irgendwie entwachsen, wenn sie je wirklich dazugehört hatte. Zu allem Überfluss hatten ihre Eltern zu den Menschen gehört, denen es nie gelingen sollte, sich an die neuen Verhältnisse anzupassen. Bereits, als sie zum ersten Mal einen Fuß auf den Planeten gesetzt hatten, schien es ihnen die Laune verdorben zu haben. Unablässig hatten sie davon geredet, in ihre alte Heimat zurückkehren zu wollen, sobald sich die Bedingungen dort wieder verbessert hätten.

Das ist kein guter Ort, hatte Tychos Mutter immer zu ihr gesagt. Kannst du das nicht fühlen?

Aber Tycho hatte es nicht fühlen gekonnt. Und so kam es, wie es vermutlich hatte kommen müssen. Während Tycho die Militärakademie besuchte, hatten sich ihre Eltern einer gefährlichen Rückkehrer-Sekte angeschlossen und ihren Plan in die Tat umgesetzt. Dabei waren sie auf eine illegale Schlepper-Bande hereingefallen und tragisch verunglückt. 

Wenn sie daran zurückdachte, fühlte Tycho sich immer noch schuldig. Sie hätte sich besser um den Gesundheitszustand ihrer Eltern kümmern müssen. Doch damals, in den ersten Jahren nach dem Großen Exodus, hatte es noch keine Bezeichnung für das gegeben, was ihre Eltern durchlebt hatten. Heute wusste jeder, was eine Anpassungsstörung war, aber damals hatte man sie einfach für verrückt gehalten.

»Sehen Sie sich das an«, ertönte die blechern klingende Kommunikator-Stimme ihres Adjutanten und riss Tycho aus ihren Erinnerungen.

Tycho wandte sich vom Anblick des Weltalls ab. 

Sie befand sich auf der Brücke der Hydra, eines mittelgroßes Aufklärungsschiffs des IPSD. Links und rechts des erhöht verlaufenden Mittelgangs lagen die Kontrollstationen der Brückenoffiziere, im Zentrum befanden sich die Plätze des kommandierenden Offiziers und des Steuermanns. Derzeit lag das Kommando bei Admiral Horne, einem hageren Mann mit starrer Mimik und noch starreren Ansichten. Er hatte zur Besatzung eines der ersten Scout-Schiffe gehört, die in die Neue Welt vorgedrungen waren. Doch aus irgendeinem Grund schien ihn die Erfahrung nicht optimistisch gestimmt, sondern zunehmend verbittert zu haben.

»Haben Sie sowas schon einmal gesehen?«, fragte Zhang, während er sich über den Mittelgang näherte. In den Händen hielt er eine Kartusche mit mehreren türkisblau glühenden Ampullen. »Sieht aus, wie das Zeug, das man sich ins Gesicht schmiert.«

Tycho zog eine Augenbraue hoch. »Was schmieren Sie sich denn ins Gesicht?«

»Das wüssten Sie wohl gerne«, erwiderte Zhang und drehte sein Gesicht ins gedämpfte Chemo-Licht, sodass Tycho seine makellos glatten Wangen bewundern konnte.

»Was Sie da in der Hand halten, sind Plasma-Ampullen«, erklärte Tycho. »Die sind für den Prinzen.« Sie zog die Stirn kraus. »Wo haben Sie die her?«

Zhang trat neben Tycho. Er war nicht viel größer als sie, aber sein langer, schmal geschnittener Mantel und der wilde Lockenkopf verzerrten ihr Größenverhältnis zu seinen Gunsten. »Die Frau des Neoczaren hat sie unserer Bodencrew in die Hände gedrückt, kurz bevor wir abgehoben sind. Es war ihr wohl sehr wichtig, dass wir sie mitnehmen.«

»Nach allem, was ich weiß, braucht der Prinz diese Ampullen, um zu überleben.«

Zhang schürzte die Lippen, als wollte er sagen: »Armes Schwein.«

»Prinz Cassian scheint Cyra am Herzen zu liegen. Jedenfalls deutlich mehr als seinem Bruder.«

»Geschwister ...«, gebärdete Zhang mit einem verächtlichen Augenrollen.

Tycho nickte.

»Haben Sie Geschwister?«

»Nein. Sie?«

Tycho wusste, dass sie beide nur aus Höflichkeit fragten. Sie arbeiteten für den interplanetaren Geheimdienst und wussten längst, wie es um die familiäre Situation des jeweils anderen bestellt war.

»Einen ganzen Haufen«, gebärdete Zhang, klemmte sich die Kartusche unter den Arm und zeigte mit den Fingern eine Anzahl von neun.

Tycho schmunzelte. »Sonst noch irgendetwas Neues?«

Zhang schien gerade den Kopf schütteln zu wollen, da meldete sich die Kommunikationsoffizierin der Hydra zu Wort. »Wir empfangen eine Übertragung von Neo Patria.«

»Auf den Schirm«, befahl Tycho und trat ein paar Schritte zurück, um besser sehen zu können, während die Sichtschilde vorfuhren und sich die Projektion aufbaute. 

Die Übertragung kam von der IPSD-Zentrale – und zwar aus dem Konferenzraum im Keller, wo sich auch die Verhörzimmer befanden. 

Reaper, ein grobschlächtiger Agent mit dem Bizeps und dem Wortschatz eines Gorillas lehnte mit aufgekrempelten Ärmeln an der Wand. Wie üblich, trug er statt Krawatte einen auffälligen Ohrring und ein hübsches Blut-Spritzmuster, das in täglichen neuen Variationen sein weißes Hemd zierte.

»Chef«, brummte er mit einem knappen Kopfnicken. 

Zhang schenkte er nur einen finsteren Blick. Die beiden kamen so gut miteinander aus wie die Zwillinge in der Schmerzpflaster-Werbung. 

Einmal hatte Tycho sie sogar voneinander trennen müssen, damit sie sich nicht gegenseitig die Schädel einschlugen. Wobei eine handfeste Prügelei eigentlich eher in Reapers Repertoire gehörte. Zhangs Methoden waren für gewöhnlich subtiler.

»Reaper«, sagte Tycho. »Was gibt es Neues?«

»Hab die Leibwächter verhört.«

»Das ...« Tycho seufzte innerlich. »... sehe ich.«

Ein schmales Lächeln trat auf Reapers fleischige Lippen. Vermutlich war er stolz auf sein Werk und die neue Blutspritzer-Variation, die es auf seinem Hemd hinterlassen hatte. Achselzuckend erklärte er: »Sie waren nich kooperativ.«

Bei Reaper war niemand kooperativ. Grundsätzlich nicht.

»Und was haben sie gesagt?«, fragte Tycho.

Reaper rieb sein stoppeliges Kinn. »Zuerst nich viel. Musste sie ein bisschen stupsen, damit sie's ausspucken. Aber schließlich ham sie zugegeben, dass sie den Schuss schon viel früher gehört ham.«

Tycho runzelte die Stirn. »Was soll das heißen?«

»Sie sagen, sie ham den Schuss schon mitten in der Nacht gehört, nich erst am nächsten Morgen«, antwortete Reaper.

»Aber ...«, wandte Zhang ein. »... haben dieselben Leute beim Verhör heute Morgen nicht mehrfach ausgesagt, sie hätten kurz vor Sonnenaufgang einen lauten Knall gehört?«

Reaper reagierte nicht, aber das musste er auch nicht. Sie waren alle dabei gewesen, als die Soldaten der czarischen Schutzgarde zum ersten Mal verhört worden waren.

»Haben wir nicht auf dieser Basis angenommen, der Neoczar wäre heute in der Frühe ermordet worden?«, fragte Zhang weiter.

»Das stimmt«, murmelte Tycho. »Und Professor Noble, der die Leichenbeschau durchgeführt hat, hat dieser Annahme auch nicht widersprochen.« 

Tycho legte eine Hand über ihren Mund und zupfte an ihrer Unterlippe herum. 

Im Nachhinein kam es ihr seltsam vor, dass ausgerechnet Professor Noble die Leichenbeschau durchgeführt hatte. Die medizinische Versorgung des Neoczaren war weder ihr Fachgebiet, noch ihre Verantwortung, aber soweit sie wusste, war Noble kein Pathologe oder Forensiker, sondern Neurologe. Er hatte die Leiche abgeholt und unter großen Sicherheitsvorkehrungen in sein Labor bringen lassen.

»Und noch etwas war seltsam«, meldete sich Reaper wieder zu Wort. »Offenbar hat der Czar den Soldaten nich nur befohlen, draußen zu warten, sondern auch, nich reinzukommen. Ganz egal, was auch passiert. Und ganz egal, was sie hören.«

Zhang drückte aggressiv auf seiner Unterarmmanschette herum. »Diese Idioten haben den Schuss gehört und nicht reagiert. Und statt uns die Wahrheit zu erzählen, denken sie sich diese Geschichte mit dem Schuss am Morgen aus, um zu vertuschen, dass sie in ihrem Job versagt haben.«

Tychos Stirnrunzeln wurde tiefer. Das Verhalten des Neoczaren war ungewöhnlich. Soweit sie wusste, hatte der Czar eine extreme Furcht vor dem Tod. Er fürchtete das eigene Ableben sogar so sehr, dass er darüber regelrecht paranoid geworden war und alles, was er aß und trank, einer sorgfältigen Kontrolle unterziehen ließ. Hätte er sich vor diesem Hintergrund alleine mit seinem Sohn getroffen und seine Leibwächter angewiesen, draußen zu warten und nicht hereinzukommen? Hatte er die Gefahr, die von Prinz Cassian ausging, unterschätzt? 

Die beiden waren schon länger zerstritten und Tycho selbst hatte herausgefunden, dass der Prinz enge Kontakte zu einer verbotenen Separatistenbewegung unterhielt. Keine durchgeknallte Rückkehrer-Sekte, die alten Leuten das Gehirn verdrehte, sondern eine ernst zu nehmende Gefahr. Eine terroristische Gruppierung, die der Neuen Welt und dem Neoczaren feindlich gesonnen war. Hätte der Czar den IPSD über seine Pläne in Kenntnis gesetzt, anstatt sich heimlich aus dem Palast zu schleichen, hätte Tycho ihm dringend von diesem Treffen abgeraten. Jedenfalls ohne den direkten Schutz seiner Eskorte.

Zhang räusperte sich. »Es gibt noch etwas Neues«, drang es verzerrt aus seinem Kommunikator. »Zwei Dinge, um genau zu sein.«

»Und die wären?«, fragte Tycho.

»Anson meldet, dass die Bellatrix letzte Nacht in der Nähe von Neo Patria gewesen sei. Angeblich, um Vorräte aufzustocken.«

»Die Bellatrix?«, echote Tycho. »Admiral Prime?«

Prime war der ehemalige Ausbilder von Prinz Cassian. Es gehörte zum guten Ton, dass beide Thronfolger die Militärakademie besuchten und eine Offizierslaufbahn anstrebten. Während Stellan dem Wunsch seines Vaters entsprochen und sich an der Akademie mit Militärtheorie und Politik auseinandergesetzt hatte, hatte Cassian den praktischen Weg gewählt und sich zum Piloten ausbilden lassen. Der Neoczar war nicht erfreut gewesen, als er davon erfahren hatte. Er hatte Cassian sofort zurück nach Aerilon beordert und den Admiral ans andere Ende des Sonnensystems versetzen lassen. Es konnte unmöglich ein Zufall sein, dass die Bellatrix ausgerechnet gestern über dem Planeten aufgetaucht war. Genau in der Nacht, in der der Neoczar ermordet wurde. Gut möglich, dass es Cassian gelungen war, mit Prime Kontakt aufzunehmen und sich auf einem der Versorgungsfrachter an Bord zu schmuggeln.

»Anson soll herausfinden, wo sich die Bellatrix gerade aufhält«, sagte Tycho.

»Ya~hass.«

»Und was ist das Zweite?«

»Das Zweite ist, dass die Minerva soeben den Orbit von Neo Patria verlassen hat. Mit dem Ziel Nova Kauri. Und ...« Zhang zögerte. »... Prinz Stellan an Bord.«

Ein ahnungsvoller Schauer kroch Tychos Rückgrat hinauf, wie damals, als sie ihre Eltern zum letzten Mal gesehen hatte. Sie hatte es sich nicht eingestehen wollen, aber sie hatte geahnt, dass etwas passieren würde. Sie hatte es förmlich auf der Zunge geschmeckt. Auch jetzt konnte sie es wieder schmecken. Bitter wie Kautabak. Gefahr war im Verzug.

Tycho wandte sich an Admiral Horne, der die Unterhaltung bis dahin stoisch und ohne Regung verfolgt hatte. »Schmeißen Sie die Triebwerke an. Wir müssen Nova Kauri vor dem Prinzen erreichen.«

»Das könnte schwierig werden«, meinte Horne. »Die Minerva ist das schnellste Schiff der czarischen-«

»Aber wir haben einen Vorsprung«, fiel Tycho ihm ins Wort. »Holen Sie einfach das Beste raus.« 

Mit diesen Worten fuhr sie auf den Absätzen herum und marschierte über den Mittelgang zum anderen Ende des Kommandodecks.

Zhang folgte ihr. »Was ist hier los?«, gebärdete er.

»Ich weiß es nicht«, flüsterte Tycho. »Prinz Stellan scheint die Angelegenheit mit seinem Bruder persönlich klären zu wollen.« Sie erreichten den Lift und traten in die leere Aufzugskabine. »Aber der Prinz ist eigentlich kein Hitzkopf. Er weiß, welche Verantwortung jetzt auf seinen Schultern lastet.« Tycho schüttelte frustriert den Kopf. »So ein rücksichtsloses Verhalten ist vollkommen untypisch für ihn. Das passt eher zu seinem kleinen Bruder.«

»Oder zu seinem Vater«, wandte Zhang ein.

Tycho presste die Lippen aufeinander. Ihr Adjutant hatte Recht. Sowohl Prinz Cassian als auch der Neoczar neigten zu erratischem Verhalten – mit dem einzigen Unterschied, dass der Czar immer darauf bedacht gewesen war, sein eigenes Leben zu schützen, während der Prinz keinerlei Respekt vor dem Tod zu haben schien.

»Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache«, gestand Tycho, nachdem sich die Aufzugtüren geschlossen hatten. »Was kann so wichtig sein, dass sich der Czar nachts an einem abgelegenen Ort mit seinem in Ungnade gefallenen Sohn trifft und seine Garde anweist, draußen zu warten? Und wieso hat der Prinz ihn erschossen?« Tycho ächzte leise. »Ja, Cassian ist ein schwieriger Charakter und er hat Verbindung zu den Separatisten, aber er war nie gewalttätig.« Sie massierte mit zwei Fingern ihre Schläfen. »Um was ging es bei diesem Treffen? Es muss etwas Wichtiges gewesen sein, wenn es den gewissenhaften der beiden Prinzen dazu bringt, nach Nova Kauri zu reisen, um seinen Bruder zu konfrontieren, anstatt die Angelegenheit uns zu überlassen.«

Zhang schwieg einen Moment, dann flogen seine Finger über das Display an seiner Unterarmmanschette, als würde er Klavierspielen. »Ich habe mich heute Mittag umgehört.«

»Inwiefern?«, fragte Tycho.

»Das alte Labor, in dem sich der Prinz und der Czar getroffen haben ... es war früher eine Forschungseinrichtung von Professor Noble.«

»Wirklich? Aber-«

»Es ist nur zehn Jahre nach der Besiedelung von Neo Patria niedergebrannt.«

Tycho hielt inne. Sie erinnerte sich. Damals war sie noch an der Akademie gewesen. Zusammen mit Gideon und ihren anderen Kommilitonen hatte sie das Feuer vom Fenster ihrer Baracke aus beobachtet. Natürlich hatte sie nicht gewusst, dass es sich bei dem brennenden Gebäude um ein Labor handelte. Offiziellen Angaben zufolge war es eine nicht näher bezeichnete Universitätseinrichtung gewesen.

»Das Interessante ist: Es gibt kaum Aufzeichnungen darüber. Offenbar ist alles bei dem Brand vernichtet worden.«

»Denken Sie, das hat eine Bedeutung?«

»Der Treffpunkt?« Zhang bewegte die Schultern, als müsste er ein unangenehmes Gefühl abschütteln. »Vielleicht.«

»Wir sollten Professor Noble befragen«, schlug Tycho vor.

»Habe ich schon«, kommunizierte Zhang und warf Tycho einen vielsagenden Blick zu. »Aber er erinnert sich nicht.«

»Er erinnert sich nicht, an was er vor zehn Jahren geforscht hat?«

Zhang hob die Hände, als wollte er sagen: »Nicht meine Schuld.« Dabei wäre ihm beinahe die Kartusche mit den Ampullen entglitten Im letzten Moment konnte er sie auffangen.

Tycho schnaubte. »Das stinkt doch zum Himmel. Reaper soll sich den ehrenwerten Professor mal vorknöpfen.«

»Da hätte der Czar sicher etwas dagegen«, wandte Zhang ein.

»Der Czar ist tot«, konterte Tycho. »Und wir müssen herausfinden, wieso. Das sind wir seiner Familie und den Menschen der Neuen Welt schuldig.«

Zhang zuckte mit den Schultern und betätigte seinen Kommunikator, um Kontakt zur IPSD-Zentrale aufzunehmen.


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