Kapitel 20 // ... doch nicht immer muss alles schlecht ausgehen
Lord Telleray war aufgewacht. Er hatte es wirklich überlebt. Doch so furchtbar wütend war er wohl nie gewesen. Dass ich ihm einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet hatte, hatte ihn zwar aus seinem Dornröschenschlaf geholt, aber nicht sonderlich zu seiner guten Laune beigetragen. Aber dass er überlebt hatte, war schon ein Wunder. Bei dem Blutverlust war es nicht sehr wahrscheinlich gewesen, was die Tatsache, dass nicht ein einziger Mediziner auf dieser Insel war, noch unwahrscheinlicher machte. Aber wenigstens hatte er es geschafft.
"Heulen Sie nicht so." Mir fiel nichts anderes ein, das ich ihm sagen sollte und das Geschniefe ging mir höllisch auf die Nerven. Er sollte glücklich sein, dass er lebte, nicht traurig.
"Was ich tue, geht Sie nicht im Geringsten etwas an." Diese jämmerliche Stimme konnte ich kaum ertragen. Verdammt, was hätte ich sonst tun sollen? Er sprach es zwar nicht aus, aber der Vorwurf war dennoch klar herauszuhören. Was sollte ich jetzt etwa tun? Mich entschuldigen? Die Zeit zurückdrehen und mich umbringen lassen? Ja, den Vorwurf konnte man erkennen, aber nicht die Alternative. Es wäre vermutlich besser gewesen, ich hätte ihn umgebracht, dann hätte ich ein Problem weniger.
"Da haben Sie recht. Besser, Sie tun gar nichts, das würde mich noch weniger etwas angehen."
"Das würde ich gerne. Viel hätte nicht gefehlt, dann wäre ich jetzt auch dazu in der Lage gewesen." Nach diesen Worten schluchzte er noch lauter und die Tränen schienen förmlich in Wasserfällen hinunterzulaufen.
"Hätten Sie auch selbst erledigen können. Wenn Sie immer noch keine Lust auf ihr Leben haben, die Waffe liegt einen Meter links von Ihnen." Der Vollidiot streckte sich tatsächlich nach links, nur um es Sekunden später aufzugeben.
"Ich komme nicht heran. Geben Sie mir die Waffe."
"Vergessen Sie es! Hören Sie einfach einmal auf, sich selbst zu bemitleiden! Ja, Sie sind beinahe gestorben, aber Sie leben noch! Verdammt, wenn ich Sie töten wollte, hätte ich es auch getan! Denken Sie etwa nicht, dass ich auch einen Ausweg gesucht habe? Den gab es aber nicht! Aber wenn ich das nächste Mal vor der Entscheidung stehe, dann lasse ich Sie von den Ferrans abknallen! Ich hoffe nur, wir sehen uns nicht nach kurzer Zeit in der Hölle wieder!"
Eigentlich wollte ich nicht so ausrasten, doch ich konnte es mir nicht verkneifen. Ich hasste es, in der Öffentlichkeit nicht eiskalt und unnahbar zu wirken. Niemanden ging es an, was ich dachte oder fühlte. Langsam liefen auch mir Tränen die Wangen hinunter. Ich hielt es einfach nicht mehr aus! Wie sollte ich auch noch auf andere aufpassen, wenn ich nicht einmal mich selbst unter Kontrolle hatte? Ich durfte keine Schwäche zeigen. Niemals!
"Was sollte dann das alles? Wieso haben Sie plötzlich die Seite gewechselt? Wieso haben Sie mich nicht getötet?"
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