𝟭𝟬 | 𝘛𝘩𝘦 𝘵𝘳𝘶𝘵𝘩
BLCKBIRD - DEMONS
𝓣𝓱𝓮 𝓽𝓻𝓾𝓽𝓱
OKTOBER - 2010
𝓕𝓪𝓻𝓶𝓱𝓸𝓾𝓼𝓮,
𝓢𝓸𝓶𝓮𝔀𝓱𝓮𝓻𝓮 𝓲𝓷 𝓚𝓮𝓷𝓽𝓾𝓬𝓴𝔂
Am nächsten Morgen wachte Chester mit einem stechenden Schmerz in den Schläfen und einem drückenden Gefühl im Hinterkopf auf.
Ihm war übel und schwindelig, und sein Mund fühlte sich wie ausgetrocknet an. Mühsam öffnete er die Augen und blickte in ein Zimmer, das er nicht kannte.
Da drang Brads fröhliche Stimme an sein Ohr. „Guten Morgen, Chazy! Heute sehen wir Mikey endlich wieder!"
Chester lief ein kalter Schauer über den Rücken. Brads überschwängliche gute Laune war wie ein Schlag ins Gesicht. „Kannst du nicht einfach mal still sein, Delson?", murmelte er leise.
Die Welt da draußen war zu viel für ihn. Alles, was er jetzt brauchte, war ein Moment der Ruhe, um seine Gedanken zu ordnen und seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.
Rob setzte seine Brille auf und drehte sich mit einem verschmitzten Lächeln zu Brad um. „Ich hoffe, du erschreckst deinen Sohn nicht jeden Morgen auf diese Weise", sagte er mit einem ironischen Lächeln.
„Ich wäre lieber von deinem Gitarrenspiel geweckt worden als von deiner ekelhaften guten Laune", murmelte Chester weiter, während er immer noch unter der Bettdecke lag.
Brad grinste breit, was Chester noch mehr ärgerte. „Ich meine es ernst, Brad", fügte er hinzu. „Ich brauche ein paar Minuten, um mich zu sammeln, bevor ich mich der Welt zeige."
Dann seufzte er leise und richtete sich langsam unter der Decke auf. Er rieb sich die Augen und setzte sich auf die Bettkante. Sein Blick war leer und seine Gesichtszüge angespannt.
Die Tür flog auf und Dave stürmte mit zwei dampfenden Tassen Kaffee in der Hand in den Raum. „Hier, trinkt das! Das wird euch wach machen", rief er und drückte Chester eine Tasse in die Hand.
Chester nahm dankbar einen Schluck. Der warme Kaffee strömte durch seinen Körper und belebte seine Sinne.
Joes Stimme durchbricht die Stille. „Was haben wir heute vor, wenn wir alle wach sind?"
Mit der Kaffeetasse in der Hand drehte sich Dave zu ihm um und nickte zufrieden. „Ich habe gerade mit Jimmy gesprochen, während ich Kaffee gemacht habe. Er wird uns nachher zum Flughafen bringen. Es gibt noch ein paar Last-Minute-Flüge nach New York."
Jeder im Raum spürte die Energie und den Enthusiasmus. Die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Mike war spürbar.
Nur Chester saß regungslos da, die Kaffeetasse in den Händen, den Blick starr auf die Bettdecke gerichtet. Eine bedrückende Stille legte sich über den Raum.
Rob, der immer noch neben ihm saß, legte besorgt eine Hand auf Chesters Schulter. „Alles in Ordnung, Chaz?", fragte er leise.
Für einen Moment herrschte Stille. Dann hob Chester langsam den Kopf und sah Rob mit glasigen Augen an.
„Ich bleibe hier", rief er.
Die anderen erstarrten und sahen ihn ungläubig an. „Was meinst du damit?", fragte Dave heiser.
Chester spürte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete. Er wusste, dass er seinen Freunden nicht erklären konnte, was in ihm vorging. Zu groß war die Angst, Mike wiederzusehen.
„Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, ihn zu sehen", flüsterte er und senkte den Blick wieder auf die Decke.
Tränen schossen ihm in die Augen. Er spürte seine Hände zittern. Es war eine Entscheidung, die ihm das Herz brach, aber er wusste, dass es die richtige war.
Rob nickte mit mitfühlenden Augen. „Das ist schon in Ordnung, Chaz. Es ist deine Entscheidung und wir respektieren sie", sagte er mit sanfter Stimme.
Ein warmes Lächeln breitete sich auf Chesters Gesicht aus. „Danke, Rob", flüsterte er und nahm einen tiefen Schluck von seinem Kaffee.
Dave setzte sich vorsichtig neben Chester auf das Bett. Es war still im Raum, bedrückend und schwer. Dann sprach Dave mit leiser, einfühlsamer Stimme.
„Wenn du wirklich glaubst, dass es nicht gut für dich ist, Mike in diesem Zustand zu sehen, dann werden wir das akzeptieren und respektieren. Eure Verbindung ist einfach... etwas Besonderes". Er schaute ihn mit verständnisvollen Augen an.
Genau so war es. Ihre Freundschaft war einzigartig, tief und unerklärlich.
Der Gedanke, Mike in seinem jetzigen Zustand zu sehen, war für Chester unerträglich. Ein Schmerz, der tief in ihm wühlte und ihn zu zerreißen drohte.
Die Vorstellung, dass Mike nicht mehr derselbe war, der fröhliche, unbeschwerte Freund, den er kannte, war zu viel für ihn.
„Vielleicht kannst du uns eines Tages erzählen, was wirklich in dir vorgeht", sagte Brad mit sanfter Stimme. Ein warmes Lächeln umspielte seine Lippen, als er mit verschränkten Armen neben Chesters Bett stand.
Chester nickte leicht und ein schüchternes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ihr seid die Besten, wirklich", flüsterte er.
Joe konnte seine Freude nicht länger zurückhalten. Mit einem Satz sprang er ins Bett und umarmte Chester fest.
„Wir lieben dich, Chazzy!", rief er und drückte ihn fest an sich. Die anderen folgten seinem Beispiel und schlossen sich der Umarmung an.
Fünf erwachsene Männer, die in diesem Moment einfach nur füreinander da sein wollten. Tränen schossen ihm in die Augen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich nicht mehr allein.
• • •
Der Tag neigte sich dem Ende zu und mit ihm die Zeit, die Chester und seine Freunde miteinander verbracht hatten. Der Himmel färbte sich tiefrot, als würde er die bevorstehende Trennung betrauern.
Jimmy lehnte lässig an einem alten schwarzen Geländewagen und wartete geduldig. Seine Augen ruhten auf seinen Freunden, die sich einer nach dem anderen von Chester verabschiedeten.
„Nein!", schrie Brad verzweifelt und klammerte sich mit aller Kraft an seinen Freund. Seine Hände gruben sich in seinen Rücken, als wollte er ihn so am Abschied hindern.
Er lächelte sanft und legte seine Arme um Brad, der vergeblich versuchte, sich aus seiner Umklammerung zu befreien.
„Alles ist wird gut, Braddles", flüsterte er leise. „Ich komme wieder, versprochen."
Dave trat näher und löste Brad sanft von Chester. Er umarmte ihn kurz und verabschiedete sich mit einem verschmitzten Lächeln.
„Pass auf dich auf, Chaz", sagte er mit brüchiger Stimme. „Wir sehen uns bald wieder."
Rob und Joe folgten seinem Beispiel, und jeder Abschied war von tiefen Emotionen geprägt.
Schließlich wandte sich Chester wieder Rob zu. „Grüß Mikey von mir", sagte er leise, seine Stimme kaum hörbar.
Rob nickte verständnisvoll.
„Ja, klar, machen wir."
Dann stiegen seine Freunde nacheinander in Jimmys Van. Mit einem dumpfen Knall schloss sich die Tür und der Wagen fuhr davon.
Chester stand reglos da und starrte in die kühle Abendluft. Ein Gefühl von Leere und Einsamkeit breitete sich in ihm aus.
Später saß er immer noch auf der Veranda und blickte in die Ferne.
Die Sonne war längst hinter dem Horizont verschwunden und der Himmel von einer dichten Wolkendecke bedeckt. Nur vereinzelte Sterne funkelten schwach durch die Wolken.
Jack trat leise auf die Veranda und sah seinen Freund besorgt an. „Ist dir nicht kalt?", fragte er und legte Chester eine Hand auf die Schulter.
Chester schüttelte den Kopf und zog seine Jacke fester um sich. „Nein, geht schon", sagte er leise.
Jack seufzte und setzte sich zu Chester. „Wie geht es dir jetzt? Fühlst du dich schon besser?", erkundigte er sich.
Chester zögerte einen Moment, bevor er antwortete. „Um ehrlich zu sein, nein", sagte er und senkte den Blick. „Jetzt, wo die Jungs weg sind, fühle ich mich leerer denn je."
Obwohl er wusste, dass es seine Entscheidung war, hier zu bleiben, wurde er das Gefühl von Einsamkeit und Leere nicht los.
Jack nahm ihn sanft in die Arme und spürte, wie Chesters Körper unter seiner Berührung zitterte. „Alles ist gut, Chaz", flüsterte er. „Du bist nicht allein."
Chester drückte sich fester an Jack und sog seine Wärme und seinen Duft ein.
„Danke für alles, Jack", sagte er nach einer Weile leise. „Ohne dich hätte ich nie den Mut gehabt, über meine Gefühle zu sprechen."
Jack lächelte ihm aufmunternd zu und sah ihm tief in die Augen. „Das macht man unter Freunden, nicht wahr?", sagte er und zwinkerte ihm zu. „Ich werde immer für dich da sein, Chaz."
Sie saßen noch eine Weile schweigend auf der Veranda, während sich die Dunkelheit über sie legte. Plötzlich hörten sie Jimmys tiefe, markante Stimme. „Ihr zwei seid süß", lachte er und zündete sich eine Zigarette an.
Sie zuckten zusammen und sahen nach oben. Während sie sprachen, war Jimmy zurückgekommen. Er stand im Schatten, seine Gestalt war kaum zu erkennen.
„Sind die Jungs gut angekommen?", fragte Chester, nachdem Jack sich von ihm gelöst hatte.
Jimmy nickte, stieß etwas Rauch aus und setzte sich auf die Verandastufe. „Ja, sie sind mit der nächsten Maschine nach New York geflogen, nachdem sie von tausend Menschen umringt waren."
Chester lächelte und dachte darüber nach, wie berühmt sie inzwischen geworden waren.
Jack zog seine Jacke fester um sich und rieb sich die Arme. „Ich glaube, es wird langsam zu kalt hier draußen. Wie wär's, wenn wir ins Haus gehen und uns aufwärmen", schlug er vor und stand auf.
Chester nickte und folgte ihnen ins Haus. Die Tür fiel mit einem dumpfen Knall ins Schloss, und die Kälte war sofort vergessen.
Drinnen empfing sie eine wohlige Wärme. Der Kamin, vor dem Frank in einem Sessel saß, knisterte und verbreitete ein angenehmes Licht im Raum.
Chester ließ sich auf das Sofa fallen und zog die Beine hoch. Jack setzte sich neben ihn und legte ihm eine Decke um die Beine.
„Darf ich dich etwas Persönliches fragen, Jimmy?", fragte Chester vorsichtig, als sie eine Weile schweigend beieinander saßen.
Jimmy hob den Kopf und sah Chester mit seinen durchdringenden Augen an. Ein kurzes Zucken huschte über sein Gesicht, bevor er mit den Schultern zuckte. „Natürlich, frag nur."
Chester spürte, wie sein Herz klopfte. Er hatte lange gezögert, diese Frage zu stellen, aber seine Neugier war zu groß.
„Darf ich fragen, wie du zu dieser Narbe gekommen bist?", fragte er leise.
Jimmys Blick wurde starr und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
„Es ist eine alte Verletzung aus meiner Vergangenheit", erklärte er schließlich mit rauer Stimme. „Ein kleines Missgeschick."
Seine Antwort klang nicht aufrichtig. Chester war überzeugt, dass mehr dahinter steckte. „Kein Problem, ich verstehe. Es tut mir leid, dass ich gefragt habe", entschuldigte er sich.
Jimmy lächelte traurig. „Schon gut", sagte er. „Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten."
Dann herrschte eine kurze Stille zwischen ihnen. Die Luft war so angespannt, dass Chester sie schneiden konnte.
Frank, der bisher schweigend ins Feuer gestarrt hatte, hob den Kopf und sah Jimmy ernst an. „Vielleicht solltest du ihm die Wahrheit sagen, Jim", sagte er schließlich.
Jimmy zuckte zusammen und blickte seinen Freund an. In seinen Augen standen Schmerz und Zweifel. „Vielleicht solltest du das tun", sagte er leise.
Chester spürte, wie sein Herz schneller schlug. Frank drehte sich zu ihm um. „Okay, Chester", sagte er. „Es wird Zeit, dass du die Wahrheit erfährst."
Frank holte tief Luft und begann zu sprechen. Seine Stimme klang angespannt und brüchig.
„Diese Narbe in Jimmys Gesicht", sagte er, „ist das Ergebnis einer schrecklichen Tragödie, die sich vor einiger Zeit ereignet hat."
Frank machte eine kurze Pause, während er seine Worte sorgfältig wählte. „Sarah und Jimmy hatten eine schwierige Beziehung", fuhr er fort. „Es gab Konflikte und Streitigkeiten, die immer heftiger wurden."
Er beschrieb die angespannte Situation zwischen Sarah und Jimmy, die ständigen Meinungsverschiedenheiten und den Kampf um das Sorgerecht für ihren Sohn.
„Eines Tages", sagte Frank leise, „kam es bei einem heftigen Streit zu einem Unfall. Sarah starb und Jimmy trug diese Narbe davon".
Chester war fassungslos. Er konnte kaum glauben, dass Jimmys Narbe von einem so tragischen Ereignis herrührte.
„Jimmy hat eine schwere Zeit hinter sich", fuhr Frank mitfühlend fort.
„Er hat die Verantwortung für das Geschehene auf sich genommen und sich mit Schuldgefühlen gequält. Es war eine schwere Bürde für ihn und er musste hart arbeiten, um mit den Folgen fertig zu werden."
Chester beobachtete Jimmy, der den Blick gesenkt hielt. Seine Augen waren glasig und sein Gesicht bleich. Chester spürte förmlich den Schmerz und die Qual in seinen Augen.
Chester stand auf und ging auf Jimmy zu. Er legte seine Hand auf seine Schulter und schaute ihm in die Augen.
„Es tut mir so leid", sagte er. „Ich kann mir nur vorstellen, wie schwer das für dich sein muss."
Jimmy nickte stumm. Die Erinnerung an Sarahs Tod und die Schuldgefühle, die ihn seitdem plagten, erschütterten ihn zutiefst.
Dennoch konnte er die Frage nicht länger zurückhalten. „Entschuldige, wenn ich zu direkt frage, aber was ist mit deinem Sohn passiert?"
Jacks Blick wandte sich ab. Seine Hände zitterten leicht und sein Gesicht war blass.
„Ich habe es dir nie erzählt", begann er zögernd und senkte den Blick, bevor er weitersprach. „Aber... Jimmy ist mein Dad."
Ein Moment des Schweigens folgte. Die Worte hingen schwer und bedrückend in der Luft.
Jack hob den Kopf und sah Chester mit glasigen Augen an. Sein Gesicht war blass und seine Lippen zitterten.
„Das ist der Auslöser meines Traumas", brachte er mit brüchiger Stimme hervor.
Chester spürte, wie ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief. Jacks Worte trafen ihn wie ein Schlag ins Gesicht.
Er blickte zu Jimmy hinüber, der regungslos auf dem Sessel saß. Seine Augen waren geschlossen und sein Gesicht von tiefen Falten gezeichnet.
Jack weinte hemmungslos. Seine Tränen flossen in Strömen und sein Körper zitterte vor Schmerz.
„Ich war noch ein kleiner Junge, als ich meine Mom sterben sah", schluchzte er.
Chester spürte den Schmerz in Jacks Stimme und wusste, dass er ihm nicht helfen konnte.
Er selbst war mit seinen eigenen Dämonen beschäftigt. Das Bild von Mikes Unfall verfolgte ihn und er konnte es nicht aus seinem Kopf bekommen.
In diesem Moment wurde ihm schmerzlich bewusst, wie unbedeutend seine eigene Situation im Vergleich zu Jacks Trauma war.
Mike war verletzt, aber er würde leben. Jacks Mom hingegen war tot, und dieser Verlust würde ihn für immer prägen.
Chester legte seine Hand auf Jacks Schulter und sah ihn mitfühlend an.
„Ich bin für dich da", sagte er schließlich. „Egal was passiert, ich werde bei dir sein."
Jack lächelte. „Danke", sagte er. „Das bedeutet mir sehr viel."
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