7. ✧ Das Sonnenschwert ✧
Die Sonne stand am höchsten Punkt und schien prächtig und hell auf den jungen Dämonenjäger hinab, welcher auf dem aus Kieselstein bestehenden Boden kniete und sein Blick auf das Katana seines Meisters gerichtet hatte, welches er gerade blank wischte. Ihm wurde diese Waffe zum Training in der Schwertkunst und zur Verteidigung auf dem Fujikasane-Berg geliehen. Stumm polierte er es und beäugte sein verschwommenes Ebenbild auf der glänzenden Oberfläche des Metalls. Ein leichter Windzug streifte um ihn herum und brachte seine blau-türkisen Haare ein wenig in Bewegung, wodurch auch sein Ohrring mit der chinesischen Glücksmünze zur Seite wehte. Im nächsten Moment vernahm er die Schritte eines Fremden, welcher sich auf den Jungen zubewegte, wobei das Knirschen des Kiesels ihn verriet. Verwundert wandte sich Rin in die Richtung aus der das laute Stapfen kam und musterte die Gestalt, die ihm mit jedem Augenblick näher kam. Ihr Erscheinungsbild wirkte auf den ersten Blick ziemlich kurios, doch nicht unmenschlich. Auf ihrem Kopf trug die Person eine Hyottoko-Maske, welche die wahre Identität und das Gesicht des Trägers verdeckte. Das Gewand was der Fremdling trug war dunkelblau und zusammengebunden mit einem schwarzen Band, was es von dem weißen Hemd darunter trennte. Auffällig jedoch war nicht nur die Maske, sondern auch der verbundenen Gegenstand, den der Mensch auf den Rücken trug. Es schien irgendetwas langes in einem Tuch gewickelt zu sein, was vielleicht eine Waffe oder ein Stab sein könnte.
»Herr Kongoji, Sie haben sich aber bedenklich Zeit gelassen!«, kam es von Rins Meister Hitachi, welcher mit einem sorglosen Lächeln auf den Lippen die kleine Hütte verließ und dabei das Windspiel zur Seite schob, was daraufhin melodische Töne von sich gab. Rin wechselte einen kurzen Blick zwischen den Fremden und seinem Meister, die nun aufeinander zugingen und sich gegenüberstanden. Der Fremde richtete sich nochmals auf, wobei er etwas starr wirkte, was jedoch vielleicht durch die Maske in seinem Gesicht verdeutlicht wurde. »Ich bin hergekommen, weil ich das Schwert für einen gewissen Jungen der auf den Namen "Rin" hört geschmiedet habe. Wo kann ich ihn finden?«, sprach die unbekannte Person, welche eine protzige Stimme hatte und sich somit als ein Mann herausstellte. Als Rin seinen Namen hörte, erhob er sich langsam vom Boden und sah den Fremdling inspizierend an, um ihn einschätzen zu können, was ihm bei seiner Identität jedoch schwerfiel. Lächelnd wandte sich Hitachi an seinen misstrauischen Lehrling und erklärte ihm mit seiner üblichen gelassen und zeitgleich munteren Stimme: »Rin, das ist Herr Kongoji. Er ist der Faber, welcher dein Katana geschmiedet hat. Bitte weise ihm doch den gleichen Respekt gegenüber, den du auch mir weist.«
Der Junge nickte und verbeugte sich, wobei sein kühler Tonfall die Umgebung einnahm.
»Seien Sie willkommen. Sie hatten sicher einen weiten Weg hinter sich. Wollen Sie vielleicht etwas essen oder trinken?«, erkundigte er sich nach dem Wohlbefinden des Fremden und richtete sich wieder auf, als der Schmied seine Gastfreundschaft ablehnte.
»Nein, hab Dank mein Junge. Ich bin nur gekommen, um dir dein Sonnenschwert zu bringen, danach muss ich wieder zurück in mein Dorf kehren.«, sprach er und blickte Rin durch die Maske mit dem langen Mund an, durch welchen er atmete, da sich ein Loch am Ende des lang geformten Röhrchen befand. Er bewegte sich auf die kleine Veranda der Hütte zu und ließ sich auf dem dunklen Zedernholz nieder, aus welchem das gesamte Haus bestand.
»Setz dich zu mir mein Junge, ich erzähle dir etwas über das Schwert, was ich für dich angefertigt habe.«, lud der Schmied Rin ein und klopfte auf den freien Platz zu seiner Linken, wobei die großen aufgemalten Augen der Hyottoko-Maske ihn fixierten. Zögerlich und mit einem kühlen Ausdruck gesellte sich der Junge mit dem blau-türkisen Haar zu ihm und beobachtete wie der Mann das in Tuch gewickelte Schwert von seinem Rücken zog und vorsichtig enthüllte. Genauso wie das Schwert seines Meisters steckte es in einer schwarzen Scheide, welche wenige türkise Schwaden als Muster trug – ein goldener Ring den Griff verzierte und es im Gesamteindruck edel wirkte, wie es sich für die Waffe eines Kriegers eignete. Hitachi verschwand währenddessen mit einem zufriedenen Schmunzeln im Schatten der Veranda und überkreuzte die Arme vor der Brust, wobei er den Faber und seinem Lehrling heiter beäugte. »Die Schmiedekunst ist eine alte und komplizierte Technik, welche von Generation zu Generation weiter gegeben wird und äußerst viel Zeit beansprucht. Das Stahl, was du dir für dein Katana ausgesucht hast, kommt von einem uralten Berg namens Yoko, welcher ganzjährig von der Sonne angestrahlt wird.«, erklärte der Mann und hatte seinen Blick starr auf den Gegenstand vor sich gerichtet, ohne Rin dabei auch nur anzusehen. Neugierig beobachtete der 16 Jährige, wie der Mann zu seiner Rechten, das in der Scheide steckende Schwert mit seiner Hand entlangfuhr und es ihm dann überreichte. Stumm nahm der Junge mit dem Ohrring es entgegen und musterte es durch seine matten Augen, wobei er es um seine eigene Achse drehte. »Zieh es raus Rin und beobachtete, was mit dem Metall geschieht.«, forderte sein Meister Hitachi, der hinter ihm an die Wand gelehnt stand, ihn auf und machte ihm die Bewegung vor, um das Schwert zu enthüllen. Rin, welcher zu seinem Meister zurücksah, blickte anschließend auf die schwarze Scheide und packte anschließend den Griff, welcher mit einem dunkelroten Stoff umschlungen war. Die Farbe des Stoffes erinnerte ihn an die Farbe des Yukatas seines verstorbenen Freundes Tsuyoshi und entfachte ein wenig Trauer und Leere in ihm. Trotzdem zog er das Schwert und betrachtete das Metall, welches in der Sonne glitzerte.
Just begann das Schwert seine Farbe zu ändern, wobei es ein schimmerndes klares Weiß annahm, welches sich über die gesamte Klinge zog und sie matt erschienen ließ. »Ein weißes Schwert ist es also – es symbolisiert die Atemtechnik des Nebels. Eine äußerst schöne Farbe.«, erklärte der Schmied erstaunt und blickte das Katana an, welches im hellen Licht der Sonne seine Edelmut repräsentierte. »Gib gut darauf Acht, du wirst mit ihm im Kampf gegen die Dämonen sicher viele Schlachten gewinnen.«, sprach sein Meister und schenkte seinem Lehrling ein zutrauendes Lächeln. Rin blickte auf die Klinge vor sich und steckte sie dann anschließend wieder zurück in die Scheide, wobei er noch einen letzten Blick auf das matte Weiß warf und sich dann von dem unbequemen Zedernholz erhob. Er nickte dem dunkelhaarigen Mann mit dem Dreitage-Bart zu und wandte sich kurz darauf an den Schmied mit der Hyottoko-Maske, welcher schweigend neben ihm saß. Mit einer gelassenen Ausstrahlung beugte sich der angehende Dämonenjäger vor dem Schöpfer des Sonnenschwertes nieder und sprach in einem kühlen, jedoch nicht unfreundlich klingenden Ton: »Haben Sie vielen Dank Herr Kongoji, dass Sie mit harter Arbeit dieses Katana geschmiedet und hergebracht haben. Ich werde der Demon-Slayer-Truppe treue Dienste erweisen.« Daraufhin erhob sich der Mann mit der blauen Robe von seinem Platz und blickte zu dem strahlend blauen Himmel auf, an welchem weiße Schäfchenwolken ihre Runden zogen. Es herrschte eine angenehme und besonnene Atmosphäre, die von einem leisen Gurren unterbrochen wurde und ihre Seiten wechselte. Jeder der drei Männer blickte auf, um dem Ursprung des Geräusches nachzugehen, welches einer Taube entsprang, die sich vom Himmel in Richtung des Hauses hinabstürzte.
Mit weiteren Rufen flog die Taube tiefer und ließ sich auf der Schulter des Blau-Türkishaarigen nieder, wobei sie noch zweimal mit den Flügeln schlug und dabei einige Federn verlor. Neugierig beäugte Rin sie und betrachtete, wie der Vogel den Kopf schief legte und gurrte. An ihrem linken Fuß befand sich eine zusammengerollte Botschaft, die mit einer roten Schnur an ihrer Kralle befestigt wurde. Mit Bedachtsamkeit entfernte der Junge die Rolle von dem Fuß der Taube und öffnete sie, um die sich darin befindende Nachricht zu entschlüsseln. »Sieht wohl so aus, als wäre das dein erster Auftrag Rin.«, meinte sein Meister Hitachi und sah seinem Lehrling über die Schulter, der sich die Botschaft durchlas. Der 16 Jährige erwiderte nichts auf diese Aussage, sondern gab einfach nur ein stummes Nicken von sich, um dem Satz seines Meisters zuzustimmen. Im nächsten Augenblick war dann die protzige Stimme des Schmiedes zu hören, welcher die Hand hob, um sich von den anderen beiden zu verabschieden. »Nun dann, ich mache mich auf den Weg zurück. Viel Glück bei deiner Mission, Junge.«, sprach Herr Kongoji und wandte sich dann ab, wobei seine Schritte immer leiser wurden, desto mehr er sich von dem Haus und dem Kieselweg entfernte, bis letztendlich gar nichts mehr zu hören war.
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Mit einem Räuspern ließ der Dunkelhaarige das kleine Säckchen in die ausgestreckten Hände seines Schülers fallen und bedachte ihn mit einem besorgten Blick, wissend, dass Rin nun alleine seine Reise antreten und Dämonen jagen würde. »Ich wünschte, ich könnte dir mehr unserer Vorräte mit auf den Weg geben, aber ich glaube, es ist schon schwer genug für dich ihn alleine ohne Tsuyoshi zu bestreiten.«, sprach der Mann und seine Stimme klang nicht wie sonst munter, sondern ernst und auf eine seltsame Art und Weise melancholisch. Der Junge nahm das Säckchen an sich und erinnerte sich an den Todesaugenblick seines Freundes, welcher ihn bis zum heutigen Tage immer noch in seinen Träumen verfolgte. Gelassen und mit einem musternden Blick gab der Blau-Türkishaarige zurück: »Yoshi-kun hat es sich gewünscht Dämonenjäger zu werden, also werde ich ihm diesen Traum erfüllen.« Diese Aussage ließ Hitachi etwas überrascht seine Augen weiten und ein sanftes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, ehe er seinen Schüler in eine warme und starke Umarmung zog. Die Geste löste in dem Jungen etwas Trauriges aus, aber gleichzeitig ließ es ihn wissen, dass er bei seinem Meister geborgen war und er sich auf ihn jederzeit verlassen konnte. »Gib dein Bestes und lass dich nicht unterkriegen. Tu es für mich und Tsuyoshi.«, gab der Mann ihm noch auf den Weg mit und spürte, wie der Junge in seinem Griff zustimmend nickte.
»Auf Wiedersehen Meister.«, drangen Rins leisen Worte zu ihm durch und löste sich aus der starken und Mut bringenden Umarmung seines Lehrmeisters. Hitachi beobachtete, wie Rin sich abwandte und dann auf den Weg machte dem Kiesel lauschend, der unter den Sohlen des Jungen knirschte. Er winkte ihm noch hinterher und entgegnete: »Mach's gut, Rin.« Und so war der Tag gekommen, an dem Rin ein neues Buch aufschlug und seine eigene Geschichte schrieb. Eine Geschichte, die seinem Freund Tsuyoshi gewidmet war und ihm auf seinem Weg vieles bescheren würde – positives sowohl auch negatives. Aber eines war er sich im Klaren drüber: er würde nicht aufhören, bis nicht jeder Dämon für den Tod seines Freundes Buße getan hätte.
✧・゚: *✧・゚:* ding ding ding *:・゚✧*:・゚✧
• Es ist Zeit für ein Gerücht aus der Ära der Taishō-Epoche •
Es war Hitachis Idee gewesen den Griff von Rins Katana mit einem dunkelroten Stoff zu überziehen, der eigentlich für Tsuyoshi geeignet war. Somit wollte er ihn daran erinnern, dass er seinen Weg nicht alleine bestreiten würde, sondern ihn gemeinsam mit seinem verstorbenen Freund ging.
Fortsetzung folgt in Kapitel 8:
✧ Allererste Mission ✧
Hallo liebe Leser und danke fürs Lesen! Welcher der beiden Geschichten findet ihr eigentlich bis jetzt am Besten? Die von unserer ausgestoßenen Dämonin Lara oder unseres Verlust betroffenen Dämonenjäger Rin? Schreibt es einfach in die Kommentare.^^Bis zum nächsten Kapitel <3Liebe Grüße Eure Lara-Chan 🌹
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