2. ✧ Die Stadt der Träume ✧
Die Dämmerung war bereits angebrochen und der Himmel hatte sich wie ein lilalener Vorhang ausgebreitet, an dem sich schon die ersten Abendsterne erkenntlich machten. Zeitgleich hörte man schon die lauten Geräusche, der nicht weit entfernt liegenden Stadt, die wohl im Umkreis von 50 Metern ziemlich laut erschienen.
Laras Faszination hatte sich bereits zusammen mit einen Bündel voller Vorfreude in ihr angesammelt. Es war ihr erstes Mal, dass sie eine große Stadt besuchte, da sie die vergangenen Jahre in ihrem Dorf verbrachte und es wohl auch nie bis zum jetzigen Zeitpunkt verlassen hatte. So beschleunigte sie ihren Schritt und lief aufgeregt auf die strahlende und unerblickte Sehenswürdigkeit zu.
Dem kleinen Landweg, dem sie gefolgt war, endete dann am Beginn der Stadt und wurde durch gepflasterte Steine ersetzt, die sie ins Innere leiteten. Die Blondhaarige blickte sich bereits erstaunt um und bewunderte die großen Häuser, die um sie herum in die Höhe ragten. Desto näher sie ins Innere - ins Zentrum der Stadt - vorrückte, desto mehr Menschen häuften sich auf den Wegen an. Sie alle sahen teilweise so förmlich aus und auch ihre Kleidung schaute unterschiedlich aus. Hier hatten sich wohl Händler, Bauer, Adlige und auch andere Menschen angesammelt.
Weit und breit das Auge reichte, befanden sich Stände auf den Straßen, die allesamt strahlende Laternen als Beleuchtung platziert hatten. So würde man abends zur jetzigen Uhrzeit mehr in der Dunkelheit erkennen. Lara hatte es gar nicht für möglich gehalten, dass in Asakusa, der Stadtteil Tokyo's in welchem sie sich befand, zur späten Abendstunde noch gehandelt wurde. »Hier ist einfach so viel los«, sprach sie zu sich selbst und blickte sich nach allen Seiten um.
Kurz drehte sich das Mädchen mit dem türkisen Haori überglücklich und erstaunt um ihre eigene Achse und ging dann freudig voran, wobei das Laufen bei dieser dichten Menschenmenge gar nicht so einfach war. Das junge Mädchen war nämlich auf der Suche nach einer Bleibe für die Nacht, damit sie nicht irgendwo draußen in der Kälte, unter einer Brücke schlafen musste. Abgelenkt von den ganzen Getümmel, den lauten Geräuschen und den umliegenden Geschäften und Ständen, hatte sie keine Chance den dahergerannten Mann auszuweichen.
In all seiner Unachtsamkeit und Kraft brachte er die Blondhaarige zu Fall, die zu Boden gerissen wurde und auf dem kalten, gepflasterten Asphalt landete. Kurz jammerte sie vor Schmerz auf und blickte vor sich auf die grauen Steine. Vorsichtig stützte sie eine Hand auf dem Boden ab und lehnte sich auf. Ehe sie sich versah entdeckte sie eine Hand, die wohl bereit dazu war, ihr aufzuhelfen. Verdutzt blickte sie am Arm hinauf und traf den Blick eines Hut tragenden Mannes, welcher sie freundlich anlächelte.
»Du scheinst in Ordnung zu sein, oder?«, erkundigte er sich nach ihrem Wohlbefinden und eher erstaunt als dankbar nickte sie, woraufhin die 17-Jährige dann lächelte. Erfreut nahm sie die Hand des Mannes an, der sich in der sich bewegenden Menge ganz ruhig aufrichtete. Hinter ihm standen eine Frau und ein kleines Mädchen, die wohl seine Familie waren. »Niedlich«, dachte sich Lara und lächelte heiter das kleine Mädchen an, die sie aus ihren Kulleraugen ansah.
Der Mann gab ihr einen sanften Blick und fragte dann die Blondhaarige, während er seinen Hut richtete: »Was macht eigentlich ein junges Fräulein wie du, zu einer so späten Stunde, in der großen Stadt?« Kurz strich Lara ihren türkisen Haori glatt und zupfte den schwarzen Schal an ihrem Hals zurecht, ehe sie eine Antwort gab. Sie wirkte freudig, wenn man in ihr Gesicht sah, doch ihre Körperhaltung erschien verlegen.
»Ich bin gerade erst angekommen, denn ich stamme nicht von hier. Ich kam um für meine Mutter Geld zu verdienen. Nun, sie ist furchtbar krank und deswegen wollte ich einen guten Arzt hier auftreiben, wenn ich Geld verdient habe.«, erzählte sie mit einem leichten Rotton, da sie sehr in Verlegenheit geraten war. Die Frau hinter dem Mann legte ihre Hand auf ihre rechte Wange und kommentierte bemitleidend: »O' weh die arme Frau.«
Das kleine Mädchen an ihrer Seite schaute zwischen ihrer Mutter und Lara hin und her, während sie aus Anstand nichts sagte und nur zuhörte. »Wie hattest du es dir denn vorgestellt Geld zu verdienen?«, fragte der Mann und sein blasses Gesicht wurde von einem vorbeilaufenden Kind mit einer Laterne angestrahlt. Nun leuchtete das Gesicht der Blondhaarigen auf und aufgeregt erzählte Lara mit vielen Gesten: »Ich würde gerne groß raus kommen! Als Sängerin, denn mein Verlobter sagte, meine Stimme klingt wie die eines Engels. Oder als Künstlerin, da ich so gerne und häufig male. Oder auch als Schneiderin, da mein Haori von mir selbst genäht wurde.« Begeistert von all den zustehenden Möglichkeiten drehte sie sich einmal im Kreis und sah den Mann lächelnd an.
Er lächelte sanft zurück und entgegnete daraufhin versprechend: »Ich wünsche dir viel Glück dabei. Deine Träume werden sicher in Erfüllung gehen.«
Eifrig nickte das Mädchen auf seine Aussage hin, bereit dazu es sehnlichst zu versuchen.
»Du kannst mit der Kleinen schon einmal zum Bummelzug gehen, ich komme gleich nach«, schickte der Hutträger seine Frau und Tochter los, damit sie nicht weiterhin nichtstuend in der Menge standen. Die Ehefrau des Mannes nickte dann im Einverständnis und nahm das Mädchen zu ihrer Rechten an die Hand.
Anschließend drehte sich der Dunkelhaarige wieder zu Lara und schmunzelte sie hinab blickend an.
»Ich gebe dir noch einen kleinen Tipp, wie du schnell zu Geld kommen kannst.«, sprach er munter und gelassen zugleich und lehnte sich etwas zu ihr vor. Gespannt sah sie ihn abwartend an und lächelte zurück. Sie war froh hilfsbereite Menschen in einer so großen und fremden Stadt getroffen zu haben. Vorsichtig griff er nach ihrem Handgelenk und lehnte sich zu ihrem Ohr. »Es ist ganz wichtig, nicht den falschen Menschen über den Weg zu laufen«, warnte er die Blondhaarige, wobei seine Lippen sich zu einem finsteren Grinsen verzogen und er seine Nägel mitleidslos in ihr Handgelenk rammte.
Erschrocken keuchte sie laut auf und versuchte sich von ihm los zureißen, wobei der stechende Schmerz in ihrem Handgelenk zunahm und ihr Schwindel bereitete. Der Mann ließ schließlich von ihr ab und verschwand wortlos in der Menge aus Menschen. Hektisch atmend hielt sie sich das rasant blutende Handgelenk und gab ächzende Geräusche von sich, während sie versuchte hinterher zu eilen. »Warum hat er das getan?«, fragte sich die 17-Jährige und kämpfte gegen den Schwindel an. Lara begann vor Schmerz zu weinen und krümmte sich leicht, wobei sie in die Hocke glitt. Eine brennende Pein erstreckte sich durch ihre Brust und eine qualvolle Hitze durchfuhr ihren gesamten Körper. Sie winselte vor Schmerz und bat kläglich um Hilfe, wobei doch niemand kam, woraufhin sie sich auf den Boden legte.
Die Sicht der Blondhaarigen verschwamm und sie gab schon ächzendes Gestöhne von sich. Ihr Körper brannte, der Schmerz stach wie mehrere Nähnadeln in ihre Haut und Innereien und eine Leere in ihrer Magengrube nahm zu. Etwas Böses breitete sich in ihr aus, erstreckte sich in ihrem Blut und raubte ihr den Verstand. Ächzend richtete sie sich auf, während ihre Glieder zitterten. Der Hunger nahm zu und der Bedarf ihn zu stillen, mit ihm.
Ein eigenartiges Aroma stieg auf und die Düfte von Blumen, frischen Beeren und Aprikose mischten sich unter die Menge. Sie waren intensiv und erfüllten die nähere Umgebung mit einem angenehmen und beruhigenden Duft. Lara wollte sich aufrichten, dagegen ankämpfen, dem Aroma wiederstehen. Sie war hungrig gewesen und die Leere in ihrem Magen brannte weiterhin und vergrößerte sich mit jedem Mal. Das Aroma ließ sie schwächer werden, lähmte ihre Glieder und betäubte ihre Sinne. Mit all ihrer Kraft versuchte sie sich zu wehren und schrie auf. Sie schrie immer wieder auf, kläglich und wütend. Ihre Stimme erschien schon gar nicht mehr menschlich, sondern...anders. Die Sekunden verstrichen und desto mehr Zeit verging, desto eher ließ ihre Kraft und ihr Bewusstsein nach.
Sie brach in sich zusammen und keuchte ächzend vor sich her, ehe der Blonden schwarz vor den Augen wurde.
»Bringen wir sie weg. Es ist nicht gut, sie in der Nähe anderer Menschen zu lassen.«, ertönte eine Stimme, während einige Leute im Hintergrund nur redeten und verwirrt die Szene musterten. Und so nahm diese schicksalhafte Nacht eine bedeutende Rolle in dem Leben des jungen Mädchens.
✧・゚: *✧・゚:* ding ding ding *:・゚✧*:・゚✧
• Es ist Zeit für ein Gerücht aus der Ära der Taishō-Epoche •
Der offizielle Name der Stadt ist Tokyo und Asakusa ist ein Stadtteil darin. In Laras Dorf jedoch wird die Redewendung "die große Stadt" immer dafür verwendet.
Fortsetzung folgt in Kapitel 3:
✧ Pfad zum Fujikasane Berg ✧
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