16. ✧ Steinharter Endspurt ✧
Rin blickte zu den hohen Baumkronen auf, welche nur wenige Sonnenstrahlen durch ihre dichten Blätter und Nadeln ließen und somit dem Wald nicht viel Licht spendeten. Allerdings reichte es für ihn aus, um sich darin fortzubewegen und seine Kommunikationskrähe Hato stets im Auge zu behalten. Das Geäst unter seinen Füßen knackste bei seinen Schritten und das weiche Moos, was den Waldboden zum Großteil bedeckte, machte seinen Lauf um einiges angenehmer. Rin ließ seinem Geist freien Lauf und konzentrierte sich auf das gleichmäßige Atmen, da sein Arm immer noch von dem Kampf zwischen ihm und der Windsäule gebrochen war und er die Schmerzen besten Falles verdrängen wollte. Einige andere Vögel zwitscherten in den hohen Ästen der Bäume und ihr Singsang schallte somit durch die gedämmte Atmosphäre, welche friedlich und harmonisch wirkte. Erst nach zwei weiteren Stunden Fußmarsch, erreichte Rin langsam den Gipfel des Berges und je weiter er voran ging, desto heller wurde es und der Wald nahte sich dem Ende zu. Die Anzahl der Bäume um ihn herum nahm mehr ab und die Luft wurde etwas dünner, da er immer höher stieg, um die Spitze des Berges zu erreichen. Aus der Ferne konnte Rin das Rauschen einer Wasserquelle hören und der Geruch vom Moos wurde immer schleierhafter und verringerte sich, indessen er mit einem feuchten und modrigen Geruch ausgetauscht wurde. Keuchend hievte sich der Blautürkishaarige die letzten Meter hinauf und wurde von der neuen Umgebung, welche sich am Horizont erstreckte, überrascht. Er konnte bereits einige Menschen erkennen, welche sich auf der großen Lichtung befanden, und das vorgesehene letzte Training der Steinsäule zu absolvieren versuchten. Riesige Felswände erstreckten sich vor seinen Augen und zu seiner Rechten schlängelte sich ein kontinuierlich fließender Wasserfall zwischen zwei bemoosten Kliffen hindurch. Die Strömung des Wasserfalles wurde in einen kleinen See aufgefangen, der ringsum von großen Steinen und Kiesel umgeben wurde, die auch den Rest des Reservates zierten. In dem genannten Auffangbecken befanden sich drei bis vier Leute, welche oberkörperfrei inmitten der Kaskaden standen und das kalte Nass auf ihnen zu ertragen versuchten. Einige von ihnen zitterten und brachen ab und zu durch die zu starke Last des Wassers zusammen, welche ununterbrochen auf sie hinab prasselte. Zu Rins Linken befanden sich riesige runde Felsen, welche unberührt an Ort und Stelle verweilten, während einige der Dämonenjäger sich die Zähne daran ausbissen, die tonnenschweren Steine wegzurollen. Doch jeglicher von ihnen, konnte den Fels nicht auch nur um einen Millimeter bewegen. Rin konnte durch die umliegende Atmosphäre spüren, dass hier hart und viel trainiert wurde, allerdings niemand unter kompletten Todesqualen litt. Oder... so wirkte es zumindest. Inmitten des riesigen Schauplatzes stand ein großer Mann, der drei zusammengebundene Baumstämme auf seinen Schultern trug und die Hände wie bei einem Gebet ineinander faltete. Er war sehr muskulös gebaut und das Gewicht, was auf ihn lastete, schien ihn in keinster Weise zu stören. Denn an den Baumstämmen waren dicke Seile befestigt, indessen sich links und rechts von dem Mann noch zwei weitere Felsen befanden, die eine gewisse Balance in seine Haltung brachten. Erstaunt öffneten sich die Lippen Rins, als er dieser unmöglichen Tat entgegen blickte und für einen kurzen Moment an dessen Realität zweifelte.
»Wer die Gefühle erzwingt, dem erscheinen selbst Flammen als frische Brise...«, sprach er mit einer tiefen Stimme, welche seinerseits gleichzeitig etwas Sanftmütiges aufwies. Mit einem Male konnte Rin erkennen, wie der Mann seine Stämme niederlegte, wobei sie durch das Gewicht der Felsen mit einem lauten dumpfen Aufprall auf den Boden aufkamen und ein wenig Staub aufwirbelten. Allerdings blieben die Hände des Mannes stets unverändert und seine Aura nahm ebenfalls keine Veränderung vor und wies einen dauerhaften Zustand von Stärke und Akzeptanz auf. Vorsichtig trat die Steinsäule vor, wodurch es dem Blautürkishaarigen möglich war, einen genaueren Blick auf das Äußere seines Gegenübers zu werfen. Über die gesamte Stirn des Mannes zog sich eine auffällige Narbe und anhand seiner trüben und farblosen Augen, konnte er erkennen, dass der Dunkelhaarige nur schlecht sehen konnte, oder gar halb blind gewesen war. »Sei gegrüßt junger Dämonenjäger und sei willkommen auf meinem Übungsplatz. Das Wichtigste ist die Balance im Zentrum des Körpers...in der Hüfte und in den Beinen. Stabilität in starken Beinen und in der Hüfte ermöglicht zielsichere Angriffe und eine robuste Verteidigung.«, erklärte er und sah kurz in die Richtung einer Gruppe bestehend aus drei Dämonenjäger, welche versuchten einige Baumstämme zu heben. Ersichtlicher Weise waren diese aber viel zu schwer für sie gewesen, selbst wenn sie diese im Team gehoben hätten. Rins Blick blieb kurz an den verzweifelten Mitstreitern haften, welche weiterhin ihr Glück an den gebundenen Stämmen versuchten. »Zuerst trainiert ihr unter dem Wasserfall. Danach tragt ihr drei dicke Baumstämme. Und am Ende bewegt ihr einen Felsen ein Cho (1,09 Meter) weit. Mein Trainingsprogramm beschränkt sich auf diese drei simplen Übungen. Die Übung mit dem Feuer von unten lassen wir weg, die ist zu gefährlich.«, erklärte er in einem leicht besorgten Ton und wandte seinen Blick nach unten, wobei Rin abwechselnd die drei genannten Schauplätze der Leistungsübungen begutachtete. Jeder trainierende Dämonenjäger sah frustriert, verzweifelt oder einfach nur erschöpft aus. Beunruhigt blickte der 16 Jährige auf seinen gebrochenen Arm, welcher schlaff neben seinem Oberkörper hing und auch nur bei einer kleinen Bewegung Schmerzen hervorrief. »Mein rechter Arm ist unbenutzbar, habe ich die Möglichkeit das Training bis zu der Genesung meines Armes zu verschieben?«, erkundigte er sich bei seinem Gegenüber, welcher zu Beginn schwieg und einen Moment später zögernd antwortete: »Tue das, was du für nötig hältst.« Und mit jenen Worten wandte er sich von Rin ab. Stirnrunzelnd blickte der Blau-Türkishaarige dem stämmigen Mann hinterher und atmete einmal tief durch. Er nahm sich die Zeit zum regenerieren und belastete seinen Arm täglich, um ihn wieder an die Normalität seiner dauerhaften Nutzung zu gewöhnen. Es war ein Prozess von mindestens einer Woche, in dessen Zeit schon einige Dämonenjäger wieder von dem Berg abgestiegen waren und nur wenige dazukamen.
»Wisst ihr Jungs, die Gliedmaßen eines Dämons wachsen innerhalb weniger Augenblicke wieder nach. Eure jedoch nicht, deswegen gibt gut Acht auf eure Arme und Beine. Ihr werdet sie im Kampf nämlich brauchen und auch nur ein Verlust eines Körperteils ist eine große Umstellung für des euren.«, erklärte der dunkelhaarige Mann und bedachte seine Schüler mit einem kurzen Blick, welche beide keuchend vor ihm standen und nur halbherzig seinen Worten lauschten. Seine Brauen zogen sich zusammen und mit einem warnenden Unterton stieß er aus: »Ihr müsst lernen, sie zu schätzen und eure Grenzen zu erkennen. Wenn ihr unnötig Ballast auf euch nehmt, werdet ihr da draußen schneller sterben, als ihr erwartet.« Tsuyoshi schluckte und blickte anschließend auf, wobei seine Knie über den Kies unter sich schabten und Geräusche erzeugten. »Wir geben Acht Meister Hitachi, aber es ist nicht so einfach sich zu konzentrieren.«, gab er hustend zurück und senkte wieder den Kopf, als sich sein Gegenüber auf ihn zubewegte und vor ihm zum Stehen kam. Bei seinen Schritten knirschte der Kiesel unter seinen Sohlen und rutschte hin und her. »Das müsst ihr. Es ist das A und O«, entgegnete er und sah noch eine ganze Zeit auf den rothaarigen Jungen hinab, welcher kein einziges Mal aufblickte, um seinem Meister ins Gesicht zu schauen.
Rin kam diese Erinnerung oft in den Sinn, als er versuchte seinen Arm für alltägliche Dinge zu benutzen, die ihm auf einmal so schwer fielen, wobei sie eigentlich zur Selbstverständlichkeit gehörten. Doch er schonte seinen Arm und belastete ihn nur bei Notwendigkeit, wodurch auch er nach der vergangenen Woche mit seinem Training bei Gyomei der Steinsäule beginnen konnte. Vorsichtig legte er seinen Haori und sein Uniformsoberteil ab und warf sie mit Schwung zur Seite, indessen er auf die rauschenden Wasserfälle zuging, wo ihn bereits seine erste Übung erwartete. Rin setzte einen Fuß in das Wasser, welches eiskalt erschien und ihn dazu zwang seinen Fuß wieder zurück zu ziehen. Eine Gänsehaut durchfuhr ihn und ein kurzer Gedankengang machte sich in seinem Kopf breit. »Das Wasser ist eiskalt. Als wäre es kälter, als jenes im Winter.«, rief er sich still auf und blickte auf das dursichtige Nass, was kontinuierlich durch den Wasserfall in Bewegung war. Gelassen haftete sein Blick auf der Oberfläche des Wassers, woraufhin er im nächsten Moment seine Brauen zusammenzog und in das kühle Becken stieg. Über Rins gesamten Körper erstreckte sich eine Gänsehaut und schon nach wenigen Sekunden fühlten sich seine Füße taub an. Desto weiter er vordrang, desto schwieriger fiel es ihm den Wasserfall zu erreichen und er musste bereits vor körperlicher Anstrengung die Zähne aufeinander beißen. Die Temperatur des Nass' ließ seine Adern gefrieren und kurz vor den Kaskaden stoppte er. Seine Beine schmerzten nahezu schon und dabei war er gerade einmal nur wenige Sekunden in den Gewässern am Stehen. Einige Tropfen des niederfallenden Wassers spritzten in sein Gesicht und ließen ihn zusammen zucken. Die Schmerzen, welche sich durch sein Mark und Bein zogen wurden mit Mal zu Mal unerträglicher, bis Rin sich letztlich zurückzog und aus dem Wasserbecken taumelte, wobei er stolperte und mit dem Gesicht voran auf den nassen und dreckigen Boden fiel, seine Hände jedoch einen Teil seines Sturzes abfingen. Sein Atem ging hektisch auf und ab und sein Körper zitterte aufgrund der fremden Kälte, die immer noch sein Inneres innewohnte. Ein lautes Schreien dröhnte auf seinen Ohren und erregte für einen winzigen Moment seine Aufmerksamkeit. »GYAAAHHH! IST DAS KAAAALT«, schallte es über den gesamten Platz und hektisches Plätschern war zu hören, ehe ein Schatten über Rin hinweg zog und dann verstummte. Vorsichtig regte der Blau-Türkishaarige seine zitternde Hand und schaffte es mühsam seinen Kopf anzuheben. In der Woche, welche er bereits hier gewesen war, war ihm der Wildschweinjunge von Beginn aufgefallen, der wohl auch hier zu trainieren schien. Bereits mehrere Male wurde er von ihm zum Kämpfen aufgefordert, allerdings gelang es Rin ihm immer wieder die kalte Schulter zu zeigen. Aber mit der Zeit hatten sich noch zwei weitere Dämonenjäger dem Training angeschlossen, wobei sich unter ihnen ein nerviger Blondhaariger befand, welcher immerzu mit seinen Geschrei Rin auf die Nerven ging. Er jammerte wegen des Trainings, eines zurückgelassenen Mädchens und dazu noch, dass er hierbei draufgehen würde. Vorsichtig richtete sich der Blau-Türkishaarige auf und rappelte sich stetig auf, wobei er fast den Boden unter den Füßen verlor. Er setzte wenige Minuten später zu einem neuen Anlauf an und versuchte wieder das kalte Gewässer zu betreten. Wieder und wieder. Das Ganze trieb er soweit, bis er letztlich die Wasserfälle erreichen konnte, die ihn jedoch gleich aus seiner Haltung rissen und ihn zurück in das Becken schleuderten, da ihr Druck, den sie ausübten gewaltig waren. Rin hustete und spuckte einiges Wasser aus, während er sich zitternd erhob und sich wieder zu den Kaskaden wandte, welche er dann keuchend und zielstrebig ansteuerte. Kleine Atemwolken bildeten sich und sein heißer Atem brennte in seiner Kehle, während der Rest seines Körpers der Temperatur einer Leiche glich. Von seinen Haarspitzen triefte das Nass und der Abstand zwischen ihm und den Wasserfällen verringerte sich immer mehr. Bis er letztes Endes wieder unter ihnen stand und das Wasser auf ihn nieder prasselte. Es fühlte sich an, als würde ein tonnenschwerer Stein auf seinen Schultern lasten, auch wenn es nur der Druck des Wassers war.
Es dauerte insgesamt eine gesamte Woche, bis es Rin gelang den Druck der Kaskaden auszuhalten und nicht an der Temperatur des Wassers zu erfrieren. Viele der anderen Dämonenjäger waren vom Berg wieder hinab gestiegen, da sie jeglicher ihrer Hoffnung verloren hatten und die vorgegebenen Übung als zu schwer empfanden. Doch nun stand Rin das zweite Hindernis im Weg. Hierbei handelte es sich um drei zusammengebundene Baumstämme, welche allesamt zur gleichen Zeit auf die Schultern gehoben werden mussten. Das Ziel war es, nicht unter dem Gewicht der Stämme zusammen zu brechen. Zu Beginn wurde es alleine eine Herausforderung für den Blau-Türkishaarigen die Baumstämme richtig zu greifen, denn seine Hände rutschten immer wieder an der Rinde ab und verursachten beim ihm Schnittwunden. Auch hatten sich mehrere Blasen an seinen Handflächen gebildet. Wenn diese dann mit etwas in Berührung kamen, begannen sie brennen und erholten sich auch nicht so schnell von dem verursachten Schmerz. »Wie soll diese Aufgabe denn möglich sein?«, murmelte er grübelnd vor sich her und beäugte die anderen Mitstreiter, welche entweder ebenso verzweifelt dran waren wie er oder bereits an der letzten Übung waren. Bis ihm plötzlich ein Junge ins Auge fiel, welcher die Stämme schon fast auf seiner Schulter gehoben hatte und dem Zusammenbrechen schon nahe war. Der Schweiß tropfte ihm von der Stirn und seine Lippen waren schon wund gebissen, da er aufgrund des Gewichtes den Stress auslasten wollte. Doch kurz bevor er die Baumstämme auf seine Schultern gehoben bekam, brach er ab und ließ das Gewicht mit einem dumpfen Aufprall zu Boden gehen. Es war ein lauter und unregelmäßiger Atem, der ihn begleitete und im nächsten Moment trafen ihre Blicke aufeinander. Eine kurze Stille herrschte zwischen den beiden, ehe der Purpurhaarige das Wort ergriff und Rin keuchend anlächelte. »Ha-hallo, möchtest du etwas von mir?«, erkundigte er sich, erhielt von dem 16 Jährigen jedoch keine Antwort, weswegen er wiederholt sprach: »Mein Name ist Tanjiro, wie ist deiner?« Ein kühler und gelassener Blick fand sich in Rins Augen wieder, als er den Jungen vor sich fixierte und sein Äußeres beäugte. Die Art, wie er mit ihm kommunizierte erinnerte ihn an eine Ähnliche wie die Tsuyoshis. Allerdings war es keine Freude, die in ihn aufkam, sondern ein andere Emotion. Ein Gefühl von Eifersucht. »Wie hast du die Baumstämme angehoben?«, fragte er leise und ließ seinen Blick zwischen Tanjiro und dem genannten Objekt hin und her schweifen. Der Junge mit den auffälligen Ohrringen folgte den Augen Rins und lächelte dann wieder, woraufhin er im nächsten Moment zur Sprache brachte: »Ganz einfach, sieh her!« Misstrauisch verschränkte der Blau-Türkishaarige die Arme vor der Brust und sah dem Treiben Tanjiros zu, welcher mit seinen Handflächen unter die Rinde rutschte, während er die Stämme ein wenig anhob und mit seinem Fuß dann nachhalf. Er brauchte einen langen Moment bis er die Baumstämme auf seine Unterarme gehoben bekam und letztlich versuchte diese auf seine Schultern zu hieven. Eine gute Stunde konnte man schätzen, hatte Tanjiro benötigt, um den Jungen zu demonstrieren, wie das Gewicht des Holzes verlagert werden musste und mit welcher Vorsicht man dieses auszuüben hatte. Rin hatte sich nicht von der Stelle bewegt und seinem Gegenüber aufmerksam dabei zugesehen, wie er die Last der Stämme anhob und sie auf sich lud. Er wich erst zurück, als Tanjiro die Stämme wieder zu Boden warf und sich dann schweißgebadet an seinen älteren Kameraden wand. »Du bist ja immer noch da.«, stellte der Purpurhaarige verdutzt fest und sah den Jungen mit den lavendelfarbigen Orben überrascht an, wobei er sich kurz darauf den Schweiß von der Stirn wischte. Rin gab ein stummes Nicken von sich und ließ keinerlei Emotionen nach außen dringen, wobei er einige Schritte auf Tanjiro zukam und seinen Blick auf die Baumstämme richtete. Fasziniert sah der Junge mit den Hanafuda-Ohrringen zu dem Blau-Türkishaarigen und beobachtete, wie er seine Technik von zuvor anwandte und mit einigen Mühen seine Hände unter die Rinde quetschte. Rin benötigte mehrere Anläufe als Tanjiro und auch mehr Training als dieser, aber der genannte Junge hatte sich ins Gras nieder gelassen und dem ihm fremden Jungen zugesehen. Immer wieder hatte er ihm Tipps gegeben und ihm Mut zugesprochen nicht aufzugeben, auch wenn er nicht einmal mit ihm befreundet war. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit gewesen, ihm zu helfen und zu unterstützen. Rin hatte nie einen Einwand gegen Tanjiros Verhalten gelegt und auch nicht mit ihm gesprochen, lediglich warf er ihm ab und zu einen Blick zu und nahm seine Ratschläge schweigend entgegen. Dieser Vorgang zog sich über mehrere Tage hinweg, bis es Rin irgendwann gelang die Baumstämme anzuheben.
Die Sonne war schon längst am Horizont und tauchte die Umgebung in ein sattes Rot, welches sich mit einigen Orange- und Gelbtönen abwechselte. Am Himmel zogen rosane Schäfchenwolken auf und suchten das Weite in dem blassen Lila, welches immer tiefer in ein blau ging und eine schöne Szenerie am Himmel malte. Einiger Schweiß tropfte von Rins Stirn und der Schatten den er warf, wurde von Stunde zu Stunde immer blasser, während seine Beine zitterten. Sie waren das Gewicht, was auf dem Blau-Türkishaarigen lastete nicht gewöhnt und drohten schon dazu, nachzugeben. Allerdings fehlte dem Jungen nicht mehr viel und die Stämme ruhten auf seinen Schultern. Tanjiros Zurufe drangen in seinen Ohren und verankerten sich in seinem Kopf, wo sie sich nochmals wiederholten. Und auf einmal, lagen die Baumstämme dann auf Rin seinen Schultern, indessen er laut von Tanjiro bejubelt wurde und er anschließend die Stämme zu Boden gehen ließ. »Du hast es geschafft, Glückwunsch.«, sprach der Purpurhaarige und lächelte den 16 Jährigen heiter an, welcher keuchend seine Hände in die Knie gestützt hatte und kurz davor war, sich zu übergeben. Er fühlte sich befreit und ein kleines Gefühl von Erfolg machte sich in ihm breit, wobei jedoch jeglicher seiner Glieder schmerzten und auf eine Verschnaufpause hofften. Tanjiro wünschte dem Blau-Türkishaarigen anschließend Glück für seine weitere und letzte Prüfung, ehe er sich von ihm mit einem freundlichen Winken verabschiedete. Eine angenehme Stille umhüllte Rin und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Rufe der Tiere, welche aus dem Wald um in herum riefen. Vorsichtig schloss der Dämonenjäger seine Augen und ließ sich auf dem Boden neben dem Stämmen, welche er zuvor noch gehoben hatte, nieder. Sein Atem wurde mit jeder Sekunde ruhiger und passte sich der Stille an, welchen ihren Platz am Ort fand, jedoch dann durch einige laute Rufe unterbrochen wurde, welche bis zu ihm hinüber schallte. Rin konnte die Stimme dem nervigen Wildschweinjungen zuordnen, der gemeinsam mit anderen Leuten an einem Lagerfeuer saß und mit ihnen gegrillten Lachs aß. »Ich sag euch, der war gigantisch, aber ich konnte ihn natürlich bezwingen!«, prahlte er stolz und stützte die Hände in die Hüften, wobei sich ein breites Grinsen auf seine Lippen schlich und dort für einige Momente verweilte. Ein Seufzen entwich Rin und seine Augen wandten sich an einige Bäume, die im Wind raschelten und sich seiner Lüfte beugten. Morgen würde er mit der letzten Leistungsübung beginnen und das gesamte Hashira-Training endlich als abgeschlossen sehen können. danach wusste er nicht, was passieren würde, aber er konnte die Gefahr, welche in Anflug war, bereits spüren. Es war ein Gefühl was ihn stets begleitete und er konnte mit Sicherheit sagen, dass der Sturm nicht mehr weit entfernt war und kurz davor war, in Unruhe und Chaos auszubrechen.
Am nächsten Tag machte sich Rin auf den Weg zu dem Platz, an welchem die großen Felsen ruhten und auch die, die alles daran setzten sie wegzuschieben. Es war die größte und schwierigste Aufgabe des gesamten Trainings der Steinsäule gewesen und wer diese Aufgabe meistern würde, konnte sich als ein waschechter Dämonenjäger behaupten. Zielsicher stellte sich Rin vor einen kantigen Felsen und setzte seine Hände auf den rauen Stein an, der auch gleichzeitig so kalt war, wobei er dann begann, sein ganzes Gewicht gegen den Felsen zudrücken und diesen weg zuschieben, doch letztlich rührte er sich nicht von der Stelle und schob nur sein eigenes Gewicht nach hinten hin weg, wobei seine Schuhe die Erde auflockerten. Dieses Treiben wiederholte er wieder und wieder und versuchte es in verschiedenen Positionen, in der Hoffnung mit irgendeiner davon erfolgreich zu sein, doch aller Anschein nach, schien der Stein sich auch nicht im Geringsten zu bewegen. Es musste sicherlich ein Trick dahinter stecken, denn anders war es sonst nicht möglich gewesen, den Fels zu verschieben. Bedauerlicherweise befanden sich keine hilfreichen Dämonenjäger in der Nähe und auch von Tanjiro blieb jegliche Spur verschwunden, weshalb Rin es unmöglich erschien, den Stein von Ort und Stelle zu bewegen. Und zu alledem sollte er ihn dann auch noch einen ganzen Cho wegschieben. »Gib es auf, der Stein lässt sich nicht bewegen.«, erreichte ihn eine deprimierte und hohe Stimme und ehe Rin sich umwandte, erkannte er das schwarzhaarige Mädchen, welches er zu Beginn mit den Wildschweinjungen kennengelernt hatte. Ihre matten blauen Augen fixierten ihn und ihre Haltung wirkte müde. Er hatte gar nicht gewusst, dass sie sich auch hier befand. Eine Unruhe machte sich in ihm breit und kalt wies er die Fremde ab und wandte sich anschließend wieder an den Fels. Er konnte den Blick des Mädchens auf sich spüren. »Du hast mir bis heute nicht gesagt, wie du heißt. Darf ich es denn jetzt erfahren?«, fragte sie neugierig und ließ nicht locker, mehr Informationen über seine Identität zu erfahren. Misstrauen war eines der häufigsten Emotionen, die er um sie herum spürte und deswegen ignorierte er schlicht ihre Aussage und versuchte sich weiter daran, den Felsen zu schieben. Ein hörbares Seufzen schlich sich über ihre Lippen und daraufhin ergriff sie wieder das Wort: »Du redest wohl nicht gerne, oder? Dabei bin ich eigentlich so nett.« Nur kurz ließ Rin seinen Blick aus dem Augenwinkel zu ihr hinüber schweifen, gab ihr jedoch immer noch keine Antwort, in der Hoffnung, sie würde einfach die Laune verlieren und verschwinden, doch dem war nicht so. »Ich glaube, du vertraust mir nicht so ganz. Also mein Name ist Emiko.«, erwiderte sie und steuerte die ersten Schritte an, wobei sie näher trat und auf die blassen und mit Blasen übersähten Hände Rins starrte. Eine kalte Miene machte sich auf dem Gesicht des Blau-Türkishaarigen breit und erbarmungslos wies er sie zurück: »Ich habe keinen Bedarf mit dir zu reden. Du verschwendest nur meine Zeit. Sieh zu, dass du einen anderen zuredest.«, erwiderte er und seine lavendelfarbigen Orbe strahlten eine finstere Aura aus. Nun zeigte sich auch in den Gesichtszügen der Schwarzhaarigen eine gewisse Feindlichkeit und kühl gab sie zur Antwort: »Schön, wie du willst.« Anschließend wandte sie sich von Rin und dem Felsen ab und verschwand in die andere Richtung, wobei man den Kiesel unter ihren Schuhen laut knirschen hören konnte und der violette Haori mit den bestickten Monden im Wind wehte. Erleichtert und geräuschlos atmete Rin aus, wobei sich seine Muskeln etwas entspannten und es ihm um einiges einfacher fiel, wieder frei zu atmen. Dieses Mädchen hatte etwas Seltsames an sich, wovon er nicht sagen konnte, was es gewesen war. Er konnte einfach spüren, dass sie keine guten Absichten in sich trug, weshalb er es ebenso vermied, ihr irgendetwas seines Wissenstandes zu verraten.
Wieder wandte er sich dem großen Felsen zu und ließ seinen Blick von unten bis zur Spitze hinauf wandern, wobei Rin nach einer Stelle suchte, welche es ihm vereinfachen würde, den Stein vom Fleck zu bewegen. Allerdings konnte er auch einfach kein Muster erkennen, wie er es auch nur annähernd schaffen würde einen so schweren Stein zu verschieben. Bis er plötzlich eine vertraute; aufgeweckte Stimme wahrnahm, welche über den gesamten Platz schallte. »Am Anfang habe ich es nicht hinbekommen, aber mit ständiger Wiederholung habe ich meine volle Kraft entwickelt und durch das unablässige Repetieren des Vorgangs, lernte mein Körper diesen Prozess und prägte ihn sich ein.«, sprach die Stimme und die Person, von welcher es kam blickte die beiden anderen Dämonenjäger aufmerksam an. Beim genaueren Untersuchen der Umgebung konnte Rin drei Gestalten ausmachen, welche sich als Tanjiro, der Wildschweinjunge und der nervige Blonde entpuppte. »Ständiges Wiederholen? Klingt total langweilig, aber ich werde es trotzdem machen und dich übertrumpfen! Dann sehen wir, wer der Bessere von uns ist.«, stimmte der Junge mit der Maske ein und richtete sich vom Boden auf, wobei er die Blicke der anderen beiden erhielt. Tanjiro nickte mit seinem Kopf und sah ihm hinterher, wie der Junge auf einen Felsen zumarschierte, während der Blonde dann in einer genervten und verzweifelten Stimme antwortete: »Ich glaube euch beiden kein Wort! Ich habe die ganze Zeit versucht zu Repetieren, aber der Stein hat sich trotzdem nicht bewegt. Der ist einfach viel zu schwer! Nur ein Monster kann den wegschieben!« Kurz blinzelte Rin, als er das Gespräch der drei Dämonenjäger belauschte und ihre Worte sich nochmals innerlich in Erinnerung rief. »Repetieren? Das soll der Trick dahinter sein?«, sprach er in Gedanken zu sich selbst und ließ seinen Blick von der Dreiergruppe zu dem Felsbrocken schweifen, welcher unverändert blieb. Ein schwerer Atemzug verfing sich in seiner Lunge und angespannt setzte er wieder seine Hände auf den rauen Stein, wobei er dieses Mal versuchte, den Rat auf seine Aktionen anzuwenden. Zuerst versuchte Rin ständig den selben Anlauf zu nehmen, um die nötige Kraft dazu aufzubauen, den Stein davon zu schieben. Allerdings stellte er nach mehreren Stunden keine Veränderung fest und überlegte, ob er auch etwas an seinem Stand ändern sollte. Ein kurze Stille hatte sich ausgebreitet und nur die Blätter der umliegenden Bäume raschelten und ab und zu drangen einige Schreie der noch dagebliebenen Dämonenjäger zu ihm durch, wobei der Großteil den Berg schon hinabgestiegen waren. »Vielleicht würde es etwas verändern, wenn ich meine Kraft nicht auf meine Arme, sondern auf meine Beine projizieren würde. Es könnte meinen Stand drastisch anheben und der Boden würde unter meinen Füßen nicht mehr wegrutschen.«, überlegte der Blau-Türkishaarige leise und blickte auf seine Füße, die auf einem unebenen Boden standen, da er unter sich bereits einige Erde aufgeschoben hatte. Indes war es gar nicht so simpel gewesen, seine Kraft dauerhaft auf ein anderes Körperteil zu lenken, da Rin immer wieder dazu gezwungen war, seine Energie auf seine Arme zu verwenden.
So benötigte er also insgesamt zwei Tage, bis er es gewohnt war, seine gesamte Kraft auf seine Hüfte und seine Beine umzuleiten, ohne dabei auch nur seine Arme zu vernachlässigen, wobei seine Hände dauerhaft gegen den kalten Stein gepresst waren und versuchten ihn nach vorne zu schieben. Rin bemerkte gar nicht, dass sich der Fels um wenige Zentimeter verschob. Erst als er am nachfolgenden Tag wieder den Brocken besuchte, war ihm die winzige Schleifspur aufgefallen, die sich unter ihm gebildet hatte. Überrascht kniete er sich hin und begutachtete die Spur, welche bis jetzt noch sehr klein gewesen war, doch in wenigen Tagen würde sie wachsen und lange würde es nicht mehr dauern, bis er das Ziel von einem Cho erreicht hatte. Und wie auch vorausbestimmt, war dieses Ereignis nach satten 5 ½ Tagen eigetroffen. Rin hatte es geschafft den Felsen einen gesamten Cho und noch zwei Zentimeter weiter zu verschieben, was ihn somit die Prüfung bestehen ließ. Ungläubig über das erreichte Ziel, ließ er sich keuchend nach hinten auf den Boden fallen und blickte in den grauen Himmel, welcher sich mit einigen dunklen Wolken erstreckte. Seine Lungen brannten ein wenig und auch seine Glieder schmerzten fürchterlich, aber irgendwo hatten sich die ganzen Stunden bei den Säulen ausgezahlt. Ein leichter Windzug, wehte über ihn hinweg und brachte seine Haare ein wenig durcheinander, die er jedoch anschließend wieder richtete. Es war friedlich gewesen und trotz, dass er seine Leistungsübungen alle beendet hatte, lastete ein Gefühl der Bedrücktheit auf ihn. Er war sich nicht sicher, was es gewesen war, aber er konnte sich einig sein, dass es etwas Bedrohliches an sich hatte. Für einen kurzen Moment schloss der 16 Jährige seine lavelndelfarbigen Augen und genoss die Stille um sich herum und das laute Plätschern, der nicht weit entfernten Wasserfälle.
Doch gerade als er dachte, er könnte entspannen, ertönte eine laute und kaum überhörbare Explosion, die einigen Wind mit sich mitbrachte und für viele Sekunden anhielt. Der qualvolle Geruch von Sprengstoff und Schwefel wurde hinüber getragen und auch einige Asche rieselte von Himmel, wodurch Rin direkt panisch aufschrak und sich ausgiebig umsah. An einem Ende des Waldes konnte er ein sich rasant ausbreitendes Feuer erkennen, welches die Bäume und den Wald unter sich regelrecht verschluckte und außer Asche und verbrannte Überreste nichts überließ. Die matten Augen des Dämonenjäger waren auf die hellen Flammen gerichtet und die Panik, die sich in seiner Umgebung ausbreitete, jagte eine gewaltige Anspannung in ihn. »Ist das ein Überfall auf einer der anderen Reservate oder ist einer Säulen durchgedreht?«, hinterfragte er die neu entstandene Situation und richtete sich langsam vom Boden auf, wobei er einige Rufe und Schreie seiner umliegenden Kameraden vernehmen konnte. Plötzlich veränderte sich die Atmosphäre um ihn herum und eine tiefe und unerwartete Dunkelheit erstreckte sich und riss alles mögliche Lebewesen mit sich.
✧・゚: *✧・゚:* ding ding ding *:・゚✧*:・゚✧
• Es ist Zeit für ein Gerücht aus der Ära der Taishō-Epoche •
Rins Ohrring, welcher aus einer chinesischen Münze besteht, ist ein Familienerbstück, welches ihm von seiner Mutter weitergereicht wurde. Das Ohrloch ließ er sich tatsächlich von seinem Freund Tsuyoshi im Alter von 6 Jahren stechen. Rin hatte damals bei dem Vorgang geweint, da der Schmerz und das Blut zu viel für ihn gewesen waren – doch Tsuyoshi hatte ihn dauerhaft getröstet.
Fortsetzung folgt in Kapitel 17:✧ Die Donnerbrüder ✧
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