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A C H T


A C H T


Vollendung




Mittwoch, 20. Mai, 3.20 Uhr


Es war genau so, wie dieser Reporter es gesagt hatte. Eigentlich war der Woori-Tower noch so etwas, wie ein Rohbau. Das hieß, die Aufzüge funktionierten, auf verschiedenen Etagen wurde mehr oder weniger rund um die Uhr gearbeitet, nur die Stockwerke 37 bis 41 waren in stiller Isolation von dieser hektischen Beschäftigung ausgeschlossen. Zwei Stockwerke hatte das Zugriffsteam lautlos durchstöbert, waren die Frauen und Männer in ihren schwarzen Kampfanzügen lautlos von Tür zu Tür und von Appartement zu Appartement gehuscht. Handzeichen, in absoluter Stille, Kopfschütteln, leer, niemand da, dann ging es weiter. Mittlerweile waren sie in der 39. Etage angekommen und wieder verfolgte Yoongi das Schauspiel, dass sich seinen Augen bot. Diese Sondereinsatzkommandos hatten nichts mehr mit dem gemein, was er unter klassischem Polizeihandwerk verstand und manchmal ertappte er sich dabei, dass er sich nur allzu gerne von diesen Frauen und Männern distanzieren wollte, die zu diesen Spezialkräften gehörten. Sie agierten anders, stringent, mit mehr Kalkül, da war zumeist kein Platz für etwaige Emotionen oder gar Empathie. Dabei lebte seine Arbeit genau davon.

Wobei, jetzt im Moment war er froh um ihre Anwesenheit. Wenn ihr mutmaßlicher Täter hier war und alles sprach dafür, dann wollte er sich dieser Situation gar nicht allein stellen, schon gar nicht in vorderster Front. Er hatte ihn getroffen, er wusste, wie er aussah, wem sie – wenn alles gelang – gleich gegenüberstehen würden und genau dieses Wissen mochte ihn am Ende blockieren.

Das Wissen, dass es ein Junge war, ein Kind. Vielleicht nicht auf dem Papier, aber für ihn war er das. Ein fürchterlich wütendes Kind, dass mit viel zu viel Freude seinem grausamen Spiel nachging. Konnte er dieses Kind töten? Konnte er, im Zweifelsfall, diesem Kind in die Augen sehen und es erschießen? Seit er wusste, wen sie suchten, fiel es ihm immer schwerer, diese Frage zweifelsfrei zu beantworten. Also war es gut, dass die Spezialeinheit hier war, Stück für Stück vorrückte und ihn immer weiter einkesselte.

Gerade als er sich ein Stück vorlehnte, packte die Frau auf der Stufe über ihm beherzt zu und schob ihn wieder zurück. Die nonverbale Kommunikation machte ihn auf den Führer der Gruppe aufmerksam, der soeben eine Reihe von Gesten signalisierte. Hier war also jemand.

Sein Puls jagte in die Höhe. Er musste es sein, eine andere Möglichkeit wollte ihm gar nicht einfallen. Die Wohnungen waren allesamt verkauft und fertig möbliert, aber keine wurde bisher zum Bezug freigegeben. Wer immer also dort drinnen war, hielt sich unerlaubt hier auf. Gut, im Grunde konnte das jeder sein, aber wollte man wirklich einer Bande von Halbstarken so viel Raffinesse unterstellen, dass sie sich ausgerechnet in ein derart abgesichertes Gebäude begab, um dann in einem Luxusappartement im 39. Stock eine Party zu feiern? An so viele dumme Zufälle glaubte er nicht.

Der Zugriff wurde koordiniert und der Einsatzleiter winkte ihn nach vorn. Sie hatte das alles so oft durchgesprochen, dass es jetzt keiner Worte mehr bedurfte. Sechs Leute aus den Spezialkräften und er selbst. Zwei die den Rückzug über das Treppenhaus sichern, vier die das Appartement stürmen würden – und Gott gebe, dass dann nicht irgendwelche überspannten Kinder reicher Eltern dort drinnen waren.

Das Klicken des Schlosses, das für gewöhnlich wohl mit einer Karte und passendem Code geöffnet wurde, war vermutlich kaum zu hören und trotzdem hatte Yoongi das Gefühl, dass es überdeutlich durch das Treppenhaus hallte. Für einen Moment hielt er den Atem an, sein Puls jagte sprunghaft in die Höhe und das trotz jahrelanger Erfahrung. Der Rest ging so schnell, dass es vermutlich keine zwei Minuten dauerte, auch wenn es sich anfühlte, als würde sich die Zeit gerade ins Unendliche dehnen.

Dann brach die Hölle los.

Die Tür öffnete sich lautlos und nur einen spaltbreit, Sekunden vergingen, dann wurde sie ganz geöffnet und zwei schwarz vermummte Gestalten huschten in die Wohnung, dicht gefolgt, vom nächsten Paar. Bis Yoongi selbst das Appartement betrat, waren die anderen längst bis zum Wohnraum vorgedrungen. Später erinnerte er sich daran, dass er leise Musik gehört hatte, doch in diesem Moment nahm er nichts davon bewusst wahr.

Zwei Türen wurden lautlos geöffnet, je einer der Einsatzkräfte verschwand darin und taucht kurz darauf wieder auf. Kopfschütteln, noch mehr Handzeichen, dann verteilte sich das Team, einer in den abknickenden Flur, einer rechts in Richtung Küche.

Die Wohnung war in der Tat riesig, hatte einen verzweigten Flur und – soweit Yoongi es beurteilen konnte – einen umlaufenden Balkon mit mindestens zwei, wenn nicht mehr Zugängen. Im Wohnbereich wurde die Musik etwas lauter, war aber immer noch gedämpft und drang aus verborgenen Lautsprechern aus der Decke. Er passierte ein Badezimmer, das offenbar benutzt worden war, denn auf dem Boden lagen mehrere, zum Teil klatschnasse, Handtücher und auch eins der Waschbecken war nass, obwohl nicht wirklich etwas auf der Ablage herumstand, das darauf schließen ließ, dass hier jemand wohnte.

Weil noch niemand hier wohnte.

Und trotzdem war jemand hier.

Hätte er die nassen Handtücher, die in einem Knäuel auf dem Boden lagen in diesem Moment auseinandergezogen, hätte er gesehen, dass die darunterliegenden dreckig und blutverschmiert waren.

Zwei der Einsatzkräfte hatten die angelehnte Schlafzimmertür erreicht und dort Posten bezogen. Nicken dieses Mal, er bekam ein positives Zeichen, jemand war dort drinnen.

Auch Yoongi nickte und bereits mit dem nächsten Atemzug brachen die beiden Männer durch die Tür. Es hörte sich so an, als hätten sie bereits mit dem Aufstoßen der Tür jemanden erwischt. Es gab einen dumpfen Schlag einen Schmerzenslaut und nur im Bruchteil einer Sekunde wildes Geschrei und Gerangel.

Es waren nur fünf Schritte, bis er im Raum stand, aber die Zeit reichte, um die ganze Situation an den Rand einer Eskalation zu führen.

Polizei. Stehen bleiben. Lassen Sie den Mann los!

Bleiben Sie stehen, lassen sie den Mann los!

Aber er dachte ja nicht daran. Wie ein Schutzschild, hatte er den jungen Mann gepackt, der halb im Delirium schien. Er schwankte, sein Kopf rollte kraftlos herum, so wie er im Arm des anderen hing, nackt und ungeschützt, das verhedderte Laken, in das er ihn geschlungen hatte, herabgerutscht und halb um seine Beine gewickelt.

„Noch einen Schritt näher und ich schwöre, ich schlitze ihn auf wie Schlachtvieh." Seine Stimme war ganz ruhig und jetzt war es Yoongi, der einschritt.

„Nicht schießen!"

Ein Blick aus dunklen Augen traf ihn, ein vages Grinsen. Er war es – unverkennbar – der Junge aus der Bar. Und jetzt wandte er sich direkt an Yoongi, während er noch einen kleinen Schritt zurücktrat und seine Geisel mit sich schleppte.

„Bist du endlich hier, hm?" Er wirkte irgendwie belustig, als wäre das alles nur Teil seines Plans und Yoongi fragte sich unwillkürlich, ob er irgendetwas übersehen hatte. Nein. Nein! Er durfte sich von diesem Kerl nicht täuschen lassen.

„Lass ihn los", forderte er also ruhig.

„Und dann? Wird alles wieder gut? Ich denke nicht." Wieder machte er einen kleinen Schritt in Richtung Fensterfront und der schwarzgekleidete Beamte neben Yoongi machte ebenfalls einen Schritt.

„Er soll sofort stehenbleiben!", kreischte Jungkook da wütend. „Okay?! Wenn er sich bewegt! Wenn sich nur einer von ihnen bewegt, ist das Püppchen tot – verstanden?" Das Messer, das an der Kehle des Jungen lag, drückte sich stärker in die blasse Haut. Ein leises Stöhnen war zu hören und ein dünner roter Faden seines Bluts lief über seinen Hals hinab.

„Okay", versuchte es Yoongi, gab den Männern ein Zeichen und hob beschwichtigend die Hand. „Niemand nähert sich, einverstanden. Und jetzt? Wie lösen wir es auf?"

Jungkook grinste. Er hatte sich so hinter dem Jungen verschanzt, bewegte sich permanent, sodass man unmöglich einen Schuss riskieren konnte. Am Ende erwischte es die Geisel.

„Du willst den Jungen?" Jungkook lachte leise. „Das kleine, schmutzige Ding?"

„Ich will den Jungen lebend", entgegnete Yoongi und erntete auch dafür ein Lachen.

„Wozu?" Mit einem leisen Knurren biss Jungkook dem benommenen Opfer in den Nacken. Fest genug, dass dieser ein schmerzhaftes Stöhnen ausstieß, fest genug, dass seine Zähne die Haut durchbrachen und in einem feuchten Rot schimmerten, als er grinsend wieder aufsah. „Siehst du? Ohnehin fast tot, du verschwendest deine Zeit."

Herrgott verdammt! Er hatte keine Nerven, um mit einem durchgeknallten Killer ein Schwätzchen zu halten! Unwillig knirschte er mit den Zähnen.

„Wenn er für dich ohnehin wertlos ist, kannst du ihn mir ja geben."

Wieder lachte Jungkook und nickte anerkennend. „Netter Versuch", sagte er außerdem, machte noch einen Schritt und wandte für eine halbe Sekunde den Kopf.

Erst da verstand Yoongi, was im Begriff war zu passieren und es geschah, noch während die Erkenntnis durchsackte.

Wieder sah Jungkook ihn an, lächelte – fast entschuldigend jetzt – während ein sanfter Windstoß den bodenlangen Vorhang aufbauschte. Im selben Augenblick warf sich Jungkook herum, riss den torkelnden Jungen mit sich und stürzte hinaus auf den Balkon. Schüsse fielen, Glas splitterte und auch wenn Yoongi brüllte, dass sie – um Himmelswillen! – nicht schießen sollten, war es längst zu spät.

Mit einem Satz war er durch die offene Terrassentür, aber da war Jungkook mit seiner Geisel bereits am Balkongeländer.

„Man hat immer die Wahl, hm? Ich lasse sie dir. Was hältst du davon? Erschieß mich oder rette ihn – du kannst dich entscheiden." Noch während er das sagte, wich er weiter zurück und dort, keine zwei Meter von ihm entfernt, klaffte eine nur schwach gesicherte Lücke in der Brüstung, der Aufsatz fehlte, womöglich war das Teilstück bei der Installation fehlerhaft gewesen und sollte ausgewechselt werden? Auf alle Fälle war die Balkonbrüstung auf gut anderthalb Meter deutlich zu niedrig, reichte einem durchschnittlichen Mann vielleicht gerade mal bis zur Hüfte und war damit für die Höhe in der sie sich befanden weit jenseits aller Sicherheitsstandards.

„Nein", flüsterte Yoongi wie zu sich selbst, als ihm klar wurde, was das bedeutete. Nein, nein! Es war alles geplant! Dass sie ihn ausgerechnet hier finden würden, dass sie es vorziehen würden ein Leben zu retten, als ein anderes zu beenden.

Er hatte alles vorbereitet.

Mitsamt seiner benommenen Last war er an eben jenen Punkt herangerückt und hockte nun fast lässig halb auf der Kante. Hätten sie auf ihn geschossen, hätte er den Jungen – Jimin – mit sich gerissen. Aber natürlich konnte er ihn auch jetzt noch einfach hinunterstoßen, springen – was immer in seinem kranken Kopf vorging. Und so wie es aussah, hatte Jungkook auch nicht vor, sich mit weiteren Erklärungen aufzuhalten. Das taten kranke Spinner nur im Film, die erklärten, wozu das alles diente. Die Echten redeten nicht darüber, sie taten es einfach.

So wie Jungkook. Gerade noch hatte Yoongi ein bezauberndes Lächeln getroffen, dann passierte alles gleichzeitig. Der wilde Aufschrei, mit dem er sich herumwarf und dabei Jimin mit einem Ruck halb über die Brüstung stieß. Wieder knallten Schüsse. Jungkook sprang. Das weiße Laken flatterte hoch und für den Augenblick eines Wimpernschlags sah es aus, als hätte er seine Flügel ausgebreitet. Dann verlor der Stoff seine groteske Form. Schreie, spitze, panische Schreie, während sich Yoongi nach vorn warf, blindlings zupackte, nach dem hellen Umriss griff. Gleichzeitig schoss von rechts aus der Dunkelheit ein schwarzer Schemen heran und hechtete ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, ebenfalls über das unfertige Randstück. Dieselbe fließende Bewegung, als wäre er tatsächlich nur sein Schatten.

Im selben Moment wurde Yoongi mit einem Ruck nach vorn gerissen und prallte gegen die Brüstung, als das Gewicht, das er zu fassen bekommen hatte, mit einem Schlag zum Stillstand kam. Noch mehr Schreie. Vielleicht war er selbst das. Zumindest wollte das brennende Gefühl, als hätte man ihm gerade den Arm aus der Schulter gerissen, ihn schreien lassen. Der Schmerz zerschellte weißglühend in seinem Kopf und nur am Rande nahm er wahr, dass sich kalte Finger um sein Handgelenk wickelten. Kraftlos. Dann breitete sich die Taubheit in seinem Arm aus.

Panisch fasste er mit der anderen Hand nach, tastete nach irgendwas, was er halten konnte und wurde noch ein Stück weiter über den Rand gezogen. Das Metall seiner Gürtelschnalle kratzte langsam über Stein, während das Gewicht ihn beständig nach vorn zog. Mit einem verzweifelten Aufschrei grub er die Finger seiner linken Hand in weiche Haut, während sein Herz mit jedem Schlag ein dröhnendes Summen durch seinen Kopf jagte.

Hilfe.

Er brauchte Hilfe.

Und dann war es plötzlich vorbei, die Last von einem Moment auf den anderen verschwunden, sein Arm frei. Er wurde zurückgerissen, die Welt schaukelte vor seinen Augen, drehte sich einmal um sich selbst und klinkte sich schlussendlich wieder in die richtige Position ein.

Ein Gesicht tauchte über ihm auf, das lächelnden Gesicht einer jungen Frau, die schwarze Maske war hinabgeschoben. Die dunklen Augen glitzerten fast belustigt, vielleicht war das der Adrenalinrausch.

„Alles okay... Sir?"

Funkgeräte knackten, statisches Rauschen überlagert von blechernen Stimmen. Wir haben ihn. Und er lebt.

*


Mit einem säuerlichen Knurren zwängte Yoongi seine Finger unter das steife Material an seinem rechten Arm und kratzte, auch wenn er wusste, dass es das nur schlimmer machte. Das gute Gefühl würde in Sekunden weichen und dann juckte es an einer anderen Stelle, sicher an einer, an die er nicht herankam. Diese Schulter-Arm-Bandage machte ihn wahnsinnig! Und er war jetzt wirklich ganz kurz davor, das Ding notfalls mit einem Brieföffner aufzuschlitzen!

Brieföffner! Er sah sich rasch um und griff sich besagtes Gerät vom Schreibtisch, bevor er es unter die Kunststoffmanschette schob. Viel besser! Wie besessen kratzte er mit dem Metallende über die Hautstellen, an die er nicht herankam und war immer noch dabei, als ein dezentes Hüsteln von der Tür her, sein Tun unterbrach.

„Boss? Er ist jetzt hier."

„Eine Minute", gab Yoongi zurück, legte den Brieföffner wieder auf den Schreibtisch, ignorierte das unzulänglich versteckte Grinsen des jungen Beamten und folgte ihm dann. Es war das vierte Mal, dass er ein Verhör ihres Killers verfolgte. Wobei – es war nicht wirklich ein Verhör, der Mann, der bei Jungkook saß, war ein Psychologe. Nicht, dass das bisher was gebracht hätte. Er saß nur da, in der lindgrünen Gefängniskleidung, welche in ihrer Farbe seiner Gefährlichkeit nicht gerecht wurde. Aber noch galt er als psychiatrischer Sonderfall und stand damit auf der schmalen Linie zwischen Gefängnis und geschlossener Anstalt. Er saß da, an Händen und Füßen gefesselt, lächelte, während der andere Mann sprach und malte dabei mit dem Fingernagel Muster auf die Tischplatte, wobei die Ketten seiner Fesseln leise klirrten.

Zu Beginn jeder Sitzung fragt er nach Inspektor Min, aber da niemand darauf einging, schwieg er für den Rest der Zeit, lächelte, malte. Es war zum Verrücktwerden. Nein – ganz sicher war er verrückt, anders war es nicht zu erklären.

Auch jetzt warf der Arzt einen kurzen Blick auf das spiegelverglaste Fenster und Yoongi rümpfte die Nase.

„Werden Sie mit ihm reden?", fragte ein Kollege, der dem Gespräch – oder auch Nicht-Gespräch – beiwohnte und neben dem Aufzeichnungsgerät saß.

Er wollte nicht. Er wollte keinen Einblick in diesen kranken Geist, er, ganz exklusiv, weil Jungkook das so haben wollte. Aber irgendwann würde er sich wohl überwinden müssen. Dann konnte es auch gleich sein, also nickte er schwach, ohne ein Wort.

Ein zweiter Beamter huschte hinaus, im angrenzenden Raum wurde die Tür geöffnet, der Arzt informiert und Yoongi wandte sich unwillig von der Fensterfront ab. Als er den Psychiater an der Tür ablöste, wirkte der Mann fast erleichtert und auch das ging Yoongi gehörig gegen den Strich. Niemand wollte mit diesem Ding da drinnen zu tun haben. Er war nicht interessant, etwas Besonderes, oder dergleichen. Er war bestenfalls besonders krank, im schlimmsten Fall...

„Inspektor Min", hauchte der Junge und hob lächelnd den Kopf. Es war das zweite Mal, dass er heute sprach und das zweite Mal, dass dabei Yoongis Name fiel. Unterdessen musterte Jungkook die Armschiene, das Lächeln blieb, als hätte er einfach nur vergessen, es zu beenden.

„Wurden Sie schwer verletzt? Ich hoffe es bleibt keine dauerhafte Schädigung zurück, das wäre in Ihrem Beruf sicher – na ja – hinderlich?"

Yoongi antwortete nicht. Sein Gegenüber war selbst operiert worden, Metall im Oberschenkel rechts, ein komplizierte Trümmerbruch des Sprunggelenks links. Auf das Gelenk war der Mann aus der Spezialeinheit gekracht und hatte es zwischen sich und dem Balkongeländer ein Stockwerk tiefer zermalmt, als er dem Wahnsinnigen hinterhergehechtet war. Die Orthese war unter dem Overall gut versteckt, man sah nur, wenn er ging, dass er Probleme hatte. Eine einzelne Kugel hatte eine Kettenreaktion ausgelöst, den Fallwinkel verändert... so viele Zufälle.

Nachdenklich musterte Yoongi das Gesicht des Jüngeren, dann seufzte er leise. „Rede", sagte er ruhig. „Du wolltest mit mir reden, also rede. Sag, was immer du zu sagen hast. Ich gebe dir nur diese eine Chance."

Jungkooks Grinsen wurde breiter. „Ich mag Sie."

Das konnte Yoongi nicht erwidern.

Jungkook atmete tief durch und lehnte sich ebenfalls zurück, ganz so als wolle er es sich für ein Pläuschchen gemütlich machen. Sein Blick fiel auf die Kamera in der Ecke. „Ich rede mit Ihnen, erzähle Ihnen alles, was Sie wissen wollen, wenn Sie die Kamera ausmachen."

„Ganz exklusiv, hm?"

„Ganz exklusiv", bestätigte Jungkook grinsend. „Und ich hätte gerne eine Cola."

Yoongi nickte. Er bekam die Cola und kaum war der Beamte wieder aus der Tür, ging auch das kleine rote Signallämpchen der Kamera aus. Jungkook schien zufrieden, denn er nippte vergnügt an seinem Pappbecher.

„Also", begann Yoongi. „Dann erzähl mir, warum du es getan hast." Eigentlich wollte er es nicht wissen, er wollte sich keine kranken Fantasien anhören und noch weniger, wie dieser Kerl in Erinnerungen schwelgte. Doch Jungkook überraschte ihn.

„Weil ich es tun wollte", sagte er trocken, spielte ein bisschen mit seinem Becher und nahm noch einen Schluck. Jetzt war seine Miene völlig ernst, das ganze neckische Geplänkel war schlagartig vorbei und etwas Kaltes und Grausames trat in seinen Blick.

„Der Doc sagt ich bin verrückt. Ich denke er hat Unrecht", erklärte er.

„Ja? Was bringt dich zu der Erkenntnis?"

Jetzt verzog er abfällig das Gesicht. „Sie halten mich auch für verrückt", stellte er fest. „Aber ich weiß, was ich getan habe. Ich weiß, welche Konsequenzen es hat und... ich bereue dennoch nichts. Ist das krank?"

„Ich bin kein Arzt, ich maße mir nicht an das zu beurteilen", gab Yoongi ruhig zurück und Jungkook nickte, dann zwinkerte er ihm jovial zu und kurzzeitig verzog sich sein Mund zu einem Grinsen. „Smart", ließ er ihn wissen und alles Hübsche verflog wieder.

„Ich habe es genossen", sagte er dann, sah Yoongi geradewegs an, nippte an seiner Coke und hoffte wohl auf irgendeine Reaktion. „Und ich werde es immer wieder tun, wenn ich die Gelegenheit dazu bekomme."

Yoongi schüttelte verärgert den Kopf. Warum musste er sich dieses Palaver anhören? Er wollte nicht hier sein, wollte nicht sein Freund sein, dem er alles erzählte. Kurz sah er ihn an „Okay, ich halte fest, du hast es gerne getan, du bereust es nicht, du würdest es wieder tun – was willst du mir sagen, oder war das schon alles?"

Mit einem Ruck lehnte sich Jungkook nach vorn und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. „Ich wollte nur, dass Sie die Wahrheit wissen. Für all die Mühe und Arbeit, die Sie sicher hatten, die schlaflosen Nächte – doch, ich finde das sollte honoriert werden. Sie haben die Wahrheit verdient."

Das war genug, verärgerte rückte Yoongi seinen Stuhl zurück, stand auf und wandte sich wortlos zum Gehen. Jungkooks Stimme folgte ihm.

„Haben Sie für oder gegen die Todesstrafe gestimmt, Inspektor?"

„Dagegen", nochmal sah er zu dem jungen Mann zurück. Er würde ihn nicht als Gewinner zurücklassen.

Jungkooks Mundwinkel zuckte belustig. „Bereuen Sie es?"

„Nein." Abrupt wandte sich Yoongi ab, gab per Handzeichen das Signal, dass die Tür geöffnet werden sollte und als sie mit einem Summen aufsprang, begann Jungkook hinter ihm laut zu lachen.

„Lügner!", rief er ihm nach und lachte noch mehr.

Später, viel später, als Yoongi, eine Zigarette in der Hand auf dem winzigen Balkon seiner Wohnung stand und in die Nacht hinausstarrte, hatte sich das unzufriedene Gefühl in ihm längst manifestiert und sich wie ein Eisklumpen in seinen Magen gelegt. Jungkook hatte gewonnen. Nichts von dem, was er gesagt hatte, würde von Bedeutung sein, weil es keine Aufzeichnung davon gab, am Ende würde er als nicht schuldfähig in einer Klinik landen und sich vermutlich köstlich über den heutigen Tag amüsieren.

Scheiße. Mit einem gezischten Fluch schnippte er die Kippe in die Nacht, verließ die Wohnung wieder und sprang in sein Auto. Er sollte das nicht tun, es war unprofessionell, trotzdem jagte er den Wagen quer durch die Stadt, klemmte seine Polizeikennung hinter die Windschutzscheibe, um direkt vor dem Krankenhaus parken zu können und trat durch die Türen. Er mochte keine Krankenhäuser, aber wer mochte sie schon. Und er sollte nicht hier sein, schon gar nicht um diese Zeit, wobei seine Dienstmarke ihm trotzdem Zugang verschaffte.

Am Ende stand er in der halbgeöffneten Tür eines Patientenzimmers und haderte mich sich selbst.

„Inspektor?"

Verdammt! Er war sich ganz sicher gewesen, dass der Junge schlief, aber als er den Kopf hob starrten ihn dunkle Augen angstvoll an.

„Tut mir leid. Ich wollte nicht-", setzte er an und brach wieder ab, als er sah wie Jimin fröstelnd die Arme um seinen Körper schlang.

„Sie können reinkommen", flüsterte er mit weinerlicher Stimme.



~FIN~




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