
Kapitel 7
Sie mussten den Fleck einige Male behandeln, bis er endlich nur mehr leicht zu sehen war. Das restliche Zimmer hingegen war schnell sauber und auf Vordermann gebracht. Scheinbar hatte sich Eraserhead sofort hingelegt, nachdem er sich von den anderen isoliert hatte, da sonst nirgendwo Blut klebte. Mittlerweile war es längst Nachmittag geworden, als Toshinoris Handy endlich klingelte und sich ein müde und heiser klingender Hizashi meldete. Aufmerksam lauschte der hagere Mann den Worten des Kollegen, ehe er auflegte und die Schüler versammelte, die an diesem Tag allesamt nicht sehr energiegeladen und ziemlich besorgt schienen. Der Anblick denn Eraser ihnen gestern geboten hatte, ließ ihn das nur zu gut verstehen. Wer konnte im Moment auch an etwas anderes denken? Vor allem, weil ihnen viele Fragen durch den Kopf schossen, aber niemand es wagte sie laut auszusprechen. Nun hatten sie alle die Hoffnung, dass manche davon sich klärten.
Er brauchte einen Moment um sich zu sammeln, ehe er die richtigen Worte fand um die Lage zu erklären. Natürlich brannten die Schüler alle darauf zu erfahren, wie es Aizawa ging und sie hatten ein Recht darauf, es zu hören. Er wollte ihnen nichts von dem Verschweigen, was Present Mic ihm erzählt hatte, auch wenn es nicht einfach war, darüber zu sprechen. „Nun", startete Yagi und holte tief Luft, „es stand zwar zuerst sehr schlecht um ihn, aber da er rechtzeitig gefunden wurde, konnten sie ihn noch durch eine Notoperation und Bluttransfusionen retten. Er befindet sich auf dem Weg der Besserung und ist stabil, aber noch immer bewusstlos. Neben der tiefen Stichwunde, die ein paar Organe verletzt hatte, waren ein paar Knochen gebrochen und ... naja, er hat ziemlich viel abbekommen da draußen. Recovery Girl ist zum Glück auf schon auf dem Weg." Er wollte sich nicht zu sehr mit einem Diagnosebericht aufhalten, da die Liste sich ziemlich lang angehört hatte und er nur das Notwendigste erzählen wollte.
Nur eines erschien ihm noch sehr wichtig, von den Dingen, die Yamada ihm erzählt hatte, schließlich war es etwas, was vielen dabei helfen könnte, die Sache etwas leichter zu nehmen und besser zu verstehen. Etwas, was viele sich seit gestern wünschten. Toshinori holte erneut tief Luft. „Außerdem haben sie in seinem Blut Spuren einer Macke gefunden, die sich wohl auf die Gedanken und Emotionen auswirkt, verstärkt und den Getroffenen stark in seinem Handeln und Denken beeinflusst." Laut Yamada sprachen die Ärzte sogar von Depressionen, die ausgelöst oder verstärkt werden könnten. Zumindest erklärte dies in den Augen des großen Mannes das Verhalten seines jüngeren Kollegen. Wieso die Zusammensetzung dieser Macke bereits aktenkundig war, wollte man ihnen jedoch nicht erzählen.
Diese Macke hatte Aizawa einfach dazu getrieben sich zu verkriechen, anstatt sich behandeln zu lassen. Eine Erklärung, die alles etwas leichter machte, auch wenn sich Yagi bewusst war, dass Aizawa schon zuvor wohl unter gewissen Gefühlen und Emotionen gelitten haben musste, wenn es für Hizashi normal war, dass sich sein Freund einschloss und es auch andere Anzeichen gab. „Es ist also wichtig, dass ihr euch selbst auch im Blick behaltet, sollte jemand von euch ebenso von dieser Macke erwischt worden sein. Sobald er aufwacht oder es andere Neuigkeiten gibt, meldet sich Present Mic wieder. Bis dahin habt ihr heute erst einmal frei. Morgen werden wir weitersehen", schloss Toshinori ab. Solange sich auch Nedzu oder sich sonst niemand meldete, der das Trainingscamp abbrechen würde, musste er erst einmal alleine weitersehen, wie er mit 21 Jugendlichen zurechtkam. Bei dem Haufen war es auch kein einfaches Unterfangen, aber es war besser, wenn Hizashi bei Shota im Krankenhaus blieb, bis dieser wieder zu Bewusstsein kam und nicht auf die Idee kommen konnte, das Krankenhaus frühzeitig zu verlassen. Vor allem sollte er nun nicht allein sein, sobald er wach wurde.
Während All Might gesprochen hatte, war Shinsous Blick langsam zu seinen Händen geglitten. Obwohl sie längst sauber waren und nicht ein Fleck daran erinnerte, womit sie befleckt gewesen waren, hatte er immer noch das Gefühl, dass das getrocknete Blut seines Lehrers darauf klebte. Auch dessen Blick ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. So verzweifelt und gequält. Der Mann, zu dem er aufsah, war ihm wie ein gebrochenes Häufchen Elend vorgekommen. Der Junge konnte nicht wirklich benennen, wieso ihn das alles so mitnahm. Weil er noch nie so viel Blut gesehen hatte? Weil der Mann, den er für so stark hielt, durch eine Macke kaputt gegangen war? Weil der einzige Mensch, der ihm je eine Chance ermöglicht hat, gleich nebenan im Sterben gelegen hatte? Vielleicht war es auch einfach alles davon, das ihn so fertig machte, vor allem hatte er bis eben gar nicht gewusst, dass eine Macke schuld an dem Zustand gewesen war. Doch das Wissen darum, machte es auch nicht einfacher.
„Hörst du, Shinsou! Rechtzeitig gefunden! Das bedeutet, dass du Aizawa-Sensei gerettet hast." Denki riss den Dunkelvioletthaarigen aus den Gedanken und klopfte ihm breit grinsend auf die Schulter. „Klasse gemacht, Mann! Du bist ein echter Held!"
Kurz drauf bedankte sich jeder einzelne der 1A bei ihm dafür, dass er die Bitte eines anderen Lehrers gebrochen hatte und nach Eraserhead gesehen hatte. Manche gaben auch zu, dass sie sich das niemals getraut hätte, aus Angst, dass ihr Klassenlehrer sie sonst von der Schule werfen würde. Schließlich musste es ja einen Grund haben, weswegen sogar Mic darum bat, den Löschungshelden in Ruhe zu lassen. Wer hätte denn damit rechnen können, dass er so schwer verletzt worden war? Niemand außer dem Neuzugang der Klasse hatte es mitbekommen.
Der Junge selbst wusste allerdings nicht, ob er sich wirklich als Held fühlen sollte. Er hatte seiner Meinung nach nichts Heldenhaftes vollbracht, und war nur einem Bauchgefühl nachgegangen, und das viel zu spät. Viel lieber wäre es ihm gewesen, wenn sein Lehrer nur geschlafen, und er ihn zusammengestaucht hätte, weil er ihn geweckt hatte. Dann wüsste er zumindest, dass er immer noch jederzeit an seine Tür klopfen und mit ihm reden konnte, so wie er es ihm zu Beginn ihres Trainings angeboten hatte. Er könne mit allen Problemen und Zweifeln zu ihm kommen. Er würde zuhören. Shinsou hatte sich von einem Erwachsenen noch nie so verstanden gefühlt, umso mehr tat es weh, dass dieses Loch, das es in ihm gab, seit sich seine Macke manifestiert hatte, noch etwas größer geworden war.
Wie sollte man schließlich mit der Nachricht umgehen, dass die Fähigkeit eines Schurken daran schuld war, dass sie fast alle ihren Klassenlehrer verloren hätten? Für manche wurde die Situation somit zwar verständlicher, doch Hitoshis Sorgen blieben nach wie vor. Schließlich hatte er durch das Training mehr Kontakt mit Aizawa als die anderen und kannte den Undergroundhero ein bisschen besser. Er wusste, wie viele Sorgen sich der Dunkelhaarige ständig um alle machte, auch wenn er nicht oft mit ihm darüber sprach. Shinsou konnte es allerdings sehen und spüren. Aus diesem Grund klang diese Macke für ihn auch nur wie eine Ausrede, um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, dass etwas, was irgendwann passiert wäre, nur früher eingetroffen war. Dieser Gedanke machte ihm Angst.
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