83 - Unglaube
»Nein.«
»Nein!« Eren erhob sich plötzlich schwungvoll vom Boden und drehte sich in einer ruckartigen Bewegung weg. »Nein, Finn!« Ich konnte Eren brodelnde Wut spüren, wodurch sich meine Arme automatisch um meinen Bauch legten.
»Hör mir zu, Eren. So weit hergeholt ist es gar nicht...«, flüsterte ich tatsächlich von seinem plötzlichen Wutausbruch eingeschüchtert. So schnell so wütend hatte ich ihn selten erlebt.
»Nein, Finn. Du hörst mir zu! Ich weiß, dass du nicht wahrhaben möchtest, dass wir zusammengehören, aber dass du es jetzt deinen ungeborenen Kindern in die Schuhe schieben möchtest, ist unter aller Sau!«, brüllte Eren und baute sich dabei beängstigend vor mir auf. Sofort wich ich etwas von ihm zurück.
»I-ich dachte, du akzeptierst Eliah und mich...«, flüsterte ich tonlos und ließ den Kopf beschämt hängen.
»Das habe ich gesagt, aber doch nur, weil er mich sonst nicht in deiner Nähe gelassen hätte! Finn, wir sind Gefährten und früher oder später wirst du das auch merken!«
»Wir sind keine Gefährten, Eren!« Ich konnte nicht anders als ihm das unverblümt an den Kopf zu schmeißen.
»Doch!«
Ich wich weiter von ihm zurück, zitterte bereits aus Angst und drehte mich leicht von ihm weg in der Hoffnung so von ihm wegkommen zu können.
Was war nur los mit Eren?
Und wo war Eliah?
Mein Gefährte kam genau in diesem Moment zur Tür herein und stellte sich sogleich schützend vor mich, was Eren verächtlich schnauben ließ.
»Der super tolle Gefährte kommt zur Rettung.« Er rollte genervt mit den Augen und richtete sich etwas auf. »Du bist mit Abstand das schlimmste, was Finn jemals passieren konnte. Nicht nur, hast du ihn einfach vergessen. Nein, selbst vorher hast du ihn immer schlecht behandelt. Jemand wie du hat es nicht verdient einen Gefährten zu haben. So einen wie Finn sowieso erst gar nicht. Du wirst ein grausamer Vater sein und ich wünsche dir, dass deine Kinder dich nie lieben.«, spuckte Eren Eliah vor die Füße.
Seine Augen glänzten angriffslustig.
Aus Angst, Eliah könnte ihn gleich angriffen, griff ich nach seinem Arm, schmiegte mich von hinten an seinen Körper und versuchte ihm damit verständlich zu machen, dass er ruhig bleiben musste.
Meiner Meinung nach stand Eren unter Schock. Immerhin veröffentlicht man als bester Freund nicht alle Tage, dass eines der ungeborenen Kinder, womöglich sein Gefährte war.
Nur deswegen redete er so. Nur deswegen provozierte er seinen Alpha dermaßen.
Eliah blieb jedoch tatsächlich weitestgehend ruhig.
»Eren, beruhig dich.« Eliahs Alphastimme hallte durch das Zimmer und ich konnte Erens darauffolgende Gänsehaut bis hier sehen.
»Ich weiß, wie du Finn gegenüber empfindest. Glaub mir, ich empfinde genauso. Jedoch sind deine Gefühle erst gewachsen, stimmts? Sie waren nicht von Anfang an so stark.«, sprach Eliah beruhigend auf Eren sein.
Dieser nickte nach einigen Augenblicken zögerlich.
»Sie werden von Tag zu Tag stärker, stimmts?« Wieder ein Nicken.
»Du magst seinen Bauch, stimmts? Dir gefällt die Kugel?« Auch diesmal nickte mein bester Freund, die Augen immer noch angriffslustig am funkeln.
»Finn ist aus Schmerzen zusammengebrochen als ich dich angegriffen habe. Nicht, weil er die Schmerzen gespürt hat, sondern das Babys, welche sich wiederum auf Finn projiziert haben. Er genießt deine Nähe, weil das Baby deine Nähe genießt. Er empfindet dir gegenüber so, weil das Baby dir gegenüber so empfindet. Deine Gefühle werden von Tag zu Tag stärker, weil dieses Babys, dein Gefährte oder deine Gefährtin, von Tag zu Tag wächst und wiederum selbst immer größere Gefühle für dich entwickelt.«
Erens Augen funkelten auch weiterhin angriffslustig. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und die Wut pulsierte offensichtlich in seinen Adern.
»Ich glaube dir nicht. Du willst mich nur von Finn fern halten.«, kam es mit verzerrter Stimme von Eren, dessen Wolf, der nah an der Oberfläche saß, deutlich sichtbar war.
»Nein, Eren. Das möchte ich nicht. Eher im Gegenteil. Finn braucht deine Nähe. Das Baby braucht sie. Du... musst sogar in seiner Nähe sein, damit sich das Baby bestmöglich entwickeln kann.«, redete Eliah weiterhin auf ihn ein.
Ich klammerte mich fester an meinen Gefährten.
Erens Reaktion verunsicherte mich ungemein und machte mir unglaublich Angst. Ich erkannte meinen besten Freund nicht mehr wieder.
»Und du lässt das zu?« Skeptisch beobachtete Eren Eliah durch zusammengekniffene Augen und zog eine Augenbrauen abschätzig nach oben.
Eliah zögerte etwas ehe er nickte. »Meinem Kind zu liebe, ja.«
Erens Ausdruck änderte sich daraufhin sichtbar und ein freches Grinsen trat auf seine Lippen.
»Ich möchte mit ihm schlafen.«
Ich dachte mir fallen die Augen aus dem Kopf. Was hat er gerade gesagt? Spielten mir meine Ohren wieder einen Streich?
Was??
»Was?!«, kam es auch von Eliah, der sich bei Erens Anfrage augenblicklich anspannte.
Das war dann doch zu viel des Guten.
Es überraschte mich sowieso, dass Eliah selbst noch ruhig geblieben als Eren ihn als schlechten Vater beschimpft hatte. Immerhin wusste ich, dass Eliah sich genau darüber bereits Sorgen machte.
Eliah ballte seine Hände ebenso zu Fäusten und richtete sich weiter auf, sodass der Größenunterschied zwischen ihm und Eren noch deutlicher wurde.
»Du hast mich schon verstanden.«, funkelte Eren und richtete sich ebenfalls weiter auf. Dennoch erreichte er Eliahs Größe nicht.
»Nein! Das wird nicht passieren!«, knurrte Eliah, sein Wolf deutlich an der Oberfläche.
»Du hast selbst gesagt, dass ich ihm nah sein soll. Noch näher kann ich ihm nicht kommen. Das wäre eine win win Situation für alle.«, erklärte Eren sachlich und wirkte dabei beinahe als wolle er uns ein neues Produkt verkaufen. Viel zu oberflächlich und nicht so als würde sie gerade über etwas so intimes sprechen.
Eliah schnaubte. »Nein! Er ist mein Gefährte!«
»Ja und mein Gefährte ist in ihm. Da wäre es nur fair, wenn ich auch in ihm wäre.«, knurrte Eren daraufhin und plusterte sich beängstigend auf.
Seine Worte trieben mir augenblicklich die Tränen in die Augen und mit einem leisen Schluchzen presste ich mich an Eliahs Rücken.
Wie konnte Eren so über mich sprechen?
Ich dachte wir waren Freunde? Wie konnte er mit Eliah über so etwas diskutieren? Wieso dachte er überhaupt, dass er mit Eliah darüber diskutieren musste? Immerhin ging es um mich.
Ekel stieg in mir auf und nur schwer konnte ich den plötzlich Brechreiz unterdrücken.
Eliah spürte sofort, dass es mir schlagartig schlechter ging und zog mich sofort in seine schützenden Arme.
Eliah würde nie zulassen, dass Eren mit mir schlief.
Ich wusste nicht, ob ich darüber froh sein sollte oder nicht.
Der Gedanke mit Eren–
Nein, das war falsch.
Eliah und ich würden unglaubliche Schmerzen haben, wenn ich tatsächlich mit Eren schlafen würde. Deswegen war das nicht einmal eine Überlegung wert.
»Hörst du dir überhaupt selber zu?! Hörst du, was du da sagst?! Du kannst dich ihm nicht einfach aufzwingen! Du kannst nicht mich um Erlaubnis fragen, wenn es um ihn geht!«, knurrte Eliah mit seiner Alphastimme und abermals war ich doch froh, noch kein Teil seines Rudels zu sein.
Daraufhin wurde es still.
Eliahs und Erens Herzschläge rasten im Gleichschritt, während mein leises Schluchzen die Stille ab und an durchbrach.
Eliah strich weiterhin beruhigend über meinen Rücken und drückte mich an sich, während an ihm festklammerte.
Ich wusste, dass die beiden Männer gerade ein zorniges Blickduell ausfochten.
Bis sich die Atmosphäre schlagartig änderte.
»Finn, ich– Fuck, das tut mir leid. Finn, es tut mir so leid.«
Die Wut war urplötzlich aus seiner Stimme verschwunden und ich spürte, wie er näher an mich herantrat. Eliah spannte sich immer weiter an, rückte jedoch nicht zurück oder hielt Eren von mir fern.
Stattdessen hielt er mich fest bei sich und gab mir damit Kraft.
»Finn...« Seine Hand, die er auf meine Schulter legte, jagte einen angenehmen Schauer durch meinen Körper, was mich leise aufseufzen ließ.
Zögerlich löste ich mich etwas von Eliah, der mich dabei skeptisch beobachtete, und wand mich, weiterhin sicher in den Armen meines Gefährten, Eren zu.
Ein schuldbewusster Ausdruck lag auf seinem Gesicht und seine Augen schimmerten vor Reue. Ich kannte diesen Ausdruck und ich wusste, dass es ehrliche Gefühle waren. Eren spielte mir keine falsche Reue vor.
Ich wusste, dass er nichts davon ernst gemein hatte und auch wenn er mich und auch Eliah damit verletzt hatte, musste ich nachsichtig mit ihm sein.
Er wusste ja auch nicht, was hier los war. Plötzlich zu erfahren, dass man einen ungeborenen Gefährten hatte, das Gefühl konnte ich mir gar nicht vorstellen.
»Finn... ich–« Er stoppte sich selbst, konnte mir nicht einmal richtig in die Augen schauen.
»Eren, ich... werde nicht mit dir schlafen. Niemals. Aber... ich will dich bei mir haben... Nah bei mir. Ok?«
Eren, der von meinen Worten sichtlich überrascht war, begann sofort energisch zu nicken. Eliah dagegen spannte sich weiter an, sagte jedoch nichts.
Eren legte seine Hände daraufhin mit einem breiten Lächeln und glitzernden Augen auf meine Wangen und näherte sich unmissverständlich meinem Gesicht. Doch bevor seine Lippen auch nur in die Nähe meiner kamen, ging Eliah mit einem tiefen Knurren dazwischen.
»Das ist dann zu nah!«
Eren zog die Nase genervt kraus, ehe er mit den Augen rollte und mir stattdessen einen Kuss auf die Stirn drückte.
»Damit das hier funktionieren kann, brauchen wir Regeln.«, dirigierte Eliah und ich stimmte ihm sofort zu.
Auch Eren nickte nach kurzem Zögern.
»Erstens, kein Sex, keine Küsse auf die Lippen, keine nackten Körper. Wenn du Finn auch nur einmal sexuell nah kommst oder ihn bloß nackt siehst, schwöre ich dir reiße ich dir ohne etwas zu hinterfragen sofort den Kopf ab. Er ist mein Gefährte. Das alles sind meine Privilegien.«, machte Eliah sofort seinen Standpunkt klar.
Eren zog dabei die Nasen abermals kraus. »Und was darf ich dann?« Er rollte deutlich mit den Augen.
Eliahs Blick fiel bei dieser Frage auf mich. Seine eisblauen Augen sahen mir abwartend und aufmunternd entgegen. Es freute mich sehr, dass Eliah mir die Entscheidung überließ, statt über meinen Kopf hinweg zu entscheiden, wie Eren es versucht hatte.
Mit einem kleinen Lächeln lehnte ich mich weiter an meinen Gefährten.
»Kuscheln. Viel kuscheln. Und ich hätte dich auch gerne nachts da. Die Kleinen sind nachts besonders aktiv, vielleicht beruhigt es deinen Gefährten, wenn du da bist. Dann kann ich vielleicht auch mal wieder eine Nacht durchschlafen.« Ich kicherte leise und strich unterbewusst über meinen Bauch. Eliah tat es mir sofort gleich.
Eren nickte mit gehobenen Mundwinkeln und wirkte damit tatsächlich zufrieden.
»Was umfasst "nackt"?«, hinterfragte Eren als Eliah ihn fragte, ob wir eine Abmachung hatten.
Eliah zögerte etwas bevor er nach einem kurzen Blick zu mir antwortete. »Alles was weniger als eine Boxershorts ist.«
»Also kann ich seinen Bauch sehen?«
Diese Frage lockte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen.
Jep, Eren war wirklich vernarrt in die Kugel.
»Von mir aus ja. Finn?« Fragend sah Eliah mich an und als ich ebenfalls meine Zustimmung gab, grinste Eren noch breiter.
»Gut, abgemacht.«
Er hielt Eliah mit einem schelmischen Gesichtsausdruck die Hand entgegen, die mein Gefährte auch ergriff.
Ich kannte diesen Gesichtsausdruck bei Eren und ich wusste, dass er normalerweise nichts Gutes bedeutete.
Ich musste später dringend ein Gespräch unter vier Augen mit meinem besten Freund führen.
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