77 - Schock
Ich zuckte sofort zurück. Seine Worte hallten laut in meinen Ohren und mein Herz, das mir bis zu Hals schlug ließ das Blut laut rauschen.
»E-eliah?«, keuchte ich schmerzhaft und rutschte automatisch noch ein Stück weg.
Meine Hand legte sich schützend vor meinen Bauch, ehe ich mich aufsetzte und auf meinen Gefährten hinunter sah, der blinzelnd die Augen öffnete.
Ein Brummen kam von ihm, ehe er sich durchs Gesicht fuhr und schlussendlich seine schönen blauen Augen ganz öffnete.
Sein Blick fiel auf mich. Kurz musterte er meine Erscheinung, bevor er seine Augen über den Raum streifen ließ.
Ich spürte eindeutig seine Verwirrung.
»Wo bin ich? Wo ist Emilia?«, fragte er weiterhin mit rauer Stimme. Seine Aufmerksamkeit galt allem außer mir, während er sich schwerfällig aufsetzte.
Ich versuchte den Schmerz, den seine Worte verursachten zu ignorieren. Er war im Delirium. Er musst erst ankommen, dann würde sich das alles klären.
Sofort griff ich nach der Wasserflasche, die in Reichweite stand, und reichte sie Eliah, der sie mit einem stumpfen Nicken entgegennahm.
»Du kannst dich an nichts erinnern?«, fragte ich vorsichtig und kassierte ein schnauben von Eliah und eine hochgezogene Augenbraue.
»Sonst würde ich wohl nicht fragen, wo ich bin.« Er schob seine Beine über die Bettkante und hielt sich mit zitternden Muskeln am Krankenbett fest. »Wer bist du überhaupt? Du bist kein Teil meines Rudels.«, kam es gleichgültig von Eliah, ehe er die Kraft gefunden hatte sich auf seine Beine zu hieven.
Ich schnappte schmerzhaft nach Luft und versuchte die seit seinem ersten Wort aufkeimenden Tränen zurückzuhalten.
»Ich bin Finn.«, flüsterte ich leise, nicht fähig ihn anzusehen. »Dein Gefährte.«
Spätestens jetzt schwappten die Tränen über und liefen stumm meine Wangen hinunter. Leise tropften sie auf den Pullover, der meinen Bauch vor Eliah verdeckte. Meine Arme hatte ich fest darum geschlungen um meine Jungen bestmöglich beschützen zu können.
Stille folgte auch meine Offenbarung, ehe sich eine von Eliahs Händen in mein Sichtfeld schob. Vorsichtig legte sie sich auf mein Knie und augenblicklich durchfuhr mich eine angenehme Wärme.
»Du bist mein Gefährte?«, fragte Eliah sichtlich verwirrt und ich konnte nur nicken.
Seine eisblauen Augen sahen mir ausdruckslos entgegen, ehe er sich plötzlich schwungvoll wegdrehte.
»Das kann nicht sein. Du lügst.«, knurrte er und abermals schnappte ich schmerzhaft nach Luft, während ich versuchte rational zu denken.
Eliah war lange ohnmächtig gewesen und ich erinnerte mich wage daran, dass Luise erzählt hatte, das Eliah damals auch ohne Erinnerungen aufgewacht war.
Es war nur eine Frage der Zeit bis er sich wieder an alles erinnern konnte.
Bis dahin musste ich durchhalten und ihm helfen seine Erinnerung wieder zu finden.
»N-nein. Ich lüge nicht.« Zögerlich griff ich nach dem Halsausschnitt des Pullovers und zog ihn soweit weg, dass mein Mal sichtbar wurde.
Eliah, der mittlerweile einige Meter zwischen uns gebracht hatte, kam langsam wieder auf mich zu. Sein Blick lag neugierig auf seinem Biss.
Einige Sekunden kam Stille auf, ehe Elias sich räusperte.
Sein Hals musste nach der letzten Wochen ohne zu sprechen weh tun.
»Ich weiß, dass du nicht lügst.«, flüsterte Eliah ohne den Blick von seinem Biss zu nehmen. »Ich wünsche es mir einfach nur.«
Schmerzhaft biss ich mir auf die Lippe und senkte den Blick. Meine Arme weiterhin fest um meinen Bauch. Nur schwer konnte ich ein Schluchzen zurückhalten.
Ich wollte mich doch nur in seine Arme werfen, ihm nah sein und ihm stolz meinen Bauch präsentieren.
»Hör auf traurig zu sein, dass wirkt sich auf mich aus.«, kam es forsch von Eliah. Ruckartig drehte er sich wieder weg und brachte etwas Abstand zwischen uns.
»Du sagst mir ins Gesicht, dass du dir wünschen würdest, dass ich nicht dein Gefährte wäre und verlangst dann noch, dass ich nicht traurig bin.«
Ich schnaubte genervt und rutschte vom Bett. Der Omega in mir jaulte schmerzhaft auf und eigentlich hätte ich auch nichts gesagt, aber seine Ignoranz machte mich rasend. Sein Pech, wenn er meint sich mit einem schwangeren, ehemaligen Beta anlegen zu müssen.
Ich wollte schon fortfahren, da fiel Eliah mir ins Wort.
»Natürlich wünsche ich mir, dass du nicht mein Gefährte wärst! Du bist ein Mann. Ich bin nicht schwul. Außerdem, wie soll ich da jemals Kinder bekommen?! Ich brauche einen Nachfolger!«, brüllte er in einer erschreckenden Lautstärke und ungewollt zuckte ich zurück.
Bei diesem Eliah war ich mir nicht sicher, ob er mich nicht vielleicht doch verletzt würde.
»Rede nicht so.«, flüsterte ich kaum hörbar. »Du bekommst Kinder, Eliah. Ich... ich kann schwanger werden...« Ich wusste nicht, warum ich ihm nicht sagte, dass ich bereits schwanger war.
Aber die Angst vor ablehnenden Worten unseren Kindern gegenüber war viel zu groß. Gegen mich konnte er sagen was er wollte, aber unsere Kinder musste ich davor beschützen.
Eliahs Blick lag nichts sagend auf mir, ehe er abermals auf mich zu kam. Ich konnte nur zurückweichen und zog den Stoff weiter schützend über meinen Bauch ziehen und meine Arme fest darumwickeln.
»Du kannst Kinder bekommen?«, fragte er leise und trat so nah an mich heran, dass wir uns beinahe berührten, ohne darauf zu achten, dass ich vor ihm zurückgewichen war.
Ich konnte nur nicken und festigte meinen Griff um meinen Bauch.
»Finn, oder?«
Eliah richtete sich wieder etwas auf und ließ seinen Blick durch den Raum wandern.
»Was ist passiert?«, fragte der groß gewachsene Alpha ohne mich dabei direkt anzusehen.
Kurz zögerte ich, ob ich ihm die Wahrheit sagen sollte und entschied mich schlussendlich dagegen. Ich wusste nicht, wie seine Reaktion darauf ausfallen würde. »Du hattest einen schweren Kampf und warst etwa drei Wochen ohnmächtig.«
Sein durchdringender Blick fiel auf mich und es wirkte als würde er nachdenken. Kurz sah er aus dem Fenster in die dunkle Nacht hinaus, ehe er sich räusperte.
»Du warst immer hier, oder? Ich kenne das Gefühl irgendwie. Du bist so... vertraut.«
Ich nickte leicht. Wenigstens hatte er mich nicht vollends vergessen.
»Wo ist Emilia?«, fragte Eliah wieder und klang dabei unglaublich erschöpft. Er lehnte sich gegen das Bett und wenige Augenblicke später setzte er sich direkt darauf.
Den unglaublichen Schmerz, den seine Frage auslöste, konnte ich nicht ignorieren, weshalb ich keuchend einen Schritt zurück machte.
»Hättest du wirklich lieber Emilia als deine Gefährtin?«, fragte ich schluchzend und krallte meine Hände in den weichen Stoff meines Pullovers.
Eliah sah bei meiner Frage auf, sah direkt zu mir. Seine eisblauen Augen wirkten matt und er musste unglaublich müde sein. Er wirkte so erschöpft.
»Nein... ich denke nicht..., aber ich kenne dich nicht und sie schon. Ich würde gerne ein vertrautes Gesicht sehen.«, antwortete Eliah mit leiser Stimme.
Ich kenne dich nicht
Schmerzhaft biss ich mir auf die Lippe und wich abermals etwas zurück.
»I-ich sch-schau, ob i-ich sie finden k-kann.«, kam es brüchig über meine Lippen, ehe ich wie von der Tarantel gestochen das Zimmer verließ.
Die anhaltenden Tränen verschleierten meine Sicht und verlangsamten dadurch meine Schritte. Ich durfte nicht fallen. Ich musste auf meine Kinder aufpassen.
Schluchzend bahnte ich mir meinen Weg durch die kalte Nacht. Der Wind pfiff erbarmungslos an mir vorbei und erschütterte meinen Körper mit Zittern. Ich wusste nicht, wo ich Emilia finden sollte und eigentlich wollte ich sie auch gar nicht finden. Ich wollte nicht, dass sie zu Eliah ging. Wer weiß was dann vielleicht passieren würde.
Keuchend und von der Kälte gebeutelt, klopfte ich mit zitternden Händen weniger energisch als gewollt gegen die Tür. Dass ich auch hätte klingeln können, kam mir gerade gar nicht in den Sinn. Stattdessen klopfte ich mit einer Intensität, dass meine Fingerknöchel zu schmerzen begannen.
Als endlich ein Licht im Hausinneren zu sehen war, atmete ich erleichtert auf, und als Jims verschlafenes Gesicht erschien, konnte ich ihm nur schluchzend in die Arme fallen.
Es war das erste Mal, dass ich ihn seit unserer peinlichen ersten Begegnung als er mich nackt über seine Schulter getragen hatte, berührte.
»Woah Finn.«, kam es überrascht von Jim, ehe er seine Arme fest um mich legte. Ich drückte mich an ihn, weinte hemmungslos in sein Oberteil und schaffte es nicht auf nur ein Wort über die Lippen zu bringen.
Ich bemerkte kaum, wie Jim mich hochhob und ins Hausinnere brachte.
»Finn, was ist los?« Der nüchterne, distanzierte Ton, den Jim mir gegenüber sonst immer hatte, war weit gefehlt und stattdessen schwang eindeutige Sorge in seiner Stimme mit.
Er wusste genauso gut wie ich, dass ich nicht wegen einer Lappalie zu ihm kommen würde.
Eigentlich würde ich unter anderen Umständen nie freiwillig zu ihm gehen.
»E-eliah erinnert sich ni-nicht mehr. E-er k-kennt m-m-mich nicht mehr. E-er weiß nichts m-mehr von un-unseren Ki-kindern...«, schluchzte ich nicht sicher, ob er mich verstanden hatte.
»Er erinnert sich nicht an dich?«, fragte Jim perplex und drückte mich nochmals fester an sich. Ich nickte schwerfällig gegen seine Brust.
»E-er will E-emilia sehen, weil er eine be-bekannte Person sehen möchte.«
»Du willst nicht, dass Emilia zu ihm geht, deswegen bist du zu mir gekommen.«, brachte Jim es direkt auf den Punkt und energisch nickte ich.
»Ich ziehe mir kurz etwas an. Soll ich dich zu Bernard bringen? Oder zu Eren? Melinda ist oben bei Henrik.«
Ein gestottertes Eren kam über meine Lippen, Jim nickte und ließ mich einige Minuten allein im Flur stehen, ehe er angezogen wieder die Treppe hinunterkam.
Er schenkte mir ein schmales Lächeln und gemeinsam traten wir wieder in die kalte Nacht hinaus. Bernards Haus war von Jim zum Glück nicht sehr weit weg, weshalb wir schnell dort ankamen.
Jim begann gnadenlos Sturm zu klingeln bis wenige Augenblicke später ein wütender Eren, die Haustür aufriss.
Sein genervter Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig in einen besorgten, ehe er seine Arme für mich öffnete und ich mich schluchzend hineinfallen ließ.
Die gewohnte Umarmung ließ mein aufgewühltes Inneres etwas zur Ruhe kommen.
»Mach dir keine Sorgen, Finn. Er wird sich wieder erinnern und ich werde ihm dabei gehörig auf die Sprünge helfen.«, versprach Jim und drückte meine Schulter sanft, bevor er sich verabschiedete und verschwand.
Eren hob mich auf seine Hüfte und trug mich durch das Haus bis wir einen Raum betraten, der stark nach Eren roch. Dem weichen Bett nach zu urteilen, auf dem er mich niederließ, ging ich davon aus, dass es ein Gästezimmer war, in dem Eren sich einrichten durfte.
Er rutschte mit mir unter die Bettdecke, legte den schweren Stoff fest um mich und nahm seine Arme nicht von mir.
»Willst du mir erzählen, was los ist?«, fragte er mit ruhiger, eindeutig müder Stimme.
Ich schüttelte nur den Kopf, drehte mich in seinen Armen um und ihm damit meinen Rücken zu.
Gerade fühlte es sich besonders falsch an mit Eren hier zu liegen.
Eliah war wach und soweit so fit mich in den Arm nehmen zu können. Ich müsste mit Eliah kuscheln, nicht mit Eren.
Zwar wirkte sich seine Nähe beruhigend auf meine strapazierten Nerven aus, aber wirklich helfen tat es dennoch nicht.
Eliah. Er hatte sich wieder von mir abgeschottet. Anstatt seiner Gefühle war nur gähnende Leere, welche mich diesmal mehr den je mitnahm.
Ich spürte, wie Eren sich von hinten an mich kuschelte, sein Gesicht in meinem Nacken vergrub. Sein Hand streichelte sanft über meine Seite, ehe sie sich ihren Weg unter meinen Pullover suchte.
Ich zuckte etwas zurück als seine warme Hand andächtig über meine Wölbung fuhr, doch das angenehme Gefühl, dass von seiner Hand ausging, ließ mich nichts dagegen unternehmen.
Eren sagte zum Glück nichts dazu, dass ich ihn die letzte Zeit in Bezug auf meinen Bauch angelogen hatte. Er huldigte stillschweigend die Wölbung meiner Kinder und seine gleichmäßigen Streicheleinheiten beruhigten mich immer weiter.
Ich war kurz davor weg zu dösen, da stemmte Eren sich plötzlich auf die Arme und lehnte sich über mich. Sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt.
»Es tut mir leid, aber ich muss das einfach machen.«
Ehe ich verstehen konnte, was er meinte, hatte er seine Lippen schon auf meine gedrückt.
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