49 - Rage
Ich zuckte unter seinem barschen Tonfall etwas zusammen und richtete mich leicht wieder auf.
Ich wusste, dass das früher oder später passieren würde, dennoch fürchtete ich mich vor dem folgenden Gespräch.
Oder eher vor der folgenden Diskussion.
Denn ein zivilisiertes Gespräch konnte man wohl in seinem Zustand nicht mehr führen.
Eliah starrte abwartend zu mir hinunter und plötzlich fühlte ich mich so unglaublich klein. Beinahe so als hätte ich wirklich etwas falsch gemacht.
Unschlüssig was ich sagen sollte, entschied ich mich dafür einfach zu schweigen. Momentan wäre wahrscheinlich alles der Tropfen, der Eliah zum überlaufen bringen würde.
»Was soll das, verdammt?! Was fällt dir ein?!«, wiederholte er im gleichen Tonfall, machte bedrohlich einen Schritt auf mich zu, doch der vom Abendessen bedeckte Boden ließ ihn stoppen.
»Eliah, beruhige dich bitte. Dann reden wir darüber, ok?«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen und erhob mich langsam vom Boden um wieder normal zu stehen und mich nicht vor ihm so klein zu machen.
»Beruhigen? Ich soll mich beruhigen?! Du hast kein Recht dich in meine Angelegenheiten einzumischen und machst es trotzdem!«, brüllte er und ballte seine Hände sichtbar wütend zu Fäusten.
Diese Aussage traf einen Nerv, der mich augenblicklich auch wütend machte.
»Ich habe kein Recht dazu?! Ich bin deine Luna.«
Eliah schnaubte verächtlich. »Luna? Ja, und? Das gibt dir noch lange nicht das Recht hinter meinem Rücken alles zu verändern!«, keifte er. Das Feuer in seinen Augen noch immer präsent.
»Jetzt tu nicht so als hätte ich das Rad neu erfunden! Das waren kleine Änderungen, die du jedoch nie zugelassen hättest!«
»Du hast weder das Recht, das Rad neu zu erfinden noch das Recht auf kleine Änderungen!«, brüllte er in einer Lautstärke, dass ich meinte, die Gläser im Schrank wackeln zu hören.
»Ich bin dein Gefährte. Deine Luna, Eliah. Das bedeutet, ich habe das Recht zu alldem! Du selbst hast es mir gegeben!« Aufgebracht zog ich den Pullover über meine Schulter und offenbarte ihm sein Mal. »Hiermit. Damit hast du mir das Recht gegeben!«
»Das ist einfach nur ein Biss! Der sagt nicht mehr aus als das du zu mir gehörst!«
Nur ein Biss?
Überrascht und verletzt wich ich etwas zurück.
Einfach nur ein Biss.
»Ich hatte keine bösen Hintergedanken. Es waren alles positive Änderungen.«, murmelte ich leise und wand den Blick von Eliah ab. Ich konnte ihn nicht mehr anschauen.
Einfach nur ein Biss. Seine Worte hallten ohrenbetäubend laut in meinen Kopf wider, ließen meinen Körper zittern und mein Herz schwerfällig schlagen.
»Positiv? Ich sehe daran nichts positives!«, knurrte er, machte einen Schritt in meine Richtung, ehe er anfing zu fluchen.
Offenbar hatte er die Sauerei erst jetzt richtig realisiert.
»Was soll das hier überhaupt?!«, zischte mein Gefährte und aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie er die Auflaufform aufhob.
Kopfschüttelnd pfefferte er die Form etwas zu energisch in die Spüle und knurrte unterschwellig vor sich hin.
»Abendessen.«, antwortete ich nur leise.
Zurückhaltend beobachtete ich Eliah, der sich daran machte aufzuräumen. Ich stand einfach nur unschlüssig daneben.
Er wirkte nicht so als wollte er meine Hilfe.
»Verdammt, Finn!«, knurrte Eliah plötzlich wieder und erhob sich ruckartig vom Boden. »Ich bin der Alpha. Das ist mein Rudel. Hier tanzt alles nach meiner Pfeife.«
»Nein, Eliah. Das ist unser Rudel. Wir sollten ein Team sein und miteinander arbeiten anstatt gegeneinander. Das Rudel braucht eine starke Führung, aber sicher keinen Alpha, der keine Verbesserungsvorschläge annimmt.« Seine Ignoranz ärgerte mich ungemein. Sein Onkel musste ihn doch zumindest über die Wichtigkeit einer Luna aufgeklärt haben.
Ein starkes Rudel braucht einen starken Alpha und erst mit seinem Gefährten kann ein Alpha erst wahre Stärke an den Tag bringen.
Das musste sogar sein machtgeiler Nicht-Onkel gewusst haben.
»Tolles Team, wenn du alles hinter meinem Rücken beschließt.«, murmelte er sich selbst zu, ehe er wieder wütend aufblühte.
»Dieses Rudel hatte eine starke Führung bis du aufgetaucht bist und plötzlich alles bemängelt hast und ändern wolltest!«
Bis du aufgetaucht bist
Seine Worte brachten meinen Atem ins Stocken, wodurch ich mich zitternd zum einatmen zwingen musste um nicht zu ersticken.
Die Tränen brannten gefährlich in meinen Augen und drohten jeden Moment über zu laufen.
»Ich wollte doch nur helfen! Ich wollte, dass es deinem Rudel gut geht. Denn, Augen auf, hier geht es kaum jemandem gut! Respekt? Respekt ist hier weit gefehlt. Bernard oder Emilia haben Respekt vor dir. Alle anderen haben einfach nur Angst. Angst, weil du ein Tyrann bist! Und die meisten hier schlecht behandelst. Ich hatte schon mit vielen Rudeln zu tun. Ich war ein Beta und in anderen Rudeln haben Betas fast genauso viel Mitspracherecht wie eine Luna. Ein Beta ist der engste Vertraute des Alphas! Ich weiß, wie es zu laufen hat! Und eins kann ich dir sagen Eliah, noch nie, noch kein einziges Mal, habe ich ein Rudel gesehen, das in einer so schlechten Verfassung ist wie deins. Die Welpen haben so viel Angst vor dir, dass sie sich in deiner Gegenwart nicht trauen zu spielen. Die Jugendlichen müssen sich wegen dir gegenseitig die Haut aufreißen bis das Blut in Sturzbächen läuft. Normalerweise werden die älteren Wölfe im Rudel geschätzt, aber hier werden sie behandelt als wäre sie unnütz, wie Ballast. Und wo sind hier überhaupt die Vierzig-/ Fünfzigjährigen? Wo Eliah? Verdammt. Hier läuft so viel falsch, ich wusste gar nicht wo ich anfangen sollte mit meinen Verbesserungen! Hast du nicht bemerkt, dass meine kleinen Änderungen die allgemeine Laune merklich verbessert haben? Hast du bemerkt, dass die Jugendlichen jetzt richtig Spaß am Training haben? Denn so sollte es sein! Die Rudelmitglieder müssen gewillt und glücklich sein, andernfalls würden sie nie alles für das Rudel geben. Angst ist nichts worauf man ein Rudel aufbauen! Irgendwann wird jemanden kommen vor dem sie mehr angst haben als vor dir und dann werden sie sich gegen dich stellen! Willst du das? Nein! Verdammt, Eliah. Mach die Augen auf, zieh den Stock aus deinem Arsch und kümmere dich um dein Rudel wie es ein richtiger Alpha tut!« Ich hatte mich unbemerkt in Rage geredet und hätte Eliah mich mit seinen Worten nicht so verletzt, würde ich mich wohl gewählter ausdrücken anstatt ihm es ihn so an den Kopf zu werfen, aber gerade sprudelte alles aus mir heraus.
Eliah wollte etwas sagen, aber ich ließ ihn meinen Monolog nicht unterbrechen.
»Und dann findest du deinen Gefährten, machst mich zu deiner Luna. Ich habe wirklich versucht normal mit dir zu reden, aber du hast immer abgeblockt, immer das Thema gewechselt. Ich habe versucht dir ins Gewissen zu reden und versucht mit dir gemeinsam eine Lösung zu finden, aber du bist viel zu blind für die Wahrheit. Du hast keine Skrupel davor deinem Rudel gegenüber ausfallend zu werden und deinem Gefährten gegenüber offenbar auch nicht. Als was siehst du mich überhaupt? Deine Liebelei? Dein Betthäschen? Verstehst du überhaupt was es bedeutet einen Gefährten zu haben?! Vor allem, wenn man ein Alpha ist? Du lässt mich allein, schließt mich aus deiner Arbeit aus, lässt mich meine fachkundige Meinung nicht einbringen, versuchst mich einzusperren und von jedem hier fernzuhalten. Warum Eliah? Ich bin kein Spielzeug! Ich bin eine eigenständige Person und nur weil wir aneinander gebunden sind, heißt das noch lange nicht, dass du über mich entscheiden darfst! Das habe ich dir schon so oft gesagt und ich dachte wirklich, du hast es verstanden und trotzdem versuchst du weiterhin mich klein zu halten.«
Ich atmete tief ein. Versuchte meine Atmung, mein rasendes Herz, meine zitternden Hände unter Kontrolle zu bekommen.
»Ich denke, dass ich heute Nacht zu Bernard gehe.«
Mein Blick fällt auf das Essen, das traurig auf dem Boden lag und die schönen Fliesen beschmutzte.
»Ich wollte dir damit eigentlich eine Freude machen.«, murmelte ich mehr zu mir als zu ihm, deute mit einer wagen Handbewegung auf das Abendessen und ohne ihn ein weiteres Mal anzusehen, verließ ich schnell das Haus.
Er sagte nichts. Versuchte nicht mich aufzuhalten. Er folgte mir nicht.
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Ein kürzeres Kapitel, aber meine Freunde, lasst euch gesagt sein, jetzt geht es erst richtig los 💪🏻😏
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