4 - Gespräche
»Guten Morgen Finn. Wie geht es dir?« Lene begrüßte mich freudig als ich in die Küche kam. Sie saß am Küchentisch und laß ein Buch. Neben ihr stand eine Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen. »Gut und selbst?« Ich nehm ihr gegenüber am Tisch platz und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht. »Du hast sehr lange geschlafen.«, bemerkte Lene. »Möchtest du etwas frühstücken?«
Mein Blick schweifte zur Uhr - 11:30 Uhr. »Wann bin ich eingeschlafen?«, hackte ich nach. »Gegen 19 Uhr.« Überrascht sah ich die zierliche Frau an.
»Ich habe über 16 Stunden geschlafen?!« Geschockt stand ich vom Stuhl auf als mir das Ausmaß bewusst wurde. »Warum hat mich niemand geweckt?«
»Beruhig dich Finn. Dein Körper hat es anscheinend gebraucht. Es ist nicht so als hätte ich nicht versucht dich zu wecken, aber du hast mich immer nur angebrummt und gesagt, dass ich dich schlafen lassen soll. Also hab ich das auch gemacht. Außerdem hast du so niedlich ausgesehen.« Sie stand auf und wendete sich der Küchenzeile zu. »Setz dich wieder hin. Ich mache dir etwas zu essen.« Seufzend ließ ich mich wieder auf den Stuhl fallen.
Es ging mir tatsächlich besser als gestern. Ich fühlte mich erholt und bereit etwas zu tun. Ich hatte sogar wieder etwas Appetit. »Bitte nur eine Kleinigkeit.«, bat ich Lene, die gerade Eier aus dem Kühlschrank holte. Sie warf mir einen vielsagenden Blick über die Schuler zu und wand sich wieder der Zubereitung des Essen zu.
»Lukas kommt wahrscheinlich jeden Augenblick zurück.« Ich nickte nur, obwohl sie mich nicht sehen konnte.
Kurze Zeit später stellte Lene mir einen Teller mit Rührei und zwei Butterbroten hin. Dazu stelle sie eine Tasse Tee. »Danke.«
Sie setzte sich auch wieder an den Tisch und stillschweigend aßen wir.
Einige Minuten nachdem ich mit dem Frühstück fertig war, ging die Haustür auf und Lukas kam gefolgt von seinem Vater, unserem ehemaligem Alpha, und Floyd, einem unserer stärksten Krieger, herein. Wir begrüßten uns.
Floyd kam lachend auf mich zu und klopfte mir hart mit seiner großen Hand auf die Schulter. Das tat er immer wenn wir uns sahen. Es hatte mich nie gestört oder gar wehgetan, doch diesmal zuckte ich unter seiner Hand schmerzhaft zurück und konnte mir ein schmerzvolles Stöhnen nicht unterdrücken. Man hat das wehgetan.
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen Floyd hat mir soeben die Schulter abgeschlagen.
Irritiert zog Floyd seine Hand sofort zurück und auch den anderen war das nicht entgangen. »Sorry Alter.«, kam es von dem starken Krieger.
»Kein Ding. War halb so wild. Ich habe mich eher erschrocken als das es wirklich wehgetan hat.«, versuchte ich die Situation zu retten und schenkte der versammelten Runde ein glaubwürdiges Lächeln. An Lukas und Lenes Blick konnte ich jedoch sehen, dass sie mir nicht glaubten.
»Wollen wir?« Lukas zeigte in Richtung seines Büros. Ich nickte und folgte Lukas und seinem Vater in den angrenzenden Raum. Lukas schloss die Tür hinter uns und Floyd, der sich mit Lene unterhielt, war aus meinem Sichtfeld verschwunden.
»Hast du dich ausgeschlafen?«, fragte Lukas und setzte sich auf seinen Schreibtischstuhl. Ich nickte.
Lukas Vater zog einen Stuhl an den Tisch heran und so begannen wir die Themen zu besprechen, die wir eigentlich gestern Abend schon durchgehen wollten.
»Sag mal Finn.« Wir hatten alle Tagespunkte abgehackt und Lukas Vater sortierte gerade noch seine Unterlagen, während Lukas den Stift beiseite legte den er in der Hand hielt und mich ansah.
»Ja?« »Wie geht es dir in letzter Zeit?«, fragte er mit einem forschenden Unterton in seiner Stimme. Dadurch wurde auch sein Vater hellhörig und sah von seinen Dokumenten auf.
»Eigentlich ganz gut. Ich bin nicht ganz auf der Höhe, aber das wird wieder.« Ich zuckte mit den Schultern. Ich bin mir sicher, dass das wieder wird. Ich bin wohl etwas krank, aber das werde ich sicher die nächsten Tage auskurieren. Keine große Sache.
»Was meinst du mit nicht ganz auf der Höhe?«, fragte Lukas wieder.
Wieder zuckte ich mit den Schultern. »Ich fühle mich etwas ausgelaugt und müde. Die letzten Tage zumindest. Heute geht es mir wieder um Welten besser.«, erklärte ich.
»Und dein Nasenbluten?« Seine Fragerei ging mir schon etwas auf den Keks. Was wollte er damit bezwecken? Und warum war er so ernst und in Alpha Stimmung. »Gott sei Dank, hatte ich gestern und heute keines mehr.«
»Hast du heute schon etwas gegessen?!«, fragte Lukas und zog dabei die Augenbrauen zusammen. Was hatten den bloß alle für ein Problem damit, dass ich momentan eher weniger Hunger hatte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Ja.«, gab ich knapp von mir.
»Die letzten Tage jedoch nicht.«, erinnerte Lukas mich. »Doch, auch die letzten Tage habe ich etwas gegessen. Nur vielleicht etwas weniger und nicht so häufig. Na und? Ich werde nicht verrecken, nur weil ich mal ein paar Tage weniger esse.«
»Du bist gestern auf dem Stuhl einfach eingeschlafen innerhalb von Minuten. Und davor deine Leistung im Training. Die war mangelhaft.« Lukas Tonfall war sehr barsch. »Wie erklärst du deinen rapiden Leistungsabfall?!« Lukas sprang von seinem Stuhl auf und haute beide Handflächen flach auf den Holztisch, was einen lauten dumpfen Ton erzeugte. Seine Augen funkelten gefährlich rötlich und ich konnte nicht anders als verängstigt meine Augen zu schließen, meinen Kopf zu senken und ein unterwürfiges Jaulen entweichen zu lassen.
Es war kurz Still. Im nächsten Moment hörte ich dann ein schweres Seufzen und Lukas, der sich anscheinend wieder auf seinen Stuhl fallen ließ.
»Hast du das gehört Dad?« Lukas Stimme klang nun müde. Ich öffnete überrascht meine Augen und nahm meine normale Sitzposition wieder ein. Lukas sah seinen Vater abwartend an, dieser musterte jedoch mich. Zögerlich nickte er.
»Das hat er gestern auch schon einmal gemacht? Diese Reaktion?«, fragte unser ehemaliger Alpha seinen Sohn ohne mich aus den Augen zu lassen. Ich fühlte mich so unwohl. Am Liebsten würde ich einfach aufstehen und gehen.
»Ja.«
»Finn, kannst du dir das irgendwie erklären? Diese Laute sind keine Laute, die ein Betawolf von sich gibt. Und diese Reaktion...« Er ließ den Satz unvollendet.
»Keine Ahnung.«, sagte ich nur wahrheitsgemäß. »Ich weiß nicht woher das kommt. Ich war gestern sowie heute selber absolut überrascht.«
Lukas Vater stand auf und kam zu mir. »Ich will nur etwas überprüfen.«, sagte er und zog den Kragen meines Shirts über die Schulter hinunter. Der Druck vom ehemaligen Alpha zog unangenehm an meiner Schulter. Überrascht zogen Lukas und sein Vater gleichzeitig scharf die Luft ein. Verwirrt drehte ich nun auch meinen Kopf um meine Schulter anzusehen.
Dort wo Floyd mir vor etwa 1,5 Stunden die Hand auf sie Schulter gehauen hatte, prangte ein großer rotvioletter Blauerfleck in der Größe von Floyds Hand.
»Das kann nicht sein.«, murmelte ich fassungslos und drückte vorsichtig mit einem Finger darauf. Sofort tat es unglaublich weh und ich atmete aus Reflex schmerzhaft ein.
»Das ist neu. Im Training habe ich auch einige Schläge abbekommen und habe nicht so ausgesehen danach. Es hat aber auch gestern bei weitem nicht so wehgetan.«, gestand ich.
Lukas Vater ging wieder zurück zu seinem Stuhl. Er legte zwei Finger auf den Nasenrücken und massierte die Stelle.
»Ich fasse zusammen: Du bist in letzter Zeit sehr müde und schläfst viel. Du hast keinen Appetit und isst deswegen weniger. Du hast plötzlich auftretendes Nasenbluten. Du hast einen Leistungsabfall in Kraft und Ausdauer. Und du reagierst überempfindlich auf stärkere Körperberührungen wie beispielsweise Schläge. Habe ich etwas vergessen? Ach ja, und du zeigst Unterwürfigkeit.«
Der letzte Punkt ließ mich empört knurren. Ich bin nicht unterwürfig. Keine Ahnung, woher diese Töne kamen, aber sobald ich mich voll auskuriert habe, sind die auch wieder verschwunden.
Lukas stimmte seinem Vater zu. »Ja. Alles was du aufgezählt hast ist nach und nach aufgetreten. Habe ich recht Finn?« Ich nickte.
Lukas Vater öffnete seine Augen wieder und nahm die Hand von der Nase. Dabei sah er aus als hätte er einen Geist gesehen. Als wäre ihm plötzlich eine schlechte Eingebung gekommen. Blitzschnell sprang er auf und verschwand ohne etwas zu sagen aus dem Büro. Verwirrt sah ich zu Lukas, der auch nicht verstand was los war.
»Wenn noch mehr auftritt oder etwas davon schlimmer wird, dann sag sofort Bescheid, ja?« Ich nickte meinem Alpha zu und stand auf.
»Ich geh nach Hause wenn es ok ist.«
Lukas nickte.
»Finn?« »Ja?« Ich stand schon an der Tür und wollte hinausgehen.
»Es tut mir leid, dass ich dir gegenüber gerade so forsch war. Ich wollte meinem Vater lediglich zeigen, dass du tatsächlich solche ... äh ... Töne von dir gibst. Er wollte mir vorher nicht glauben.«
Eine Augenblicke sahen wir uns schweigend in die Augen. »Ist ok.«
Ohne noch mehr zu sagen verließ ich das Büro und auch das Haus.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro