10 - Ängste
Ängstlich zog ich den Kragen meiner Jacke höher. Meine Eltern waren heute in einem Restaurant essen und Melina war wer weiß wo. Auf jeden Fall war ich alleine daheim und Eren hatte keine Zeit. Lange war ich einfach auf der Couch gesessen und hatte versucht mich mit dem Fernsehprogramm abzulenken, aber leider half das nicht wirklich. Immer wieder hörte ich etwas das mir Angst machte. Deshalb habe ich mich kurzerhand dazu entschlossen mich auf den Weg zum Haus des Alphas zu machen.
Erstens haben wir seit dem Gespräch mit seinem Vater nicht mehr geredet und zweitens, hatte ich alleine zuhause irgendwie ein mulmiges Gefühl.
Und bei Lukas zuhause war meistens etwas los, weil jemand vom Rudel da war.
Nur hatte ich nicht bedacht, dass es draußen noch schlimmer war. Der Herbstwind pfiff unangenehm und die Sonne war bereits komplett untergegangen. Ich hoffte, dass ich bei Lukas ankam bevor es zu regnen beginnen würde.
Eigentlich hätte ich auch als Wolf zu Lukas laufen können, jedoch wollte ich mich noch immer nicht verwandeln. Zu groß war die Angst vor dem Unbekannten. Mit dem Auto konnte ich nicht fahren, da meine Eltern aus Versehen, den Schlüssel für das zweite Auto mitgenommen hatten und es keinen Ersatzschlüssel gibt. Deswegen lief ich nun im Dunkeln allein an der Straße entlang. Mir war kalt und ich hatte zugegebenermaßen heraußen mehr Angst als im Haus, nur würde es sich jetzt nicht mehr lohnen wieder zurück zu gehen. Dafür bin ich schon zu weit gekommen.
Mit Abstand am schlimmsten an meiner Veränderung zum Omega waren, neben meinem körperlichen Rückbau, mit Abstand dies Ängste. Ich haben angst vor allem. Es ist dunkel und einen Fliege fliegt durch den Raum - ich fürchte mich. Ein Blatt fällt von einem Baum - ich fürchte mich. Eine Katze miaut in der Ferne - ich fürchte mich.
So kann das nicht mehr weiter gehen. Ich konnte noch nicht einmal mehr alleine Zuhause bleiben. In dem Haus in dem ich aufgewachsen bin. Ich hatte hier schon so viele Nächte allein verbracht und trotzdem... Jetzt geht es plötzlich nicht mehr.
Ich seufzte. Ich hätte mir eine dickere Jacke anziehen sollen. Der Wind war wirklich unangenehm und hier auf der Straße gab es nichts, was mich davor schützen würde. Ich war dem Wind komplett ausgesetzt.
Als ich ein unbekanntes Geräusch hörte verschnellerte ich meinen Schritte. Bis zu Lukas war es nicht mehr weit. Nur noch einmal abbiegen, dann war dort schon sein Haus. Bis dorthin würde ich es gerade noch schaffen ohne mir in die Hosen zu machen.
Als wieder ein Geräusch ertönte - ich konnte es nicht ganz zuordnen, aber ich denke, dass es nur ein Tier war - fing ich an zu laufen. Ich wollte so schnell wie möglich in einen geschlossenen Raum mit anderen Menschen. Vorzugsweise mit meinem Alpha.
Ich rannte die Straße hinunter und überquerte ohne auf den Verkehr zu achten die Straße. Nicht, dass um diese Uhrzeit hier noch jemand unterwegs war. Vorsichtig wäre dennoch besser als Nachsicht.
Ich konnte Lukas Haus schon am Ende der Straße erkennen. Ich beschleunigte meine Schritte noch etwas, merkte aber bereits, wie mir die Puste ausging. Verdammt.
Ich stürzte auf die Tür zu und riss sie sofort auf, nur um sie nach dem Eintreten sofort wieder zu zu schlagen. Drei Augenpaare sahen mich überrascht an. Eines davon gehörte zu Lukas, der mir auch am Nächsten stand.
Sofort fiel ich meinem Alpha in die Arme und drückte meinen kalten Körper an seinen. Er legte überrascht seine Arme ebenfalls um mich und drückte mich kurz an sich ehe er mich wieder von sich wegdrückte. Ein enttäuschtes Wimmern kam mir ungewollt über die Lippen.
Lukas hatte ein Schmunzeln auf den Lippen. Peinlich berührt drehte ich mein Gesicht von ihm weg und sah erst jetzt die anderen Personen die da waren. Floyd und John.
Die beiden sahen mich immer noch überrascht an.
»Was schnaufst du denn so?«, fragte Lukas und nahm mir meine Jacke ab, die ich gerade auszog. »Ich habe mich beeilt herzukommen.«, sagte ich wahrheitsgemäß und rieb meine kalten Hände an einander.
Floyd hatte anscheinend bemerkt, dass mir kalt war und reichte mir die Decke, die auf dem Sofa lang neben dem er stand. »Hier.« »Danke.« Ich winkelte die weiche Decke um meinen Oberkörper und setzte mich zu John auf die Couch. Im Fernsehen liefen gerade Nachrichten und auf dem Tisch lagen drei leere Pizzaschachteln.
»Eigentlich waren wir gerade am gehen.«, sagte Floyd und gab Lukas zur Verabschiedung die Hand. John stand auf und gab Lukas ebenfalls die Hand. »Man sieht sich Jungs.« Schon waren die Beiden verschwunden. Zum Glück, denn ich war froh mit meinem Alpha allein sein zu können.
»Ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte Lukas und setzte sich auf die Couch gegenüber. Ich nickte nur. »Wie fühlst du dich? Hast du dir schon alles durchgelesen?« Seine rötlichen Augen sahen mich durchdringend an. »Ich fühle mich relativ gut. Ich habe mich mit meiner Situation arrangiert. Ich kann eh nichts daran ändern, also muss ich nicht weiterhin dagegen ankämpfen. Die Notizen habe ich schon mehrmals gelesen, nur damit ich auch ja nichts überlese oder vergesse.« »Hast du es schon jemanden gesagt?« »Nur meiner Familie und Eren.«, antwortete ich und zog die Decke enger um mich.
»Gut, dass du dich damit arrangierst.« Lukas lächelte mich sanft an, stand wieder auf und fing an die leeren Pizzakartons und die Gläser wegzuräumen. »Was machst du um diese Uhrzeit eigentlich hier? Nicht, dass es mich stört. Es wundert mich nur.« Lukas stand in der Küche und kruschtelte herum. Verstehen konnte ich ihn deswegen trotzdem.
»Meine Eltern und Melinda sind unterwegs und zuhause habe ich mich allein unwohl gefühlt.«, antwortete ich wahrheitsgemäß, da ich wusste, dass ich bei Lukas nicht zu befürchten hatte. »Du hattest Angst?«, fragte er überrascht nach. »Ja... dank diesem Omega-Scheiß habe ich plötzlich vor allem angst. Egal, wie banal.«, seufzte ich schwer. Das ging mir schon echt tierisch auf den Kecks.
»Das wird wieder. Jetzt wo du noch mitten in der Veränderung bist, können manche Dinge extremer auftreten, die sich später aber dann wieder einspielen.«, sagte er positiv gestimmt, ehe er noch ein »Das glaube ich zumindest.« hinterher hing. Kurz sah er mich nachdenklich an.
»Du. Ich bin müde. Wenn du möchtest kannst du gerne wieder auf der Couch schlafen. Wenn was ist, ich bin oben im Schlafzimmer. Lene ist nicht da, also kannst du mich jederzeit stören.« Er lächelte mich wieder mit diesem unglaublichen Lächeln an, das mich beinahe zum schmelzen brachte. Er kümmerte sich so gut um mich.
»Danke Lukas.« Ich lächelte ihn ebenfalls an.
Er machte auf dem Weg zur Treppe die Lichter aus und ich zog meine Schuhe von meinen Füßen und legte mich auf die Couch. In der Dunkelheit bekam ich sofort wieder ein mulmiges Gefühl, aber ich würde deswegen trotzdem nicht zu Lukas gehen. Ein bisschen stolz hatte ich trotz meiner Situation immer noch.
Unruhig drehte ich mich von einer Seite zur anderen. Ein Albtraum hatte mich geweckt, weshalb ich nun wach im dunkeln auf Lukas Couch lag. Ich konnte das gleichmäßig schlagende Herz meines Alphas im Stock über mir hören, was mich schon ungemein beruhigte, aber einschlafen konnte ich deswegen trotzdem nicht mehr. Ich wollte nicht weiter alleine hier liegen. Ich wollte bei jemanden sein, der mich eventuell sogar in den Arm nehmen würde.
Zu Lukas würde ich deswegen trotzdem nicht gehen.
Ich war schon wieder kurz davor einzuschlafen, da drang ein lautes Krachen an mein Ohr. Draußen war irgendetwas abgebrochen. Vielleicht ein Ast, den der starke Wind in die Knie gezwungen hatte.
Egal was es war, es brachte mich dazu doch aufzustehen und langsam die Treppe zu Lukas hoch zu gehen. Mein Stolz nagte an mir. Ich wollte nicht zu ihm gehen und ihm offenbaren wie sehr ich angst hatte. Ich hatte aber auch zu viel angst um nicht zu ihm zu gehen.
Außerdem hatte er mir ja angeboten zu ihm zu kommen.
Zögerlich klopfte ich an seine Schlafzimmertür. Ich konnte sein Herz dahinter kräftig schlagen hören und es dauerte einen Augenblick ehe eine Reaktion von Lukas kam. »Ja?« Seine raue verschlafene Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken.
»Ich bin es. Finn. Ich... ich habe angst.«, murmelte ich, wusste aber, dass er mich verstehen würde. Ich konnte ein Rascheln von hinter der Tür vernehmen und schon wurde die Tür geöffnet.
Lukas stand vor mir. Nur in einer Schlafanzughose. Ein Oberteil hatte er nicht an. Überrascht ließ ich meinen Blick kurz über seinen Oberkörper schweifen. Ich hatte ihn schon oft Oben ohne gesehen, aber nie hatten mich seine Muskeln so in den Bann gezogen wie heute.
»Du hast angst?«, fragte er und fuhr sich durch seine vom Schlaf verwuschelten Haare. Ich nickte eingeschüchtert. »Wenn ich es mir recht überlege, ist es gar nicht so schlimm. Tut mir leid. Ich gehe wieder auf die Couch.«, sagte ich schnell und wollte mich wieder auf den Weg nach unten machen, da hatte Lukas schon nach meinem Arm gegriffen und hielt mich fest.
»Alles gut Finn. Das muss dir nicht peinlich sein. Komm, du kannst bei mir bleiben.« Seine sanfte Stimme beruhige mich und ließ meinen Scharm tatsächlich weichen. Er ließ mich los und ging zurück zu seinem Bett. Ich drückte die Tür hinter mir ins Schloss und folgte ihm zur andere Bettseite. Ich hatte die Decke von der Couch noch immer um meinen Körper gewickelt, weshalb ich die Decke die im Bett lag und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Lene gehörte etwas beiseite und mich auf den freien Teil der Matratze legte. »Schlaf gut Finn.«
»Schlaf gut Lukas. Und danke.« »Das ist doch nicht der Rede wert. Ich kümmere mich um jeden einzelnen in meinem Rudel. Vor allem um meinen Beta.«
Nur, dass ich nicht mehr lange dein Beta sein werde Lukas. Bald, wenn nicht bereits jetzt schon, bin ich ein Omega. Und Omegas können keine Betas sein.
Lukas wird sich einen neuen Beta suchen müssen.
Der Gedanke daran meinen Titel zu verlieren jagte mir eine Gänsehaut über den Körper. Plötzlich war ich wieder von Angst erfüllt.
Würde ich mein restliches Leben weiter in Angst leben müssen?
Unbewusst rutschte ich etwas näher zu Lukas. Sein gleichmäßiges Atmen, sein starkes Herzklopfen und seine Wärme schafften es tatsächlich mir die Angst ein wenig zu nehmen, so dass ich zumindest einschlafen konnte.
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