Kapitel 18 - Wie stark kann ein Herz sein?
Gedämpfte Schreie erfüllten den Salon. Zitternd stand Jade am anderen Ende des Raumes und deutete mit der Spitze ihres Zauberstabes auf den hilflosen Jungen, der gefesselt auf dem Boden lag und sich unter höllischen Schmerzen krümmte. Stumme Tränen rannen Jade die Wangen hinab und versanken in dem weichen Stoff ihrer teuren Bluse. Jorge Harrison war ein Hufflepuff Drittklässler, doch von seiner freundlichen Miene und den leuchtenden Augen, die er in Hogwarts gehabt hatte, war nichts mehr zu erkennen. Sein Gesicht war zugeschwollen, seine Augen gerötet und starrten durch sie hindurch und Blutergüsse überzogen seine Arme.
„Genau so. Siehst du den Schmerz in seinen Augen? Höre die sanften Schreie und genieße sie!" Amena tänzelte um Jade herum, flüsterte ihr ins Ohr, ihr fürchterlich heißer Atem kitzelte Jade im Nacken. Ein kurzer Schmerz ließ Jade aus ihrer Starre aufschrecken. Sie hatte sich unterbewusst in die Wange gebissen und nun vernahm sie den metallenen Geschmack von Blut auf ihrer Zunge. Stöhnend ließ sie den Zauberstab sinken und sank auf die Knie. Dabei schaffte sie es, den Stab fallen zu lassen doch der eiskalte Griff um ihr Herz wurde nicht sanfter. Dieser Stab hatte eine unglaublich negative Wirkung auf ihren Geist und jedes Mal wurde die Angst in ihr groß, wenn sie an die bevorstehenden Stunden mit Amena dachte. Nachdem diese ohne zu zögern die junge Emma getötet hatte, konnte Jade nichts anderes mehr tun, als ihren Forderungen nachzukommen.
„Steh auf." Wie durch Watte drang Amenas Stimme an Jades Ohren. Leicht schüttelte sie den Kopf, dabei fielen ihr einige blonde Strähnen ins Gesicht. Sie hatte die Hände in den Teppich gekrallt, ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt und schnell wurde Jade klar, dass sie hyperventilierte. Mit aufgerissenen Augen versuchte sie, das Muster im Teppich zu erkennen. Sie musste sich beruhigen, sie durfte jetzt nicht zusammenbrechen. Es durfte nicht noch jemand aufgrund ihrer Fehler sterben. Erst Casey, dann Emma. Sie durfte nicht...
„Talia!" Langsam hob Jade ihren Kopf, ihre Augen trafen auf die grauen von Amena, die sich vor sie gekniet hatte. „Atme tief ein und wieder aus." Wenn Jade es nicht besser wusste, hätte sie fast gesagt, dass Amena liebevoll begann ihr über den Rücken zu streicheln. Hatte sie gerade etwas wie Reue in dem grauen Sturm der Black gesehen? Ein warmer Schauer durchfuhr ihren Körper und langsam lösten sich die Krämpfe und sie schaffte es, ihre Atmung zu verlangsamen. Die ganze Zeit über hatte Jorge sie beobachtet und als sich ihre Blicke nun trafen, erschien es Jade als würde sich ein kalter Dolch in ihr Herz bohren. Sie hatte Hass schon gesehen, doch niemals galt dieser Hass ihr. Sie hatte Jorges Leben gerettet, indem sie sich nicht wiedersetzt hatte und doch lag in seinen Augen nun solch ein Schmerz und solch ein Hass, wie Jade ihn nicht aushalten konnte. Sie brach in Tränen aus und rollte sich schluchzend auf dem Teppich zusammen. Womit hatte sie das verdient? Erkannte dieser Junge nicht, was sie für ihn tat? Er würde leben und war dies nicht wichtiger als all der Schmerz, den sie ihm zufügte? Er hatte eine Chance, befreit zu werden. Zu entkommen, wieder in den Armen seiner liebsten zu liegen. Kein Todesfluch würde ihn berühren, seine Augen würden nicht kalt und leer zur Decke starren. Nur dank ihr würde er nicht Casey und Emma in den Tod folgen. Warum also, sah er sie so hasserfüllt an. Jade wischte sich die Tränen fort und rappelte sich langsam auf. Plötzlich kämpfte Jorge gegen seine Fesseln an, der Knebel in seinem Mund verrutschte.
„Monster. Jade Graeham du bist ein Monster!" Seine Stimme war schwach, kurz darauf brach er zusammen doch seine Worte hatten ihr Ziel erreicht. Ohne nachzudenken hob Jade ihren Zauberstab auf und richtete seine Spitze erneut auf Jorge.
„Crucio", sagte sie fast ohne die Lippen zu bewegen. Erneut hallten Jorges Schreie durch den Salon, doch er würde ihr noch dankbar dafür sein. Sie alle würden ihr danken, dass sie den Schmerz verspüren durften. „Es reicht." Amenas Stimme holte sie aus einer anderen Welt und als sie den Arm senkte und den Zauber löste, sah sie wie der Junge regungslos auf dem Boden lag und seine leeren Augen zur Decke starrten.
„Schwächling", murmelte sie mit kalter Stimme und überreichte Amena dann ihren Zauberstab. Plötzlich überkam sie eine ungeheure Müdigkeit und Kälte. Sie wollte nur noch schlafen gehen. „Ich ziehe mich zurück." Ohne noch einen Blick zurück zu werfen verließ sie den Salon und kaum hatte sie ihr Zimmer erreicht, fiel sie auf das frisch bezogene Bett und ein traumloser Schlaf umfing sie.
Amena Black stand zufrieden im Salon und betrachtete das Ergebnis ihrer harten Arbeit. Es war nur ein Kollateralschaden, dass der Junge dabei gestorben war. Sie hatten noch genügend andere Objekte unten, in den Verliesen.
„Gibby!" Amenas kalte Stimme war wie ein schneidendes Messer. Ein leises Ploppen ertönte, dann erklang die zarte Stimme der Hauselfe. „Mylady?" Amena drehte sich um, zwischen ihren Fingern drehte sie den Zauberstab ihres Püppchens. Ein mächtiges Instrument, ein sehr mächtiges Instrument. Wenn sie es schaffte das Mädchen vollends umzukrempeln, würde ihr Mann sie hoch belohnen. Vielleicht sogar... Amena zwang sich, sich auf die Hauselfe zu konzentrieren die sie ängstlich anstarrte.
„Wie sieht es mit dem anderen Jungen aus? Diesem... Tom Banshire?" Gibby wimmerte leise, bevor sie antwortete. „Er wehrt sich nicht mehr, aber laut Mr. Demuehr ist er noch nicht bereit, unterrichtet zu werden. Bei dem Versuch ihn zu überzeugen, wurde..." Gibby zögerte kurz und schluckte schwer, so als müsse sie sich zu etwas überwinden. „Mr. Demuehr musste Objekt 7 töten." Amena nickte. Auch dieser Junge machte gute Fortschritte, und wenn alles glatt lief, kämen bald die nächsten Schüler aus Hogwarts an. Die Rein- und Halbblüter würden sie langsam für sich ausbilden und die Schlammblüter... waren gute Übungsobjekte. So wie dieses Gryffindor-Gör von letztens. Nichts wert, als für das größere Wohl der wahren Zauberer zu sterben.
„Du darfst gehen Gibby, kümmere dich um Talia. Sie soll sich waschen und etwas Essen. In drei Stunden beginnen ihre Tanzstunden für den Halloweenball der Malfoys." Die Hauselfe verbeugte sich kurz, dann verschwand sie. Amena verstaute den Zauberstab des Mädchens in einer silbernen Schatulle. Dann verließ sie den Salon und machte sich auf den Weg zum Versammlungssaal. In wenigen Minuten würde eine wichtige Sitzung stattfinden, die sie nicht verpassen wollte. Auf dem Weg dorthin ordnete sie ihr Haar und setzte ein falsches Lächeln auf. Sie musste als Frau von Immanuel Delvier einen perfekten Eindruck hinterlassen. Stark und schön, hinter ihrem Mann stehend aber auch intelligent und gerissen. Als die beiden Wachen sie durchließen und Amena durch den langen Raum zu ihrem Platz schritt, ließ sie unauffällig ihren Blick über die Anwesenden schweifen. Das Oberhaupt der Familie Steinfeld war noch nicht zugegen und zwei Mitglieder der Familie Greengrass fehlten noch. Mit einem kurzen Nicken erwiderte sie die Begrüßungen der anderen Anwesenden, bevor sie nebem ihrem Mann platz nahm. Ohne den Blick von seinen Untergebenen zu lösen, beugte er sich ein wenig zu seiner Frau und griff unauffällig nach ihrer Hand. Wie jedes Mal erschrak sie ein wenig, als seine warmen Finger ihre kalten umschlossen.
„Wie ist es gelaufen?", fragte er mit leiser Stimme. Amena musterte kurz das Oberhaupt der Familie Dragnios. Der ältere Mann wirkte nervös und seine Augen huschten unruhig hin und her. „Sie macht große Fortschritte, genau wie der Junge. Unsere Methoden scheinen ihre Wirkung zu zeigen und wenn wir mit ihnen fertig sind, können wir die Ausbildung der anderen beginnen. Was ist mit Jaque Dragnios los? Er wirkt seltsam aufgelöst." Immanuel lehnte sich zurück und beobachtete, wie Arastia Greengrass den Raum betrat. „Das Ministerium ist ihm auf den Fersen. Aber keine Angst", fügte er hinzu als er den Anflug von Misstrauen in Amenas Augen bemerkte. „Bevor der gute Minister etwas machen kann ist Jaque aus der Schusslinie."
„Du meinst-" Immanuel nickte leicht und warf einen Blick zu dem jungen Mann, der links hinter Jaque Dragnios saß. „Ja. Sein Enkel Simon wird seinen Platz übernehmen. Ein sehr talentierter junger Zauberer, der voll und ganz auf unserer Seite steht. Außerdem ist er kein Stümper wie sein Großvater und wird uns deutlich weniger Probleme bereiten." Sie nickte zustimmend. Jaque Dragnios war eines ihrer größten Probleme. Während die Familien Greengrass, Carrow, Black und Lestrange ihrem Mann treu ergeben waren, vor Allem da sie Rache für das haben wollten, was ihnen in den letzten Jahrzehnten angetan wurde, gab es mit den anderen kleinere Probleme. Obwohl der dunkle Lord gute Kontakte auch nach Deutschland gehabt hatte, und so die Familien Steinfeld und Fliederbaum nun auch an ihrer Seite kämpften, hatte es mit den Französischen Dragnios immer wieder Differenzen gegeben. Sie waren unter anderem gegen die Aufnahme der Familie Demuehr gewesen, aber die Afrikanischen Zauberer und Hexen erwiesen sich als gute Kontakte zum Ministerium und sehr erfahrene Häscher. Nur ihnen hatten sie es unter anderem zu verdanken, dass der Überfall auf den Hogwartsexpress gelungen war. Als sich die Tür schloss, kehrte Amena aus ihren Gedanken zurück. Die Sitzung hatte begonnen.
„Seid Willkommen. Seit unserer letzten Zusammenkunft konnten wir große Fortschritte erzielen. Die Versuche an jungen Hexen und Zauberern konnten Erfolge aufweisen. Wenn wir in diesem Tempo weiterarbeiten, können wir in bereits 7 Monaten mehrere Dutzend junger Hexen und Zauberer in unsere Reihen aufnehmen. Wie ich auch vor wenigen Stunden erfahren habe, konnte ein weiterer Überfall, dank unseres werten Shujaa Demuehr..." Immanuel neigte kurz anerkennend seinen Kopf zum Oberhaupt der Demuehr-Familie bevor er fortfuhr. „- konnten wir erneut sechs Hogwartsschüler in unsere Gewalt bringen. Zudem brachten uns unsere deutschen Freunde zwei Dutzend junge Schüler aus Grüntal nach London. Damit können wir einen großen Erfolg verbuchen." Stumm hörten die Anwesenden zu, wie Immanuel seine weiteren Pläne erläuterte. Amena war indessen wieder in Gedanken versunken. Der Überfall auf die Hogwartsschüler war also erfolgreich gewesen. Was für eine Dummheit der Schulleitung, die Schüler weiterhin nach Hogsmead gehen zu lassen. Wenn sie Glück hatte, war auch der Bruder ihres Püppchens unter den Gefangenen. So hatte sie endlich ein effektiveres Druckmittel, nachdem dieser Idiot McKinnon den Schlammblutfreund des Mädchens getötet hatte. Die anderen beiden Kinder, die sie zuerst getestet hatten waren durch jegliche Tests durchgefallen. Sie hatten zu schnell aufgegeben, waren schwach gewesen und hatten alles Preis gegeben, was sie wissen wollten. Doch dieses Mädchen, Jade, hatte es sogar zugelassen dass ein Freund stirbt um Informationen für sich zu behalten, sie würde eine treue und verschwiegene Todesserin werden. Natürlich war es ein Einfaches gewesen, an das wenige zu kommen, was das Mädchen wusste. Keines dieser Kinder beherrschte die Kunst der Okklumentik, und so konnten sie sich nicht gegen das Eindringen der Todesser in ihren Kopf wehren. Die Sitzung zog sich unnötig in die Länge, da Jaque Dragnios wieder einmal zu viel zu beanstanden hatte. Allerdings musste Amena sich frühzeitig entschuldigen. Sie wollte ihr Püppchen optimal auf den Ausflug ins Malfoy Manor vorbereiten und auch wenn sie sich inzwischen sicher war, dass das Mädchen nichts wagen würde um zu entkommen oder etwas zu verraten, hieß das nicht, dass sie schon vollends unter ihrer Kontrolle stand. Auf dem Weg in den Salon fing sie einen der Boten ab, der mit gesenktem Kopf an ihr vorbeilief. Von ihm erfuhr sie auch die Namen, der eingetroffenen Hogwartsschüler. Evelyn Torleton und Cedric Crimson, Gryffindor Drittklässler. Clarissa Morse, Ravenclaw Viertklässlerin. Reymond Harrison, Hufflepuff Viertklässler und der Bruder des Jungen, der gerade vor wenigen Stunden von ihnen gegangen war. Anthony Goldstone, ein Slytherin Drittklässler und zu guter Letzt auch Noah Graeham. Es war perfekt.
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