Ich blinzle kurz.
Dann kneife ich mich unsanft.
Ein weiterer Blick und noch immer blicken meine Augen auf die verschnörkelte Schrift meines jüngeren Ich's.

"Ich kann nicht glauben, dass es noch hier ist." Stoße ich hervor und lese die erste Seite weiter.
"Ich kann es einfach nicht glauben."

Kurz lache ich auf.
Leyla, die von alledem nichts versteht, lacht verwirrt mit.
"Fleur... Erzähl. Was ist das?"

"Mein altes Tagebuch", murmle ich.
Meine Augen überfliegen die Zeilen meines ersten Schultages nach den Sommerferien.
Wie ich damals in der neunten Klasse landete und sich alles veränderte.
"Carlos..."

Auch Leyla wird jetzt hellhörig.
"Der Carlos?? Carlos, der hübsche? Carlos, auf den du die gesamte Schulzeit lang standest, bis er ging? Der Carlos?"

Ich nicke kurz.
Meine Finger berühren sanft die zarte Seite.
Ich erinnere mich.
Ich erinnere mich an ihn.
Auf einmal, da sehe ich ihn.

Carlos war wunderschön, zog jedes Mädchen in seinen Bann, mich eingeschlossen.
Ich war unauffällig und schüchtern und trotzdem sah er mich.
Es war diese typische Highschoolromanze. Nur dass es in Deutschland war und nicht in Amerika.
Und in Wirklichkeit war es ein verdrecktes, deutsches Gymnasium.

Im Nachhinein waren die Entscheidungen damals ausschlaggebend für meine gesamte Zukunft.

Und um ehrlich zu sein, verändern sie sie immer noch.

"Wieso finde ich zufällig bei genau diesem Besuch das Tagebuch, das ich nach der zehnten Klasse eigentlich weggesperrt hatte?" Frage ich Leyla, doch selbst sie weiß darauf keine Antwort.

Vielleicht bin ich paranoid.
Vielleicht ist es ein Zeichen.

"Es ist dein Tagebuch. Das gehört zu dir." Meint sie anstatt einer Antwort auf meine Frage.
Sie hat verwirrt die Hände in die Hüften gestemmt, hält alles auf Distanz.

Leyla ist kein offener Mensch.
Leyla ist nur offen zu Menschen, die sie kennt.
Aber wenn ihr eine Situation zu unangenehm oder absurd erscheint, verschließt sie sich.

Leyla weiß, was in dem Tagebuch steht.
Und wahrscheinlich vermutet sie das Gleiche wie ich.

Ich vermute eine Veränderung.
Denn, wenn ich mich an eines erinnere, dann, dass mein vergangenes Ich diese Zukunft nie gewollt hätte.

Es mag dumm erscheinen, so viel Wert auf jemanden zu legen, den man jahrelang längst vergessen hatte.
Und ich liebe mein Leben.
Chris ist ein toller Verlobter, Leyla ist immer für mich da.
Und was meine Mutter angeht? Die ist glücklich in Frankreich.

Ich seufze kurz und schließe die Augen, um die aufkommenden Gedanken in meinem Kopf zu stoppen.

Ich fange an, mir wieder zu viele Gedanken zu machen. Das muss aufhören. 

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Sorry für das kurze Kapitel.

Ich liebe das Schreiben, aber mir fehlt die Zeit.

Wenn es mir wieder möglich ist, werde ich auch 'All I love' fortsetzen:-)