3 ~ Kapitel 9
„Schwesterherz!", hörte ich Azael rufen: „Wo sind die versprochenen Crêpes?", doch ich konnte ihm nicht antworten. Mein Mund war verklebt. Ich konnte es nicht fassen, dass ich mich von meinem unfähigen Bruder hatte fesseln und knebeln lassen.
Ich wollte zurückschreien, doch der Mann mir gegenüber grinste und legte seinen Finger auf seine Lippen, um mir zu deuten, dass ich leise sein sollte, doch ich konnte sowieso nichts sagen.
Aeron stand auf und schloss die Tür hinter sich ab. Scheiße. Was hatte dieser Mann vor.
„Ich habe Hunger und war bestimmt nicht umsonst eink...", dann brach er ab. Ich konnte von hier aus nichts hören. Zwar hatte ich nicht wirklich Angst, doch ich wollte auch nicht hier im Schrank vergammeln, in dem er mich abgesetzt hatte.
Ich versuchte irgendwie meine hinter dem Rücken zusammengebundenen Hände zu lösen, doch ich musste ihm lassen, dass er das wirklich sehr gut konnte.
Ich wollte diesen Mistkerl packen und durchschütteln. Nein. Ich wollte ihn erwürgen. und dann noch einmal. Und noch einmal. Bis sein Genick brach und anschließend wollte ich ihm meinen Dolch in den Bauch rammen und...
Dachte ich gerade über Aeron nach oder Dantalion?
Irgendwann hörte ich Schritte heraneilen. Dann wurde die Tür geöffnet und Licht strahlte mir entgegen. Ein Engel stand vor mir. Loominah.
Ihre weißen Haare gaben das Licht noch mehr wider, als es sowieso schon waren.
Sie half mir aus den Fesseln und sagte dann: „Aeron ist hier."
Ich schnaubte und kletterte aus dem Schrank: „Oh ja. Allerdings werde ich ihn nicht hier begraben, wenn ich fertig mit ihm bin.
Kurz warf ich ihr einen besorgten Blick zu: „Was will er von uns?"
„Er sagt, er möchte sich euch anschließen.", stellte sie fest.
Aufgebracht schnaubte ich und nahm ihre Hand: „Oh das darf er machen, sobald ich ihn erschlagen habe, nehme ich seine Leiche gerne überall mit hin. Ich bringe sie sogar Vater. Dann kann er ja sehen, was ich von unserer Art halte."
Als wir uns auf den Weg nach unten machten, vernahm ich von Azael ein aufgebrachtes: „Bastard!"
Allerdings wurde es durch ein Lachen der anderen Partei im Raum entschärft: „Wir sind alle Bastarde."
Oh er war ein schwanzloser Bastard wenn ich ihn in die Finger bekam. Als wir eintraten erstarb das Grinsen des Typen, der es sich auf dem Stuhl meines Hauses bequem gemacht hatte, als wäre er hier willkommen.
„Da ist ja die Schnepfe, die mir meine schöne Haut aufgeschlitzt hat.", er strich sich schmollend über seine Wunde, die man sowieso fast nicht mehr sah.
Ich ballte meine Hand zu einer Faust und schlug ihn einmal kräftig vom Stuhl auf den Boden: „Die Schnepfe schnippelt dir gleich nicht nur die Haut auf, sondern auch deinen kleinen Prinzen weg.", dann trat ich einen Schritt zurück und atmete tief durch.
Diesen Schlag hatte ich gebraucht.
„Würde ich nicht in Erwägung ziehen euch zur Hand zu gehen, würde ich jetzt eine chirurgische Feldstudie durchführen, ob getürmte Prinzessinnen dieselben Gehirn Synapsen besitzen, wie die eines Bastards der von seinem Vater nie anerkannt werden wird...", er hievte sich gerade hoch und betastete sein Gesicht, als würde es sich um wertvolles Porzellan handeln.
Nun war es Azael, der ausholte und unseren Bruder noch einmal zu Boden zwang: „Du willst dich uns anschließen? Einfach so? Bist du verzweifelt? Brauchst du Geld?"
„Bräuchte ich Geld würde ich nicht zu euch kommen.", warf der angesprochene ein. Ein angeekelter Laut entfuhr ihm dabei, als wäre das das widerwertigste, was er seit langem gehört hatte: „Mir gefällt die ganze Sache genauso wenig, wie euch."
Ach ja? Was tat er dann hier? Vielleicht hatte er ja einfach nicht oft genug Prügel von Vater bekommen und jetzt suchte er sie bei seinen älteren Geschwistern.
„Und trotzdem bist du hier?", stellte Azael genervt fest, packte ihm am Kragen und zerrte ihn auf den Stuhl, auf dem er zuvor gesessen hatte.
Aerons Blick huschte für eine hundertstel Sekunde zu Loomimah, dann sah er zu unserem Bruder: „Ich muss es tun. Frag mich nicht wieso. Sei einfach zufrieden mit meinem Versprechen, dass ich euch nicht schaden werde."
„Beweise es.", verlangte ich ernst und verschränkte die Arme. Wir mussten sicher gehen, nachdem wir von meinen anderen Geschwistern gejagt wurden.
Ich streckte meine Hand aus: „Gib uns deinen Dolch."
Der Angesprochene begann zu lachen, als wäre das ein Scherz: „Kann es sein, dass du deine monatliche Blutung hast, Schwesterherz."
Ich schnaubte, doch bevor ich etwas sagen konnte, stellte Azael fest: „Oder du gibst ihn Loominah, wenn du uns nicht vertraust. Ansonsten lassen wir dich hier gefesselt sitzen und nehmen ihn uns selber."
„Argh!", er ärgerte sich sichtlich über seine ausweglose Situation. Schließlich zog er seinen Dolch hervor.
„Ich soll meinen Lebensinhalt also einer nichtsahnenden, naiven Lux geben, die sich damit wegteleportieren kann?"
„Das würde ich nie tun!", antwortete Loominah: „Das wäre ja schrecklich gemein."
„Aber besser.", stellte ich fachlich fest: „Ich möchte nicht mitten in der Nacht erdolcht werden."
Azael grinste Loominah an: „Du musst wissen, dass diese Dolche unser Lebensinhalt sind. Vater wird das gar nicht gefallen."
Das war es nicht, um was es ging. Ich seufzte und sah zu Loominah: „Du darfst nicht zulassen, dass den Dolch irgendjemand bekommt. Am besten auch nicht Aeron. Glaub mir. Es ist besser so."
Mein jüngster Bruder im Raum stand fluchend auf und drückte dem Mädchen den Dolch in die Hand. Jeder seiner Muskeln war angespannt. Ich konnte ihm genau ansehen, dass er am Liebsten jemanden von uns umgebracht hätte.
„Pass ja darauf auf.", drohte er ihr ohne eine Hehl daraus zu machen.
Loominah schien verwirrt, ja beinahe überfordert und dann begann sie zu leuchten. Ihr ganzer Körper strahlte, bis sie im Licht verschwand.
Aeron stieß einen grellen Schrei aus, nahm den Stuhl und schmiss ihn so fest gegen die Wand, dass er an dieser zerschellte.
„Nicht einmal eine Sekunde... Nicht einmal eine scheiß Sekunde hat sie gebraucht und schon ist sie auf den Jungferninseln. Wenn ich sie in die Finger bekomme... Ich werde noch ihren Leichnam obduzieren.", er fuchtelte wild mit den Händen herum und rannte voraus.
Azael und ich setzten sofort an ihm zu folgen. Mein Bruder war durch und durch einfach nur wahnsinnig.
Er lief aus dem Haus. Wir konnten ihn nicht abhalten, so wutentbrannt war er.
„Da ist diese miese...", rief er aus, als er bei einigen Bäumen auf die Lichtung mit dem Teich zu sprintete.
Loominah kniete klatschnass im Trockenen und hielt den Dolch fest in ihren Händen, doch er war voller Sand.
Alles hatte ich allerdings nicht mitbekommen, denn Azael war einen Tick schneller und holte Aeron ein, der wohl drauf und dran war Loo umzubringen.
„Sie ist nass. Warum ist sie nass. Ist das Sand auf meinem Dolch?!", er versuchte nun doch an seinen älteren Bruder vorbei zu kommen, doch das ließ dieser nicht zu. Wild fuchtelte Aeron mit seinen Armen herum: „Zehn Sekunden. Du hattest ihn zehn Sekunden und hast ihn schon verloren!"
„Reg dich ab!", ich packte den Mann am Kragen und zerrte ihn ein Stück zurück, doch er wirbelte herum und packte meinen Hals: „Sag mir Schwesterherz, wenn sie deinen Dolch verloren hätte.... Würdest du dich abregen?"
„Ich brauche ihn nicht.", versuchte ich ihm... Oder mir, weiß zu machen, doch das entsprach nicht unbedingt der Wahrheit. Diese Dolche waren ein Teil von uns.
Sie öffneten uns den Weg zur Hölle und auch hinaus. Auch floss unser Blut darin. Die meisten ahnten es nicht, aber das Besitzen unseres Dolches gab dem Besitzer eine unglaubliche Macht über uns.
„Es... es tut mir leid.", meinte Loominah. Sie schien ehrlich zu sein, als sie noch hinzufügte: „Ich weiß nicht, was passiert ist."
Ich konnte es ihr auch nicht sagen. Immerhin konnte ich im Gegensatz zu ihr nicht in die Gedanken anderer schauen. Aeron fluchte: „Du hast erkannt, was für eine Macht du in den Händen hältst und wolltest damit abhauen, aber nachdem du deine Kräfte immer noch nicht beherrschst bist du eben Baden gegangen!", er klang ein wenig wie eine Drohung, auch wenn er nichts gesagt hatte, was darauf schließen ließ, dass er ihm etwas antun wollte.
Azael lachte: „Oder sie hat gespürt, wie bösartig du bist Bruderherz und wollte das mächtige Stück so schnell wie möglich irgendwo versenken, wo du es nie wieder findest.", dann sah er zu dem Mädchen: „Du solltest es unbedingt verstecken. Komm ich helfe dir."
Sie sollte es besser alleine verstecken, doch ich glaubte, das wusste sie auch ohne die Tatsache, es ihr zu sagen.
„Wage es ja nicht, dich meinem Dolch zu nähern!", kreischte mein Bruder, als wäre er eine Krähe und schaffte es irgendwie sich aus meinem Griff zu befreien. Es war nicht unbedingt schwer, ich hatte ihn nicht fest gehalten, aber ich ärgerte mich trotzdem.
Also überfiel Aeron Azael und wollte ihn wohl so aufhalten. „Wenn ich jemanden noch weniger vertraue, als irren, unberechenbaren Himmelswesen, dann meinen heuchlerischen Geschwistern!"
„Sie... sie...", warf er weiter ein und fuchtelte mit den Händen.
Loo verteidigte sich: „Ich werde ihn an einen sicheren Ort bringen. Ich glaube ich habe es jetzt im Griff."
***
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro